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NeuPlanung der StromTrassen erfordert neues Energiekonzept in Deutschland – was kann der Energiedialog erreichen?

BUND Naturschutz fordert ein dezentrales Energiekonzept für Deutschland und eine strategische Umweltprüfung.

20.11.2014

„Ministerpräsident Seehofer hat am 12. November in der Bayerischen Bauordnung die unsinnige „10 H“ Abstandsregelung im Bayerischen Landtag durchgedrückt. Sein Ziel: den Ausbau der Erneuerbaren Energie „Wind“ in Bayern fast unmöglich machen. Zugleich lehnt Ministerpräsident Seehofer neue Stromleitungen ab, ohne ein alternatives Energiekonzept für den Klimaschutz vorzulegen. Die Bayerische Staatsregierung präsentiert zentrale Gaskraftwerke als Lösung für Bayern – ohne Rücksicht auf den Klimaschutz. Die Bayerische Staatsregierung muss umsteuern, Bayern muss konkrete Programme für die dezentrale Energiewende der Bürger und Bürgerinnen starten. Nur mit diesem Ziel wird der Energiedialog in Bayern Erfolg haben“, fordert Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern.

„Gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, fördert Ministerpräsident Seehofer die großen zentralen Energieunternehmen und drängt mit zwingender Direktvermarktung und komplizierten Ausschreibungsmodellen im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 die Bürgerenergie in Bayern aus dem Markt“, so Weiger weiter.

„Der BUND Naturschutz legt ein Programm vor, als konkrete Alternative zum überzogenen Netzausbau mit neuen Fernleitungen. Auszubauen sind die regionalen Stromnetze und Verteilernetze, und ihre Regelbarkeit. Die dezentrale Energiewende vor Ort in Bürgerhand ist die bessere Alternative. In Bayern benötigen wir konkrete Maßnahmen vor Ort: für Stromeinsparung, für Stromerzeugung mit dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung und für den Ausbau der Erneuerbaren Energie Wind, hier in Bayern“, fordert Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz.

Der BUND Naturschutz fordert ein neues dezentrales Energiekonzept für Deutschland. Mit dem demokratischen Werkzeug „Strategische Umweltprüfung“ müssen endlich reale Alternativen für die Zukunft der Strom- und Wärmeversorgung in Deutschland untersucht werden: Stromeinsparung, dezentrale Stromerzeugung, und Windenergie sind kostengünstiger und umweltfreundlicher. Die Bayerische Staatsregierung hatte in 2013 der Stromnetzplanung mit den Gleichstromleitungen Süd-Ost und SuedLink zugestimmt, heute lehnt Ministerpräsident Horst Seehofer diese ab. Staatsministerin Ilse Aigner hat hierzu am 3. November einen Energiedialog Bayern gestartet. Der BUND Naturschutz stellt alternativ seine Kern-Anforderungen an ein dezentrales Energiekonzept als Basis einer Neuplanung des Stromnetzausbaus in Deutschland vor: Atomausstieg und Klimaschutz durch Energiesparen, dezentrale Kraftwärmekopplung und Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bayern. Mit einem auf dezentrale Erzeugung ausgerichteten Energiekonzept kann der Leitungsausbau deutlich reduziert werden. Verbunden mit Kostenvorteilen, Naturschutz und Klimaschutz:

1.       Die Stromnetzplanung ist bundesweit grundlegend neu zu überarbeiten. Denn bisher wurden dezentrale Alternativen, Stromeinsparung und weitere technische Konzepte nicht berücksichtigt. Der BUND fordert hierzu eine Strategische Umweltprüfung und hat im Jahr 2013 daher eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Ohne eine solche Einbeziehung von Alternativen stehen sämtliche Leitungsplanungen vor dem Risiko durch juristische Schritte gestoppt zu werden. Der BUND Naturschutz kann nur einen Leitungsbau akzeptieren, der tatsächlich der Energiewende dient und für diese auch erforderlich ist. Der erforderliche Leitungsausbau kann deutlich geringer ausfallen, wenn folgende Maßnahmen berücksichtigt werden:

a.       Einsparung von Strom. Mit Stromeinsparung von 30 Prozent könnte der Neubau von Leitungen um über die Hälfte reduziert werden. Der aktuell geplante Netzausbau dient somit der weiteren Energieverschwendung.

b.      Kappung von Einspeisespitzen. Kappen von 30 Prozent der Leistung in Spitzenzeiten (Wind-, Solarstrom) würde nur zu einer Minderung der eingespeisten Strommenge von 1 bis 2 Prozent führen. Der Netzausbau sinkt damit deutlich. Der Schutz von Natur und Landschaft muss hier Vorrang haben in einer volkswirtschaftlichen Gesamtschau.

c.       Der Einsatz von Hochtemperaturseilen bietet doppelt so viel Strom auf einer Leitung. Das Prinzip „Netzoptimierung vor Ausbau“ (NOVA) könnte zu einer Minderung des geplanten Netzausbaus um ein Viertel führen (2000 von 8000 km) (Studie im Auftrag von Agora Energiewende)

d.      Bessere regionale Verteilung der Stromerzeugung. Mehr Strom aus Windenergie im Süden und mehr Sonnen-Strom im Norden Deutschlands werden den Netzausbau deutlich reduzieren können. Anstelle weiter vor allem auf Offshore-Windkraft zu setzen, sollte mehr Windenergie im Süden Deutschlands ausgebaut werden, vor allem auch in Bayern. Das spart Leitungen und Verluste und stärkt die regionale Wirtschaft. Die unsinnige „10H“ Abstandsregelung
arbeitet daher für den Leitungsausbau!

e.      Förderung der Eigenerzeugung von Strom. Durch die aktuelle Gesetzeslage im Erneuerbare-Energien-Gesetz werden heute Haushalte, Krankenhäuser oder Gewerbebetriebe für ihre Eigenerzeugung und Netzentlastung durch KWK-Anlagen und PV-Anlagen finanziell durch die EEG-Umlage bestraft. Eigenstromverbrauch von Kohle- und Atomkraftwerken ist hingegen hiervon befreit.

f.        Neues Strommarktmodell. Das Marktmodell, auf dem die aktuelle Netzplanung beruht, führt zu einem Vorrang von Kohlestrom, also dem Strom mit den höchsten Umweltschäden (ca. 42 Milliarden Euro Umwelt- und Gesundheitsschäden pro Jahr). Das Klimaschutzziel kann so nicht eingehalten werden.
Gesetzlich haben aber Strom aus Wind und Sonne und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen Vorrang. Dies führt zu einem überdimensionierten Stromnetzausbau. Das neue Modell muss den „Ökostrom“ wieder den Stromvertrieben zuweisen, die dessen Schwankungen regional ausgleichen (zum Beispiel Modell Dänemark). Ökostrommarktmodelle, die genau diese Integration mit Lieferung von 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien bieten, müssen unterstützt und ausgebaut werden.

2.       Gegen die zentralen Stromnetzplanungen sind daher neue Energiekonzepte und deren rasche Umsetzung in konkrete Energieprogramme gefordert – in Bayern und in Deutschland. Auf Bundesebene stehen vielfältige Gesetzesänderungen für mehr Energieeffizienz und den Ausbau der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung an. Bayern sollte hier nicht warten und bremsen, sondern muss mit gutem Beispiel vorangehen:

a.    Energiesparen. Umsetzung des 12-Punkte-Maßnahmenkatalogs Stromsparen von 2012, heute im Energiedialog, durch das Staatsministerium für Wirtschaft und Energie. Die immensen Potenziale in Haushalten, in Kommunen, Handel und Gewerbe und in der Industrie müssen gehoben werden: mittelfristig 20 Prozent weniger Strom, das heißt minus 17 Milliarden Kilowattstunden Strom bis 2020.

b.    Energieeffizienz. Erstellen eines bayerischen Programms für dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen: „10.000 Blockheizkraftwerke für Bayern“. Stromproduktion in Bayern muss Energie-effizient erfolgen. Nachhaltig für den Klimaschutz kann dies nur dezentral und mit Kraft-Wärme-Kopplung zur Nutzung der Abwärme sein. Die geplanten großen Gaskraftwerke in Bayern haben keinerlei Potenzial der Abwärmenutzung. Die Bayerische Staatsregierung muss ein bayerisches Programm für dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen entwickeln, mit 10.000 Blockheizkraftwerken. Die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen müssen mit Wärmespeichern ausgestattet werden und müssen Strom-geführt zur Unterstützung von Wind- und Sonnenstrom betrieben werden. Wenn Sonne und Wind keinen Strom liefern, dann liefern Blockheizkraftwerke. Dies erhöht die Versorgungssicherheit. Der Mehrverbrauch von Erdgas kann kurzfristig durch Programme der energetischen Sanierung von Gebäuden und Heizungsanlagen mehr als kompensiert werden. Langfristig kann Methan aus Strom aus Erneuerbaren Energien über den „Windgas“-Prozess geliefert werden.

c.     Ausbau Erneuerbare Energien. Erstellen und Umsetzen eines bayerischen Programms Windstrom. Die Änderung der Bayerischen Bauordnung mit Einführung einer unsinnigen „10H-Abstandsregelung“ ist ein schwerer Fehler. Das dezentrale Konzept Bayerns gegen zentrale Stromtrassen muss der zielstrebige Ausbau der Windenergie in Bayern sein, auf Basis einer fachlich fundierten Regionalplanung mit dem Ziel über 2500 neuer Windkraftanlagen in Bayern. Hierfür ist nur 1 Prozent der Landesfläche Bayerns als Vorranggebiete für Windparks erforderlich. Dies könnte bis zu 17 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern, entsprechend ca. 20 Prozent des heutigen Verbrauchs.

 

Für Rückfragen:

Dr. Herbert Barthel Referent für Energie und Klimaschutz
Tel: 0151-50489963
herbert.barthel@bund-naturschutz.de