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Investitionen in Zukunftsbahnprojekte statt neues Milliardengrab für ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative Das Bessere Bahnkonzept nehmen Kampf für Bewahrung des Regnitztals, des Gottesgartens am Obermain und des Coburger Landes wieder auf

04.04.2002

Als "unseriöses Wahlversprechen" und gesundbeten einer milliardenschweren Fehlinvestition kritisieren der Bund Naturschutz und die Bürgerinitiative "Das Bessere Bahnkonzept" die Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Verkehrsminister Kurt Bodewig zum Weiterbau der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt-Berlin .

Statt auf Kosten von Bahnkunden und Steuerzahlern stur an diesem geplanten Milliardengrab festzuhalten, müssen endlich Konsequenzen aus der Skandalgeschichte um die ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt gezogen werden. Dort sind die reinen Baukosten ohne Zinszahlungen durch private Vorfinanzierung von 1,5 Mrd. Euro auf über 3 Mrd. Euro explodiert. Gerade wegen der horrenden Kosten der "längsten Hochgeschwindigkeitsuntergrundbahn" hatte die Bundesregierung unter SPD-Verkehrsminister Franz Müntefering die Neubaustrecke durch den Gottesgarten am Obermain, das Coburger Land und den Thüringer Wald auf Eis gelegt.

Die Kosten für das Gesamtprojekt werden inzwischen nach einer Steigerung um eine Milliarde Euro auf 6,5 Mrd. Euro taxiert. Allein der Abschnitt Ebensfeld-Erfurt würde bei einer Länge von 106 Kilometern mit knapp 40 Kilometer an Tunneln, 9,5 Kilometer an Talbrücken Baukosten von über 25 Millionen Euro je Kilometer verschlingen. Eine Inbetriebnahme wäre nicht vor dem Jahr 2012 möglich.

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative fordern von den Haushalts- und Verkehrspolitikern der Koalition, keine Luftschlösser sondern realistische Bahnalternativen zu bauen. Sie fordern die Einschaltung des Bundesrechnungshofes sowie die unverzügliche Planung und Verwirklichung des Besseren Bahnkonzeptes.

Dies beinhaltet Beschleunigung, Modernisierung und einzelne Neubauabschnitte von fünf bestehenden Nord-Süd-Verbindungen von Bayern nach Berlin:


  • die Franken-Sachsen-Magistrale Nürnberg-Marktredwitz/Hof-Leipzig/Dresden-Berlin,

  • die Strecke Nürnberg-Lichtenfels-Probstzella-Jena-Berlin

  • die leistungsfähiger Lückenschluss auf der Schiene zwischen Coburg-Hildburghausen (Suhl-Erfurt)

  • die Strecke München-Regensburg-Hof-Berlin

  • die Strecke Stuttgart-Würzburg-Erfurt-Berlin



Kundenfreundliche Bahn statt Geschenke an Großbauindustrie

Während die ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt entgegen dem Koalitionsvertrag durchgesetzt werden soll, fehlen Geld und politischer Wille für die Umsetzung des Besseren Bahnkonzeptes. Doch die vom Bund Naturschutz dokumentierte 15-jährige Skandalgeschichte der ICE-Neubaustrecke Nünberg-München als abschreckendes Beispiel, wie von einer unheiligen Allianz von Politik, Banken und Bauindustrie zusammen mit einem willfährigen Bahnmanagement umwelt- und kostensparende Alternativen in den Wind geschlagen wurden, darf sich nicht wiederholen.

Allein die geologischen und finanziellen Risiken der geplanten Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt durch den Gottesgarten am Obermain, das Coburger Land und den Thüringer Wald, der mit knapp 40Tunnelkilometern längsten U-Bahn Deutschlands, sind Grund genug, sich von diesem Projekt zu verabschieden.

Netz 21 Strategie der Bahn AG sieht keinen Bedarf

Auch die Deutsche Bahn AG hat die Nachteile der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt längst intern erkannt. Der Bereich Konzernentwicklung stellte schon 1998 öffentlich fest, dass "die Neubaustrecke keine entscheidende Netzwirkung" besitzt und forderte die Änderung des Bedarfsplans Schiene mit einer Konzentration der Investitionsmittel auf "Maßnahmen mit der größten Netzwirkung". Während Vorstand und Aufsichtsrat der Bahn AG dies als Teil der "Netz 21"-Philosophie beschlossen und in der mittelfristigen Finanzplanung keine Finanzmittel eingestellt haben, will Bundeskanzler Gerhard Schröder und der Ministerpräsident Edmund Stoiber im Wettlauf der Großbauindustrie neue Aufträge sichern und die Bahn AG ein weiteres Mal unter Druck setzen.

SPD bricht Wahlversprechen und Koalitionsvertrag

Dies steht nicht nur im Widerspruch zu Beschlüssen und Wahlversprechen der Bayern-SPD mit einer Vielzahl von namhaften Bundestagsabgeordneten, der Grünen auf Bundes- und Landesebene sowie den Aussagen der früheren Verkehrsminister Franz Müntefering und Reinhard Klimmt, die eine vorurteilsfreie Prüfung der Alternativen zur Weiterführung des Projektes zugesagt hatten.

Das Festhalten an der veralteten Planung konterkariert sowohl die Absicht zur Haushaltskonsolidierung wie die Position der Deutschen Bahn AG, knappe Finanzmittel nach der Strategie Netz 21 prioritär für das Bestandnetz und für Projekte mit der größten Verkehrswirkung und einem guten Kosten-Nutzen Verhältnis zu verwenden. Gleichzeitig würde eine einmalige Natur- und Kulturlandschaft massiv geschädigt.

Dabei liegen schnell realisierbare Alternativen zur Beschleunigung der Fahrtzeiten zwischen Berlin und München durch eine Modernisierung der bestehenden Strecken vor. Das VDE-Projekt 8 kann unter Einbindung der schon gebauten Streckenteile damit weitergeführt und Investitionen und Arbeitsplätze gesichert werden.

ICE-Neubaustrecke ist nicht raumverträglich

Allein in Bayern leben 75 Prozent der Bevölkerung in Ortschaften mit weniger als 50.000 Einwohnern. Doch selbst eine Stadt dieser Größenordnung ist in der derzeit gültigen Bahnkonzeption nicht einmal für einen Intercity- Halt, geschweige denn einen ICE-Bahnhof vorgesehen. Gerade weil der ICE durch Städte wie Erlangen (102.000 Einwohner), Bamberg (71.000 Ew.), oder Coburg (44.000 Ew.) ohne regulären Halt durchfahren soll, während das Ausfluggebiet Thüringer Wald im Tunnel unterfahren würde und ein Oberzentrum wie Bayreuth zwar mit einer sechsspurigen Autobahn aber auf der Schiene nur eingleisig und nicht elektrifiziert erreichbar ist, widerspricht die Konzeption der ICE-Neubaustrecke den Zielen einer "effizienten und umweltgerechten Verkehrspolitik".

Die geplante Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt-Berlin würde zudem weitab von den Ballungsgebieten und Industrieschwerpunkten Ostthüringens und Westsachsens (Gera, Plauen, Zwickau, Chemnitz) verlaufen. Somit ergäbe sich sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr nur eine geringe Erschließungswirkung und deshalb auch ein relativ niedriges Verkehrsaufkommen. Wichtige Industrie- und Bevölkerungspotentiale (Unterfranken, Suhl, Arnstadt, das Saaletal mit den Mittel- und Oberzentren Saalfeld, Rudolstadt und Jena, der ostbayerische Raum, die Städte Bayreuth und Hof sowie der Verdichtungsraum Gera, Zwickau, Plauen, Chemnitz) würden umfahren bzw. nicht ihrer Bedeutung entsprechend angebunden.

Attraktive Alternative: "Das Bessere Bahnkonzept"

In der von BN und BI vorgelegten "Untersuchung der Notwendigkeit von Ausbau-/Neubaumaßnahmen im Eisenbahnverkehr zwischen Bayern und Thüringen/Sachsen" wurden große Teile dieses Alternativkonzepts wissenschaftlich untersucht und ihre Machbarkeit in Bezug auf Kapazität im Personen und Güterverkehr, Streckenführung, Kosten, Fahrplangestaltung/Taktverkehr und Erschließungsfunktion nachgewiesen.

Das Alternativkonzept setzt auf den konsequenten Ausbau/Lückenschluss mit Kurvenbegradigungen und kurzen Neubauabschnitten, Elektrifizierung, Beschleunigung und der Neigetechnik ICE.

Bei einem Investitionsvolumen von 5.500 Millionen Mark bei einer Gesamtlänge aller Baumaßnahmen von 900 km würde für den Fern-, Regional- und Nahverkehr ein attraktiver "Integraler Taktfahrplan" möglich. Im Gegensatz zu den Plänen des vorherigen Bundesverkehrsministers und der Bahn AG wird bei diesem Konzept der Güterverkehr mit seiner für die Anwohner und Erholungssuchenden unzumutbaren Lärmbelastung nicht auf eine einzige Linie konzentriert mit bis zu 300 Güterzügen pro Tag, sondern im Gesamtnetz optimiert.

Trotzdem würden sich bei den Reisegeschwindigkeiten im Personenfernverkehr erhebliche Verbesserungen ergeben: Die derzeitige Fahrtzeit von Nürnberg nach Berlin würde von 5 Stunden und 20 Minuten auf unter 4 Stunden verkürzt, obwohl außer Erfurt und Halle/Leipzig auch Zentren wie Erlangen, Bamberg, Coburg, Saalfeld und Jena angebunden würden. Die Fahrzeit auf der geplanten ICE-Neubaustrecke wird von der Bahn AG mit ca. 3 Stunden veranschlagt. Die Reisezeiten zwischen München und Berlin werden damit im Sinne der ursprünglichen Zielsetzung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit ebenso entscheidend verbessert, wie die bereits begonnenen Bauabschnitte in Thüringen in das Bessere Bahnkonzept integriert werden können.


Anton Reinhardt
Vorsitzender BN-Kreisgruppe Lichtenfels

Prof. Dr. Hubert Weiger
BN-Landesbeauftragter

Richard Mergner
Verkehrsreferent

Stefan Kabitz
Besseres Bahnkonzept

Renate Schielein
Besseres Bahnkonzept