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Tiere und Pflanzen

Waldnaab-Aue: vor dem Ertrinken gerettet

Einem Gewitter gleich zog vor etwa 30 Jahren über der Waldnaab-Aue ein „Unwetter“ auf, das eine der wertvollsten Naturlandschaften Bayerns für immer zerstört hätte: Gumpen, ein kleines Dorf im Landkreis Tirschenreuth in der Oberpfalz, sollte dem Erdboden gleich gemacht werden, um einem fast 500 Hektar großen Wasserspeicher zu weichen.

Schon Anfang der 60er Jahre begann die Bayerische Staatsregierung mit den Plänen dieses gigantischen Vorhabens. Am Ende sollte ein riesiger Wasserspeicher, größer als der Schliersee, den Wasserhaushalt bis ins etwa 40 Kilometer entfernte Weiden regeln und vor Hochwasser schützen. Die Planer hatten jedoch nicht mit dem Widerstand von Dr. Klaus Arbter gerechnet. Der Tirschenreuther Biologielehrer und passionierte Natur- und Landschaftsschützer nahm den Kampf gegen dieses Wahnsinnsprojekt auf und holte sich zur Unterstützung den Bund Naturschutz in Bayern. 

Damals noch als Landesverband kämpfte der BN gemeinsam mit engagierten Naturschützern aus dem Landkreis Tirschenreuth vehement gegen die Pläne der Bayerischen Staatsregierung. Maßgeblich daran beteiligt war Dr. Hubert Weiger, damals noch BN-Landesbeauftragter für Nordbayern und heute BN-Landesvorsitzender.

ÜBER 300 SELTENE TIER- UND PFLANZENARTEN GERETTET

Den ausführenden Ämtern vom Wasserwirtschaftsamt Weiden über die Bezirksregierung bis zur Obersten Baubehörde im Innenministerium zeigte der BN im Kampf gegen den Speicher hartnäckig die Zähne, so dass am Ende im Jahr 1981 das Verwaltungsgericht Regensburg den Klägern – dem Bund Naturschutz und 24 Landwirten – Recht gab. Unter anderem erkannten die Richter an, dass hier ein äußerst wertvolles Stück Natur und eine unverwechselbare alte Kulturlandschaft erhalten bleiben müssen.

Mit der Verhinderung des Speichers hat der BN das heutige Bundesnaturschutzgroßprojekt Waldnaabaue ermöglicht. Dort leben über 300 seltene Tier- und Pflanzenarten, die als besonders schützenswert gelten, unter anderem 126 Vogelarten, 38 Libellen-, 25 Fisch- 45 Tagfalter- und 110 Käferarten.
(Texte: Ulla Baumer)

Eine der wertvollsten Naturlandschaften Bayerns

Ohne die Rettung der Waldnaabaue vor dem Gumpen-Stausee würde es heute das Bundesnaturschutzgebiet Waldnaabaue im Landkreis Tirschenreuth in der Oberpfalz nicht geben, das 1999 von der Bundesregierung grünes Licht erhielt.

Die Waldnaabaue gehört zu den ökologisch wertvollsten Gebieten Bayerns und ist eines der vier Bundesnaturschutzprojekte in Bayern. 126 Vogelarten, 38 Libellen-, 25 Fisch-, 45 Tagfalter- und 110 Käferarten wurden dort schon früher entdeckt und inzwischen nach intensiven Forschungsarbeiten bestätigt. Die Rettung des Waldnaabtales vor der Überflutung war einer der größten Erfolge des Bundes Naturschutz. Damit konnte eines der wenigen noch vorhandenen großen, zusammenhängenden Naturgebiete Deutschlands bewahrt werden.

Vogelparadies

In zahllosen großen und kleinen Mäandern durchfließt die Waldnaab die geräumige Senke zwischen Tirschenreuth und Gumpen. Die zentrale Lebensader ist eng verzahnt mit den unterschiedlichsten Lebensräumen: Fließgewässer, Altwassertümpel, Teiche, Feuchtwiesen, Bruchwälder, Magerrasen und andere Biotope ergänzen sich zu einer Symbiose, die es unzähligen, selten gewordenen Insekten- , Amphibien- und Vogelarten ermöglicht, in einem geschützten Raum zu leben und sich fortzupflanzen. Das ruhige Teichgebiet lädt besonders Zugvögel ein, Rast zu machen und sich mit neuer Nahrung für die weiteren langen Reisen zu stärken. Unter anderem leben dort Raritäten wie die Schellente, der Waldwasserläufer, der Eisvogel, der Schwarzstorch, das Blaukehlchen und viele mehr. Allein 56 vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten wurden festgestellt.

Die Waldnaab sammelt die Fluten ihrer Nebenbäche, setzt die weiten, flachen Wiesen bei Hochwasser unter Wasser und verwandelt sie in einen lang gestreckten See. So gesehen sorgt der Fluss selbst dafür, dass er sich in ein großes Gewässer verwandelt – doch mit diesem Hochwasser kann sich der natürlich entstandene Fluss „austoben“, ohne Schaden anzurichten und den Grundwasserspiegel wieder auffüllen. Damit erfüllt dieses großräumige, natürliche Feuchtgebiet die Funktion der Wasserstandsregulierung der Naab viel besser als der ehemals geplante „Mehrzweckspeicher“.

Einer der größten Tecihkomplexe Deutschlands

Die Waldnaabauen präsentieren sich als ein Mosaik aus Feuchtwiesen, feuchten Wäldern und Moorflächen, in deren Zentrum mit der Tirschenreuther Teichpfanne einer der größten und ältesten Teichkomplexe des Bundesrepublik liegt. Das Gebiet wird auf fast 10.000 Hektar von keinen öffentlichen Verkehrswegen durchschnitten und ist deshalb für die Öffentlichkeit, aber auch für Land- und Forstwirtschaft nur wenig erschlossen. Das Kerngebiet beträgt eine Fläche von 1600 Hektar, das Gesamtprojektgebiet umfasst insgesamt 3200 Hektar. 2195 Hektar davon wurden vom Land Bayern im September 2003 als FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat-Gebiet) für das europäische Schutzgebietssystem gemeldet.

4,5 Millionen Euro lässt sich der Bund das Projekt kosten, das zu 75 Prozent vom Bund, zu 15 Prozent vom Freistaat Bayern und zu zehn Prozent vom Landkreis Tirschenreuth finanziert wird. 80 Prozent des Kerngebietes sind Biotoptypen, die mindestens als „bedroht“ einzustufen sind. Zur Realisierung des Naturschutzgebietes Waldnaabaue hatte der Landkreis Tirschenreuth als ausführendes Organ einen Zeitrahmen von zehn Jahren angesetzt. Inzwischen wurde dieser Zeitrahmen verlängert.