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Flüsse und Auen brauchen unseren Schutz

Frei fließende Flüsse und intakte Auen sind nicht nur „Hot Spots“ der Artenvielfalt, sie bieten uns auch einen hervorragenden natürlichen Hochwasserschutz. Es lohnt sich also nicht nur ihrer Schönheit wegen, sie zu schützen. Das wissen die Aktiven vom BN seit langem.

Der Schutz frei fließender Flüsse – und damit auch der Auen – ist der billigste und natürlichste Schutz vor Hochwasser. Wenn unsere Flüsse nach der Seite hin Platz haben, um sich auszubreiten, gibt es weniger Schäden. Die Hochwasserwelle wird niedriger und langsamer, aus Hochwasser wird „Breitwasser“. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) schätzt den monetären Wert des bayerischen Auwaldes allein für den Hochwasserschutz auf bis zu 20.000 Euro pro Hektar.

Nicht nur deshalb setzt sich der BN schon lange dafür ein, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben. Es gilt, Deiche rückzuverlegen, Flussverbauungen zu entfernen und so den Fließgewässern ihre natürliche Dynamik und damit auch ihre intakten Auen zurückzugeben. Für den Artenschutz ist dies immens wichtig, denn sie beheimaten zwei Drittel der Lebensgemeinschaften Mitteleuropas. So haben fast alle Amphibienarten, ein Großteil der Mollusken (Schnecken und Muscheln), mehr als 70 Prozent aller Libellen- und 60 Prozent aller Brutvogelarten ihren primären Lebensraum in den Auen. Für Fische sind die Auegewässer eine unersetzliche Kinderstube. Neue Wasserkraftwerke oder Flussbegradigungen müssen deshalb tabu sein, denn schon heute sind nur noch magere zehn Prozent der bayerischen Fließgewässer ungestaut. Der Rest wurde innerhalb von nur 100 Jahren verbaut.

Große Erfolge - schmerzhafte Niederlagen

Der Schutz der bayerischen Flüsse steht für den BUND Naturschutz seit jeher ganz oben auf der Prioritätenliste. So rettete der Verband bereits in den 1960er-Jahren die einmalige Weltenburger Enge. Der Donaudurchbruch samt weltberühmtem Kloster und dunklem Bier sollte damals in einem riesigen Stausee verschwinden. Das konnte der BN mit Unterstützung seiner Aktiven glücklicherweise verhindern. Und bis heute sorgt er erfolgreich dafür, die letzten 90 Kilometer frei fließender Donau zwischen Straubing und Vilshofen zu erhalten.

Ein zweiter Großkampf um einen bayerischen Fluss endete dagegen in einem Fiasko für den Naturschutz: der Zerstörung des Altmühltals, einer einzigartigen Flusslandschaft. Sie wurde dem angeblichen „Menschheitstraum“ Rhein-Main-Donau-Kanal geopfert, der heute nur zur Hälfte ausgelastet ist und sich volkswirtschaftlich wohl niemals rechnen wird. Aber der Kampf geht weiter: An Salzach, Lech, Iller, Loisach und vielen anderen Flüssen wollen Energieerzeuger immer noch die letzten naturnahen Flussabschnitte für eine falsch verstandene Energiewende zerstören. Dagegen setzen sich der BN und viele lokale Mitstreiter vehement und immer wieder erfolgreich zur Wehr.

Das Auenprogramm Bayern

Renaturierung ist also angesagt und an nahezu allen Flüssen Bayerns nötig. Ein Vorhaben, das bestens mit dem „Auenprogramm Bayern“ Hand in Hand gehen könnte, welches das bayerische Umweltministerium 2002 auf den Weg gebracht hat. Sein Ziel ist es, alle noch intakten Auen im Freistaat dauerhaft zu schützen. Die natürlichen Eigenschaften und Funktionen einer Aue, wie zum Beispiel die Verlagerung des Fließgewässers, wechselnde Wasserstände und eine regelmäßige Überschwemmung sollen zugelassen beziehungsweise wiederhergestellt werden.

Der BN lobt die vorbildliche interdisziplinäre Zusammenarbeit, die im Rahmen dieses Programmes bereits geleistet wurde. Es wurden hervorragende Grundlagen erarbeitet, jedoch in viel zu geringem Umfang. Der Verband fordert deshalb, den Vorarbeiten jetzt konkrete Handlungen und Projekte folgen zu lassen. Vor allem beim Deichrückbau wünscht er sich mehr politischen Mut und konkretere Fortschritte.

Die Bayerische Biodiversitätsstrategie

Auch die Bayerische Biodiversitätsstrategie bietet sehr gute Vorgaben für einen besseren Schutz unserer Flüsse. Im Gegensatz zum Auenprogramm ist die Strategie nicht „nur“ ein Fachprogramm, sondern ein Beschluss des bayerischen Ministerrates (2008) und somit für die Staatsregierung und all ihre Ministerien verbindlich. Diese wichtige Strategie muss ernstgenommen werden und eine größere praktische Bedeutung für den Fluss- und Auenschutz erhalten. So strebt sie beispielsweise an, dass sich die bayerische Natur auf geeigneten Flächen wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und ihrer natürlichen Dynamik gemäß ungestört entwickeln kann, beispielsweise an dynamischen Fließgewässern. Auch Renaturierung, Gewässervernetzung, Verbesserung des natürlichen Wasserrückhalts in der Fläche und ökologische Aktivierung von Rückhalteflächen entlang der Gewässersysteme werden darin als Ziele genannt – allesamt Anliegen, die der BN seit Jahrzehnten vehement vertritt. Und auch im Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 finden sich viele dieser Ziele wieder. Die ökologisch nötigen und vernünftigen Maßnahmen hat also auch die Politik erkannt, aber es mangelt an konkreten Schritten sowie an Personal und Geld, um sie auch tatsächlich umzusetzen. Der BUND Naturschutz wird sich hier auch weiterhin als Mahner und Schrittmacher für eine ökologische Wende in der Fließgewässer-Politik stark machen.

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Hoffnung für unsere Flüsse kommt aus Brüssel. Die sogenannte Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bringt Schwung in den Schutz des nassen Elements. Zentrales Ziel der WRRL ist der „gute ökologische, mengenmäßige und chemische Zustand“ für alle Gewässer und das Grundwasser. Außerdem gilt seit Inkrafttreten der Richtlinie im Jahr 2000 ein Verschlechterungsverbot.

Bei der WRRL geht es erstmals nicht um sektorale, isolierte Lösungen, sondern gefordert ist eine integrierte Betrachtung und funktionale Verbesserung auf der Ebene der gesamten Flusseinzugsgebiete. Die Richtlinie verlangt, in bestem Behördendeutsch die „Vermeidung einer  weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängigen Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt“ sowie die „Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen“, die „Sicherstellung einer schrittweisen Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung seiner weiteren Verschmutzung“ und „einen Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren“.

Mehr zur Wasserrahmenrichtlinie

Schutz vor Wasserverschmutzung

Doch nicht nur die Verbauung setzte den bayerischen Fließgewässern im letzten Jahrhundert arg zu. Auch die Wasserverschmutzung nahm mit dem Wirtschaftswunder immer größere Ausmaße an. Ab den 1960er-Jahren führte der BN deshalb erfolgreich Kampagnen für Kläranlagen und gegen phosphathaltige Waschmittel durch. 1974 legte er schließlich ein Konzept für ökologische Schutzbereiche in den Flusslandschaften Bayerns vor.

Heute ist es vielfach die Landwirtschaft, die Gewässer verschmutzt. Überall dort, wo Äcker bis an die Gewässer heran bewirtschaftet werden, finden Dünger und Pestizide ihren Weg ins Wasser und schädigen das Leben im und am Fluss. Wo ehemals Wald und Wiesen wuchsen, dehnen sich heute viel zu oft Äcker aus und der Boden liegt blank. Wind und Wetter tragen ihn ab und in die Flüsse hinein, sodass heute viele Flussbetten verschlammt und für bestimmte Fisch- und Muschelarten zur Fortpflanzung nicht mehr nutzbar sind. Der BN fordert deshalb eine generelle Ökologisierung der Landwirtschaft und an allen Gewässern einen mindestens zehn Meter breiten, ungenutzten Uferstreifen – einen sogenannten Gewässerrandstreifen. In allen anderen Bundesländern ist ein solcher Schutzstreifen von fünf Metern Breite bereits heute gesetzlich vorgeschrieben. Für den Gewässer- und Artenschutz wäre das ein großer Gewinn – und manchmal auch die vorsorgliche Lösung anderer Probleme. So baut ein ungenutzter Uferrandstreifen vielen Konflikten zwischen Landwirt und Biber vor. Der typische Auenwaldbewohner bewegt sich nämlich nur sehr ungern vom Wasser weg. Zuckerrüben und Mais, die einen „Sicherheitsabstand“ zum Gewässer haben, bleiben deshalb meist verschont.