Durchsuchen Sie unser Wissen

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Bund Naturschutz zieht Grüne Bilanz 2002 - Schwerpunkt Niederbayern

Die größten Erfolge des BN in Niederbayern waren im vergangenen Jahr die Umsetzung und Fortführung von Arten- und Biotopschutzprojekten, zahlreiche Aktivitäten zur Förderung des ökologischen Landbaus im Hinblick auf die angestrebte Agrarwende,

17.02.2003

die weitere Förderung regenerativer Energien und die Mobilisierung des Widerstands gegen verschiedene umweltzerstörende Großprojekte sowie gegen das Atommüllzwischenlager am Reaktorstandort Ohu. Hervorzuheben ist insbesondere der Einsatz für die frei fließende Donau, der im vergangenen Jahr konkrete Erfolge brachte. Auch die regionale Umweltbildungsarbeit sowie Naturerlebnisangebote aller Kreisgruppen fanden großes Interesse. Ende 2002 hatte der BN in Niederbayern rund 15.500 Mitglieder und Förderer.


Natur- und Artenschutz

Die Aktivitäten des BN sind gerade in diesem Bereich äußerst vielfältig und einer der Arbeitschwerpunkte aller Kreisgruppen, so dass hier nur einige Beispiele erwähnt werden können. Am 11. Januar 2002 konnte im Landshuter Rathaus die Unterschutzstellung des ehemaligen Standortübungsplatzes Landshut mit Isarleiten bei einem Festakt gefeiert werden. Dieses 270 ha große Naturschutzgebiet ist allein dem Einsatz der BN-Kreisgruppe Landshut zu verdanken. Gefördert durch den Bayerischen Naturschutzfonds aus Mitteln der Glücksspirale, wurde 2002 u.a. eine Erfolgskontrolle im Rahmen des ABSP-Projektes Auenverbund Vilstal vom BN im Landkreis Dingolfing-Landau durchgeführt. Die Kreisgruppe konnte im vergangenen Jahr außerdem 5 ha im Vilstal erwerben und damit ihre langjährigen Bemühungen zur Optimierung und Wiederherstellung der Wiesenbrüter-Lebensräume fortsetzen. Die Kreisgruppe Rottal-Inn startete bereits 2001 ein Projekt zum Schutz der gefährdeten Waldschnepfe und führte im letzten Jahr Biotoppflegemaßnahmen zur Lebensraumverbesserung auf einem 1 ha großen BN-Grundstück durch. Weiterhin wurde eine Wanderausstellung erarbeitet, um eine breite Öffentlichkeit über diese Vogelart zu informieren. Zu erwähnen ist außerdem das rollende Freiluft-Umwelt-Klassenzimmer der Kreisgruppe Kelheim, das Schülern die Arten und Lebensräume im Landkreis direkt vor Ort näher bringen soll. Es wurde im vergangenen Sommer der Lehrerschaft vorgestellt und fand auch bei der Schulbehörde Interesse. In den Landkreisen Freyung-Grafenau und Passau setzte der BN seine Bemühungen zum Schutz der Fließgewässer, insbesondere der Ilz und ihrer Nebenbäche fort. Geplante Wasserkraftwerke konnten verhindert werden und auch ein überdimensionierter Wander- und Radweg entlang der Ilz wird auf Grund des Widerstands des BN und anderer Organisationen nicht in der ursprünglich geplanten Form realisiert.

Derzeit betreut der BN allein in Niederbayern 124 eigene Liegenschaften, mit einer Gesamtfläche von 144 Hektar.

Ein herber Rückschlag für den Natur- und Artenschutz war im vergangenen Jahr dagegen das von der niederbayerischen Regierung positiv abgeschlossene Raumordnungsverfahren für einen weiteren Abbau von Kies bzw . Quarzsand am Forchenhügel (Lkr. Deggendorf). Der BN hatte das Vorhaben u.a. wegen der gesamtökologischen Einmaligkeit und der landesweiten Bedeutung des Gebietes für den Naturschutz entschieden abgelehnt.

Schwerpunktmäßig wird der BN im Jahr 2003 seine Aktivitäten zum Moorschutz, insbesondere im Bayerischen Wald verstärken und in die Umsetzung des bayerischen Moorentwicklungskonzeptes einbringen und sich weiterhin aktiv an der Erstellung der geplanten Managementpläne für FFH-Gebiete beteiligen.

Bemühungen zur Rettung der frei fließenden Donau zeigen Erfolge

Mit der erstmaligen Untersuchung von flussregulierenden Varianten in den sog. vertieften Untersuchungen, der Entscheidung im Deutschen Bundestag gegen weitere Staustufen an der Donau und der Festschreibung eines Verzichts auf Staustufen im Koalitionsvertrag zeigt das jahrelange Engagement der Aktiven erste Früchte. Obwohl das überfällige Raumordnungsverfahren für den sanften, flussbaulichen Ausbau ohne Staustufen (Variante A) bisher nicht eingeleitet wurde und die Bayerische Staatsregierung die Umsetzung der übergeordneten Beschlüsse weiterhin blockiert, ist die Perspektive zur Rettung der Donau besser denn je. Dieser Erfolg beruht ganz wesentlich auf dem Engagement der Menschen an der Donau, die in Verbänden, Vereinen, Bürgerinitiativen, sonstigen Gruppen und Gemeinschaften oder auch ganz alleine alles getan haben, die Aufmerksamkeit auf die Probleme der Ausbaupläne zu lenken. Dies zeigt sich auch in der bayernweiten überwältigenden Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Von den zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen, die im vergangenen Jahr durchgeführt wurden sind beispielhaft zu erwähnen: das Donau-Fest in Niederalteich, die Donaukonzertfahrt, eine Bootsdemo mit großer Abschlusskundgebung und eine Podiumsdiskussion mit Politikern aller Parteien vor der Bundestagswahl. Am 14./15 Dezember 2002 fand der inzwischen 11. internationale Donaukongress statt. Dabei ging es u.a. um die Entwicklung eines umfassenden, ökologischen Hochwasserschutzkonzepts an der Donau, das den Anforderungen des Auenschutzes Rechnung trägt. Auch im Hinblick auf die Hochwassergefahr muss auf Staustufen, die zur Verschärfung der Probleme beitragen, verzichtet werden. Im Jahr 2003 werden die Aktionen und Bemühungen weiterlaufen, in jedem Fall so lange, bis die Donau endgültig gerettet ist.
Der BN fordert, dass das Raumordnungsverfahren vom Bundesverkehrsministerium umgehend beantragt und von der Regierung von Niederbayern eingeleitet wird.

Klage gegen die Stützkraftstufe Pielweichs

Für die Sanierung der unteren Isar erließ das Landratsamt Deggendorf am 15.4.2002 den Genehmigungsbescheid. Die Stützkraftstufe wurde aber bereits am 1. Januar 1994 in Betrieb genommen Die vorgezogene Erlaubnis erfolgte angeblich deshalb, weil die Gefahr einer weiteren Eintiefung drohte. Die endgültige Genehmigung kam dann acht Jahre später, d.h. die Stützkraftstufe stellt einen klassischen Schwarzbau dar. Auch die geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind bis heute nicht oder nur zum Teil umgesetzt. Dies führte zu erheblichen Schädigungen des Fluss-Aue-Ökosystems, das offiziell auch als FFH-Gebiet gemeldet ist, insbesondere durch die fehlende Wasserdynamik (Grund- und Hochwasser), da die Deiche völlig abgedichtet wurden. Der BN hat gegen den Bescheid Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht und die Rechtswidrigkeit des gesamten Verfahrens beanstandet. Ziel der Klage ist aber auch, Verbesserungen der vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere hinsichtlich der Dynamik der Wasserstände zu erreichen. Eine Entscheidung liegt derzeit noch nicht vor.

Solarland Niederbayern

Ein herausragender Erfolg, der nicht zuletzt auf den jahrelangen Bemühungen sowie zahlreichen Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen der niederbayerischen BN-Gruppen beruht, ist die bundesweit führende Position Niederbayerns bei der Nutzung der Solartechnik. Absolute Spitze bei Fotovoltaikanlagen ist nach wie vor die Stadt und der Landkreis Landshut. Mindestens 30 Millionen Euro zinsverbilligter Darlehen aus dem 100.000-Dächer- Solarprogramm der Bundesregierung flossen in diesen Landkreis. Wie bei der Fotovoltaik sind Stadt und Landkreis Landshut auch bei der Solarthermie führend. Auch hier kamen Millionenbeträge dem heimischen Handwerk zu Gute. Unter den 15 Solarenergie-Spitzenreitern Deutschlands kommen vier Kommunen (Furth, Schalkham, Aham, Berham) aus dem Landkreis Landshut. Aber auch andere niederbayerische Landkreise wie Dingolfing-Landau, Rottal-Inn, Kelheim oder Passau befinden sich an den oberen Positionen.

Atommüllzwischenlager soll verhindert werden

Im Laufe des vergangenen Jahres verstärkte sich die Kritik auch am geplanten atomaren Zwischenlager am Standort Ohu/Niederaichbach immer mehr. Eines der Hauptargumente ist, dass es nicht der Entsorgung des vorhandenen Atommülls dient, sondern vielmehr der in den nächsten Jahrzehnten noch produzierte Abfall hier untergebracht werden soll, um damit die Endlagerung und den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke möglichst lange hinauszuzögern. Auch die Gefahren durch Terroranschläge oder Abstürze von Großflugzeugen sind nicht gelöst. Ein Skandal ist außerdem, dass die bayerischen Zwischenlager mit dünneren Wänden als die in Norddeutschland ausgestattet werden sollen, zumal die Castorbehälter bis heute nicht ausreichend auf ihre Bruchsicherheit und Dichtigkeit getestet wurden. Noch im ersten Halbjahr 2003 ist mit der Genehmigung zu rechnen. Der BN wird dies nicht widerspruchslos hinnehmen und bereitet schon jetzt, zusammen mit den örtlichen Bürgerinitiativen, Klagen gegen den Genehmigungsbescheid vor.

Einsatz für die Agrarwende

Auch im vergangenen Jahr bemühten sich alle niederbayerischen BN-Gruppen durch die verschieden-
sten Aktivitäten die angestrebte Agrarwende voran zu bringen und den ökologischen Landbau weiter zu fördern und auszuweiten. Die jahrzehntelangen Forderungen des BN nach einer sozial und ökologisch ausgerichteten Agrarpolitik, ohne den Einsatz der Gentechnik, müssen jetzt konkret umgesetzt werden. Zahlreiche Veranstaltungen wurden hierzu durchgeführt und der BN-Wettbewerb Mehr Natur in Hof und Flur wurde auch 2002 mit Erfolg auf Landkreisebene durchgeführt. Ein Beispiel der vielfältigen Aktivitäten in diesem Bereich ist die Organisation und Durchführung des Ökomarktes in Straubing durch die dortige BN-Kreisgruppe. Der Ökomarkt, der durch eine Initiative des BN begann, fand im vergangenen Jahr zum zehnten Mal statt. Das Interesse der Bevölkerung nahm in dieser Zeit stetig zu, 2002 kamen rund 5.000 Besucher. Auch die siebte Vilstal Öko, die Umwelt- und Verbrauchermesser der BN-Kreisgruppe Landshut in Vilsbiburg, befasst sich mit dem Thema Agrarwende und verzeichnete wieder einen sehr guten Besuch.

Die großen Probleme: Straßenbau und Flächenverbrauch

Wie in anderen Teilen Bayerns drohen auch in Niederbayern zahlreiche überzogene und unnötige Straßenbauvorhaben, die dem Ziel einer umwelt- und sozialverträglichen Verkehrspolitik diametral widersprechen. Beispiele hierfür sind: Die nach wie vor angestrebte Nordtangente Passau, durch die Teile des Landschaftsschutzgebietes Gaißatal und des FFH-Gebiets Ilztal zerstört würden, der Aus- und Neubau weiterer Autobahnzubringer zur A 3 durch bisher relativ ruhige, unberührte Landschaften oder der Ausbau verschiedener Kreis-, Staats- und Bundesstraßen als neue Transitstrecken nach Tschechien und Österreich. Die betroffenen Kreisgruppen haben sich durch vielfältige Aktivitäten gegen diese Projekte engagiert und umweltverträglichere, flächensparende und naturschonende Alternativen, wie z.B. bestandsorientierte Lösungen aufgezeigt. Meistens leider ohne größeren Erfolg. Insbesondere dem Naturraum Bayerischer Wald droht dadurch die Degradierung zur Transitlandschaft, mit allen bekannten negativen Folgewirkungen für Natur und Landschaft, dem Hauptkapital und Haupterwerbszweig dieser Region. Massiven Widerstand hat der BN auch gegen die Planungen zur Schienenanbindung Ostbayerns an den Flughafen München, insbesondere die sog. Marzlinger Spange, geleistet. Das Vorhaben würde u.a. einen erheblichen, nicht ausgleichbaren Eingriff in das größte zusammenhängende Auwaldgebiet Bayerns (zwischen München und Landshut) bedeuten, das auch als FFH-Gebiet geschützt ist. Außerdem ist der wirtschaftliche Nutzen mehr als fraglich und es existieren zumutbare Alternativen.
Ein Schwerpunkt der BN-Arbeit bleibt daher auch in Zukunft der Kampf gegen Straßengroßprojekte wie z.B. die geplanten überdimensionierten Ausbaumaßnahmen zahlreicher Bundesstraßen (B 8, B 11, B 20, B 85 , B 308, B 533) in der Region Donau-Wald oder der vorgesehene Bau der A 94 von Simbach bis Pocking und der autobahnähnlichen B 15 neu. Angesichts der bevorstehenden EU-Osterweiterung werden diese Projekte immer lauter gefordert. Sie zeigen aber exemplarisch die Hilflosigkeit der deutschen Verkehrspolitik, die nicht in der Lage ist, den Straßenverkehr zu reduzieren, sondern nur auf Kosten von Mensch und Umwelt zu verschieben.

Neben den Straßenprojekten stellt bayernweit der nach wie vor ungebremste Flächenverbrauch durch neue Gewerbe- und Industriegebiete eines der größten Umweltprobleme dar. Beispiele für Fehlentwicklungen in diesem Bereich, mit denen sich der BN intensiver auseinander setzte, sind: Ein 6 ha großes, mitten im Naturpark gelegenes Gewerbegebiet der Stadtgemeinde Regen, das 2002 fertiggestellt wurde, oder das im Isartal geplante, 30 ha umfassende Industriegebiet Gündlkofen (Gemeinde Bruckberg, Lkr. Landshut). Beide Vorhaben wurden vom BN entschieden abgelehnt, da sie in diametralem Widerspruch zu verschiedenen Zielen der Landes- und Regionalplanung stehen (z.B. Vermeidung der Landschaftszersiedelung) und einen immensen Eingriff in den Naturhaushalt darstellen. Als nicht notwendig, da kein schlüssiger Bedarfsnachweis existiert, hat die BN-Kreisgruppe Deggendorf auch die Planungen der Stadt Plattling für 22 ha neue Wohngebiete und fast 50 ha neue Gewerbe- und Industriegebietsflächen im Rahmen der Änderung des Flächennutzungsplans kritisiert. Eine besonders gravierende Fehlentwicklung ist weiterhin die regionalplanerische Festlegung von ca. 300 ha als Erweiterungsfläche/Gewerbegebiet für den Freihafen Deggendorf. Für das naturschutzfachlich sehr wertvolle Areal existieren bereits seit längerem Bestrebungen zur Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet. Außerdem handelt es sich um potentielle Auen-Standorte, die angesichts der Hochwasserproblematik als ökologische Rückhalteflächen dringend benötigt würden.

Der Kampf gegen den weiteren Flächenfraß und der Schutz unserer bayerischen Heimatlandschaften vor weiterer Zersiedelung wird im Jahr 2003 und darüber hinaus der zentrale Schwerpunkt der Arbeit des BN sein.


gez. Kurt Schmid
Regionalreferent