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- Ende der geplanten MVA
Das Ende der geplanten Müllverbrennungsanlage Eschenlohe
Das Verfahren läuft nicht im Sinne von Landrat Nau. „Die ganze Angelegenheit ist nun Jahre verschleppt und dadurch erheblich verteuert worden. Ich halte es für unverantwortlich, weiter zuzuwarten und das Problem aussichtslos vor sich herzuschieben.“ Schließlich werden die Pläne für die Müllverbrennungsanlage Eschenlohe fallen gelassen. Der Müll kommt nach Schwaiganger - einem aus Sicht des BUND Naturschutz ebenfalls ungeeigneten Standort.
Im April 1974 wird ein Planfeststellungsverfahren für Eschenlohe beantragt. Nau hofft, dass es „alsbald und positiv abgeschlossen wird, damit noch im Frühjahr 1975, nach über 3-jähriger Verzögerung, mit den Bauarbeiten endlich begonnen werden kann“. Der Landrat wird ungeduldig. Zwei Monate später erklärt er: „Eine weitere Verzögerung erscheint unverantwortlich. Die Kosten des Vorhabens haben sich bereits verdoppelt. Die beteiligten Dienststellen werden deshalb dringend gebeten, das Vorhaben des Landkreises bestmöglich zu unterstützen und das laufende Verfahren zu beschleunigen.“
Im November 1974 erreichen die Kosten ein Niveau von 14,4 Millionen D-Mark. Der Landkreis beantragt ein staatliches Darlehen von 5,78 Millionen D-Mark.
80 Klagen gegen die MVA Eschenlohe
Ende 1975 rechnet der BUND Naturschutz damit, dass die MVA bald genehmigt wird. „Diese Entscheidung erfolgt in erster Linie aus politischen Gründen und aus Gründen des Prestiges, in zweiter Linie, weil man keinen anderen Weg sieht und zu suchen bereit ist, um den derzeitigen Müllnotstand im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zu beheben. Eschenlohe als Standort wurde seinerzeit nicht ,gewählt', sondern es war der einzige Ort im Landkreis, der aus Unkenntnis der Folgen das Vorhaben nicht von vornherein ablehnte.“ Eine MVA bei Eschenlohe sieht der BUND Naturschutz „nach wie vor als eine ausgesprochene Fehlplanung an. Sie kann vom Standpunkt des Naturschutzes aus nicht verantwortet werden. Müllverbrennungsanlagen gehören nicht in die Alpen!“.
1977 wird verkündet, dass sämtliche Deponien, bis auf vier, geschlossen werden. Zuständig fürs obere Loisachtal ist die Deponie am Lachen in Garmisch-Partenkirchen, fürs Ammertal der Oberammergauer Platz, fürs Isartal die Deponie am Isarhorn und für den Murnauer Raum eine aufgelassene Kiesgrube bei Aidling. Hintergrund: Ab Juni 1977 war der Landkreis nun tatsächlich für den Müll zuständig. Denn das Bayerische Abfallgesetz vom Juni 1973 enthielt eine Übergangsvorschrift. Spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes traten die Landkreise voll in die Beseitigungspflicht ein.
Mit Bescheid vom 10. Mai 1976 wird der Planfeststellungsbeschluss für die MVA Eschenlohe erlassen, die MVA ist also genehmigt. Dagegen werden mehr als 80 Klagen erhoben. „Zwar hätte der Landkreis die sofortige Vollziehung des angefochtenen Beschlusses beantragen können; dies hätte aber zur Voraussetzung gehabt, daß sich der Landkreis hätte verpflichten müssen, für den Fall des Unterliegens in der Hauptsache alle Baumaßnahmen auf eigene Kosten rückgängig zu machen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Aufgrund der finanziellen Tragweite mußte eine solche Zusicherung zwingend unterbleiben, d.h., die gerichtliche Klärung musste abgewartet werden. Sie ist bis heute nicht erfolgt“, notiert Landrat Nau 1982. Bereits im Jahr 1978 sehen laut Naturschützerin Dr. Haeckel „auch die maßgebenden Vertreter der Behörden die unverantwortlichen Folgen einer Planung an dieser Stelle ein – und die Anlage wurde nicht gebaut“.
Bei einem Vergleich verpflichtet sich der Landkreis 1980, an die Firma Koppers-Wistra einen Betrag von 497 200 D-Mark zu bezahlen. Insgesamt kostet es den Landkreis rund 2,2 Millionen D-Mark, aus dem Vertrag mit dem Ofenbauer auszusteigen. Das Garmisch-Partenkirchner Tagblatt schreibt 1981 von einem „Staatsbegräbnis erster Klasse“. Die Überschrift lautet „Müllverbrennung schluckt zwei Millionen und der Kreis hat gar nichts davon". 1985 ist gar von 2,9 Millionen D-Mark die Rede.
Altlandrat Nau wettert noch 1987 in einem Leserbrief mit Bezug auf die Proteste Anfang der 1970er Jahre, dass „plötzlich falsche Propheten aufgestanden“ seien und „das Projekt verteufelt“ hätten. Franz Jaeger vom Gremium für Umweltschutz wehrt sich gegen diese Zuschreibungen.
Der Müll kommt nach Schwaiganger
Nachdem es mit der MVA in Eschenlohe nichts wird, nimmt die Kreispolitik den Standort Schwaiganger ins Visier. Ende 1979 beschließt der Kreistag einstimmig, die Kiesgrube Lutz-Pech zur Mülldeponie auszubauen – vorbehaltlich des laufenden Raumordnungsverfahrens. Dagegen sind der BUND Naturschutz, das Gremium für Umweltschutz und das Gestüt Schwaiganger.
Die Deponie Schwaiganger wird zwischen 1983 und 1994 mit rund 480 000 Kubikmeter Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen verfüllt. Sie erstreckt sich auf einer Fläche von 5,1 Hektar. In den Jahren 1995 bis 1999 wird die Deponie komplett saniert und zwischen 2002 und 2005 abgedichtet. Ab 2012 erweitert man sie. Dieser Schritt dient dazu, inerte Abfälle zu entsorgen. Die Deponie Schwaiganger ist eine Deponie der Deponieklasse II. Das heißt, dort kann vor allem belastetes Material (zum Beispiel Asbest, künstliche Mineralfasern oder belasteter Bauschutt) abgelagert werden.
Fazit
Der Streit um die MVA Eschenlohe hat den Landkreis Garmisch-Partenkirchen viel Geld gekostet. Ein gesteigertes Umweltbewusstsein sowie der Widerstand von Naturschützern und Gemeinden waren dafür verantwortlich, dass das Projekt zu Fall gebracht wurde. Die Bedenken waren begründet. Man stelle sich vor, am Tor zum Werdenfelser Land würde heute eine solche Anlage stehen mit einem 60 Meter hohen Kamin oder mehreren solcher Gebilde. Dem Murnauer Moos, größtes zusammenhängendes, noch weitgehend ursprüngliches Moorgebiet Mitteleuropas, wäre die MVA mit Sicherheit auch nicht zuträglich gewesen.