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„Ich wünsche meinem Pflegekind einen 'Kümmerer'“

Im Interview: Bruno Täufer ist der langjährige Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Bad Windsheim. Er setzt sich bereits seit Jahrzehnten für die Natur seiner Heimat ein. Die Kiliansleite, das erste BN-Schutzgrundstück überhaupt, liegt in seinem Wirkbereich.

Herr Täufer, wie sind Sie darauf gekommen, dass die Kiliansleite das älteste Schutzgrundstück des BN ist und nicht die Gfällach im Landkreis Erding, wie man lange geglaubt hat?

Irgendwann habe ich mal gelesen, dass die Gfällach bei Erding 1933 gekauft wurde und damit das erste Grundstück sei, das der BN kaufte. Das machte mich stutzig und ich fragte bei uns im Grundbuchamt nach, wann das BN-Grundstück in das Grundbuch eingetragen wurde. Dann rief ich bei der Ortsgruppe in Erding an und bat, sie möchten doch im Grundbuchamt nachfragen, wann die Gfällach ins Grundbuch eingetragen wurde, denn „Eigentümer und damit Inhaber der tatsächlichen Verfügungsbefugnis des Grundstückes“, wie die Juristen sagen, wird man erst mit dem Eintrag ins Grundbuch. Nach einigen Wochen kam die Antwort aus Erding und siehe da, der Eintrag der Gfällach ins Grundbuch war einige Monate später als der Eintrag der „Kiliansleite“.

Welche Belege haben Sie für diese Sachlage gefunden – und wo haben Sie sie eigentlich gefunden?

Ich habe im Stadtarchiv von Bad Windsheim und im Grundbuchamt in Neustadt recherchiert. Einmal war ich auch in der Außenstelle des Staatsarchivs von Nürnberg. Die befindet sich in Lichtenau, das liegt zwischen Ansbach und Schwabach. Ich stochere halt gern in der Vergangenheit herum.

Der damalige Vorsitzende der Bezirksgruppe Uffenheim, der Studienprofessor Dr. Robert Weinmann, hat dieses Flurstück schon 1926 erworben, allerdings als Privatperson, wenn auch, wie es hieß, „treuhänderisch für den BN“.

Erst am 11. April 1933 wurde der BN offiziell als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Was ist aus Ihrer Sicht der Stichtag für den ersten Schutzgrundstückerwerb des BN – der 14. Oktober 1926 oder der 11. April 1933?

Für mich ist der Termin 14. Oktober 1926 der Kauftermin, denn der damalige BN-Vorsitzende Studienprofessor und Altphilologe Weinmann hat 1926 einen Bettelbrief an die Stadt geschrieben und um einen Zuschuss für den BN gebeten -  und nicht für den Privatmann Weinmann. Er hat also 1926 beabsichtigt, das Grundstück für den BN zu kaufen. Der Schriftverkehr belegt das.

Was ist die Erklärung dafür, weshalb Dr. Weinmann das Grundstück zunächst als Privatmann gekauft hat, und zwar offenbar auch recht kurzfristig?

Der Verkäufer, ein Landwirt, wollte angeblich Veränderungen an dem Grundstück vornehmen, welcher Art weiß man nicht. Es ist heute noch so wie vor 90 Jahren. Wenn wir ein Grundstück kaufen wollen, in der Regel sind es ja landwirtschaftlich gesehen „Schrottgrundstücke“, braucht es der Landwirt oder Verkäufer selbst ganz notwendig. Aber damit soll nur der Preis hochgetrieben werden.


In einem weiteren Interview aus der Reihe "Zeitzeugen im Naturschutz" berichtet Bruno Täufer, wie er die Zerstörung seiner Heimat durch den Gipsabbau gestoppt, gefährdeten Fledermäusen einen Rückzugsort verschafft und uralte Bäume bewahrt hat.


Hat sich der Ankauf aus heutiger Sicht gelohnt?

Ich denke schon, denn ein altes Sprichwort im Naturschutz lautet: „Kaufen ist der beste Schutz“.

Wie gefährdet ist Tulipa sylvestris, die Wilde Tulpe oder Weinbergstulpe, heute?

So um 1860 herum wurde die Reblaus aus Nordamerika in Europa eingeschleppt, und daraufhin wurden viele Weinberge gerodet. Bis dahin war die Weinbergstulpe das häufigste Unkraut im Weinberg. Schauen Sie sich heute die Rote Liste von Bayern an. Dort ist sie in der Kategorie  „Stark gefährdet“ zu finden. Aber es gibt Lichtschimmer am Horizont. Der Landschaftspflegeverband Kitzingen hat ein Merkblatt herausgebracht und gibt damit Winzern Hinweise zum Schutz der Wilden Tulpe.

Man stellt sich den Ankauf von Schutzgrundstücken ja oft echt einfach vor: Kaufen und dann einfach in Ruhe lassen – die Natur erledigt den Rest. Aber das stimmt wohl in diesem Fall nicht?

Da haben Sie recht, denn mit dem Stickstoffeintrag aus der Luft werden die kargen Böden aufgedüngt mit der Folge, dass sie schneller verbuschen, zum Beispiel mit dem Schwarzdorn.

In welchem Zustand ist die Kiliansleite und unser Schutzgrundstück heute? 

Wir haben das Grundstück schon einige Male entbuscht. Früher, als der BN noch mehr aktive Leute hatte, haben wir das selbst gemacht. Heute lassen wir es vom Landschaftspflegeverband machen. Das klappt ganz gut. Wir haben auch einen Landwirt gefunden, der mit seiner Hobby-Schafherde die Fläche beweidet. Wir sagen ihm, je nach dem Wachstum der Tulpe, ab wann er die Schafe draufstellen kann. Die Beweidung zögert aber die Verbuschung nur hinaus. Alle paar Jahre muss aber wieder maschinell nachgeholfen werden.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kiliansleite und der dortigen Weinbergstulpe? Die „Häcker“, die den Boden mit ihren Hacken lockern, werden ja wohl nicht zurückkehren?

Ja, das stimmt. Aber wir glauben, dass das eine gangbare Lösung für die „Kiliansleite“ ist. Im letzten Jahr haben wir von einem auswärtigen Ehepaar sogar ein Grundstück geschenkt bekommen. Das hat uns gefreut, denn es ist das übernächste auf der Ostseite unserer Fläche. Es war natürlich fast zugewachsen, aber im Winter haben wir es schon entbuschen lassen und im Frühjahr wird es in die Beweidung mit einbezogen. 

Die Kiliansleite mit ihren Wilden Tulpen steht ja seit vielen Jahren unter Ihrem persönlichen Schutz. Was wünschen Sie Ihrem „Pflegekind“ für die Zukunft?

Ich wünsche „meinem Pflegekind“ einen „Kümmerer“, wenn ich den Löffel weglege.