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Geplante Kfz-Straße zur Kümpfl-Alm im Rotwandgebiet

Bund Naturschutz sieht Bau einer Kfz-Straße auf die Kümpflalm im Rotwandgebiet als verzichtbar und plädiert für Verbesserungen am bestehenden Weg für Spezialfahrzeug

14.07.2003

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) sieht den derzeit geplanten Bau einer Kfz-Straße zur Kümpflalm als „nicht genehmigungsfähig“, „naturschädigend“ und „verzichtbar“ an. Dies hat der BN in einem Schreiben an die Regierung von Oberbayern vor wenigen Tagen dargelegt. Als Alternative zu der geplanten 2,50 m breiten Straße hat der BN Verbesserungen am bestehenden 1,40 m breiten Weg vorgeschlagen und die Regierung von Oberbayern um eine entsprechende Überprüfung der Planung gebeten.
Das Landratsamt Miesbach fordert der BN auf, keine Genehmigung zu erteilen und damit auch keinen Präzedenzfall zu schaffen. Der BN sieht statt dessen als Vorbild für Maßnahmen für die Kümpflalm einen erst vor kurzem errungenen Kompromiss für die Brandlberg-Alm (Landkreis Rosenheim) an, deren Bewirtschaftung ebenfalls nur durch Verbesserungen eines Weges auf eine Breite von 1,40 m für ein Spezialfahrzeug gesichert werden soll.

Manfred Burger
1. Vorsitzender
BN-Kreisgruppe Miesbach

Christine Margraf
Regionalreferentin, Leiterin
BN-Fachabteilung München

Für Rückfragen:
Manfred Burger: 08025/2577
Christine Margraf: 089/54829889

Anlage: Brief des BN an die Regierung von Oberbayern

An
Regierung von Oberbayern

80534 München




Unser Zeichen MB-Kümpflalm/VE
vom30.06.2003


Geplante Kfz-Straße zur Kümpfl-Alm im Rotwandgebiet



Sehr geehrte Damen und Herren,


mit Bestürzung haben wir den Beschluss des Naturschutzbeirates des Landratsratsamtes Miesbach zur Kenntnis genommen, wonach die Kümpfl-Alm im Rotwandgebiet mit einer Straße mit einer Kronenbreite von 2,5 m erschlossen werden soll.

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) lehnt diese Planung strikt ab. Wir verweisen hierzu auch auf den umfangreichen Schriftverkehr zu dem 1993 errichteten und nachträglich 1994 sanktioniertem Schwarzbau zwischen BN und Ihrer Behörde bzw. Staatsministerium für Landesentwicklung für Umweltfragen und Wasserwirtschaftsamt. Damals wurde mehrfach versichert, „dass eine Wegeerschließung nicht erfolgen sollte. Deshalb wurden auch den Almbauern bereits vor einigen Jahren vom Forstamt Schliersee mehrere Hektar Talflächen zur Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt, als Ausgleich dafür, dass der Almbereich wegemäßig nicht erschlossen wird.“ (Wasserwirtschaftsamt Rosenheim an BN-Kreisgruppe Miesbach / 7512 MB – B vom 14.12.1993). Der BN hatte bereits im Schreiben vom 01.08.1994 an das Umweltministerium Widerspruch gegen die nachträgliche Genehmigung eingelegt und unter anderem die Befürchtung geäußert: „Auch ist zu befürchten, dass der schmale Weg in absehbarer Zeit zur vollen Straße erweitert wird.“

Es ist sehr bedauerlich, dass unsere Befürchtung bereits nach 9 Jahren Realität und Aussagen gegen eine Erschließung nichtig geworden sind.
Wir betrachten die nun vorliegende Planung als erheblich naturschädigend und nach wie vor weder als notwendig, noch als sinnvoll und auch als nicht genehmigungsfähig. Wir bitten Sie daher sicher zu stellen, dass eine Genehmigung nicht erteilt wird.



Begründung:

Die Kümpfl-Alm liegt in ca. 1520 m Höhe im Südhang der „Rotwand“ (1884 m) im „Mangfallgebirge“, in der Zone C des Alpenplanes. Sie besteht aus drei Almhütten und hat drei private Besitzer, deren Tal-Betriebe, im angrenzenden Leitzachtal liegen. Zur Zeit werden zwei Almhütten für den Almbetrieb genützt, die dritte ist verpachtet. Zwei der Besitzer treiben Vieh auf, die Rechte des dritten werden von ihnen genützt. Nach Angaben der Almbauern sollen 2003 von einem 22 Stück Rindvieh aufgetrieben werden (ca. 15 Stück Pensionsvieh, ca. 10 Stück Eigenvieh) und vom anderen 22-30 Stück Eigenvieh aufgetrieben werden.

Im Rahmen des „Flurbereinigungsverfahrens Rotwand“ wurde die Almerschließungsstraße zur Wildfeld-Alm bis auf eine Entfernung von ca. 1100m an die Kümpfl-Alm heran gebaut. Auf die vollständige Erschließung mit Kfz-befahrbarer Straße bis zur Alm hin wurde aus ökologischen Gründen verzichtet. Für die daraus resultierende Erschwernis in der Almbewirtschaftung wurden die 3 Almbesitzer mit Nutzungsrechten von Talflächen entschädigt.
1993 wurde ungenehmigt ein Wegebau von der Flurbereinigungsstraße zur Kümpfl - Alm begonnen, aus dem ein nachträglich genehmigter, durchgehend 1,40 m breiter Fahrweg für Spezialfahrzeug wurde. Der Beginn dieses Weges wurde auf mehrere 100 Meter bereits auf eine Breite von 2,50 m ausgebaut und ein Abstellplatz für 3 Pkw neu gebaut. Derzeit wird die Kümpfl-Alm mit Motorschubkarren (Tragkraft ca. 250 kg) versorgt; nach Angaben der Almbauern während der Almzeit von Mitte Juni bis Mitte September im Durchschnitt etwa 3 mal in der Woche.

Die bisherige Situation empfinden die Almbauern als unbefriedigend. Zur Erleichterung Almbewirtschaftung beantragen sie den Ausbau des bestehenden Weges für Kfz-Befahrbarkeit auf der bestehenden Trasse mit einigen Neubaustrecken. Die Kronenbreite soll maximal 2,50 m betragen.

Das Gebiet liegt in Zone C des Alpenplanes. Danach ist Voraussetzung für die Erschließung die landeskulturelle Notwendigkeit. Diese Notwendigkeit wurde bislang nicht festgestellt, da der Weg 1993 ohne diese Prüfung gebaut wurde.


Naturschutzfachliche Bewertung des Gebietes und des Eingriffes
Das von der Straßenplanung betroffene Gebiet ist besonders reich an geschützten und gefährdeten Pflanzen und Tierarten. Besonders hervorzuheben ist das Vorkommen von Nigritella miniata (RL-D 2, RL-B 3). Einzelheiten über Hangstabilität, Pflanzensoziologie, Arten und Schutzwürdigkeit sind vor allem enthalten in „Vegetationskundliche Untersuchungen im Rotwandgebiet ...“ (Zielonkowski 1974), „Labilität und Sanierung der Hänge in der Alpenregion des Landkreises Miesbach“ (Laatsch / Grottenthaler1973), der Alpenbiotopkartierung, 8337-89, 8337-91 und 8337-84 sowie in der Artenschutzkartierung. Ferner wurden Erhebungen für die NGO-Vorschläge zur FFH und IBA gemacht. Es wurde speziell zum geplanten Straßenbau im Auftrag der Almbauern ein wildbiologisches Gutachten erstellt, das die Planung jedoch nur aus Sicht der Wildbiologe betrachtet. Es liegt uns bislang nicht vor. Auch die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde liegt uns nicht vor.

Die vom Eingriff betroffen Flächen sind eindeutig nach Art. 13 d BayNatSchG geschützte Flächen, bei denen Eingriffe unzulässig sind und Ausnahmen nur zugelassen werden können, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden könne; dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Das fragliche Gebiet liegt voll im „LSG Rotwand“, das entgegen den Beschlüssen des bayerischen Landtags anstelle des naturschutzfachlich gebotenen NSG eingerichtet wurde.
Es liegt ferner in dem von den bayerischen NGOs vorgeschlagenen FFH- und IBA-Gebiet. Das Rotwandgebiet erfüllt nachweislich die Kriterien eines FFH- und SPA-Gebietes und ist als potentielles FFH-Gebiet bzw. faktisches SPA-Gebiet zu betrachten. Der Freistaat Bayern wird noch im Laufe dieses Jahres bzw. Anfang 2004 weitere Gebiete als FFH- und SPA-Gebiete melden. Wir gehen davon aus, dass hierzu auch die Rotwand gehören wird. Entsprechend ist für den geplanten Eingriff bereits jetzt eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen, da unseres Erachtens erhebliche negative Auswirkungen auftreten werden, zumindest nicht ausgeschlossen werden können. Dies ist unseres Wissens nicht erfolgt. Auch ist das Verschlechterungsverbot einzuhalten. Dabei sind auch Nebenwirkungen des Wegebaues mit in die Beurteilung mit einzubeziehen, wie eine erhöhte Störfrequenz oder intensivierte Nutzung.

Bezüglich der direkten Auswirkungen der Trasse zur Kfz-Erschließung der Kümpfl-Alm ist ein nennenswerter Verlust an Biotop-Flächen zu erwarten, der eine Verschlechterung des Gebietes darstellen würde. Dazu führt allein schon die Verbreiterung der Trasse mit entsprechend höheren Böschungen mit der Folge von schon jetzt zu beonachtenden Erosionen. Außerdem werden einige Neutrassierungsstücke neue Flächen zerstören, darunter 13d-Flächen. Dadurch wird eine naturschutzrelevante Dezimierung der Arten erfolgen, von denen viele geschützt und/oder gefährdet sind. Dies ist vor allem deshalb problematisch, weil eine spezielle Artenerfassung auf der Trasse nicht erfolgt ist und deshalb die eintretenden Schäden nicht festgestellt werden können.
Bereits jetzt sind an der Wegetrasse bandartig eutrophierungsbedingte Umstellungen der Flora zu beobachten ; z.B. mehrere Meter seitwärts den Weg begleitende Vorkommen von Bellis perennis, Ranunculus acris und Taraxacum officinalis, die in die Blaugras-Horstseggen-Rasen eindringen. Diese negative Beeinflussung würde naturgemäß durch die Verbreiterung der Trasse verstärkt.
Dazu kommt, dass einige Teile der Trasse auch stärker erosionsgefährdet sind und bereits die bestehenden Böschungen weitgehend unbegrünt bleiben und laufend erodieren.


Alternativen und Kompromissvorschlag
Der BN sieht die Kümpfl-Alm als zwar im Sinne der Almbauern nicht ideal, aber doch voll erschlossen an; die Fortführung der Almbewirtschaftung wird vom BN durch die derzeitige Erschließung als gesichert angesehen. Die noch bestehenden Erschwernisse in der Almbewirtschaftung werden durch Nutzungsrechte an Talgrundstücken ausgeglichen.

Der BN schlägt vor, dass der bestehende 1,40 m breite und für Spezialfahrzeuge voll ausreichende Weg an einigen wenigen Stellen, wo dies notwendig sein sollte, verbessert wird.
Ferner verweist der BN auf den vor wenigen Wochen für die „Brandlberg-Alm“ im Landkreis Rosenheim gefundenen Kompromiss, in schwierigem und steilem Gelände einen vorhandenen Weg auf maximal 1,40 m für Spezialfahrzeug-Befahrbarkeit auszubauen.
Der BN fordert, dass die Vorgaben dieses vorbildlichen Projekts gerade auch in dem ökologisch so wertvollen und empfindlichen Rotwandgebiet angewandt werden.



Der BN sieht daher den naturschädigenden Ausbau einer Kfz-Straße zur Kümpfl-Alm als nicht genehmigungsfähig an. Er verstößt gegen bayerisches und europäisches Naturschutzgesetz, er verstößt gegen die Vorgaben des Landesentwicklungsprogrammes für die Zone C des Alpenplanes, er ist unvereinbar mit bereits erfolgten Ausgleichsleistungen und er ist verzichtbar bei einer gleichzeitigen Verbesserung des bestehenden Weges.

Wir bitten Sie daher, sicherzustellen, dass dieses landschaftlich und naturschutzfachlich herausragende Gebiet geschützt wird und für die Verbesserung des Almweges nur unbedingt nötige Maßnahmen auf der bestehenden Wegebreite durchgeführt werden.


Mit freundlichen Grüßen


Christine Margraf
Leiterin Fachabteilung München

gez. Manfred Burger
Vorsitzender BN-Kreisgruppe Miesbach