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Tiere und Pflanzen

Grünes Band – Entscheidender Meilenstein für den Naturschutz in Deutschland erreicht?

Bundesregierung bietet unentgeltlich Flächen an. Bund Naturschutz appelliert an die Bundesländer, diese unbedingt anzunehmen!

25.07.2003

Der Bund Naturschutz (BN) begrüßt die für den Naturschutz in Deutschland historische Entscheidung der Bundesregierung, auf die Privatisierung der Flächen im Grünen Band zu verzichten. Stattdessen sollen die Grundstücke im ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen, die sich im Besitz des Bundesfinanzministeriums befinden, mit der Zweckbestimmung Naturschutz unentgeltlich an die betroffenen Ländern übertragen werden. Es ist die zentrale Chance dieses einzigartige Band wertvollster Biotope für die Zukunft endgültig zu sichern. 65% der Gesamtfläche des Grünen Bandes sind in Bundesbesitz und drohten bisher auf dem freien Grundstücksmarkt veräußert und somit zerstört zu werden. Der BN dankt nachdrücklich Bundesumweltminister Jürgen Trittin für seinen persönlichen Einsatz, der die Voraussetzung für die Entscheidung der Übertragung der Bundesflächen war.

Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN Bayern: „Seit dem Fall der Mauer setzt sich der BN für die Erhaltung der einzigartigen Lebensräume im Grünen Band ein, dem längsten Biotopverbundsystem in Deutschland und ein lebendiges, ökologisches Denkmal für die Wiedervereinigung. Jetzt sind alle beteiligten Bundesländer aufgefordert, dieses konkrete Flächenangebot anzunehmen und dem ersten gesamtdeutschen Naturschutzvorhaben zum Durchbruch zu verhelfen.“ Seit über 10 Jahren hat der BN diese Forderung der Flächenbereitstellung für Naturschutzzwecke bereits erhoben. Jetzt müssen alle der fünf direkt betroffenen Länder die Flächen übernehmen, ansonsten zieht die Bundesregierung ihr Angebot zurück.

Für die Länder besteht nun die zentrale Umsetzungschance, bisherige Schutzbemühungen abzusichern und die bislang nicht erfolgten Unterschutzstellungen, modellhaften Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen und naturschutzorientierten Flurneuordnungsverfahren im Grünen Band zu realisieren. „Mit der Übertragung der Bundesflächen an die Länder können mit einem Schlag 11.500 Hektar Grünes Band nachhaltig gesichert werden, dies entspricht etwa der Größe der beiden Nationalparks Jasmund (Rügen) und Sächsische Schweiz zusammen“, so Dr. Kai Frobel, Projektleiter Grünes Band beim BN.
Mit der Zusage zur Übernahme der Schirmherrschaft für das „Grüne Band Europa“ hat Michail Gorbatschow, der frühere Präsident der Sowjetunion, gezeigt, welche große Bedeutung dem Grünen Band auch international beigemessen wird. Die faszinierende Idee des BN aus dem vergangenen Jahr – ein Grünes Band vom Eismeer bis zum Balkan - wurde aufgegriffen und erstmals auf einer internationalen Fachtagung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) am 15./16. Juli in Bonn mit 70 Vertretern vieler europäischer Staaten und Experten der Bundesländer und Verbände diskutiert. In einigen Ländern entlang des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“, z.B. an der finnisch-russischen Grenze, in Lettland an der Ostsee, an der bayerisch-tschechischen Grenze, im Bereich des Neusiedler Sees (Österreich-Ungarn), und in der Prespa-Ochrid-Region (Albanien, Mazedonien, Griechenland), bestehen unter der Bezeichnung „Green Belt“ bereits Aktivitäten mit grenzüberschreitenden Naturschutzprojekten und Großschutzgebieten. Die ersten Schritte für ein einmaliges europäisches Naturschutzvorhaben, das auch Symbol für die Menschen in einem zusammenwachsenden Europa darstellt, sind unternommen. Die Vizeministerin des Umweltministeriums der Russischen Föderation, Frau Osokina, schlug sogar das „Grüne Band Europa“ als ein gemeinsames Naturschutzprojekt der EU und der Russischen Föderation vor. Umweltminister Jürgen Trittin unterstrich in seiner Rede, „dass die Zeit drängt, uns international zu vernetzen und die Naturschätze gemeinsam zu schützen. Wir müssen die Zeit nutzen und ein Grünes Band durch Europa erhalten oder schaffen.“ Grundlage und Ausgangspunkt hierfür sei das Grüne Band in Deutschland als „Vorbild für vernetzten europäischen Naturschutz“.

Im vergangenen Jahr hatte der BN mit seinem Projektbüro Grünes Band in einer umfangreichen Studie im Auftrag des BfN den außerordentlich hohen naturschutzfachlichen Wert des 1393 km langen und 177 km² großen Grünen Bandes dokumentiert. Demnach sind rund 85% der Fläche noch intakt, also nicht durch Acker, Intensivgrünland oder Verkehrswege zerstört. Knapp die Hälfte der Fläche besteht aus Lebensraumtypen, die von der Roten Liste als gefährdet eingestuft werden. Darin finden über 600 bedrohter und störungsempfindlicher Tier- und Pflanzenarten letzte Rückzugsgebiete, vom Breitblättrigen Knabenkraut über den Schwarzstorch bis zum Fischotter. Prof. Hartmut Vogtmann, Präsident des BfN, sieht im Grünen Band eine hervorragende Möglichkeit zur Erhaltung und Schaffung eines nationalen Biotopverbundsystems. Die Untersuchung untermauert nachdrücklich, dass alle Flächen des Grünen Bandes die Kriterien von Schutzgebieten erfüllen und besonders naturschutzrelevante Flächen sind.

Bayern grenzt mit einer Länge von 422 km an das Grüne Band an. Im Bereich der bayerisch-sächsischen Landesgrenze ist das Grüne Band vorbildlich entwickelt, da Sachsen bereits 1996 den gesamten Grenzstreifen vollständig unter Schutz gestellt hat. Entlang des bayerisch-thüringischen Bereichs läuft das grenzüberschreitende Arten- und Biotopschutzprojekt Steinachtal/Linder Ebene und Bayern ist am länderübergreifenden Biosphärenreservat Rhön beteiligt.