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Die Salzach soll frei fließen!

Bis heute ist die Salzach der einzige Voralpenfluss, der nicht durch Staustufen unterbrochen ist. Der BUND Naturschutz setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, dass dies auch so bleibt. So konnten wir den Fluss bereits vor Schmutzfrachten aus der Papierindustrie und sechs Wasserkraftwerken bewahren. Aktuell gibt es erneut Pläne für ein Kraftwerk. Wir kämpfen gegen dieses Vorhaben und für eine Renaturierung der Salzach.

Die Salzach war im natürlichen Zustand ein wilder Alpenfluss. Auch wenn sie ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begradigt und gezähmt wurde, so blieben sie und ihre breiten Auen doch bis heute vom Staustufenbau verschont.

Der Fluss entspringt in Österreichs höchsgelegenem Nationalpark, den Hohen Tauern; ab Salzburg strömt er seiner Mündung in den Inn entgegen, auf 60 Kilometern als Grenzfluss zwischen Bayern und Österreich. Genau auf dieser Grenzstrecke fließt die Salzach frei von Stauwehren. Das ist einzigartig für einen Voralpenfluss, der Abschnitt bietet eine der artenreichsten Landschaften der Voralpen.

Gleichzeitig braucht es hier dringend eine Renaturierung der Aue, die durch die Begradigung der Salzach und die daraus folgende Eintiefung geschädigt wurde. Alle Pläne dafür liegen bereit, doch die Umsetzung scheitert an momentanen Kraftwerksplanungen.

Aktuelle Kraftwerksplanungen

Per Kabinettsbeschluss hat sich die Bayerische Staatsregierung im Dezember 2022 für Pläne, an der Salzach im Tittmoninger Becken ein Kraftwerk zu bauen, ausgesprochen. Mit einer staatlichen Subvention von 20 Millionen Euro soll hier seitens der Österreichischen Verbund AG ein sogenanntes Fließgewässerkraftwerk entstehen. Dieses würde jedoch derSalzach erheblich schaden: Es würde zu einem Verlust an natürlichen Gewässerhabitaten durch den Rückstau des Wassers führen, Fische wie Äsche, Nase und Huchen schädigen und letztlich die umfassende Renaturierung der Salzach behindern. Gleichzeitig ließe sich durch Solar- und Windkraft sehr viel mehr Energie mit der selben Investition erzeugen.

Der BUND Naturschutz fordert stattdessen eine Renaturierung des 20 Kilometer langen Abschnitts im „Tittmoninger Becken“. Diese würde an die visionären Projekte auf Österreichischer Seite anknüpfen, wo nördlich von Salzburg über 100 Hektar Auenfläche bereits renaturiert wurden und ab 2024 weitere 500 Hektar folgen sollen. Davon profitieren schon jetzt Arten wie der Eisvogel, der in den renaturierten Ufern seine Bruthöhlen baut. Wir haben jetzt die Möglichkeit an diesen Gewinn für Natur und Mensch anzuknüpfen. 

Rückblick: das zähe Ringen um die Salzach

In den 1960er-Jahren geriet der Grenzfluss zwischen Bayern und Österreich in den Fokus der Energiewirtschaft: Ganze sechs Wasserkraftwerke sollten ihn zähmen. Otto Kraus, der erste amtliche Naturschützer Bayerns, protestierte bereits wenige Tage nach der Ankündigung der Österreichisch-Bayerischen Kraftwerke AG (ÖBK). Er schrieb einen höflichen, aber bestimmten Brief an den bayerischen Innenminister. Das war mutig. Immerhin war er in Staatsdiensten und leitete die Bayerische Landesstelle für Naturschutz. Genau genommen war er die Landesstelle.

Eine Protestwelle begann: Schon im Sommer 1964 paddelten 150 Kanuten von Freilassing nach Burghausen – unter dem Motto „Hände weg von der Salzach!“ Andere Verbände schlossen sich an. Presse, Rundfunk und Fernsehen wurden aufmerksam. Die ÖBK ging für zehn Jahre in Deckung. Doch auch mit den neuen Plänen für nur mehr vier Kraftwerke bissen sie bei den Bürgern auf Granit. Die Zeiten hatten sich geändert. Sogar der Stadtrat von Burghausen lehnte das Projekt einstimmig ab. Es folgten weitere Protest-Paddelaktionen, mit noch mehr Teilnehmern, sogar mit Schwimmern in der januarkalten Salzach. 1975 gab es einen Tag der Salzach, einen Volkswandertag mit 3.500 aufgebrachten Teilnehmern sowie öffentliche Anhörungen zum mittlerweile eingeleiteten Raumordnungsverfahren.

Schwimmender Triumphzug

Die Wellen schlugen hoch: Noch im April schlossen sich der BUND Naturschutz, der Deutsche Alpenverein, der Bayerische Kanuverband, die Wanderfreunde Burghausen, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die FDP und der Heimatverein Burghausen zur Aktionsgemeinschaft „Schützt die Salzach“ zusammen. Auch der Partnerverein des BUND Naturschutz auf dem anderen Salzachufer, der Österreichische Naturschutzbund, schloss sich an. Die Allianz gewann Oberwasser. Nach offiziellen Ablehnungen durch den regionalen Planungsverband, den Naturschutzbeirat und den Landtag verkündete die Regierung von Oberbayern 1978 das Aus: „Der Bau von vier Wasserkraftwerken an der Salzach ist nicht erforderlich.“ Danach gab es einen schwimmenden Triumphzug auf der Salzach. der Burghausener Bürgermeister ließ Böller und Sektkorken knallen.

Aktionsgemeinschaft Lebensraum Salzach

Gerettet war der Fluss aber noch lange nicht, denn es gab ja noch die „ganz normale“ Umweltverschmutzung. So gründeten sich die „Aktion Grüne Salzach“ und die „Aktion saubere Salzach“. Sie traten an gegen die ungeheuren Schmutzfrachten aus dem Papierwerk im österreichischen Hallein. Mitte der 1980er-Jahre war die Salzach unterhalb des Werkes einer der dreckigsten Flüsse Europas. Den Anwohnern stank das ganz gewaltig, besonders jenen, die 20 Jahre lang gegen die Staustufen gekämpft und den strömenden, wirbelnden Fluss fest in ihr Heimatbild eingebaut hatten. Wieder war es der örtliche BUND Naturschutz, der den nächsten Schritt vorbereitete und die inzwischen 16 bayerischen und 14 österreichischen Salzach-Initiativen zur ALS zusammenbrachte, zur „Aktionsgemeinschaft Lebensraum Salzach“. Endlich wurde der ganze Fluss in den Blick genommen, mit seiner ganzen Dynamik, seinem Leben, seinen Auen, seiner Wassergüte, seinem Geschiebe.

Fünf Sprecher wurden gewählt: Gerhard Auer, Hannes Augustin, Robert Krisai, Erich Prechtl, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Freilassing, und Jakob Wagner. Ihre Überzeugungskraft und ihr weitgefächertes Wissen machte die ALS zu einer Instanz, um die keiner herumkam. Auch nicht das Bayerische Umweltministerium, das 1989 begann, Untersuchungen zur Sicherung und Renaturierung des Salzach-Auen-Ökosystems in Auftrag zu geben.

Wir bleiben dran!

Viel Wasser ist seither die Salzach heruntergeflossen, sauberes Wasser. Die Papierwerke haben Kläranlagen gebaut, der Kiesabbau in den Auen wurde eingestellt, Flussrampen wurden aufgelöst, Ufer zurückgenommen, Altwässer wieder angeschlossen. Alle haben gelernt, auch die Wasserbauer, die viele Vorschläge der ALS einst hochmütig belächelt hatten und jetzt ihre Lösungen stolz auf internationalen Kongressen präsentieren. Heute ist die Salzach der einzige Voralpenfluss, der nicht durch Staustufen unterbrochen ist. Das bietet die einmalige Chance, ihn wieder zum Naturfluss zu machen.

Für die gesamte Salzach von Freilassing bis Tittmoning liegen Studien vor, wie eine sogenannte „Naturfluss-Variante“ umgesetzt werden könnte. Das Land Salzburg ist schon aktiv: Seit 2015 wird in einem Teilgebiet ein LIFE-Projekt durchgeführt, um die Salzach als Naturpark ökologisch aufzuwerten. Die jüngsten Kraftwerksplanungen bringen die vollständige Renaturierung der Salzach jedoch in Gefahr. Der BUND Naturschutz setzt sich dafür ein, das Kraftwerk abzuwenden und der Natur an der Salzach wieder mehr Raum zu geben!


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