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Tiere und Pflanzen

Demonstrationen für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft: Agrarwende jetzt!

Am 18. Januar 2020 sind bei der zehnten „Wir haben es satt“ Demonstration über 27.000 Menschen dem Aufruf von Bäuerinnen und Bauern, Entwicklungs-, Umwelt-, Tier- und Naturschutzorganisationen gefolgt. Zusammen mit 170 Traktoren haben sie in Berlin für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft, artgerechte Tierhaltung, insektenfreundliche Landschaften und globale Solidarität demonstriert. Viele Hundert Aktive des BUND Naturschutz haben den lokalen Protest gegen Massentierhaltungsanlagen ins Berliner Regierungsviertel getragen.

27.01.2020

Die Bundesregierung trägt die Verantwortung für das Höfesterben und den Frust auf dem Land. Seit 2005, als Angela Merkel Kanzlerin wurde, mussten 130.000 Höfe schließen – im Schnitt gab ein Familienbetrieb pro Stunde auf. Der Bundesregierung kommt während ihrer EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahres¬hälfte eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zu. Mit den rund 60 Milliarden an Fördergeldern pro Jahr sind zukunftsfähige Landwirtschaft und gutes Essen auf den Tellern europaweit möglich. 

Mit ihrer „Wachse oder Weiche“ Politik haben das Agrarministerium und die Spitzen des Bauernverbands jahrelang gegen die bäuerlichen Betriebe gearbeitet. Der jetzt anstehende artgerechte Umbau der Ställe und das Mehr an Insekten- und Klimaschutz kosten und dürfen nicht auf die Bauernhöfe abgewälzt werden. Besonders kleine und mittelständische Betriebe müssen dabei unterstützt werden 

Der BN - Ehrenvorsitzende Hubert Weiger sagte auf der Demonstration: „Wir brauchen eine soziale und ökologische EU-Agrarpolitik – bei der die Natur und die bäuerlichen Betriebe im Mittelpunkt stehen. Damit schützen wir auch die Vielfalt der Landschaften und können den Rückgang der Insekten stoppen. Die Agrarpolitik muss endlich den Rahmen dafür schaffen, dass Bäuerinnen und Bauern für den Erhalt der Lebensgrundlagen auch honoriert werden.“

Dass die Landwirtinnen und Landwirte mit der derzeitigen Art und Weise der Agrarpolitik unzufrieden sind, zeigt sich an den derzeitigen Protesten vieler betroffenen Bäuerinnen und Bauern. 

Bauernproteste nur gegen Düngeverordnung und Insektenschutz sind zu wenig 

„Die Proteste von Bäuerinnen und Bauern richten sich derzeit allen voran gegen die Auswirkungen einer jahrzehntelang verfehlten agrarpolitischen Weichenstellung, die nicht nur zu Umweltproblemen, sondern auch zum Bauernhofsterben geführt hat.“, so Richard Mergner, BN Vorsitzender, und weiter: „Ministerpräsident Markus Söder und sein Stellvertreter Hubert Aiwanger tragen Mitverantwortung für eine falsche Agrar- und Subventionspolitik, die Bauernhöfe genauso auf die Rote Liste gebracht haben wie die Feldlerche oder viele Schmetterlinge. Wir brauchen eine ehrliche Partnerschaft zwischen Naturschutz und Landwirtschaft, faire Preise und letztlich einen neuen Gesellschaftsvertrag 

„Es ist verständlich, wenn sich Landwirte darüber beschweren, dass innerhalb von zwei Jahren Vorschriften zur Düngepraxis geändert werden. Die Ursachen liegen aber auch daran, dass jahrzehntelang versäumt wurde, schädliche Umweltauswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion mit einfachen Regulierungsmaßnahmen, wie einer flächengebundenen Tierhaltung oder Bestandsobergrenzen der Tierhaltung zu verhindern. Stickstoffüberschüsse sind auch durch überhöhte mineralische Stickstoffdüngergaben und überzogene Ertragserwartungen in der pflanzlichen Produktion entstanden. Wenn jetzt die EU eine strengere Düngeverordnung einfordert, um Versäumnisse zu regulieren, muss zumindest verhindert werden, dass Betriebe, die schon jetzt ökologisch wirtschaften oder durch extensive Tierhaltungsverfahren nicht Verursacher der Überdüngung sind, von zu hohen Auflagen weiterhin befreit bleiben.“, so BN Landesbeauftragter Martin Geilhufe. 

Gesellschaftliches Bündnis für eine neue Agrarpolitik

Ein großes gesellschaftliches Bündnis, dem sich der Bauernverband und die Initiatoren der Demonstrationen am 17.01. in Nürnberg bisher nicht angeschlossen haben, demonstriert bereits im 10. Jahr anlässlich der Grünen Woche in Berlin für eine grundlegende Neuorientierung der Agrarpolitik. Diese muss an den Ursachen der Umwelt- und sozialen Probleme in der Landwirtschaft ansetzen. Insbesondere muss die Subventionierung von industriellen Agrar- und Massentierhaltungsbetrieben beendet und müssen die Direktzahlungen pro Fläche in berechtigte Zahlungen an die Landwirtschaft für Umwelt- und Tierschutzleistungen umgewandelt werden. 

Weltmarktausrichtung beenden

Die Intensivierung für Billigproduktion und Weltmarkt ruiniert langfristig nicht nur bäuerliche Familienbetriebe, sondern bedroht auch die Menschenrechte. So wächst z.B. der Hunger in Südamerika parallel zur Expansion der Soja-Monokulturen, deren Soja-Lieferungen für die immer größeren Tierzuchtbetriebe in der EU unerlässlich sind. Gleichzeitig zerstören die Fleischüberschuss-Exporte in afrikanische Länder die Existenz vieler Hirten und Züchter, die mit den Billigimporten aus der EU nicht konkurrieren können und verarmen. 

Kritik am System, nicht an Bäuerinnen und Bauern

„Die Bauernfamilien rangieren bei Umfragen zur gesellschaftlichen Bedeutung hinter Ärzten und Krankenschwestern auf den vordersten Plätzen. Viele besonnene Bürger wissen um den hohen arbeitszeitlichen Einsatz der Bauernfamilien, gerade in Tierhaltungsbetrieben. Viele wissen um deren begrenzten Lohn- und die wenige Freizeit und um den Beitrag der Bauernfamilien zum Gelingen der dörflichen Gemeinschaft“, so Stephan Kreppold, Sprecher des BN Arbeitskreises Landwirtschaft und selbst Bio-Bauer. Und weiter: „Wenn aber bei den genannten Erhebungen systembezogene Fragen gestellt werden, wie z.B.: „Wie gut werden die Nutztiere gehalten?“ Oder „Schädigt intensive, chemiebasierte Landnutzung Artenvielfalt und Wasserqualität?“, dann zeigen die Zustimmungswerte stark nach unten. Das heißt, der Bauer, die Bäuerin sind in Ordnung, bestimmte Produktionssysteme sind es nicht. Und wenn es so ist, dann muss das intensive Landnutzungs- und Tierhaltungssystem auf den Prüfstand“, so Kreppold. 

Es bedarf jetzt der konstruktiven Auseinandersetzung mit allen Erneuerungswilligen in Politik, Berufsvertretung und Gesellschaft. Die Dynamik dieser Bewegungen muss um des Erfolges willen dringend in zukunftsfähige Konzepte einfließen.

In den letzten zehn Jahren sind in Deutschland im Rahmen der „Wir haben es satt!“-Demonstrationen rund 250.000 Menschen auf die Straßen gegangen. Sie wollen eine nachhaltige, ökologische Landwirtschaft. Sie wollen auch, dass es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglicht wird nachhaltiger zu wirtschaften und dass diese Leistung honoriert wird. Nur so kann es eine Zukunft geben, die Artenvielfalt, gesunde Böden, sauberes Wasser mit den Landwirtinnen und Landwirten verbindet. 

Jetzt unterschreiben: Bienen und Bauern retten

Im Blick nach vorne stellt sich die Frage, wie die Probleme in der Landwirtschaft und im Naturschutz gemeinsam gelöst werden können. Seit Ende 2019 gibt es eine neue EU-Kommission und 2020 stehen für unsere EU-Parlamentarier große Entscheidungen an, wie es mit der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) weitergeht. Um den weiteren Pestizidausstieg und den Umstieg auf den Ökolandbau voranzubringen, hat ein breites Netzwerk die Europäische Bürgerinitiative Bienen und Bauern retten gestartet.

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