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Anhörung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz zum Thema „Verlust der biologischen Vielfalt in Bayern“, 07.06.18

BUND Naturschutz fordert Maßnahmenbündel und Verbindlichkeit für besseren Schutz des biologischen Reichtums Bayerns in allen Wirtschaftsbereichen, insbesondere durch naturverträglichere Landwirtschaft und Stop des Flächenverbrauchs

07.06.2018

In der heutigen Anhörung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz des Bayerischen Landtages zum Thema „Verlust der biologischen Vielfalt in Bayern“ hat der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) den Schwerpunkt auf nötige Maßnahmen gelegt: „Es ist hinreichend bekannt, dass und wie stark Arten und Lebensräume in Bayern bedroht sind, wie dramatisch die Lage ist zeigt exemplarisch das Insektensterben.“ Dr. Christine Margraf, BN-Artenschutzreferentin Südbayern. „Auch die Ursachen hierfür sind weitgehend bekannt. Die bayerische Staatsregierung muss sowohl auf bayerischer als auch auf europäischer Ebene endlich in der Fläche wirksame Maßnahmen ergreifen bzw. voranbringen. Am dringlichsten sind dabei eine Ökologisierung der Agrarpolitik mit verbindlichen Vorgaben zum Schutz der Allgemeingüter sowie eine deutliche Reduzierung des Flächenverbrauches.

Eines der ganz wenigen konkreten Ziele der bayerischen Biodiversitätsstrategie von 2008 lautet: „Bis 2020 sollte sich bei 50% der Rote-Liste-Arten die Gefährdungsstufe um 1 Stufe verbessern“ – davon ist Bayern weit entfernt und an diesem sehr anspruchsvollen und guten, aber ohne weitere Maßnahmen völlig unerreichbaren Ziel ist die gesamte Bayerische Staatsregierung immer wieder zu messen. „Wenn die bayerische Staatsregierung es mit dem Schutz der Natur ernst meint, muss sie den Erhalt der Lebensgrundlagen in allen Ressorts zum Zukunftsthema machen.“ so Margraf.

Zwar gibt es auch nach Ansicht des BN durchaus Erfolge und Fortschritte beim Schutz einzelner Arten und in zahlreichen Naturschutzprojekten, sowie sehr gute naturschutzfachliche Konzepte und Strategien, wie die 2008 vom bayerischen Kabinett verabschiedete Biodiversitätsstrategie Bayern. Doch diese punktuellen Erfolge haben den Rückgang der Arten- und Lebensraumvielfalt auf großer Fläche durch eine verfehlte Agrarpolitik, Straßenbau und Flächenverbrauch nicht aufhalten können und keine Trendwende erreicht.

Zu den vordringlichsten Maßnahmen für eine Trendwende gegen den weiteren Naturverlust zählt der BN folgende 10 vordringliche Bereiche:

  • Schutz der biologischen Vielfalt in den Agrarlandschaften. Das bedeutet insbesondere auch eine Ausrichtung aller finanziellen Förderungen am Beitrag zum Erhalt der Natur und anderer natürlicher Ressourcen (sauberes Wasser, saubere Luft u.a.). Insbesondere Düngung und der Pestizideinsatz müssen deutlich reduziert, artenreiche Landschafts-Strukturen wie Blüh- oder Brachflächen deutlich erhöht werden. Auf EU-Ebene muss sich Bayern für eine Naturschutz-Finanzierung und für die Umwandlung der pauschalen Flächensubventionen in Gemeinwohlleistungsbezogene Zahlungen einsetzen.
  • ein dritter bayerischer Nationalpark und die Erfüllung des 2%-Wildnis-Zieles der Bundes-Biodiversitätsstrategie (v.a. in Flüssen mit ihren Auen und in 10% der Staatswälder).
  • ein konsequenterer Schutz der bestehenden Schutzgebiete (v.a. Natura 2000 und Naturschutzgebiete).
  • Aufbau eines landesweiten Biotopverbundes - Korridore für ein Netz des Lebens.
  • Schutz der Böden vor Überbauung, besserer Schutz der Natur vor weiterer Zerstörung, Verinselung und Zerschneidung durch Eingriffe.
  • eine leistungsfähige Personal- und Finanzausstattung der Naturschutzverwaltung.
  • Konsequentere Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und von Natura 2000 an allen Gewässern Bayerns, Entwicklung der Fließgewässer und ihrer Auen zu zentralen lebendigen Biotopverbund-Achsen (v.a. Renaturierung, Waldwildnis in den Auwäldern, Deichrückverlegungen, in Ausleitungsstrecken Erhöhung der Mindestwassermengen nach ökologischen Kriterien, verpflichtende Gewässer-Entwicklungsstreifen), kein Neubau von Wasserkraftwerken.
  • Interdisziplinäres wildbiologisches Kompetenzzentrum und bestens ausgestattete Förderprogramme für Weidetierhalter und Landnutzer.
  • Solide Grundfinanzierung aller bayerischen Umweltstationen und Naturschutzzentren für eine bessere direkte Naturerfahrung für alle Bürger.
  • Konsequenter Klimaschutz.

Bestehende Programme und Ziele wie die bayerische Biodiversitätsstrategie müssen über eine regelmäßige Datenerfassung von Indikatoren umfassend in ihrer Zielerfüllung kontrolliert werden.

Exemplarisch für den Schutz der Insekten hat der BN in der Anhörung einen Aktionsleitfaden „Insektensterben – höchste Zeit zum Handeln. Basisinformationen, Handlungsempfehlungen und praxisnahe Aktionsvorschläge“ vorgelegt. Er enthält eine umfangreiche Auflistung, welche Maßnahmen nötig und möglich sind – vor der EU-Agrarreform bis zum naturnahen Privatgarten. Davon würden auch viele andere Arten profitieren.

Zentrale Ursachen des Naturverlustes

Eine der zentralen Ursachen für die geringen Fortschritte ist die viel zu schwache Verankerung der bayerischen Biodiversitätsstrategie in den Fachressorts Landwirtschaft, Heimat und Verkehr. Auch in den letzten 10 Jahren sind die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der Flächenverbrauch als zentrale Ursachen für den weiteren Rückgang von Arten und Lebensräumen weiter vorangeschritten. Arten wie Kiebitz, Brachvogel oder Feldhamster werden unvermindert seltener, früher weit verbreitete Arten der Agrarlandschaft gehen immer weiter zurück, die Dimension des Insektensterbens mit all seinen dramatischen Folgen für die Leistungen der Ökosysteme auch für uns Menschen hat sich in den letzten 10 Jahren noch einmal verschärft.

Eine weitere zentrale Ursache für die schwache Wirkung der Strategie und des 2014 ergänzend aufgestellten „Bayerischen Biodiversitätsprogrammes 2030“ ist aber auch die weitgehende Unverbindlichkeit der Zielsetzungen, der bayerische Weg der Freiwilligkeit und die komplett fehlenden Angaben zur nötigen finanziellen Ausstattung. Damit ist sie auch deutlich schwächer als die Biodiversitätsstrategie des Bundes. Der bayerische Weg der Freiwilligkeit hat sich ganz klar nicht bewährt. Die Staatsregierung muss endlich verbindliche und auch rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, um den Verlust an Natur zu stoppen. Auch muss klar benannt werden, in welchen Bereichen welche Kosten damit anfallen. Einen Bundesverkehrswegeplan würde niemand ohne Kostenangaben aufstellen, was aber der Erhalt des biologischen Reichtums in Bayern kostet, bleibt unklar. Dabei bringen die Investitionen in die Natur aber einen wesentlichen höheren volkswirtschaftlichen Gewinn und würden in der Gesellschaft hohe Akzeptanz finden.   

Für Rückfragen:  
Dr. Christine Margraf, Leiterin BN-Fachabteilung München:
089 / 548298-89, christine.margraf@bund-naturschutz.de