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Debatten über andere Standorte für die Müllverbrennungsanlage

Der Landrat ärgert sich über den Widerstand, die Gutachter kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Verschiedene andere Standorte kommen ins Gespräch.

Landrat Nau behagt der Widerstand überhaupt nicht. In einem Schreiben an Minister Streibl äußert er sich kritisch und abschätzig über manche Gegner. „Wie Herr Bürgermeister Riedl/Unterammergau gelegentlich geäußert hat, ist oder war Herr Jaeger Vorsitzender der Jusos in Murnau. Er versuche krampfhaft eine politische Plattform zu gewinnen und dabei scheint ihm die Protestaktion gegen die MVA der geeignete Nährboden zu sein. Ich habe überhaupt den Eindruck gewonnen, daß die Gegner der MVA im Raum Murnau weitgehend in linken Kreisen zu suchen sind. Ich glaube nicht fehlzugehen, daß die ,schweigende Mehrheit' sowohl in unserem Landkreis, als auch im Raume Murnau die Errichtung der MVA billigt und daß es nur ein kleiner Kreis von Wichtigtuern und deren Mitläufern ist, die nun meinen,wieder einmal das demokratische Prinzip (mit kleineren und größeren Seitenhieben gegen die CSU) strapazieren zu müssen.“ Nau bittet Streibl „inständig“, dem Raumordnungsverfahren nicht stattzugeben. In einer handschriftlichen Notiz offenbart sich Naus Ärger: „Jetzt prüfen wir schon über 10 Jahre. Wie lange noch? Sollen wir warten bis ein Verfahren entwickelt ist, wonach man den Müll auf den Mond schießen kann!?!“

Gutachter unterschiedlicher Meinung

Diverse Gutachten werden eingeholt: Vier stehen der MVA positiv, vier negativ gegenüber. Die Gemeinde Eschenlohe fordert daher ein so genanntes Obergutachten. 1975 beklagt der BUND Naturschutz: „Das von Herrn Staatsminister Streibl in richtiger Erkenntnis ausdrücklich zugesagte Obergutachten von namhaften neutralen außerbayerischen Fachwissenschaftlern ist leider nicht in Auftrag gegeben worden.“ 

Immer wieder ist auch von möglichen Alternativ-Standorten die Rede. Im August 1973 lehnt der Penzberger Stadtrat einstimmig eine Müllbeseitigungsanlage in seinem Stadtgebiet ab. Zuvor hatten Penzberger Bürger eine Resolution verabschiedet. Für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zeichnet sich eine Lösung in Form einer Deponie ab. Sie soll bei Gut Sterz in der Gemeinde Herrnhausen entstehen. Auch eine Deponie in Peißenberg ist Thema, doch es gibt Widerstände. Auf Peißenberg bezieht sich auch Franz Jaeger in einem Schreiben an den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß. Der Murnauer klagt, es gebe leider „noch immer engstirnige Ehrgeizlinge, die versuchen, im Landkreis Garmisch-Partenkirchen mit dem Baubeginn einer eigenen Anlage (Eschenlohe) vor der Realisierung der MVA Peißenberg durchzukommen.“ 

Darüber hinaus gibt es Debatten über eine Mülldeponie in Kiesgruben bei Spatzenhausen/Obersöchering im benachbarten Landkreis Weilheim-Schongau als Ersatz für eine Verbrennungsanlage. Doch die Chancen stehen Anfang 1974 nicht gut. „Die Vertreter der Landesämter für Umweltschutz sowie für Wasserversorgung und Gewässerschutz wie auch das Wasserwirtschaftsamt warnten übereinstimmend davor, mit einer Deponie ein großes und für die Versorgung des Großraumes Weilheim enorm wichtiges Wasservorkommen durch eine Deponie zu gefährden. Wesentlich günstiger beurteilte das Geologische Landesamt das Vorhaben.“ 

Standort Schwaiganger als Alternative?

In das Raumordnungsverfahren bringt der Landkreis Garmisch-Partenkirchen die Variante Schwaiganger ein. Diese „wird sich infolge der außerordentlich starken Widerstände, insbesondere durch den Grundstückseigentümer (Landwirtschaftsministerium), das Wasserwirtschaftsamt und die Bundeswehr kaum verwirklichen lassen“, mutmaßt Landrat Nau. Der Standort, der sich in der Nähe des Gestüts Schwaiganger befindet, wird besichtigt. „Nach übereinstimmender Auffassung würde sich dieser Platz sogar besser als jener in Eschenlohe für die Errichtung einer MVA eignen.“ In einem mit dem Hinweis „Vertraulich!“ versehenen Aktenvermerk von Amtsrat Willy Treiß, Müll-Sachbearbeiter im Landratsamt, heißt es: „Bei der zu erwartenden Besprechung aller beteiligten Behörden und der Ortsbesichtigung in Eschenlohe sollte zunächst dieser Standort nicht erwähnt, sondern lediglich in Reserve gehalten werden. Erst wenn sich zeigt, daß nach Anhörung aller Beteiligten und abschließender Diskussion der Standort Eschenlohe abgelehnt werden muß, sollte die Variante ins Gespräch gebracht werden. Es wäre zweckmäßig, wenn Herr Staatsminister Streibl vorsorglich mit Herrn Staatsminister Dr. Eisenmann des Landwirtschaftsministeriums Gespräche aufnimmt, damit der Platz in Schwaiganger für das Vorhaben des Landkreises gesichert werden kann.“ Das Grundstück – eine aufgelassene Kiesgrube – ist circa 20 000 bis 25 000 Quadratmeter groß. 

Die Regierung von Oberbayern lädt für 25. Januar 1973 zu einer Besprechung auf die Kreut-Alm ein. Dabei stellt sich heraus, „dass der Großteil der Behörden und Institutionen, die bezüglich des Standortes Eschenlohe eine ablehnende Stellungnahme abgegeben haben, zugleich den Standort Schwaiganger ablehnen. Außerdem ergibt sich bei Schwaiganger das Problem, dass dieser Standort im äußersten Schutzbereich eines Munitionsdepots der Bundeswehr liegt. Das Bundesverteidigungsministerium gab deshalb zu erkennen, dass es bei der Errichtung der geplanten Anlage in Schwaiganger sich nicht mehr in der Lage sähe, die geplante Erweiterung des Munitionsdepots durchzuführen und deshalb das ehemalige Projekt der Errichtung eines Munitionsdepots zwischen Krün und Wallgau wieder aufgegriffen werden müßte.“ 

Neben Schwaiganger wird noch über andere Varianten bei Eschenlohe gesprochen. Vertreter des Landratsamts besichtigen den „großen Waldfleck“ an der Straße nach Grafenaschau und einen Standort im Laber-Laine-Tal zwischen Höllenstein und Rappenschrofen. 

Ende 1973 befasst sich der Kreistag einmal mehr mit der MVA. Das Gremium beschließt auf Antrag von Garmisch-Partenkirchens Bürgermeister Toni Neidlinger (CSU) dreierlei: Es ist zu klären, wo die Abfallprodukte (Schlacke) deponiert und wie lang sie dort abgelegt werden können; es muss geprüft werden, was die Schlackendeponie und die Verbrennung kosten; es ist zu untersuchen, ob nicht doch auch mit einer so genannten Rottedeponie gearbeitet werden könnte.