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Atomare Risiken der WAA

In Wackersdorf sollte die zentrale Wiederaufarbeitungsanlage für Brennstäbe aus deutschen Reaktoren entstehen. Ein Prestigeprojekt, das die Bayerische Staatsregierung gegen alle Widerstände durchsetzen wollte. Warnende Stimmen von Experten wurden ebenso ignoriert wie die von Menschen, die Angst um ihre Gesundheit und ihre Heimat hatten.

Wäre alles nach Plänen der Regierung verlaufen, so hätte die WAA in Wackersdorf in den 90er-Jahren ihren Betrieb aufgenommen. Dann hätte die Anlage aus verbrauchten Brennstäben Uran und Plutonium herausgelöst und wieder verarbeitet. Experten wie der Atomphysiker und Energiereferent des BUND Naturschutz Dr. Ludwig Trautmann-Popp, der Zukunftsforscher Prof. Dr. Robert Jungk, Physiker Prof. Dr. Carl Friedrich von Weizsäcker, Chemiker Prof. Dr. Armin Weiß, Zellbiologe Prof. Dr. Roland Scholz und unzählige andere warnten damals vor den vielfältigen Risiken. Ihre Sachkenntnis brachte die Vertreter der Betreibergesellschaft so manches Mal in Erklärungsnot, so beispielsweise während des amtlichen Erörterungstermins 1988 in Neunburg vorm Wald. Regierung und Betreibergesellschaft antwortetn auf die Bedenken mit nichtssagenden Phrasen und betonten immer wieder, von der Anlage gehe keinerlei Gefahr aus. Studien, Gutachten sowie der Vergleich mit den Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague und Sellafield lieferten allerdings ganz andere Einsichten und zahlreiche Argumente gegen den Bau. 

Bereits im Normalbetrieb hätte die Wiederaufarbeitungsanlage radioaktive Substanzen an die Umwelt abgegeben. Laut Planung sollte in Wackersdorf ein 200 Meter hoher Abluftkamin den radioaktiven Feinstaub weitläufig verteilen. Gleichzeitig wäre die WAA auf dem größten Grundwasservorkommen der Oberpfalz errichtet worden und hätte das Wasser belastet. Während ein von der Betreibergesellschaft bezahltes Gutachten die Gefahr verneinte und betonte, der Untergrund des WAA-Geländes sei durch mächtige Tonschichten abgeschirmt, kamen vom BUND Naturschutz befragte Experten zu anderen Ergebnissen. Sie gingen von der Durchlässigkeit der Untergrund-Schichten und einer Gefährdung des Grundwassers aus.

Gefährliche Technologie

Als die WAA geplant wurde, waren die gesundheitlichen Gefahren der Radioaktivität seit Jahrzehnten bekannt: Die beim radioaktiven Zerfall entstehende Strahlung schädigt die Zellen des Körpers. Sie kann, auch niedrig dosiert, das Erbgut von Mensch oder Tier verändern, die Folge sind beispielsweise Krebserkrankungen oder Fehlbildungen bei Neugeborenen. 1984 stellten britische Wissenschaftler fest, dass in der Umgebung der britischen WAA Sellafield (früher Windscale genannt) die Zahl der Leukämieerkrankungen um rund das Zehnfache über dem Landesdurchschnitt lag. 1997 fanden britische Forscher in der Region außerdem hochgiftiges Plutonium in den Zähnen von Kindern und Jugendlichen. Eine 1995 veröffentlichte Studie für die Gegend um La Hague belegte für Kinder, die dort aufwachsen, eine dreifach erhöhte Leukämiegefahr. 

Ein weiteres wichtiges Argument, das alle WAA-Gegner bewegte, war die Gefahr eines Atom-Unfalls. Tatsächlich war die Wiederaufarbeitung von Anfang an von ernsten Zwischenfällen begleitet. 1957 kam es in der sowjetischen WAA Kyshtym nach einer Explosion zu einer massiven Freisetzung von Radioaktivität. Der lange geheim gehaltene Unfall gilt nach Tschernobyl und Fukushima als drittschwerster Atomunfall in der Geschichte. Im selben Jahr ereignete sich im britischen Sellafield ein Reaktorbrand. Experten vermuteten, dass rund eine halbe Tonne Plutonium und andere giftige Stoffe in die irische See gelangten. Auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten rissen die Schlagzeilen über Pannen in Sellafield, LaHague und anderen Anlagen nicht ab. Der BUND Naturschutz und viele Atomkraftgegner weltweit betonten daher stets die Unbeherrschbarkeit der Technologie. Gleichzeitig wäre Wackersdorf auch durch terroristische Angriffe, Sabotageaktionen oder Erdbeben verwundbar gewesen.

Eine weitere wichtige Sorge aller WAA-Gegner war die Gefährdung des Friedens. Immer wieder wies der BUND Naturschutz darauf hin, dass die Anlage atomwaffentaugliches Plutonium hergestellt und Deutschland den Weg zur Atommacht geebnet hätte. Vor diesem Hintergrund appellierte Hubert Weinzierl 1988 an Kanzler Helmut Kohl, nun endlich per WAA-Verzicht zu bekennen, „dass Sie niemals Atomwaffen herstellen wollen."