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Tiere und Pflanzen

Verbot des Kürzens von Hühnerschnäbeln

Die Massenhaltung von Hühnern bedeutet für die Tiere großes Leid. Das Kürzen des Schnabels, das die industrielle Landwirtschaft als unvermeidlich darstellt, vergrößert dieses Leid auch noch. Tatsächlich geht es auch sehr gut ohne den leidvollen Eingriff.

Ziel: Der Hühnerschnabel bleibt ganz

Ziel war, diese besondere Form von Tierleid zu beenden. Denn gerade die Spitze des Schnabels ist ein hochsensibler, mit Nervenbahnen durchzogener Bereich, damit das Huhn beim Futterpicken differenzieren kann. Wird er gekürzt, kann es zu Nervengeschwulsten kommen - verbunden mit starken und langanhaltenden Schmerzen. Deshalb sollte das Kürzen, ohne jede Ausnahme verboten werden. 

Maßnahme: Es werden keine Ausnahmegenehmigungen mehr erteilt

In Niedersachsen ist es seit dem 1. Januar 2017 nicht mehr erlaubt, Hühnern die Schnäbel zu kürzen. Nach dem deutschen Tierschutzgesetz war das Kupieren zwar schon verboten. Jedoch wurden in der Vergangenheit stets die entsprechenden Ausnahmegenehmigungen durch das Ministerium erteilt. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) hat im Jahr 2014 bestimmt, dass diese Ausnahmegenehmigungen ab dem Jahr 2017 nicht mehr gegeben werden. 

Früher war die Henne selber schuld

Eingeführt wurde das Kürzen, um in den Massenställen Aggression und Federpicken unter den Hühnern zu vermeiden. Von Seiten der industriellen Landwirtschaft wurde das Kürzen der Schnäbel als unvermeidlich dargestellt. Makabererweise wurde sogar mit dem Tierwohl argumentiert, weil sich die Tiere mit den gekürzten Schnäbeln nicht mehr verletzen könnten. 

Der grüne Landwirtschaftsminister in Niedersachsen stellte jedoch Ursache und Wirkung klar. Zu den Aggressionen komme es, weil die Tiere widernatürlich auf viel zu engem Raum zusammengepfercht würden. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Hühner für das ihnen aufgezwungene Leid dann auch noch mit einem weiteren Leid, dem Kürzen der Schnäbel, bestraft würden.

Bilanz: Bei besserer Haltung geht es auch ohne Schnäbelkürzen

Im Prinzip ist die Lösung einfach. Je weniger Hühner als betriebswirtschaftlich optimierte Legemaschinen funktionieren müssen, umso normaler benehmen sie sich gegenüber ihren Artgenossinnen. Denn wenn Hühner Platz haben, wird die arttypische Hackordnung durch ein kurzes, mehr oder weniger symbolisches Hacken/Picken hergestellt. Die rangniedrigere Henne weicht aus, die ranghöhere sieht keine Notwendigkeit, die andere zu verletzen. 

Die biologischen Betriebe können es schon immer

Die Hühner müssen außerdem die Möglichkeit haben, zu scharren, eingestreutes Futter zu finden und sich den Schnabel zu wetzen. Wenn sie nicht in "Rekordzeit" von 20 Wochen, sondern erst nach etwa 26 Wochen zur Legereife gebracht werden, muss es nicht zu Kannibalismus kommen. Dies zeigen die Erfahrungen in Niedersachsen oder in Österreich, auch in großen Beständen. Und natürlich seit Jahrzehnten in der biologischen Landwirtschaft, in der das Kürzen der Schnäbel nie erlaubt war. Dort sorgen kleinere Bestände, ein langsameres Heranwachsen und mehr Auslauf dafür, dass die Tiere nach ihren natürlichen Bedürfnissen leben können. 

Wenn die Politik entschlossen handelt, handelt auch der Handel

Obwohl die rot-grüne Landesregierung nur eine Stimme Mehrheit besaß, war der grüne Landwirtschaftsminister erfolgreich. Berücksichtigt wurde dabei, dass sich die Haltungsbedingungen nicht von heute auf morgen ändern lassen. Deshalb galt eine mehr als dreijährige Vorlaufzeit. Als weiteres Problem bestand die Gefahr, dass Billig-Eier nach Niedersachsen importiert werden. Deswegen wurde zuerst mit einer großen Handelskette vereinbart, dass diese täglich 40 000 Eier von einheimischen Hühnern mit ungekürzten Schnäbeln, anbietet. Bereits ein Jahr später haben sich alle großen Einzelhändler verpflichtet, generell nur noch solche Eier zu vermarkten. Mitte 2018 wurde diese Regelung dann bundesweit durchgesetzt.

Fazit: Eine Politik, die nicht herumeiert...

Der von der Lobby prophezeite Niedergang der einheimischen Erzeugung blieb aus. Die Verbraucher wichen nicht auf Importware aus. Im Gegenteil, heute werden in Niedersachsen mehr Eier erzeugt als vor 2014. Und dies sogar von mehr Betrieben mit jeweils weniger Legehennen. Es kann also durchaus sinnvoll sein, in konkreten Einzelfällen, klare Lösungen kompromisslos durchzusetzen. Sind sie erfolgreich, lässt sich damit gut für weitere Verbesserungen argumentieren. Wenn auch bei weitem noch nicht zufriedenstellend, so sind doch in den letzten Jahren die Haltungsbedingungen tendenziell besser geworden.

Und das Wichtigste: Dieser Niedersachsen-Effekt hat auf ganz Deutschland ausgestrahlt und die heimischen Bauern sind nicht unter die Räder gekommen. Im Gegenteil: Die Eier-Importe sind sogar leicht zurückgegangen. Der Selbstversorgungsgrad liegt mit 73 Prozent deshalb so hoch wie seit 14 Jahren nicht. Somit wirkt eine Politik, die sich nicht von den Untergangsszenarien der Lobby hatte einschüchtern lassen, nun positiv auf Hühner, Erzeuger und Verbraucher aus.

Text und Redaktion: Heiner Müller-Ermann (Sprecher BN-Arbeitskreis Wirtschaft)