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EU-Verkehrsministerkonferenz: Klimaschonende Mobilität in den Fokus rücken

Deutschland hat im zweiten Halbjahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft inne. Für den 29./30. Oktober hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zu einem EU-Verkehrsministertreffen nach Passau und Bad Griesbach geladen. Dieses findet auf Grund der Corona-Lage nun als Webkonferenz statt.

Der BN hat dies zum Anlass genommen, die EU-Verkehrspolitik zu beleuchten und Forderungen an diese aufzustellen. Ziel muss es sein, die EU-Klimaschutzziele endlich mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen zu hinterlegen.


Aktuelle Forderungen des BN an die EU-Verkehrspolitik

Klimawandel und Luftreinhaltung sind die zentralen umweltpolitischen Herausforderungen für uns und für zukünftige Generationen. Mit dem jüngst von der EU-Kommission veröffentlichten „Green Deal“ wird beabsichtigt, Klimaschutz zu einer zentralen Priorität der EU-Politik zu machen. Das Ziel ist, bis 2050 Klimaneutralität in der EU zu erreichen. Ebenso wird ein „Null-Schadstoff-Ziel“ für eine schadstofffreie Umwelt angestrebt.
Der Verkehr verursacht aktuell rund ein Viertel des gesamten Treibhausgasausstoßes in der EU. Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, dessen CO2-Emissionen seit 1990 nicht gesunken sind – sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland. Aktuelle Zahlen des Umweltbundesamtes belegen, dass die Treibhausgasemissionen des Verkehrs hierzulande im letzten Jahr sogar wieder angestiegen sind. EU-weit stammen 70 % der verkehrlichen CO2-Emissionen allein aus dem Straßenverkehr.

Um den Verkehrssektor zu dekarbonisieren und damit Klima, Natur und Gesundheit zu schützen, müssen auf EU-Ebene in den kommenden Monaten die Weichen gestellt werden. Die EU-Verkehrsminister*innen treffen sich vom 29.-30. Oktober 2020, um über die Zukunft der Mobilität in der EU zu diskutieren und veröffentlichen dazu eine „Passauer Erklärung“.

Der BUND Naturschutz hat dies zum Anlass genommen, um gemeinsam mit der Jugendorganisation des BUND Naturschutz (JBN) und Fridays for Future Passau die "Passauer Erklärung der Zivilgesellschaft" zu formulieren.

Die Erklärung wurde von vielen großen Verbänden europaweit unterzeichnet, die Unterzeichnenden Verbände fordern, dass der Rat der Europäischen Union seiner Verkehrspolitik als oberste Maxime die Senkung des umweltbelastenden Verkehrs in Form von Pkw, Lkw, motorisiertem Individualverkehr, Schiffsverkehr und Flugverkehr zugrunde legt.

Um eine echte Mobilitätswende in der EU voranzutreiben, fordert der BN,

dass der Rat der Europäischen Union sich für eine Senkung der EU-weiten CO2-Emissionen von mindestens 65 % bis 2030 und die Klimaneutralität der EU bis spätestens 2040, möglichst bis 2035, einsetzt. Dazu müssen auch im gesamten Verkehrssektor, einschließlich Schiff- und Luftfahrt, verbindliche und kurzschrittige Zwischenziele ab 2025 definiert werden;

dass für den Fall, dass einzelne Akteure die verbindlichen Ziele verfehlen, wirksame Sanktionsmechanismen etabliert werden;

dass EU-weit der Rad- und Schienenverkehr gegenüber dem Pkw- und Lkw-Verkehr sowie öffentlicher gegenüber Individualverkehr priorisiert und gefördert werden;

dass die EU eine Verkehrswende einleitet, die auf emissionsfreie, ressourcensparende Antriebe setzt. Die Industrie- und Verkehrspolitik der EU muss ihren Schwerpunkt auf die Transformation hin zu einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Wirtschaft setzen, wobei der Fokus u.a. auf die Erforschung und sparsame Nutzung solcher Antriebe ausgerichtet sein muss;

dass die Fortschritte in der Digitalisierung im Verkehrsbereich ausschließlich dafür genutzt werden, den Verkehr gerechter sowie sicherer zu machen und den Schadstoff- und Treibhausgasausstoß sowie den Energie- und Ressourcenverbrauch zu senken. Dies kann durch eine effizientere Nutzung von öffentlichem Nah- und Fernverkehr sowie bereits bestehender Fahrzeuge geschehen;

dass alle Mautsysteme und alle Formen der Kraftstoffbesteuerung so reformiert werden, dass sie sozial gerecht und proportional zum CO2-Ausstoß sind und für alle Fahrzeugtypen (inkl. Pkw) gelten. Subventionen oder steuerliche Besserstellungen für fossile Brennstoffe und die sie verbrauchende Verkehrsmittel müssen sowohl in Mautsystemen als auch bei jeder Art von Besteuerung oder Förderung beendet werden.

dass die europäische Batterieallianz mit hohen Umwelt- und Sozialstandards umgesetzt wird. Dazu zählen die ethische und nachhaltige Gewinnung der Rohstoffe für Batterien, strenge Anforderungen an die Energieeffizienz und die Möglichkeit des Recyclings und der Reparatur sowie eine Recyclingquote von mindestens 90 % für die in Batterien eingesetzten Rohstoffe. Außerdem braucht es einen Mechanismus zur Messung und Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bei der Herstellung von Batteriezellen.

dass dort, wo eine direkte Elektrifizierung des Verkehrs nicht möglich ist, ausschließlich grüner Wasserstoff, Bio-Fuels, produziert ausschließlich aus landwirtschaftlichen Abfallstoffen wie Stroh und Grasschnitt, keinesfalls aus Lebensmitteln, oder sogenannte E-Fuels, mit CO2 aus der Atmosphäre erzeugte strombasierte Kraftstoffe eingesetzt werden.

dass die EU eine Wasserstoffstrategie entwickelt und umsetzt, die es ermöglicht, alle industriellen und wirtschaftlichen Prozesse schnellstmöglich klimaneutral zu machen. Dabei darf der Wasserstoff ausschließlich nachhaltig aus erneuerbaren Energien gewonnen werden und muss ressourcenschonend hergestellt und transportiert werden. Die Produktion und der Handel mit aus Drittstaaten importiertem grünen Wasserstoff muss den höchsten Umwelt- und Sozialstandards entsprechen. Im Verkehrsbereich ist Wasserstoff auf Schwerlasten, nötigen Flug- und Schiffsverkehr zu begrenzen und die direkte Elektrifizierung zu bevorzugen. Wo sinnvoll, soll Wasserstoff auch im Schienenverkehr als Alternative zur derzeitigen Nutzung von Dieselmotoren genutzt werden.

den Flugverkehr klimaneutral und umweltfreundlich umzugestalten. Dazu müssen die Passagierzahlen gesenkt und die Zahl der Flüge (Personen und Fracht) durch eine Stärkung der Schiene verringert werden. Kurzstreckenflüge müssen auf mittlere Sicht gänzlich durch verbesserten Fernverkehr auf der Schiene ersetzt werden. Kraftstoffe aus fossilen Brennstoffen müssen durch wasserstoffbasierte Kraftstoffe, die ausschließlich nachhaltig und auf Basis 100 % zusätzlicher erneuerbarer Energien hergestellt wurden, ersetzt werden; Kerosin aus Biomasse ist keine Alternative, da dessen Produktion u.a. in Konkurrenz mit der Lebensmittelproduktion für Menschen steht.

Die komplette Erklärung finden Sie hier:
Passauer Erklärung der Zivilgesellschaft (pdf)
The Passau Civil Society Declaration (pdf)
Déclaration de Passau de la Société Civile (pdf)

Besonders wichtig ist es zudem, die Lkw-Wegekostenrichtlinie der EU zu reformieren.
Die Belastungen für Mensch und Natur durch den Güterverkehr müssen reduziert werden: In erster Linie durch die Vermeidung unsinniger Transporte, aber auch durch deren Verlagerung vom Lkw auf Bahn und Schiff sowie durch einen umweltfreundlicheren Lkw-Verkehr. Ein wichtiger Beitrag dazu ist die verursachergerechte Anlastung der Kosten durch verpflichtende EU-Vorgaben, und zwar insbesondere für Kosten, die über den Aufwand für Bau und Betrieb der Infrastruktur hinausgehen.

2017 wurde von der EU eine Änderung der Richtlinie 1999/62/EG (Lkw-Wegekostenrichtlinie) vorgeschlagen, die sich mit der Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge beschäftigt. Die Novelle berücksichtigt insbesondere den CO2-Ausstoß und setzt auf entfernungsabhängige Benutzungsgebühren schon ab 3,5 t Gewicht. 2018 wurde die Novelle vom EU-Parlament verabschiedet, vom VerkehrsministerInnen-Rat aber bisher nicht akzeptiert.

Die Novelle muss allerdings gegenüber dem bisherigen Vorschlag noch deutlich verbessert werden: Neben dem CO2-Ausstoß sind Luftverschmutzung und Lärm weiterhin zu berücksichtigen, wie auch andere Emissionen. Umweltbelastungen während der Bauphase sollten ebenso in die Maut eingerechnet werden wie Unfallkosten. Keine Straße sollte von der Maut ausgenommen werden; für ökologisch sensible oder bevölkerungsreiche Gebiete müssen deutliche Aufschläge möglich sein. Nicht nur die Lkw-Infrastruktur, sondern auch der umweltfreundliche Verkehr soll von den Einnahmen profitieren.

Weiterführende Links:
Forderungen von BUND, DUH und VCD zur EU-Ratspräsidentschaft finden Sie hier: Memorandum zur Deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 – Klimaschonende Mobilität in den Fokus rücken (pdf)


Die Anteile der einzelnen Verkehrsmittel (Modal Split)

Gute Verkehrspolitik muss auch im Ergebnis sichtbar sein. Ein hoher Anteil von Bahn- und Busverkehr ist Ausdruck einer klimafreundlichen Verkehrspolitik. Dass in allen EU-Staaten noch viel zu tun ist, zeigt der Vergleich des Modal Splits der Länder. Als Modal Split wird die Verteilung des Verkehrs auf die verschiedenen Verkehrsträger bezeichnet.

Doch es gibt auch Unterschiede: Während der Anteil der Pkw-Personenkilometer in Deutschland bei ca. 85 % des Modal Split liegt, gibt es auch Länder mit einem Pkw-Anteil von nur 70 %. Noch deutlicher wird der Unterschied im Güterverkehr. Die Verlagerung des Gütertransportes auf die Bahn gilt als einer der Hauptnotwendigkeiten, um Transporte klimafreundlicher zu gestalten.

Güterverkehr nach Verkehrsträgern (Modal Split) in Europa

Personenverkehr nach Verkehrsträgern (Modal Split) in Europa


Gute Beispiele von Bus- und Bahnprojekten aus ganz Europa

Viele europäische Länder investieren in innovative Projekte des öffentliche Personenverkehrs (ÖV). Eine der zentralen Herausforderungen zur Bekämpfung der Klimakrise ist es, auch die Nahverkehrsangebote umweltfreundlich zu elektrifizieren. Neben Trambahn eignen sich hierfür auch besonders Oberleitungsbusse. Eine Auswahl auch unbekannterer Projekte finden sie hier:

Neubau Sneltram Hasselt – Maastricht
Die 1954 stillgelegte Eisenbahnstrecke wird als Schnellstraßenbahn wiederaufgebaut. Sowohl in Hasselt als auch in Maastricht wird über neue Straßenbahnstrecken durch die Stadt gefahren und in Hasselt der Universitätscampus angebunden. Mit dem Bau ist unlängst begonnen worden.

Erweiterung Oberleitungs-Busnetzes Pleven
Pleven (240.000 Einwohner) liegt im Nordteil des Landes und erhielt 1985 ein Obussystem. Das ohnehin dichte Netz wurde im vergangenen Jahrzehnt noch vergrößert und der Einsatz von Batteriebussen, die sich ohne Zeit- und Energieverluste beim Fahren unter Oberleitung aufladen können, erlaubt bereits heute einen vollständig eletrisch betriebenen Nahverkehr (ähnlich Lublin/Polen).

Reaktivierung grenzüberschreitender Straßenbahn Strasbourg – Kehl
Grenzüberschreitende Straßenbahnstrecken waren in Europa früher nichts ungewöhnliches, die letzte derartige Linie (Saarlouis – Creutzwald) wurde erst 1961 stillgelegt.
In den letzten Jahren wurden wieder einige neu gebaut: schon seit 1997 fährt ein tram-train von Saarbrücken nach Saarreguemines; konventionelle Straßenbahn-Neubaustrecken entstanden zwischen Basel und Weil am Rhein sowie Basel und Saint Louis sowie von Genf nach Annemasse.
Von Straßburg nach Kehl fuhr 1944 letztmals eine Straßenbahn. Die Verbindung wurde 2017 in moderner Form wiederhergestellt und 2018 vom Bahnhof bis zum Rathaus Kehl verlängert.
Eine weitere grenzüberschreitende Straßenbahnlinie ist derzeit zwischen Genf und Saint-Julien in der Detailplanung.

Neubau Straßenbahn Tampere (235.000 Einwohner)
Im Gegensatz zu den meisten europäischen Städten mit Straßenbahnprojekten oder in den letzten Jahrzehnten neu gebauten Straßenbahnen hatte Tampere noch nie städtischen Schienenverkehr. Elektrischen Nahverkehr gab es zwar mit Oberleitungsbussen, diese wurden aber 1971 abgeschafft.
Die Kernstadt wird im Norden und Südwesten von Seen begrenzt, wodurch sich mit wenigen Strecken ein großer Teil der Stadtfläche gut erschließen lässt. Der Bau wurde 2016 begonnen, die Inbetriebnahme ist für 2021 vorgesehen.
Streckenlänge: 16 km; 19 Fahrzeuge

Seit 1985 24 neue Straßenbahnsysteme, davon 19 seit 2000.
Darunter: Paris mit inzwischen 9 Linien, 3 weitere sind im Bau; z. T. als tram-train. Dies entspricht dem Karlsruher Modell, d. h. die Tram kann auf der Straße, aber auch auf Eisenbahnstrecken fahren.
Lyon (7 Linien, dazu 2 tram-train-Linien), Straßburg (6 Linien), Bordeaux (4 Linien) usw.
Reaktivierung grenzüberschreitender Eisenbahnstrecke Rastatt – Roeschwoog
Diese Bahnstrecke wurde nach dem zweiten Weltkrieg nicht wiederaufgebaut. Sie stellt eine Rheinquerung etwa mittig zwischen Karlsruhe und Offenburg her und ermöglicht gute Verbindungen zwischen dem nördlichen Elsaß und dem mittleren Baden. Der Eurodistrikt hat unlängst eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Erweiterung des Oberleitungs-Busnetzes in Genova
Genova (575.000 Einwohner) hatte bereits 1997 den Obus-Betrieb wieder eingeführt, dieser beschränkt sich aber bis heute auf eine zentrale, innenstadtnahe Achse, auf der gleichzeitig eine Vielzahl von Buslinien aus den Vororten fahren. Die Küstenlage der Stadt und das bergige Hinterland führen auch in den Vororten dazu, dass sich der Verkehr auf wenige Hauptachsen konzentriert und damit von streckengebundenem Öffentlichem Nahverkehr ideal erschlossen werden kann.
Im August 2020 wurde die lange geplante Erweiterung des Obusnetzes beschlossen. Das Netz wird von lediglich 14 km auf rund 50 km Länge vergrößert und 145 Doppelgelenk-Obusse angeschafft. Bei dieser Gelegenheit sollen zahlreiche Busspuren angelegt werden.
Eine vergleichbare Inwertsetzung des vorhandenen Obusbetriebes wurde unlängst in Ancona (101.000 Einwohner) beschlossen.

Neubau Eisenbahnstrecke Gradec – Sveti Ivan Žabno (1953–1981 schlicht Žabno)
Länge: 12,2 km
Eröffnet im Dezember 2019
Diese Eisenbahnstrecke zweigt 30 Kilometer östlich von Zagreb von der Hauptstrecke nach Budapest ab und schließt an die bestehende Nebenstrecke Križevci – Bjelovar an. Dadurch sind kürzere Reisezeiten von Bjelovar (40.000 Einwohner) und weiteren 15 Bahnhöfen nach Zagreb möglich (ca. 1,5 Stunden ohne Umsteigen statt über 2 Stunden mit Umsteigen).
Ein weiteres Neubauprojekt liegt ca. 30 km nördlich von Zagreb und sieht eine Anbindung von Golubovec vor, das heute per Eisenbahn nur aus der entgegengesetzten Richtung erreichbar ist. Die bestehende Strecke Varazdin (47.000 Einwohner) – Golubovec kann so erheblich aufgewertet werden.

Wiedereinführung grenzüberschreitenden Nahverkehrs auf der Bahnstrecke Bad Bentheim – Hengelo
Eine grenzüberschreitende Nahverkehrsverbindung war schon 2010 wiedereingerichtet, aber wegen zu geringer Nachfrage nach drei Jahren wieder aufgegeben worden. Wegen unterschiedlicher Stromsysteme musste in Bad Bentheim umgestiegen werden. Mit der Beschaffung von Zweisystem-Triebwagen wurde die Nahverkehrsbedienung 2018 wieder aufgenommen; diesmal als durchgehende Regionalbahn bis Bielefeld.

Erweiterung Straßenbahn Olsztyn (Allenstein)
Als erste Stadt des ehemaligen Ostblocks hat Olsztyn (Allenstein; 600.000 Einwohner) 2016 einen Straßenbahnbetrieb neu aufgebaut. Kürzlich wurde mit der Erweiterung um eine vierte Linie begonnen.
Die bereits bestehenden 9 Straßenbahnsysteme sind im vergangenen Jahrzehnt z. T. erheblich erweitert worden.

Wiederaufbau der Straßenbahn Reșița (Reschitz) (74.000 Einwohner)
Reșița ist ein alter Industriestandort im Banater Bergland südöstlich von Timișoara. Erst in den späten Ceausescu-Jahren war ein Straßenbahnsystem gebaut und 1988 eröffnet worden, aber 2011 erfolgte die Stillegung im Rahmen einer Verkehrsbetriebe-Privatisierung. Nach einem Bürgermeister-Wechsel wurden die Verkehrsbetriebe re-kommunalisiert und 2017 empfahl ein Verkehrsgutachten den Wiederaufbau der Straßenbahnstrecke. Durch die langgestreckte Tal-Lage dieser Industriestadt ist Luftreinhaltung seit jeher ein wichtiges Thema, und gleichzeitig können die wichtigsten Verkehrsströme gut von der Straßenbahn abgedeckt werden.
Streckenlänge: 11 km; 13 Fahrzeuge

Reaktivierung schmalspuriger Waldbahn Čierny Balog – Chvatimech als elektrifizierte Regionalbahn
Diese ursprünglich rein forstwirtschaftliche Bahn wurde bereits 1982 stillgelegt, gleichzeitig aber zum nationalen Kulturerbe erhoben und existierte seitdem als Museumsbahn weiter. Vor kurzem entstand das Projekt, mittels Gebrauchtwagen aus der Schweiz diese Bahn zum regulären Nahverkehrsmittel in Wert zu setzen. Von der Waldenburgerbahn (Basel-Land) wurden bereits die dort noch bis Frühjahr 2021 in Betrieb stehenden Fahrzeuge erworben. Die Bahnstrecke Čierny Balog (5.000 Einwohner) – Chvatimech (Anschluss an Hauptbahn Bratislava – Košice) soll für den Einsatz bis 2025 ertüchtigt und elektrifiziert werden.

Tram-Train Cadiz – San Fernando
In ungewöhnlicher Konstellation wird dieses Tram-Train-Projekt verwirklicht. Es verbindet die auf einer Halbinsel liegende Stadt Cadiz (116.000) Einwohner mit ihrem auf dem Festland liegenden Vorort San Fernando (95.000 Einwohner). Hier wird die vorhandene Eisenbahnstrecke nicht im Vorort, sondern in der Kernstadt und auf dem ans Festland führenden Damm benutzt und dann der Vorort zentral mit einer konventionellen Straßenbahnstrecke erschlossen. Leider verzögerte lange die Bankenschuldenkrise die Fertigstellung, inzwischen haben aber Probefahrten begonnen und die Inbetriebnahme sollte spätestens im Frühjahr 2021 sein.

Wiedereinführung von Oberleitungsbussen in Prag
Oberleitungsbusse finden sich seit den 1950er-Jahren in zahlreichen tschechischen Provinzstädten und haben sich dort – ähnlich wie in der Schweiz – bis heute durchsetzen können. In der Hauptstadt Prag wurden sie hingegen 1972 abgeschafft; eine Wiedereinführung war schon 1990 diskutiert worden. Neben seinem anerkannt guten Metro- und Straßenbahnnetz verfügt Prag seit Herbst 2018 nun auch wieder über ein Obussystem. Zur effizienten Elektrifizierung des ausgedehnten Busnetzes werden stark belastete Strecken mit Oberleitung überspannt. Auf ihnen fahren mehrere Linien. Zugleich können die Busse im laufenden Betrieb ihre Batterien aufladen.


Abhängig vom Auto?

Wie viele Personen arbeiten in der Autoindustrie?

Oft wird vermutet, die Dominanz der Straßenpolitik in den meisten Ländern ist mit dem hohen Anteil der Arbeitsplätze im Automobilbereich zu erklären. Ein Blick auf die realen Zahlen zeigt, dass die Abhängigkeit vom Automobilsektor oft überschätzt wird.

Erwerbstätige

EU 28

Deutschland

Frankreich

Italien

Spanien

Polen

Slowakei

Gesamt in Mio.

213

41,9

29,3

25,6

19,6

16,6

2,7

in Automobilindustrie inkl. Zulieferer in Mio.

3,7

0,89

0,229

0,176

0,162

0,213

0,08

Automobilbeschäftigte, Anteil an allen Erwerbstätigen

1,8 %

2,1 %

0,8 %

0,8 %

0,8 %

1,3 %

3 %

(Quellen: Eurostat und ACEA, Verband der Automobilhersteller)

In den anderen Ländern ist der Anteil noch kleiner. In 8 von 27 Ländern gibt es weniger als 5 000 Automobiljobs.

In den Industrieländern zählen die Automobiljobs zu den Gutverdienern. Ihre Zahlen werden jedoch oft überschätzt. In keinem Land hat der Automobilsektor entscheidende volkwirtschaftliche Bedeutung. Die mediale Präsenz suggeriert bisweilen anderes.
Die Elektrifizierung der Kraftfahrzeug-Antriebe wird nach Schätzungen zu einer Reduktion der Arbeitsplätze in diesem Teilsektor um ca. 10 % führen.

Wie kommen die Automobilfirmen (der Verband auf EU-Ebene) zu deutlich höheren Zahlen?

siehe: "The Automobile Industry Pocket Guide" (ACEA, European Automobile Manufacturers Association; PDF)

  1. Sie nennen den Anteil der Autoindustrie nicht in Relation zu allen Arbeitsplätzen, sondern nur zu denen der produzierenden Industrie. In den meisten Ländern hat aber die produzierende Industrie gegenüber den Dienstleistungen erheblich abgenommen. In der EU mit 27 Ländern sind 16,5 % aller Arbeitsplätze produzierende Industrie.
  2. Sie addieren zu den Herstellern und Zulieferern auch noch u. a. Tankstellenbeschäftigte, berufliche Autofahrer und Straßenbauer. So werden aus den 3,7 Mio in der EU 14,6 Mio. Der sprachliche Dreh: The auto industry provides direct and indirect jobs for 14.6 Millions jobs

Hintergrund: Eine kleine Geschichte der EU-Verkehrspolitik

1957 formulierten 9 Ländern in den römischen Verträgen im Kapitel „Verkehr“ nur Ziele zu gleichen Marktbedingungen für den Güterverkehr. Der Personenverkehr kam nicht vor.
Politisch passierte in den darauffolgenden 10 Jahren wenig, während wegen des langsamen Wegfalls der Zollschranken der Güterverkehr wuchs. Das Wachstum fand weitgehend auf den Straßen statt.
Langsam fasste die Kommission Tritt und richtete das Augenmerk auf die Beseitigung der Verkehreinschränkungen an den Grenzen. Eine Zugfahrt nach Norditalien hatte damals noch lange Pausen an den jeweiligen Grenzen, weil die nationalen Eisenbahnen schlecht kooperierten.

Ab den 80er-Jahren gewann die Liberalisierungsdebatte Oberhand. Man sah enorme Effizienzsprünge kommen. Einen immer größeren Einfluss hatte die Generaldirektion Wettbewerb. Dort herrschte ein ultraliberaler Geist.
In der Folge wurden die Bahngesellschaften zwangsweise in Betrieb und Infrastruktur geteilt. Gleichzeitig wuchsen die Überwachungsbehörden für die Liberalisierung enorm an (in Deutschland die Bundesnetzagentur und Eisenbahnbundesamt). Dieser Prozess zog sich bis 2013 hin. Das dramatische Scheitern der privatisierten englischen Netzgesellschaft Railtrack 2002 führte zu einer Renationalisierung.

Der schillernde Begriff „Transeuropäische Netze (TEN)“ entstand in den 90er-Jahren. Mal umfasst er 14 Projekte, mal 30, bis er auf über 300 Maßnahmen Anwendung fand. Die jeweilige Kassenlage dominierte die Philosophie. Von Häfen und Flugplätzen bis zur Telekommunikationsprojekten fanden sich allerhand Einzelinteressen unter diesem Programm wieder. Der Schwerpunkt lag regelmäßig beim Verkehr. Anfangs ging es um die sinnvolle Beseitigung von Flaschenhälsen oder um bessere Grenzüberschreitungen. Dort gab es als Folge des Zweiten Weltkriegs und der Ost-West-Teilung oft noch erhebliche Defizite. Das Ziel war ein möglichst hoher unbeschränkter Güterverkehr von Portugal bis Finnland und von Zypern bis Irland. Dies soll dem allgemeinen Wohlstand dienen.
Gelder in Projekte flossen ab ca. 2003. Relativ bald dominierte die Philosophie der Hochgeschwindigkeitsstrecken. Ihre oft exorbitanten Kosten lassen vielen kleinen und mittleren Maßnahmen für lange Zeit nur wenig Geld übrig. In der Folge wechseln auf manchen TEN-Korridoren  leistungsschwache Abschnitte (z. B. bayrisches Inntal) mit Hochgeschwindigkeitsstrecken ab.
Einen mittlerweile größeren Anteil an dem Kuchen reklamieren IT-Firmen bei den gemeinsamen Kontroll- und Leitsystemen (z. B. ECTS).
In der Summe wird der Begriff TEN oft überschätzt, eine Übersicht und Bewertung aller Maßnahmen und Auswirkungen steht noch aus.

Aufmerksamkeit auf die Umweltfolgen des wachsenden Verkehrs bei den Verkehrspolitikern entstand erst langsam. Die bahnbrechenden Entscheidungen z. B. zum Katalysator (1993) wurden an ihnen vorbei von den Umweltinstitutionen vorwärtsgetrieben. Mühsam konnte erreicht werden, dass die TEN-Gelder zu 50 %  in die Schienensysteme gehen. Mittlerweile dominieren die Investitionen in die Schieneninfrastruktur.
Derzeit wird eine angemessene Berücksichtigung der Umwelteffekte bei Mautsystemen diskutiert. Sie ist notwendig, darf aber nicht überschätzt werden. Klare Umweltnormen müssen dominieren. 

Seit ca. 2003 gibt es zaghafte Ansätze unter dem Namen „civitas“ Nahverkehrsprojekte zu fördern. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in Ballungsräumen mit dementsprechend hohen Verkehrsanteilen. Dies spiegelt sich in keiner Weise in den EU-Verkehrsbudgets wieder.  
Man könnte erwidern, die EU möge sich auf die großen Projekte konzentrieren, die sie mit ihrem kleinen Apparat besser im Auge behalten kann. Dieser starken Schieflage zugunsten großer Achsen täte eine deutliche Korrektur dennoch gut.
Die Auswirkungen der Elektrifizierungs-Programme sind noch nicht absehbar. Sie müssen sich zwangläufig auf den Klimaaspekt beschränken. Die Finanzangaben für dieses Paket schwanken. 2020 stehen 180 Mio. € zur Verfügung.

In der EU dominieren bis heute die Kräfte, die möglichst unbeschränkten und schnellen Verkehr als Leitbild haben. Dies sind nicht nur die Lobbyistinnen und Lobbyisten des Automobilbereichs. So dauerte es mehrere Jahre bis die unmenschlichen Arbeitsbedingungen osteuropäischer Lkw-FahrerInnen etwas verbessert wurden. Die Frage der Arbeitsbedingungen hat nicht nur einen sozialen Aspekt. Das Lohndumping führt wegen der Transportkostensenkung auch zu unnötigen Billig-Transporten. Der Weg zu einem nachhaltigen und klimagerechten Verkehrssektor ist noch weit.



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