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Drohender Schaden für das Umweltimage

Im Interview: Winfried Berner, Mitglied des BN-Landesvorstands, konfrontierte den BMW-Konzernvorstand als Aktionär auf zwei Hauptversammlungen mit dem Imageverlust, der BMW durch das geplante Offroad-Zentrum drohte.

Ihnen und Ihren Mitstreitern einen herzlichen Glückwunsch zu dem Erfolg in Rettenbach, Herr Berner. Was für ein Auto fahren Sie heute?

Berner: Einen Citroen, nachdem ich zuvor fünf BMW hintereinander hatte.

Obwohl BMW das Offroad-Zentrum gar nicht gebaut hat?

Als mein Leasingvertrag auslief, hatte sich BMW immer noch nicht zu einer Absage des Projekts durchgerungen. Der Markenwechsel war die logische Konsequenz.

Schmerzte der Wechsel?

Am Anfang war es schon ein bisschen ein Verzicht. Aber dann habe ich gesehen, dass auch andere Mütter schöne Töchter haben. Doch wenn sich BMW beim CO2-Ausstoß deutlich verbessern sollte …

 

Der Erfolg in Rettenbach war auch Resultat einer neuen Strategie. Was ist diese Strategie, und was ist daran neu?

Traditionell suchen wir bei Umweltkonflikten ja meist die Auseinandersetzung mit der Politik und ziehen notfalls vor Gericht. Unsere Strategie geht letztlich auf einen Gedanken des Soziologen Ullrich Beck zurück. Wie er herausgearbeitet hat, sind die Großkonzerne inzwischen so mächtig, dass sie die Länder gegeneinander ausspielen und der Politik so die Bedingungen diktieren. Zugleich sind sie aber in nie dagewesenem Ausmaß abhängig von den Verbrauchern, weil aufgrund ihrer hohen Fixkosten schon geringe Auslastungsschwankungen massiv auf ihre Profitabilität durchschlagen. Schon ein einziger Kunde, der sich beispielsweise von einem Autohersteller abwendet, schlägt sich, auf seine Lebenszeit gerechnet, in Gewinneinbußen von 100.000 Euro und mehr nieder. Also haben wir uns nicht in erster Linie auf die Politik konzentriert, sondern auf BMW.

Und was hieß das konkret im Fall Rettenbach?

Uns wurde rasch klar, dass wir keine Chance haben würden, den bornierten schwarzen Block in Bezirkstag und Kreistag davon zu überzeugen, dass in einer weitgehend unzerstörten Natur- und Kulturlandschaft kein Offroad-Trainingszentrum gebaut werden durfte. Unsere Kalkulation war, dass BMW dieses Projekt zwar wichtig war, aber nicht so wichtig, dass Sie dafür einen größeren Imageschaden in Kauf nehmen würden. Also taten wir alles, um BMW davon zu überzeugen, dass der Imageschaden – auch dank unserer bescheidenen Mithilfe – erheblich sein würde. Da half es uns sehr, dass die Medienberichterstattung über die Hauptversammlung 2006 neben den glänzenden Zahlen von BMW durchgängig als zweites Thema den Umweltkonflikt in Rettenbach hervorhob.

Was spielte sich genau auf der BMW-Hauptversammlung 2006 ab?

Dr. Krumbacher und ich hatten im Vorfeld BMW-Aktien erworben und daher ein Rederecht auf der HV. Das haben wir für zwei Vorträge genutzt, in denen wir die Bedeutung der betroffenen Landschaft für Einheimische, Erholungsuchende und die Natur schilderten. Wir machten deutlich, dass sich BMW mit der Zerstörung dieser Landschaft einen schweren Imageschaden einhandeln würde. Die Reaktion der Hauptversammlung war ebenso überraschend wie eindrucksvoll: Viele Aktionäre applaudierten, und einige boten uns sogar ihre Stimmrechtspakete an. Enorm war auch die Medienresonanz. Zahlreiche Interviews und Berichte trugen sicherlich dazu bei, den Druck auf BMW zu erhöhen.

Wie merkten Sie, dass die Strategie Wirkung zeigt?

Paradoxerweise daran, dass BMW alles tat, um uns deutlich zu machen, dass sie so ein paar lausige Umweltschützer überhaupt nicht kratzen. Briefe wurden nicht oder nur formal beantwortet, zwei Gesprächsangebote von Hubert Weiger wurden ins Nirwana vertröstet, und auch die Absage wurde auf kleinstmöglicher Flamme und ohne jeden Bezug zu Umweltaspekten in der Lokalpresse lanciert. Ich musste Dr. Reithofer auf der HV 2007 zwei Mal persönlich fragen, bis er die Absage schmallippig bestätigte. Welch eine vertane Marketing-Chance für BMW! Sie hätten ihr Umweltimage gewaltig aufpolieren können, wenn sie ihr Einlenken damit begründet hätten, dass in diesem Fall der Landschaftsschutz Vorrang vor der "Freude am Fahren" haben müsse – und wenn ihn der Bund Naturschutz und andere Verbände dafür öffentlich gelobt hätten.

Lässt sich diese neue Strategie auch auf andere aktuelle Umweltkonflikte übertragen, etwa auf den Kampf um die Donau?

Auf die Donau leider nein. Denn für die RMD ist der Donauausbau das Kerngeschäft, so wie für die Flughafengesellschaft der Betrieb von Startbahnen. Mit BMW hatten wir das Glück, einen Gegner zu haben, der erstens seine Produkte an Endverbraucher verkauft und für den zweitens der Betrieb eines Offroad-Trainingszentrums zwar interessant, aber nicht zwingend war. Diese Kombination macht Konzerne sensibel für ihr Image bei den Endverbrauchern.

Was hat Sie persönlich in diesen anderthalb Jahren am meisten beeindruckt?

Zwei Dinge. Bewundert habe ich die Familie Muhr, die den Mut und das Stehvermögen besaß, sich gegen die Großkopferten in ihrer Gemeinde zu stellen und klar und deutlich ihre Position zu vertreten. So etwa, wie der ansonsten sehr zurückhaltende Herr Muhr sich bei "Jetzt red i" zu Wort meldete und vor laufenden Kameras seine Ablehnung des Offroadzentrums begründete. Zum anderen hat mich fast zu Tränen gerührt, dass nach meiner Rede auf der BMW-Hauptversammlung 2006 zwei ältere Damen zu mir kamen und mir ihre Stimmrechtspakete übertragen wollten. Leider war es nicht das Paket der Familie Quandt-Klatten, sonst hätten wir uns ein Jahr gespart. Aber diese Geste der Solidarität im vermeintlichen "Feindesland" hat mich schon sehr berührt.