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Tiere und Pflanzen

Rötelseeweiher: Größtes Naturschutzgebiet der Oberpfalz

Hier hütet die Uferschnepfe ihr Gelege und Silberreiher ziehen weite Kreise, gefährdete Pflanzen wie das Braune Zyperngras oder die Buschnelke fühlen sich wohl: Die Regentalaue und die Rötelseeweiher sind ein Refugium für seltene Arten. Der Bund Naturschutz setzt sich seit Mitte der 70er-Jahre für das Juwel am Regen ein.

In der Regentalaue zwischen Cham und Pösing haben Forscher mehr als 1.000 Tier- und 600 Pflanzenarten dokumentiert. Dies macht das weite Tal im Nordosten Bayerns zwischen Oberpfälzer Wald und Bayerischem Wald zu einem der artenreichsten Biotope Süddeutschlands.

Herzstück des rund 1.480 Hektar großen Gebiets sind die Rötelseeweiher, ein Mosaik aus Teichen, flachen Tümpeln, Feuchtwiesen und Verlandungszonen. Wer genau hinsieht, findet dort Laubfrösche, Libellen, seltene Heuschrecken oder Schmetterlinge. Weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt ist die Vogelwelt: Seltene und stark bedrohte Arten wie Schwarzhalstaucher, Rohrdommel, Uferschnepfe, Goldregenpfeifer oder Kornweihe nutzen die weite Flussaue als Brut-, Rast- oder Überwinterungsplatz.

Zum Schutz des wertvollen Ökosystems arbeiten Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz und Naturschutzbehörden seit Jahrzehnten erfolgreich zusammen. Dem Engagement einzelner Protagonisten wie BN-Mitglied Peter Zach und dem Landkreis Cham ist es zu verdanken, dass hier zahlreiche Arten ein letztes Rückzugsgebiet gefunden haben. Ein wichtiger Erfolg konnte 2010 gefeiert werden: Die Regentalaue wurde als größtes Naturschutzgebiet der Oberpfalz ausgewiesen.

Arche Noah im Regental

Von oben sieht die Regentalaue wie ein blaugrüner Flickenteppich aus. Die Schlossherren von Thierlstein legten hier im 16. Jahrhundert die  Rötelseeweiher sowie den Letten- und Angerweiherkomplex an. Damals diente das Teichgebiet mit rund 90 Hektar Wasser- und Verlandungsfläche der Fischzucht, heute ist es eine der letzten naturnahen Flussauen.

Die abwechslungsreiche Landschaft mit extensiv genutzten Teichen, Feuchtwiesen, Flachmooren und Verlandungszonen gilt als eines der artenreichsten Biotope Bayerns. Auf einer Fläche von fast 15 Quadratkilometern zählt man über 1.000 Tierarten. Rund 280 davon werden in Bayern auf der Roten Liste geführt und viele haben hier ihr letztes Rückzugsgebiet.

So entdeckt man seltene Heuschrecken- und Libellenarten oder Schmetterlinge; und auch Laub- und  Moorfrosch, die  nach der europaweiten FFH-Richtlinie streng geschützt sind, kommen vor. Botaniker haben das Rötelseeweihergebiet darüber hinaus als Standort für hoch spezialisierte Pflanzenarten wie das Braune Zyperngras, die Zypergras-Segge, die Wurzelnde Simse, den Gemeinen Wasserschlauch oder den Schlammling identifiziert. Von den rund 600 dokumentierten Arten sind 85 selten oder stark gefährdet.

Gemeinsam für den Artenschutz am Rötelseeweiher

Lange Zeit interessierte sich kaum jemand für die Rötelseeweiher und die Regentalaue, doch dann begannen zwei Naturschützer, das Gebiet systematisch zu erforschen. Sie fanden unzählige seltene Arten – und im Laufe der Jahre und Jahrzehnte viele Mitstreiter für die Sache der Natur. Seit Mitte der 70er-Jahre setzt sich der Bund Naturschutz für das Juwel am Regen ein.

Die ersten Aufzeichnungen über die einzigartige Vogelwelt der Regentalaue stammen bereits aus den 1930er-Jahren.  Später, in den 60ern, bezeichnete der Ornithologe Zeidler die Gegend als „ein Vogelparadies“. Eine regelmäßige Erfassung von Arten und Beständen fand seit 1970 statt: Damals begann Peter Zach, seit 1973 aktiv für den Bund Naturschutz, die Entwicklung von rund 50 für das Regental typischen Vogelarten zu dokumentieren. Einen Verbündeten fand der Förster in Alfons Fischer, der sich ebenfalls für den Naturschutz und die Ornithologie interessierte.

Gemeinsam erforschten sie das Gebiet systematisch und begannen ein Brut- und Rastvogelmonitoring aufzubauen – eine Aufgabe, die Peter Zach als Ornithologischer Betreuer der Regentalaue bis heute fortführt. Wöchentlich wurden und werden die Individuen von Knäkente, Schwarzhalstaucher, Silberreiher, Großer Brachvogel, Bekassine, Kiebitz und vielen anderen gezählt und in Protokollen festgehalten. Seit 1980 kartieren Zach und seine Mitarbeiter außerdem die Vorkommen von Laub- und Moorfrosch und verschiedenen Pflanzenarten. In Bezug auf Vögel und Amphibien zählt das Regental damit zu den am besten untersuchten Gebieten Bayerns.

Engagement für die Natur

Seit Mitte der 70er-Jahre setzte sich der Bund Naturschutz für das Juwel am Regen ein. Gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz und anderen Mitstreitern warb die Kreisgruppe Cham dafür, das Gebiet zu schützen und protestierte gegen den Bau von neuen Wegen und den Kiesabbau.

1978 konnte der BN am südlichen Rand des Großen Rötelseeweihers eine Niedermoorwiese kaufen und setzte damit ein wichtiges Signal. Gleichzeitig gingen weitere Flächen an den Landesbund für Vogelschutz.

In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wies der Bund Naturschutz immer wieder auf die ökologische Bedeutung des Rötelseeweihergebiets hin und setzte sich vehement für die Schaffung eines Naturschutzgebietes ein: Zeitweise war der Druck von Gegnern des Naturschutzes aus Industrie, Landwirtschaft oder Jägerschaft immens und vermutlich hätten Politik und Verwaltung das Naturschutzprojekt aufgegeben, wenn nicht BN Kreisgruppe und BN-Landesverband beharrlich die Gegenposition behauptet hätten.

Für Peter Zach, Alfons Fischer, die BN-Kreisgruppe unter Vorsitz von Volker Kern sowie den BN-Landesverband folgten viele Jahre mit Aktionen, Vorträgen, Gutachten und Verhandlungen. Schwierig gestalteten sich die Auseinandersetzungen mit Landwirten, deren Flächen im oder nahe am Projektgebiet lagen. Als Gegner des Naturschutzgebietes setzten sie sich gemeinsam mit dem Bayerischen Bauernverband seit Anfang der 80er-Jahre dafür ein, das Naturschutzgebiet auf die unmittelbare Seefläche und die südlich und östlich angrenzenden Streuwiesen zu begrenzen. Nach zähem Ringen um Flächen und Nutzungsvorgaben erreichte der BN schließlich die Einrichtung einer Pufferzone und sicherte so wichtige Flächen für den Naturschutz.

Ein wichtiger Etappensieg konnte im Jahr 1986 gefeiert werden: Das Kerngebiet der Regentalaue, die Rötelseeweiher mit Letten- und Angerweiher, wurde als Naturschutzgebiet ausgewiesen. In der folgenden Zeit erreichten die Fürsprecher der Regentalaue weitere wichtige Schritte: 1988 wurde das knapp 200 Hektar umfassende Areal zusätzlich in die Liste der wichtigsten Vogellebensräume in Europa (Important Bird Area) aufgenommen. 1989 folgte die Aufnahme des Rötelseeweihergebiets und der Regentalaue in das Förderprogramm des Bundes zur „Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung“.

Der Kampf um den Schutz der gesamten Regentalauen war damit allerdings noch nicht gewonnen: Immer wieder musste das Gebiet gegen wirtschaftliche Interessen verteidigt werden. So beispielsweise Anfang der 90er-Jahre, als die Stadt Cham auf Drängen der Firma Gebhardt am Südostrand der Regentalaue und in unmittelbarer Nähe zu den Rötelseeweihern ein Industriegebiet plante. Der BN erreichte durch seinen Widerspruch, dass das Industriegebiet Michelsdorf-West um einiges kleiner ausgewiesen wurde als ursprünglich vorgesehen. Gleichzeitig konnte der zusätzliche Bau von zwei Lagerhallen verhindert werden.

Ebenfalls in den 90er-Jahren setzte sich der Bund Naturschutz gegen eine durch das Projektgebiet führende Rohölleitung sowie eine Umgehungstraße der Gemeinde Pösing ein. Beide Projekte konnten allerdings nicht gestoppt werden: Seit den 90er-Jahren führt die Rohölleitung durch das Gebiet östlich von Wetterfeld und Pösing, die Umgehung am Westrand der Regentalaue ist nach wie vor in Planung (Stand 2013).

Im Jahr 2000 wurde die Meldung als Europäisches Vogelschutzgebiet und Flora-Fauna-Habitat-Gebiet erreicht. Der bisher letzte und wichtigste Meilenstein konnte im Jahr 2010 gefeiert werden: Seither ist die gesamte Regentalaue zwischen Cham und Pösing als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Das bereits bestehende Naturschutzgebiet Rötelseeweiher ging in dem neuen Areal, dem mit 1.480 Hektar Fläche größten Naturschutzgebiet der Oberpfalz auf. Träger des Naturschutz-Großprojekts ist der Landkreis Cham, der in vielen Bereichen von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz beraten und unterstützt wird.  Ziel ist die Erhaltung einer naturnahen Landschaft, die Verbesserung der Lebensbedingungen für die vorkommenden Tier- und Pflanzenarten sowie die langfristige Sicherung der biologischen Vielfalt.