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BN für Förderung des Mischfruchtanbaus mit Ölertrag

Autarke Energieversorgung vom Acker durch Mischfruchtanbau – im System des ökologischen Landbaus schon heute machbar

05.06.2003

Zum Tag der Umwelt am 5. Juni fordert der Bund Naturschutz (BN) die verstärkte Förderung des ökologisch verträglichen Mischfruchtanbaus in der Landwirtschaft. Neben der Erzeugung von Getreide oder Futtererbsen können von der gleichen landwirtschaftlichen Fläche ohne Ertragsrückgang bei der Hauptkultur Ölpflanzen gratis als Nebenprodukt geerntet werden. Dieser Ölertrag vom Acker sollte nach den Vorstellungen des BN primär zur Energieversorgung der Landwirtschaft selbst dienen und in pflanzenölbetriebenen Traktoren eingesetzt werden. Im System des ökologischen Landbaus ist so eine autarke Energieversorgung schon heute möglich.
Der BN fordert, dass der Mischfruchtanbau mit der Ölpflanze Leindotter, der zur Einsparung von Herbiziden beitragen kann, nicht mehr von der EU-Förderung ausgenommen wird. „Die Diskriminierung dieser umweltfreundlichen Anbaumethode durch die EU-Förderpolitik im bayerischen und bundesweiten Vollzug muss dringend ausgesetzt werden“, so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bundes Naturschutz (BN). „Dies könnte durch eine modifizierte Auslegung der guten fachlichen Praxis der Landwirtschaft geregelt werden, die die Leindottereinsaat als Methode der nicht-chemischen Unkrautbekämpfung anerkennt“, so Weiger weiter. An die Adresse der EU richtet sich die BN Forderung, Leindotter als ausgleichszahlungsberechtigte Kultur aufzunehmen und die Nutzung des eiweißreichen Ölpresskuchens als handelbares Futtermittel zuzulassen.


Mischfruchtanbau – wie funktioniert er

Unter Mischfruchtanbau wird der Anbau eines Gemenges verschiedener Feldfrüchte auf dem gleichen Feld zur gleichen Zeit verstanden. Die verschiedenen Pflanzen können sich in Hinblick auf ihr Wurzelsystem, Nährstoffbedarf, und Wuchsform sinnvoll ergänzen. Für den Ölpflanzenanbau liegen gute Praxisergebnisse für die Kulturen Erbse – Leindotter, Sommergerste – Leindotter, Sommerweizen – Leindotter und Hafer – Leindotter vor. Auch Mischungen mit drei Früchten gleichzeitig sind in der Erprobung. Die Interessensgemeinschaft Mischfruchtanbau hat unter wissenschaftlicher Begleitung von Prof. Schrimpff von der Fachhochschule Weihenstephan und Prof. Makowski aus Rostock verschiedene Versuche durchgeführt und eine Informationsbörse für Landwirte aufgebaut. (www.mischfruchtanbau.de).


Vorteile des Mischfruchtanbaus

Im Mischfruchtanbau mit Leindotter werden im Regelfall bessere Qualitäten bei der Hauptfrucht Getreide sowie höhere Erträge bei der Hauptfrucht Erbse erzielt als im Reinanbau der Fall wäre. So dient beim Anbau von Erbsen der Leindotter beispielsweise als Stützfrucht.

Der Mischanbau bietet darüber hinaus eine höhere Ertragssicherheit.

Pro Flächeneinheit wird eine weit höhere Assimilationsleistung erzielt, als dies bei Anbau in Reinkultur möglich wäre.


Landwirtschaft als autarkes Energieliefersystem

Bei einer konsequenten Ausrichtung auf eine autarke Energieversorgung kann in ausgewählten Fruchtfolgen des ökologischen Landbaus auch heute schon mehr Energie erzeugt werden als der Betrieb für den Anbau verbraucht.

Fruchtfolgebeispiel 1 (auf 1 Hektar berechnet)
(2 jähriges) Kleegras: kein Ölertrag 2 Jahre
Sommerweizen – Leindotter: 150 Liter Öl
Sommergerste – Leindotter: 150 Liter Öl
Erbse – Leindotter: 200 Liter Öl
Sommergerste – Leindotter: 150 Liter Öl

In 6 Jahren könnten von diesem Ackerschlag 650 Liter Öl als Nebenprodukt erzeugt werden. Dem stünde ein durchschnittlicher Dieselbedarf von 70 l / Hektar, 420 Litern im ökologischen Landbau in 6 Jahren gegenüber. 230 Liter könnten noch zusätzlich im Blockheizkraftwerk genutzt werden.

Fruchtfolgebeispiel 2
Noch größere Ölausbeuten würde die folgende Fruchtfolgevariante bieten:
2 jähriges Kleegras, Lein - Leindotter (750 Liter), Dinkel, Kartoffeln, Erbse – Leindotter (200 Liter), Gerste – Leindotter (mit Kleegraseinsaat im Mai) (150 Liter). Der 7 jährige Ertrag läge bei insgesamt 1.100 Litern im Verhältnis zu einem Aufwand von 490 Litern, das heißt ein Übertrag von 610 Litern in 7 Jahren.

Auf Bayern umgerechnet betrüge das Potenzial des Leindotteranbaus unter Nutzung der derzeit angebauten Sommergetreidearten und Futtererbsen sowie Ackerbohnen rund 35.000 Tonnen Pflanzenöl. Würde mehr Sommergetreide angebaut, die Forschung verstärkt, der Versuchsanbau sowie die Sortenentwicklung auch winterharter für den Mischfruchtanbau geeigneten Öl-Pflanzen vorangebracht, könnte ein weit größeres Potenzial erschlossen werden.
Zum Vergleich:
Derzeit werden in Bayern in Intensivkultur mit Raps auf stillgelegten Flächen für den „non – food“ Anbau ca.45.000 Tonnen Rapsöl auf 34.000 ha Fläche in Monokultur erzeugt.


BN Forderungen zum Mischfruchtanbau

Nach Gesprächsaussagen aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium geht beim Mischfruchtanbau mit Leindotter die Prämienberechtigung für die Hauptfrucht, also z.B. Weizen, Gerste oder Erbse verloren, da bei Mischungen die jeweils niedriger bewertete Pflanze für die Ausgleichszahlung maßgeblich sei. Als Beispiel wurde die Kombination Hafer Erbse genannt, bei der der niedriger bewertete Hafer Grundlage für die Zahlungsansprüche ist.

BN fordert dahingegen:

 Anerkennung einer modifizierten guten fachlichen Praxis für den Mischfruchtanbau mit Leindotter, der die unkrautunterdrückende Maßnahme des Leindotters als Beifrucht anerkennt, und damit Gewährung der Ausgleichszahlung für die Hauptkultur.
 Aufnahme des Leindotteranbaus in die Kulturpflanzenregelung der EU
 Aufhebung des Handelsverbotes für die Pressrückstände des Leindotters, die als eiweißreiches Futtermittel in geringen Mengen sinnvoll an Schweine und Rinder verfüttert werden könnten.
 Ausbau der Forschung an Leindotter und verwandten Arten hinsichtlich Erträge, Ölsäuremuster und Winterhärte.
 Der Thematik des Mischfruchtanbaus soll auch im Bereich der konventionellen Landwirtschaft verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden.



Anlage 1

Mischfruchtanbau –
Kurzinformation der Interessensgemeinschaft Mischfruchtanbau

Kontakt: Margret Stephan, Erlenstr. 29 b, 85416 Langenbach, Tel. 08761/ 752135, Telefax: 08761 752134, Mo-Fr 9.00 bis 12.00

Bereits um die Jahrhundertwende hat man sich in Deutschland in bäuerlichen Kleinbetrieben mit dem sogenannten Mischanbau unterschiedlicher Feldfrüchte befasst. Anlass war, die verfügbare Bodenfläche und die Sonnenenergie mit höherer Effizienz zu nutzen. Es stellte sich heraus, dass Mischsaaten gegenüber Reinsaaten Vorteile aufweisen,
 wenn Blattpflanzen mit Halmfrüchten,
 Tiefwurzler mit Flachwurzlern,
 Pflanzen mit recht verschiedenen Nährstoffbedürfnissen
miteinander gemengt werden.
Es kann so eine vielseitigere Ausnutzung des Bodens stattfinden, die Ernten werden durch die Mischsaat größer, die Ertragssicherheit ist erhöht.

Der Mischanbau ist heute in den Betrieben des Ökologischen Landbaus wieder sehr aktuell, besonders wenn es darum geht, nicht nur ökologisch Nahrungsmittel zu produzieren, sondern auch gleichzeitig Kraftstoff zu erzeugen. Der erhoffte Effekt ist dabei die Parallelproduktion des Energiebedarfes, der für die Bestellung der jeweiligen Ackerfläche notwendig ist, ohne die eigentliche Hauptfrucht im Ertrag einzuschränken.
Seit 1988 werden wieder Mischfruchtanbau Versuche durchgeführt und bis dato wurden einige Mischungen praxisreif erprobt.
Als mischungstaugliche Ölpflanze stellte sich dabei der Leindotter (camelina sativa) heraus. Die Gründe für diese Eignung lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen:
 Leindotter hat eine schnelle Jugendentwicklung und verhindert durch ein ausgeprägtes Rosettenstadium die typische Frühver-unkrautung v.a. in Erbsen.
 Leindotter ist aber sehr konkurrenzschwach und passt sich seiner Umgebung hinsichtlich Wuchshöhe, Pflanzen pro m² und Verzweigung an. Die eigentliche Hauptfrucht wird also nicht beeinträchtigt.
 Der Abreife ist sehr gleichmäßig und der Abreifetermin liegt i.d.R. 1 Woche vor dem der Hauptfrucht, so dass der Druschtermin nach dem Reifegrad derselbigen bestimmt werden kann. Im Gegensatz zu anderen Ölfrüchten haben die Leindotter-Schötchen ein sehr ausgeprägtes Haltevermögen, so dass sich der Vorernteverlust in Grenzen hält.
 Da in den Mischungen der nicht winterfeste Sommer-Leindotter eingesetzt wird, besteht keine Gefahr einer „Verseuchung“ der Ackerflächen mit ausgefallenem Leindotter in den Folgejahren
 Aufgrund seiner flächigen Ausbreitung und rechtzeitigen Abreife fungiert der Leindotter als gute Stützfrucht, v.a. in Erbsen-Beständen und verhindert so die Spätverunkrautung und damit auch einen erschwerten Erntevorgang.


Bis heute wurden vor allem folgende Mischungen ausgearbeitet:
 Sommergerste – Leindotter
 Sommerweizen – Leindotter
 Hafer – Leindotter
 Futtererbse – Leindotter

In Tabelle 1 werden die Versuchsergebnisse aus den Ernten 1999 bis 2001 dargestellt, die in mehreren Erntejahren sowohl in Bayern als auch in Mecklenburg-Vorpommern bestätigt wurden.

Tab. 1 Ernteergebnisse Erbsen-Versuche (Quelle: Markus Pscheidl, Kramerbräu – Naturlandhof)
Versuchsart Text 1998/1999 1999/2000 2000/2001
dt/ha dt/ha dt/ha
EB-LD-Mischsaat Erbsen 29,50 32,45 49,73
Leindotter 5,10 8,14 1,98
Gesamt 34,60 40,59 51,71

EB – Reinsaat Erbsen 31,37 24,92 Kein Ergebnis

Anhand dieser Versuchsergebnisse kann man erkennen, dass der gewünschte Effekt der zusätzlichen Energiebereitstellung (man erhält 10 l Pflanzenöl aus 36 kg Leindotter und 80 l Pflanzenöl pro ha sind nötig für Bestellung, Pflege und Ernte eines Hektars Getreide) ohne Beeinträchtigung der Hauptfrucht voll eingetreten ist. Es lässt sich sogar eine Ertragssteigerung der Hauptfrucht beobachten. Begründet wird dies vor allem durch die unkrautfreien und stehenden Bestände.

Aktuell sind folgende Punkte noch zu verbessern:
 Sortenversuche und standortspezifische Mischungen
 Aussaattechnik
 Optimaler Pflanzenabstand/Saattiefe/Saatstärke für einzelne Mischungen
 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
 Bürokratische Hemmschwellen

Momentan sind beim Anbau von Leindotter in Mischbeständen zwei Punkte noch nicht gelöst:

Leindotter ist nicht ausgleichszahlungsberechtigt und der Pressrückstand (Presskuchen) als Futtermittel wird nicht in der Futtermittelliste geführt.


Anlage 2

Adressliste:

 Arbeitskreis Mischfruchtanbau, Tim Brand,
Ingolstädter Str. 2, 85095 Denkendorf
Tel. 08466/83 09
Fax 08466/90 48 90

 Vereinigte Werkstätten für Pflanzenöltechnologie, Thomas Kaiser
Am Steigbühl 2, 90581 Allersberg-Göggelsbuch
Tel. 09174/28 62
Fax 09174/26 21

 Institut für Energie- und Umwelttechnik
Josephsplatz 3, 80798 München
Tel. 089/27 19 162
Fax 089/27 22 335

 Prof. Dr. Ernst Schrimpff, FH-Weihenstephan
Bahnhofstr. 1, 85354 Freising
Tel. 08161/71-36 57
schrimpff@fh-weihenstephan.de