Durchsuchen Sie unser Wissen

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Renaturierung am Main bei Unterbrunn, Gemeinde Ebensfeld

"Tolle Entwicklung!"

21.03.2016

In Auenlandschaften wie im Umfeld der Mainschleife ist Wasser das prägende Element. Sind die Lebensräume naturnah, regiert dort eine ungeheure Dynamik und ständige Veränderung. Hochwasser bringt Kies, Sand und organisches Material von weither und der Fluss formt seine Uferlinien immer wieder neu.

Im Rahmen einer Bereisung des Landesvorstandes des BUND Naturschutz begutachteten die VertreterInnen des größten bayerischen Naturschutzverbandes die Laufverlängerung des Maines in Verbindung mit den Maßnahmen des LIFE-Natur-Projektes "Oberes Maintal". Die Kreisgruppe Lichtenfels des BUND Naturschutz hatte sich in dem Projekt ehrenamtlich engagiert und auch finanziell beteiligt.

Projektträger ist das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit. Die Finanzierung umfasste ein Gesamtvolumen von beachtlichen 2,22 Mio. €. Die Hälfte davon übernahm die Europäische Union, den Rest übernahmen die Landkreise Lichtenfels und Bamberg, Oberfrankenstiftung, Bayerischer Naturschutzfonds, Umweltministerium sowie Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz. Es wurde 2015 abgeschlossen.

BN-Ortsgruppenvorsitzender Ludwig Wendler beobachtet seit Jahren den Wandel der Flusslandschaft und informierte: "Die Übergänge zwischen trocken, feucht oder nass sind im wahrsten Sinne des Wortes fließend und alle Tiere und Pflanzen, die hier leben, sind Experten des stetigen Wandels. Zwar haben hier im Oberen Maintal Unternehmen jahrzehntelang intensiv Sand und Kies abgebaut. Das hat die Landschaft geprägt und viel Naturreichtum ist verlorengegangen. Aber es gibt sie eben doch noch: Auwaldreste, artenreiche Feuchtwiesen, dunkle Altwasser und Tümpel. Seltene Vogelarten wie Weiß- und Schwarzstorch, Flussseeschwalbe, Flussregenpfeifer oder Fischadler finden hier Brut-, Nahrungs-, und Rastplätze. Bisher mussten sie sich auf die Reste der ehemaligen Vielfalt beschränken."

BN-Kreisgruppenvorsitzender Anton Reinhardt ergänzte: "Neben der Flusslaufverlängerung von 1,5 km, die das Wasserwirtschaftsamt in Kooperation mit der Kiesindustrie vor acht Jahren erfolgreich durchführte, hat sich mit dem LIFE-Natur-Projekt noch einiges mehr zum Positiven verbessert, nicht nur hier, sondern auch zwischen der Regnitzmündung bei Hallstadt mainaufwärts bis Theisau bei Burgkunstadt. Naturschützer von BUND Naturschutz (BN), Landesbund für Vogelschutz (LBV), die Untere Naturschutzbehörde an den Landratsämtern in Lichtenfels und Bamberg sowie die beteiligten Kommunen legten mit finanzieller Unterstützung der EU in den vergangenen Jahren neue wertvolle Lebensräume an: 17 Hektar Flachwasserzonen, acht Hektar Altwässer und sieben Hektar wechselfeuchte Mulden bereichern nun das Obere Maintal. Ergänzt wurden die naturnahen Biotopflächen durch 5 Nistfloße in den Baggerseen, die vor allem für Flussseeschwalbe und Flussregenpfeifer geschaffen wurden, sowie durch 5 freistehende Nisthilfen und 6 Großvogelnisthilfen in Bäumen. Hier sollen nun Weiß- und Schwarzstorch sowie der Fischadler geeignete Brutplätze finden."

Nicht nur bei Landwirten, auch bei Gemeinden und staatlichen Grundbesitzern sei viel Überzeugungsarbeit geleistet worden, führt Reinhardt weiter aus.

Ludwig Wendler merkte an: "Für die Landwirte war das natürlich auch kritisch, denn sie haben schon viel Fläche durch den Kiesabbau und durch Verkehrsgroßprojekte wie den Bau der Autobahn A 73 und der ICE-Neubautrasse Nürnberg-Erfurt verloren. Man muss auch sehen, dass man dort wo es sinnvoll ist, der Landwirtschaft zukünftig Böden durch teilweise Wiederverfüllung von Kiesabbauarealen wieder zurückgibt."

Professor Hubert Weiger, BUND-Landesvorsitzender, freute sich über diese nachhaltige Verbesserung der Biodiversität und meinte: "Eine tolle Entwicklung. Hier zeigt der Main, was wirklich in ihm stecken kann, wenn man ihn lässt. Wir wollen, dass die Leute an die Naturschönheiten behutsam herangeführt werden. Beobachtungsplattformen, Erklärungstafeln und Aussichtstürme ermöglichen reizvolle Einblicke in naturnahe Teilbereiche des Maintales. Was man kennt oder erklärt bekommt, ist man auch eher bereit zu schützen."

Anton Reinhardt ist überzeugt: "Die Besucherlenkung ist uns gut gelungen. Es gibt Tabubereiche, in denen zum Beispiel die Vogelwelt möglichst ungestört dem Brutgeschäft und der Nahrungssuche nachgehen kann. Die meisten Menschen respektieren das. Andererseits haben sie in ausreichender Entfernung davon die Möglichkeit, zu baden oder auch einmal an bestimmten Feuerstellen gefahrlos zu grillen. Für die Ordnung und Sauberkeit dort sorgen dankenswerterweise die jeweiligen Gemeinden im Projektgebiet."

BN-Landesbeauftragter Richard Mergner meinte: "Viel wurde in den letzten Jahren erreicht und der BN ist als Projektpartner aktiv und finanziell an der Umsetzung vieler Maßnahmen beteiligt gewesen. Der Biotopverbund im Maintal wurde erheblich verbessert. Naturschutz in dieser Größenordnung kostet Zeit und Geld. Es wurde hier gut eingesetzt."

Reinhardt resümierte: "Nach nunmehr fünf Jahren ist das Projekt abgeschlossen und die ersten Erfolge werden sichtbar. So wurde in den neu geschaffenen Biotopstrukturen bereits der in Deutschland seltene Nachtreiher beobachtet. Was es jetzt noch zu tun gibt? Einerseits warten: Das Wasser und die Zeit werden das ihrige tun. Wichtig war sozusagen die Initialzündung. Jetzt soll die Natur im Oberen Maintal wieder in Fluss kommen, ganz so, wie es in einer abwechslungsreichen Auenlandschaft der Fall sein sollte."

Ludwig Wendler denkt auch schon mal in die Zukunft: "Wir freuen uns, dass eine Mutterkuhherde sozusagen als natürliche Landschaftspfleger bereits im letzten Jahr eingesetzt wurde, um bestimmte Teilbereiche offenzuhalten, wie etwa auf der Insel, die durch die Mainschleife inzwischen entstanden ist. Dies ist hier eine neue Art von Landwirtschaft. Noch sind wir nicht so weit. Aber uns schwebt genau so etwas wie in der Rhön mit dem Rhönschaf vor: Naturnahe Landschaftspflege mit Schafen, Ziegen oder Rindern und eine gute Vermarktungsstrategie für das Fleisch, also Naturschutz mit Regionalentwicklung verbinden. Das ist eine gute Möglichkeit, Landwirte für den Naturschutz zu gewinnen!"

Für Rückfragen: Tom Konopka, BUND Naturschutz in Bayern e.V., Regionalreferent

Telefon 0911/81878-14