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Erste Bilanz der Amphibienaktion 2021: Sorge um Erdkröte und Grasfrosch wächst

Eine erste Auswertung der diesjährigen Amphibienwanderung in Bayern hat ergeben, dass sich der negative Trend der letzten Jahre fortsetzt: an den meisten Amphibienzäunen wurden von den Aktiven des BUND Naturschutz (BN) noch weniger wandernde Erdkröten und Grasfrösche gezählt als in den drei Vorjahren, die bereits durch sehr niedrige Zahlen aufgefallen waren.

10.05.2021

Durch die ungewöhnlich lange Kälteperiode im Frühjahr hat sich zudem die Wandersaison sehr in die Länge gezogen und den rund 6.000 freiwilligen Helferinnen und Helfer bei Europas größter Artenrettungsaktion viel Einsatz und Geduld abverlangt. Als Ursache für die niedrigen Zahlen wird die Frühjahrs- und Sommertrockenheit der letzten Jahre vermutet. „Unsere Allerweltsarten wie Grasfrosch und Erdkröten leiden unter der Klimakrise. Die Zahlen sind ein überdeutliches Alarmzeichen“, sagt Richard Mergner, Vorsitzender des BN und zeigt Wege auf, dem Verlust entgegenzuwirken: „Wenn wir in Bayern Feuchtlebensräume erhalten und neu schaffen und die Landschaft amphibienfreundlich gestalten, haben Frösche, Kröten und Molche auch in Zukunft eine Chance.“ 

Amphibien wandern in regnerischen Frühjahrsnächten mit Temperaturen von mindestens 5°C. 2021 gab es nach einigen warmen Nächten im Februar, in denen alle Amphibienzäune aufgebaut wurden, bayernweit eine ein bis zwei Monate dauernde Kälte- und Trockenphase. Früher wurden die Amphibienzäune oft Anfang bis Mitte April abgebaut, da die Amphibienwanderung dann abgeschlossen war. Heuer standen einige Zäune sogar bis Ende April in der Hoffnung, dass die bis dahin in geringer Zahl wandernden Tiere vielleicht noch kommen würden. Mergner ist begeistert, dass der daraus resultierende größere Betreuungsaufwand das Engagement der Krötensammler nicht gebremst hat: „Wir bedanken uns herzlich bei allen Helferinnen und Helfern, die auch während der langen Kälteperiode unermüdlich Morgen für Morgen und Abend für Abend die Zäune kontrolliert haben, um sich um die vereinzelten Tiere zu kümmern, die trotz des kalten Wetters unterwegs waren.“

Eine Befragung von 19 ausgewählten BN-Kreisgruppen (Amberg-Sulzbach, Bad Kissingen, Bad Tölz-Wolfratshausen, Bamberg, Eichstätt, Fürth-Land, Kulmbach, Landshut, Main-Spessart, Miesbach, Nürnberger Land, Neustadt-Aisch, Passau, Rosenheim, Roth, Schwandorf, Schweinfurt, Weilheim-Schongau und Weißenburg Gunzenhausen) zeigt bayernweit das gleiche Bild: Die Anzahl der Amphibien, die von den BN-Amphibienzaunbetreuerinnen und -betreuern gesammelt und sicher über die Straße gebracht wurde, waren an den meisten Übergängen ähnlich gering wie 2020 oder gingen gar nochmals zurück. Nur an wenigen Übergängen konnte gegenüber 2020 eine leichte Erhöhung festgestellt werden. „Diese Zahlen machen uns Riesensorgen. Wir vermuten, dass vor allem die aufeinanderfolgenden trockenen Frühjahre und Sommer der letzten drei Jahre den Amphibien zugesetzt haben und für die geringe Anzahl bei der diesjährigen Laichwanderung verantwortlich sind,“ so Uwe Friedel, Artenschutzreferent des BN. Ob und wie sich die Zahlen wieder erhöhen, falls es wieder feuchtere Jahre gibt, sei nicht vorherzusehen. Es könne für Bayerns Amphibien bereits fünf vor zwölf sein, insbesondere, weil zu befürchten sei, dass lange Trockenperioden im Frühjahr und Sommer durch die Klimakrise zukünftig eher die Regel als die Ausnahme sein werden.

Geringe Niederschläge führen zu niedrigen Wasserständen in Tümpeln, Teichen und Kleinstgewässern z.B. in nassen Wiesen. Bei Amphibien, die hier u.a. ablaichen, wie z.B. Grasfrosch oder Gelbbauchunke, droht bei ausbleibenden Frühsommerniederschlägen der Verlust des Laichs oder der Kaulquappen, wenn die Wasserstellen austrocknen. Die trockene Landschaft bietet zudem für die Hüpferlinge, also die das Gewässer verlassenden Jungtiere der Amphibien, sehr ungünstige Überlebensbedingungen, so dass viele schon auf dem Weg vom Laichgewässer in den Sommerlebensraum verenden. Auch können sich in mageren – weil trockenen – Sommern die Erdkröten-Weibchen auch weniger Reserven anfressen, die aber für die Paarungsbereitschaft notwendig sind. So könnten die drei aufeinanderfolgenden trockenen Sommer einfach dazu geführt haben, dass viele Weibchen nicht ausreichend genährt waren, um sich dieses Jahr auf die Laichwanderung zu begeben.

Um Bayerns Amphibien auch in Zeiten der Klimakrise eine Überlebenschance zu bewahren, fordert der BUND Naturschutz:

  • die Erhaltung aller naturnahen Gewässer und Feuchtbiotope sowie des Feuchtgrünlandes in Bayern,
  • die Wiederherstellung der natürlichen Auendynamik an bayerischen Flüssen in Verbindung mit natürlichem Hochwasserschutz,
  • das Belassen von breiten Uferrandstreifen an stehenden und fließenden Gewässern,
  • die Erleichterung der Amphibienwanderungen durch bessere Vernetzung ihrer Lebensräume (Biotopverbund),
  • die Berücksichtigung der Auswirkungen auf Amphibien in Zulassungsverfahren neuer Pestizide
  • eine finanzielle Förderung für Landkreise und Kommunen beim nachträglichen Einbau von Amphibienschutzanlagen an Kreisstraßen und Ortsverbindungsstraßen,
  • Reduzierung des anhaltend hohen Flächenverbrauchs in Bayern, da dieser auch die Lebensräume von Amphibien betrifft sowie
  • als langfristig wirksame und dringend notwendige Maßnahme eine ambitionierte Klimaschutzpolitik der bayerischen Staatsregierung.

„Wenn wir rechtzeitig handeln, können wir noch verhindern, dass eines Tages das Quaken der Frösche so selten zu hören sein wird wie der Gesang von Braunkehlchen oder des Kiebitzes,“ so Uwe Friedel.