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Bayerns Schönheit bewahren

140 m2 Flächenfraß pro Minute sind
unerträglich - spektakuläre Aktion beim Protestzeltlager gegen die A 73 in Lichtenfels

23.08.2003

Bei der Kundgebung zum Protestzeltlager 2003 gegen die A 73 auf der geplanten Trasse bei Lichtenfels - Kösten machte der Bund Naturschutz (BN) und die Jugendorganisation Bund Naturschutz (JBN) mit einer spektakulären Aktion auf den anhaltenden Flächenverbrauch in Bayern aufmerksam. Die Aktiven stellten sich inmitten des herrlichen Wiesengrundes im Maintal vor die bayerische Heimatlandschaft. Sie beendeten mit einer Menschenkette das Zudecken der Wiesen mit schwarzer Folie - Symbol für den mit über 2,3 m2 pro Sekunde oder 140 m2 pro Minute enormen Flächenverbrauch in Bayern.

"Kein Mensch käme in Bayern ernstlich auf die Idee, einmalige Denk-mäler wie das Kloster Banz oder die berühmte Wallfahrtskirche Vier-zehnheiligen unter Beton und Asphalt zu begraben. Unserer z.T. Jahrtausende alten Kulturlandschaft passiert das aber täglich. Wir stellen uns quer. Wir wollen Bayerns Schönheit bewahren und den Flächen-verbrauch stoppen", so Oliver Schreier, Mitglied der Landesleitung der JBN, mit 30.000 Mitgliedern Bayerns größter Jugendumweltverband.

Das in den letzten Tagen von der Staatsregierung vorgebrachte Argument, der Flächenverbrauch hätte sich bereits verlangsamt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bayern nach wie vor mit 20 ha Flächenfraß pro Tag (ca. 28 Fußballfelder) trauriger Spitzenreiter unter den Bun-desländern ist. Bei der jetzigen Geschwindigkeit verliert Bayern sein Gesicht. "Wir werben für das Ende der Heimatzerstörung und stemmen uns mehr denn je gegen neue, maßlos überdimensionierte Straßenbau-ten wie die A 73", so Schreier.

Gerade der Bau der geplanten Autobahn A 73 zwischen Lichtenfels und Ebersdorf bei Coburg ist ein Paradebeispiel für die Missachtung des Landschaftsschutzes. Der Bund Naturschutz appelliert an die Staatsregierung, mit dem geplanten Bau zwischen Coburg und Ebersdorf bei Coburg nicht zu beginnen, bevor die Hauptsacheverhandlungen für beide Abschnitte stattgefunden haben. Es besteht sonst die Gefahr, dass zig Mio. Euro verbaut und die Landschaft verschandelt wird, letztlich der Verkehr aber weiter auf der kürzeren Strecke durch Coburg, jedoch ohne Lärmschutz, fließt. Das wäre ein echter Schildbürgerstreich.

Der Bund Naturschutz fordert von der Politik auf Landes- und Bundesebene ebenso wie von Städten und Gemeinden eine deutliche Umkehr bei der Wohngebietsausweisung, der Gewerbeflächenpolitik und dem Straßenbau.

Ziel muss sein, dass ab 2010 keine neuen Flächen bebaut werden oder in dem Maß des Neubaus an anderer Stelle versiegelte Flächen renaturiert werden. Dies erfordert Vorrang für Flächenrecycling, Nachverdichtung und Umnutzung, Maßnahmen gegen die kommunale Konkurrenz bei Gewerbegebietsausweisungen und ein Ende des Straßenneubaus.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Ende März 2003 entschieden, dass dem Eilantrag des Bundes Naturschutz stattgegeben werde und der Bau der A 73 im Abschnitt Ebersdorf b. Co. bis Lichtenfels einstweilig verboten ist.

Als besonders bemerkenswert sieht es der Bund Naturschutz dabei an, dass das Gericht neben dem Schutz eines faktischen europäischen Vogelschutz-gebietes den Schutz des Landschaftsbildes als so wichtig einstuft, dass die Planung auch an diesem Punkt scheitern könne. In der Urteilsbegründung heißt es dazu: "Der Beschluss hält für besonders erwähnenswert die Störung bzw. den Verlust des Panoramablickes bzw. der Blickachse auf den überregional bekannten "Gottesgarten" am Obermain, der ein besonders einprägsames Beispiel historisch gewachsener ländlicher Kulturlandschaft mit Panoramablick darstelle."

Der Bund Naturschutz hat es in der Vergangenheit immer wieder - bislang erfolglos - gerügt, dass hässliche Asphaltschneisen mit riesigen Dämmen und Einschnitten in schönste Landschaften gebaut werden durften. In den staatlichen Entscheidungen dazu heißt es dazu bisher regelmäßig, der Eingriff in das Landschaftsbild werde durch die Bepflanzung der Böschungen bereits ausreichend berücksichtigt. Im Falle der A73 im Maintal handelt es sich um ca. 12 m hohe Dämme, eine 650 m lange Talbrücke, ein Autobahndreieck im Talgrund und einen ca. 120 m breiten Hangeinschnitt bei Kösten.

Obwohl es mit dem vom BN vorgeschlagenen Ausbaues der B 4 zwischen Coburg und Breitengüßbach eine landschaftsverträglichere und billigere Al-ternative gäbe, setzt die Staatsregierung mit aller Macht auf eine neue Schneise durch Gottesgarten und Banzer Hügelland.

Der BN bedauert die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Sachen A 73 im Abschnitt Coburg - Ebersdorf bei Coburg. Dieses hatte am 1. Juli 2003 dem BN-Antrag auf Baustopp bis zur endgültigen Gerichtsentscheidung nicht stattgegeben.

Der BN fordert weiterhin die Realisierung der "Intelligenten Lösungen", die der BN per verkehrsgutachten nachgewiesen hat: Im Einzelnen wäre dies der Bahnausbau mit Lückenschluss zwischen Coburg und Hildburghausen und der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung zwischen Lichtenfels und Coburg, der Ausbau der B 4 zwischen Coburg und Breitengüßbach auf drei Spuren und die Einhausung der B 4 im Abschnitt Bahnhof bis Weichengereuth und Ausbau auf 2+1 Spuren im Abschnitt Weichengereuth mit Ampel-freischaltung in Gegenrichtung bei Stossverkehr in Coburg aus Lärmschutzgründen.

Diese Lösungen wären nicht nur billiger, sondern auch umweltfreundlicher, landschaftsverträglicher und nachhaltiger nutzbar.

Die allein zwischen 1993 und 2001 verbrauchte freie Landschaft, entspricht mit 81.398 ha mehr als dem Zehnfachen des größten bayerischen Sees, des Chiemsees. Die bayerische Siedlungs- und Verkehrsfläche hat sich damit auf derzeit 10,4 % der Gesamtfläche Bayerns erhöht. Einen großen Anteil daran haben die Ausweisung neuer Gewerbegebiete und der Straßenbau.