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Weitere Inhalte zur Natur+Umwelt 4-2014

Hier finden Sie weiterführende Texte zur Ausgabe 4-2014 des BN-Magazins Natur+Umwelt.

Trauer um Renate Poeschel

Nachruf auf Dr. Renate Poeschl

Die langjährige Vorsitzende der Kreisgruppe Erding des BUND Naturschutz, Dr. Renate Poeschel, ist am 13. September 2014 nach kurzer Krankheit im Alter von 79 Jahren in Erding gestorben. Ihr Tod bedeutet einen großen Verlust für die Naturschutzarbeit im Landkreis. Geboren in München, studierte sie Medizin und ließ sich 1969 in Erding als Kinderärztin nieder. 

Schon früh entdeckte sie ihre tiefe Liebe zur Natur. Sie engagierte sich stets für die Schwachen – die Kinder und die Natur – zunächst als Mitglied in der Ortsgruppe, dann als deren Vorsitzende. Im  Jahre 1995 wurde sie schließlich als erste Frau zur Vorsitzenden der Kreisgruppe Erding gewählt, was sie bis 2007 blieb. Ein schönes Zitat des Stoikers Epiktet, das sie mir zur Verabschiedung vom Kreisvorsitz als Widmung in ein Buch schrieb, dokumentiert in berührender Weise ihre Haltung zur Natur: „Wunderbar ist die Natur und voll Liebe zu den Geschöpfen“.

Dieses Wort kennzeichnet wie kein anderes ihr inneres Bedürfnis für ihr lebenslanges Bemühen, ihren ganz persönlichen Beitrag zur Erhaltung der Schöpfung zu leisten. Von daher ergab sich für die Enkelin eines Pfarrers wie von selbst eine enge Verbindung zu ihrem zunehmen-den Engagement auch in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Erding, wo sie sich tatkräftig 20 Jahre lang im Vorstand einbrachte. 

Renate Poeschel engagierte sich jahrelang gegen den Bau der A94 durchs Isental und gegen die dritte Startbahn des Flughafens im Erdinger Moos. Maßgeblich war sie am Erwerb von Grundstücken im Wörther Moos beteiligt, und während der Krötenwanderung traf man sie oft in Gummistiefeln beim Einsammeln der Tiere im ganzen Landkreis an. Hervorgehoben sei besonders ihr unermüdlicher, bis zuletzt nicht erlahmender Einsatz bei der Pflege unseres Naturschutzgebietes an der Gfällach, eines der ältesten Naturschutzgebiete in Bayern. Es wird schwerfallen, hier vollwertigen Ersatz zu finden. Für ihre Verdienste um die Sache der Natur wurde sie schließlich mit der Bayrischen Naturschutzmedaille ausgezeichnet. Daneben war sie auch in der so wichtigen Erwachsenenbildung engagiert. So organisierte sie regelmäßig unsere Familienausflüge und gestaltete unsere Beiträge im Ferienprogramm der Stadt Erding. 

Sie war ein Mensch der leisen Töne, beharrlich-verbindlich, oft auch kurz angebunden, nie polarisierend, vollkommen uneitel. Nie stellte sie sich selbst, sondern immer die Sache in den Vordergrund. Doch hinderte diese ihre Bescheidenheit sie nicht daran, sich immer wieder über unseren rücksichtslosen Umgang mit der Natur nicht nur zu empören, sondern im Sinne ihrer Grundsätze auch tätig zu werden. Nicht vergessen sei ihr feiner, hintersinniger Humor, wie er in ihren Filserbriefen für unsere Mitgliederzeitung Aussichten verewigt ist. Als Naturschützerin und Mensch, dem die Erhaltung der Schöpfung innerer Antrieb zum handeln war, war sie vorbildlich. Sie wird uns fehlen, nicht aber aus unserem Gedächtnis verschwinden.

Diethelm Henrici für die Kreisgruppe Erding 

 

Mut zu ursprünglicher Natur

Leserbrief zum Artikel „Hoffnung auf Nationalpark Steigerwald wächst“ in N+U 3-2014

Wir Menschen haben ein  höchst unterschiedliches Verständnis von Natur und Naturliebe. Dabei steht bei vielen der Nutzen, der sich aus der Natur ziehen lässt, stark im Vordergrund. Aber auch die Natur als Spaßfaktor, ob beim Spiel, Sport oder bei sonstigen Freizeitgestaltungen, spielt eine erhebliche Rolle. Immer mehr Menschen entdecken jedoch die Natur als eine Möglichkeit, Ruhe und Erholung zu finden.

Der Garten – ein Ort übertriebender Naturpflege oder artenreicher Lebensgemeinschaften

Sehr viele Gartenbesitzer sind leidenschaftliche Naturpfleger. Sie verbringen viel Zeit im Garten und sind hervorragend mit dem auf dem Markt befindlichen Pflegeequipment ausgestattet. Häufig besitzen  sie mehrere Rasenmäher mit unterschiedlichen Vorzügen. Vom Vertikutierer und elektrischer Heckenschere bis zum Laubsauger und -bläser ist alles vorhanden. Der Rasen wird traditionsgemäß intensiv  gewässert, gedüngt, gemäht und von jeglichem Unkraut befreit. Auch mit Spritzmitteln kann ein solcher Gartenbesitzer umgehen und rückt Schnecken, Blattläusen und Ameisen wirkungsvoll zu Leibe. Der Naturpfleger nimmt seine Arbeit sehr ernst, wird aber oft von der Hartnäckigkeit der Natur herausgefordert und fühlt eine regelrechte Befriedigung, wenn es ihm wieder einmal gelungen ist,  die Natur nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Ursprüngliche Natur, wie Taubnessel, Wildkräuter, Weißdorn oder Schlehe,  im Garten zuzulassen, würde als eine ernste Niederlage oder sogar als eine Kapitulation vor dem Expansionsbestreben der Natur empfunden. Ein kleinwenig wohnen bei diesem Thema zwei Seelen in seiner Brust. Wenn wunderschöne Schmetterlinge seine prächtigen, farblich abgestimmten Blumenrabatten besuchen, erfüllt ihn das mit Freude. Wenn aber Raupen in seinem Garten an seinen Büschen herum nagen, dann kann er keinerlei Verständnis aufbringen. Nur- ohne Raupen keine Schmetterlinge. Was dem passionierten Naturpfleger an der ursprünglichen Natur missfällt, ist für den leidenschaftlichen Naturbeobachter ein Mekka der Entspannung, der Erholung  und interessanter Erkenntnisse über natürliche Zusammenhänge. Die Natur besitzt nicht nur eine urwüchsige Expansionskraft, die ohne den Menschen mit seiner gestalterischen Leidenschaft auskommt, sondern eine nach menschlichem Ermessen faszinierende  Unordnung, ein ineinander Wachsen von Kräutern, Sträuchern, Schlingpflanzen und Brennnesseln, alles das, was die Raupen und die anderen Tiere so mögen. Für den Naturfreund gehört eine solche Natur, die den Menschen nicht braucht, ebenfalls in den Garten, für den Naturpfleger eher  „in  die Natur“.

Die Natur hat es schwer

Freilich hat es „in der Natur“ die Natur auch nicht leicht.  Da gibt es einmal die Verkehrssicherungspflichten, die sich in den letzten Jahrzehnten zu Doktrin entwickelt haben. Sie reduzieren die Selbstverantwortung der Menschen allmählich auf ein Minimum. Und sie dienen mittlerweile als das Argument, um unliebsame Bäume wegzubekommen. Schizophren:  Alleenstraßen  erleben, kann ein fernliegendes Urlaubsziel sein, während  hier vielerorts sämtliche Alleenbäume  wegen Verkehrssicherungspflichten abgehackt wurden.  Auch natürliche Hecken haben in der „freien Natur“ oft keinen guten Stand. Zwar können Hecken kaum umfallen, aber sie können in die Höhe vor allem aber in die Breite wachsen und dadurch zum Ärgernis werden.  Hecken am Waldrand stören oft den Waldbesitzer, da sie die Waldbestockung stören. Bei Hecken in der Flur fühlt sich so mancher Landwirt beeinträchtigt, weil er beim Spritzen seines Ackers einen Abstand zur Hecke einhalten muss. Auch der Schatten und die von der Hecke ausgehenden Wurzeln stören so manchen Anrainer. Zwar gibt eine breite Hecke  Rehen, Hasen und Igeln  Versteck und bietet den Vögeln Schutz, Nistgelegenheit und Futter. Dennoch kann diese Argumentation das radikale Abschneiden von Hecken in der Landschaft meist nicht verhindern. Das Zauberwort heißt „Verjüngung“. Wenn Hecken „auf Stock gesetzt“ werden, wird häufig der ökologische Fehler gemacht, nicht einen kleinen Teil sondern die gesamte Hecke aus Effektivitätsgründen abzuholzen. Manchmal wird eine Hecke radikal auf 2m Breite zusammengestutzt. Der Effekt: Tiergemeinschaften sind jahrelang wohnungs-, nahrungs,- und schutzlos. Denn in unserer weitgehend ausgeräumten, intensiv landwirtschaftlich geprägten Landschaft sind ökologisch bedeutsame Hecken ein rares Gut.  Die Natur hat selbst bei den Wiesen ihre Probleme. Zahlreiche Wiesen werden im Jahr zwei bis dreimal gemäht und zwischendurch noch vom Schäfer mit seinen Schafen und Ziegen besucht. In der schönsten Blüte wird so aus einem Insektenparadies eine Wüste. Erfahrungsgemäß werden fast sämtliche Wiesen in einer Region innerhalb einer Woche gemäht. Ausweichmöglichkeiten für die Insektenwelt sind somit kaum vorhanden, was sich auf den Bestand von vielen für den Menschen höchst nützliche Insekten, wie Wildbienen, negativ auswirkt.  Bei den Wildpflanzen sind die Vernichtungsanstrengungen besonders intensiv. Auf dem Großteil der heutigen Getreidefelder und Äcker  gibt es keine Wildkräuter mehr. Auch die reichlich gedüngten Wiesen weisen kaum mehr Wildkräuter auf. Nur mit einer attraktiven  Stilllegungsprämie haben  Wildpflanzen und  Insekten heute eine Überlebenschance. Ein Landwirt, der die Natur ausschließlich vom Traktor und von seinem Kalkulationssoftwareprogramm aus sieht, wird einer ursprünglichen Natur keine Heimat geben. Auch in Parkanlagen hat es die Natur schwer, sich zu entwickeln. Hier bestimmt nach alter Tradition der Mensch, an welchem Standort, welcher Busch oder Baum wachsen darf und wann die Pflanze der Säge weichen muss. Oft stehen dabei menschlicher Zeitgeist und Geschmack im Mittelpunkt.   Für ein besonders wichtiges Element in der Natur wird  eine gute Wegestruktur gehalten: Straßen, Wirtschaftwege, Waldwege,  Wanderwege, Uferwege, Gartenwege, Fahrradwege.  Als Herrscher über die Natur will der Mensch auch in den letzten Winkel unserer Landschaft eindringen können. Es gibt deshalb kaum mehr Rückzugsgebiete für Fauna und Flora. Immer mehr Menschen wollen der Natur nahe sein, indem sie sie in der Freizeit nutzen. Wer auf dem Mountainbike den Berg erklimmt und anschließend wieder ins Tal rast, mit dem Walkman am Ohr durch den Wald joggt, mit seinem Motorboot auf dem Main hin und her saust oder als Kletterer nach unberührter  Natur sucht, ist von seinem Empfinden her meist weit von der Natur entfernt. Sehr einseitig nah an der Natur sind die Menschen, die ausschließlich auf der Suche nach seltener Natur sind. Für sie zählt das am Standort gewachsene Biotop mit vielen bekannten Vögeln, wie Meisen oder Finken,  und Allerweltstieren, wie Igel und Hase nicht.  Solche Menschen sind bereit, ein gewachsenes Biotop zu verwüsten und gegen einen Magerrasen auszutauschen, wenn beispielsweise ein seltener Ameisenlöwe dort seine Heimat findet. Gleichgültig ob die Natur selten oder nicht so selten ist, wir können es uns bei unserer ausgeräumten Landschaft einfach nicht leisten, irgendein Biotop zu opfern.

Mehr Natur im Wald

Liegt die letzte Heimat ursprünglicher Natur in unseren  Wäldern? Dagegen haben die Befürworter der intensiven Forstwirtschaft etwas einzuwenden. So soll gewährleistet werden, dass der Wald „sauber“ ist, also Totholz nicht im Wald herumliegt, dass Brennholz erzeugt wird und dass die Forstwirtschaft „schwarze Zahlen“ schreibt, was sicherlich gut gelingt, wenn bei derzeit guten Holzpreisen von alten Buchen und Eichen der Export durch Großhändler in Länder wie Österreich und China weiterhin vorgenommen wird. Davon abgesehen, dass es unsinnig ist, in einer Zeit bester wirtschaftlicher  Konjunktur und höchster Steuereinahmen  in Deutschland unseren Wald in Form von Rohholz mit minimaler Wertschöpfung in das Ausland zu verkaufen, lassen solche Prämissen einem Naturwald kaum Entwicklungschancen.   Zahlreiche voneinander abhängige Lebensgemeinschaften von Pilzen, Tieren  und Pflanzen benötigen Entwicklungszeit und nicht das stetige Ausholzen nach wirtschaftlichen Maßstäben. Deshalb weisen Naturwälder eine wesentlich höhere Artenvielfalt vom Aussterben bedrohter Arten auf als bewirtschaftete Wälder. Welche Auswirkungen die heutige Anpassung des Waldes an seine maschinelle Ausbeutung durch Einschlag von 4-5 m breiten Holzrücke- Gassen in einem Abstand von jeweils 25 m auf die Ökologie haben werden, wird sich noch erweisen. Für die ursprüngliche Natur sind solche bewirtschafteten Wälder  sicherlich kein Refugium. Wohin also mit der ursprünglichen Natur?  Man ist geneigt zu sagen, dass das ausgeprägte Nutzendenken des Menschen  einem Naturgarten vor der Haustüre, einem ursprünglichen Naturwald in der Gemeinde, einem frei und ursprünglich fließenden Gewässer mit einem gewaltigen Artenreichtum entgegensteht. Andererseits suchen viele Menschen die Wildnis und sind begeistert, wenn eine bereits als ausgestorben geltende Tierart noch gefunden wird. Findet die ursprüngliche Natur nur noch in den Nationalparks oder in den geschützten Parzellen eines Biosphärenreservats eine Heimat? Die Frage ist wohl zu bejahen, wenn wir unsere Denkweise nicht verändern. Der Mensch neigt dazu, den Ast abzuschneiden, auf dem er sitzt. Ich habe die Hoffnung, dass ein neues Nutzendenken der Menschen der Natur eine Chance gibt: Ursprüngliche, langsam fließende Gewässer mit Auenwaldstreifen sind der beste und langfristig der preiswerteste Hochwasserschutz. Mehr blühende Wildkräuter in den Feldern und Weinbergen erhöhen die Zahl der Nutzinsekten und vermindern den Einsatz allergieauslösender Spritzmittel. Ein Naturwald kann sich den Klimaveränderungen besser anpassen und ist somit in der Erhaltung kostengünstiger. Ein Gleichgewicht in den Naturabläufen stellt letztlich eine Schutzfunktion für uns Menschen dar, nach der Erkenntnis des amerikanischen Schriftstellers Henry David Thoreau (1817-1862):  „In der Wildnis liegt die Erhaltung der Welt“.

Erich Helfrich, Volkach

 

Steigerwald: hochwertiger Zustand durch Bewirtschaftung

Leserbrief zum Artikel „Hoffnung auf Nationalpark Steigerwald wächst“ in N+U 3-2014

Der Steigerwald, "ein Laubwald in überwiegend ökologisch hochwertigen Zustand" ( Zitat aus Natur und Umwelt S. 14) ist in dieser Form entstanden - nein nicht durch Naturschutz- sondern durch Bewirtschaftung. Generationen von Förstern haben mit Herzblut an "ihrem" Wald gearbeitet und ein Ergebnis geliefert das vom BN in höchsten Tönen gelobt wird. 

Welchen Sinn macht es das zu verändern? Ist es nicht einmalig eine Form der Bewirtschaftung zu haben die sowohl die wirtschaftliche, als auch ökologische Seite befriedigt? Die Alternative: Naturschutzgebiet und die fehlende Holzmenge aus China oder Kanada um die halbe Welt zu transportieren hat mit Naturschutz nichts zu tun - und mit Nachhaltigkeit schon gleich gar nichts.

Angela Scheugenpflug, Mindelheim