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Die Bayerischen Alpen – junge Bergwelt sucht Schutz

Die Alpen: ein faszinierender Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum. Sie sind eine der letzten großflächigen Natur- und Kulturlandschaften mit wilder Natur und traditioneller Nutzung. Doch auch die Alpen sind keine Insel. Zunehmend prallen verschiedene Nutzungsansprüche aufeinander, die zu einer erheblichen Belastung dieses empfindlichen Ökosystems führen.

Mit ihrer zentralen Lage, ihrer besonderen Topografie, Artenvielfalt und Landschaft haben die Alpen eine hohe Bedeutung für den ganzen europäischen Kontinent. Der Anteil Deutschlands beziehungsweise der bayerischen Alpen an diesem Gebirge mag relativ klein sein, dennoch ist die Region mit ihren vielfältigen und oft seltenen Arten- und Lebensgemeinschaften einzigartig.

Eine Besonderheit für Deutschland stellt die Größe der zum Teil noch unberührten Naturlandschaft dar, die eng mit traditioneller Kulturlandschaft verknüpft ist. Daneben übernehmen die deutschen Alpen eine wichtige Funktion für den Ressourcenschutz: Die vielen Bäche, Flüsse, Seen und die Gletscher der Alpen sind ein wichtiges Trinkwasserreservoir, die Bergwälder tragen wesentlich zur Luftreinigung, zum klimatischen Ausgleich und zur Sicherung der Berghänge bei. Und die Vielfalt an Lebensräumen bietet vielen Arten Rückzugs- und Schutzgebiete. Doch die Bergwelt ist zahlreichen Begehrlichkeiten ausgeliefert, die das Ökosystem bedrohen: angefangen beim Flächenverbrauch für Siedlungs- oder touristische Infrastruktur, über den (Transit-)Verkehr bis hin zum Klimawandel.

Im Positionspapier Alpenstrategie (PDF) hat der BUND Naturschutz in Bayern die wichtigsten Forderungen für eine naturverträgliche Entwicklung des Alpenraums zusammengefasst. Der BN reagiert damit auf die 2017 von der Staatsregierung beschlossene „bayerische Alpenstrategie“, die keine zufriedenstellenden Antworten gibt.

Was bedroht die Natur der Alpen?

Die Berge mögen Eiszeiten überdauern, doch ihre Natur reagiert empfindlicher auf Störungen als das Flachland. Um ihre Besonderheiten wissen nicht nur Urlauber, die Ruhe, Luft und den Blick auf die Bergwelt genießen, sondern auch Ökologen und Naturschützer. Neben bekannten Säugetieren gibt es zahlreiche Insekten-, Amphibien- und sogar Reptilienarten in der alpinen Landschaft. Zu heftigen Kontroversen führt zur Zeit die Wiedereinbürgerung von großen Raubtieren – Luchs, Wolf und Bär –, die ursprünglich in den Alpen zu Hause waren, und die teils als Bestandteil des Ökosystems, teils als Bedrohung und Gefahr gesehen werden.

Viele Pflanzen der alpinen Landschaft gibt es im europäischen Flachland nicht oder nicht mehr. Doch die breite Vielfalt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch hier von zahlreichen Arten nur kleine Vorkommen gibt, die von Berglandwirtschaft, Siedlungs- und Straßenbau sowie nicht zuletzt vom Klimawandel bedroht sind. Und neben der lokalen Artenvielfalt ist von Eingriffen in die alpine Natur das Leben auf dem gesamten Kontinent betroffen, weil die Alpen ein beachtliches Trinkwasserreservoir darstellen – unter anderem in Form der Alpengletscher.

Kompaktes Wissen zu den bayerischen Alpen

  • Entstehung vor rund 50 bis 30 Mio. Jahren: Die Kontinentalplatten Eurasiens und Afrikas drifteten aufeinander zu. Muschelkalk und Fossilien von Korallen und Ammoniten weisen noch heute auf das ehemals hier befindliche Urmeer Tethys hin.
  • Etwa 1200 km lang und 150 bis 250 km breit, ca. 220.000 km2 Fläche bedecken die gesamten Alpen, der bayerische Anteil beträgt etwa 5.400 km2. Bayern ist das einzige deutsche Bundesland mit einem Alpenanteil. Etwa die Hälfte (rund 260.000 Hektar) sind hierzulande mit Wald bedeckt, mehr als ein Drittel mit landwirtschaftlich genutzten Wiesen und Weiden. Den Rest stellen Wasserläufe, Moore und Seen, Mischformen und nacktes Gestein – die Alpen sind Bayerns „wildeste“ Natur.
  • Rund 30.000 Tier- und 13.000 Pflanzenarten kommen im gesamten Alpenraum vor. In den bayerischen Alpen gelten rund 20 Prozent der hier vorkommenden Gefäßpflanzensippen nach Roter Liste als gefährdet, 20 Prozent der Biotoptypen sind von völliger Vernichtung bedroht oder stark gefährdet.
  • In den Alpen gibt es rund 5000 Gletscher, 5000 Seen sowie zahlreiche Alpenflüsse, die eine hohe Bedeutung für den Wasserhaushalt des ganzen Kontinents haben. Zu Bayern gehören davon 130 Seen und acht Alpenflüsse – deren ökologischer Zustand durchweg bedroht ist.
  • Die mittlere Höhe der Alpen beträgt rund 1400 Meter. Der höchste Berg Bayerns – und zugleich Deutschlands – ist die Zugspitze mit einer Höhe von 2962 Metern.
  • Acht Länder haben Anteile an den Alpen, alle haben die sogenannte Alpenkonvention zu ihrem Schutz unterzeichnet, dennoch sind viele Protokolle daraus nicht von allen ratifiziert.

Der Bergwald gehört – abseits von Fichtenmonokulturen – zu den „wildesten“ Landschaften Bayerns, er ist Rückzugsraum vieler Arten und erfüllt darüber hinaus wichtige Funktionen für den Menschen: Er filtert und speichert Wasser, schützt vor Erosion sowie Schlamm- und Schneelawinen. Doch Waldnutzung, Luftbelastung und Klimawandel setzen dem Bergwald zu.

  • 43 Prozent der bayerischen Alpen bedeckt Bergwald, weitere vier Prozent bedecken Büsche und Sträucher.
  • 60 Prozent des Bergwalds gelten als Schutzwald.
  • 42 Prozent des Schutzwalds verhindern Lawinen, etwa wo Straßen unterhalb steiler Hangwälder verlaufen, 40 Prozent dienen dem Boden- und Erosionsschutz.
  • Der natürliche Bergmischwald von Fichte, Buche, Tanne und Bergahorn übernimmt die unterschiedlichsten Aufgaben, von Naturgefahrenabwehr über Klimawandelanpassung bis zum Schutz der Biodiversität.
  • Die globale Durchschnittstemperatur stieg zwischen 1900 und 2000 um rund 0,6 °Celsius, in den Alpen um das Doppelte: Dies wirkt sich auf veränderte Niederschlagsmengen (Starkregenereignisse) und Hitzeperioden aus und belastet die Bäume.
  • Verbauungen zum Schutz vor Gleitschnee und Lawinen sind um ein Vielfaches teurer als Schutz und Sanierung des Bergwalds: Rund 500.000 Euro/Hektar für technische Verbauung stehen 50.000 Euro/Hektar für Sanierung beziehungsweise 2.000 Euro/Hektar für Erhalt und Pflege von intaktem Schutzwald alle zehn bis 20 Jahre gegenüber.

Weitere Informationen zum Bergwald

Gerade die Randbereiche in den bayerischen Alpen sind stark durch die Almbewirtschaftung geprägt. Wird diese Nutzung nicht weiter ausgeweitet, ergibt sich ein harmonisches Nebeneinander von Mensch und Natur mit einer breiten Artenvielfalt.

  • Almwirtschaft oder Hochweidewirtschaft ist in den Südwest- und Zentralalpen bis ins 5. Jahrtausend vor Christus nachweisbar.
  • Almen sind heute in Höhenlagen von rund 600 bis 2.400 Meter zu finden.
  • Etwa ein Drittel der Fläche der deutschen Alpen wird landwirtschaftlich genutzt.
  • Viele Betriebe verfügen sowohl über Tal- als auch über Almflächen, nur wenige schicken im Sommer den gesamten Viehbestand auf den Berg.
  • Der Weiderechtsbereich von Almen umfasst rund 50 Prozent der Moore und ökologisch bedeutsamer Rasengesellschaften sowie zumindest Teile der Flächen von mehr als 80 Prozent der Skipisten.
  • In Relation zur Fläche: In den Alpengemeinden gibt es wesentlich weniger Tiere als im Alpenvorland, vor allem von Schweinen und Hühnern gibt es nur kleine Bestände.
  • Ökologischer Landbau hat einen hohen Stellenwert, er ist in den Alpengemeinden mit einem Anteil von 10,6 Prozent fast dreimal so hoch wie in Restbayern (Stand 2004).

Weitere Informationen unter Alpenlandwirtschaft

Trotz eingeschränkter Nutzungsmöglichkeiten und enger Räume werden die Alpen weiter zugebaut: In manchen Tälern reicht die Bebauung von Bergfuß zu Bergfuß, Wasserkraftwerke bedrohen den ökologischen Zustand selbst kleinster Gewässer. Und nicht zuletzt der Verkehr – besonders für Transit und Freizeit – schafft immer größere Probleme.

Flächenverbrauch

  • Von 1981 bis 2012 nahm die Fläche von Siedlungen und Gewerbe um ca. 50 Prozent zu.

Energie

  • Der Alpenraum verfügt im Vergleich zu Deutschland über eine deutlich höhere Globalstrahlung – diese Sonnenenergie sollte zur Wärme- und Stromerzeugung genutzt werden.
  • In den bayerischen Alpen gibt es – nicht zuletzt aufgrund der Wasserkraftnutzung – nur noch 2,5 Prozent semi-natürliche Flussabschnitte. Das ist der schlechteste Prozentsatz der Alpenländer, er liegt alpenweit bei zehn Prozent.
  • Die deutschen Alpen sind ein wichtiger Lieferant für Brennholz (Pellets, Scheitkaminholz, Hackschnitzel), verbunden mit der in den vergangenen Jahren deutlich höheren Nachfrage nach Holzheizungen erhöht dies den Nutzungsdruck auf die Ressource Holz.

Verkehr

  • Schon zwischen 1970 und 2000 hat sich der alpenquerende Güterverkehr verfünffacht.
  • Freizeitverkehr macht rund die Hälfte des Alpenverkehrs aus, etwa drei Viertel davon sind Autoverkehr.
  • Mit A8 bzw. A93, A7 und A96 führen drei wichtige Transitzulaufstrecken durch Bayern, regelmäßig werden Forderungen zum Ausbau geäußert.

Weitere Informationen zu Siedlung, Energie und Verkehr in den Alpen

Das Wasser der Alpen ist nicht nur für stille Bergseen und klare Bäche bedeutsam: Als Trinkwasserspeicher übernimmt das Gebirge wichtige Funktionen für den ganzen Kontinent. Veränderungen durch den Klimawandel – Stichwort Gletscherschmelze – oder Baumaßnahmen wirken sich damit auch auf entfernte Gebiete aus. Die Alpen sind das Wasserschloss Europas. Ihr Wasservorrat versorgt viele Regionen Europa gerade in Trockenperioden mit sauberem Wasser. Gerade in Zeiten des Klimawandels wird das immer wichtiger.

  • Im Alpenraum fallen durchschnittlich 1.450 mm Niederschlag jährlich, davon fließen 910 mm ab. Im deutschen Durchschnitt gab es 2017 gerade einmal 850 mm Niederschlag.
  • 216 Mrd. Kubikmeter Wasser fließen aus dem gesamten Alpenraum jährlich in die Alpenvorlandregionen.
  • In Eis und Gletschern der gesamten Alpen sind ca. 100 Kubikkilometer Wasser gespeichert, in den Alpenseen noch einmal etwa 200 Kubikkilometer.
  • Die Südseite der Alpen ist durchschnittlich feuchter als die Nordseite, obwohl im Norden 140 „Regentage“ und im Süden „nur“ 104 Tage Niederschlag gemessen werden. Der Norden ist eher sommerfeucht, der Süden wegen der mediterranen Prägung winterfeucht, beziehungsweise hier gibt es ein Maximum im Frühling und Herbst.
  • Der Schneeanteil am jährlichen Niederschlag wächst um 2,5 bis 3,5 Prozent pro 100 m Höhe. Oberhalb von 3500 bis 4000 m über dem Meeresspiegel fällt so gut wie 100 Prozent des Niederschlags als Schnee.
  • Rund 1,5 Prozent der Gesamtfläche sind vergletschert (ca. 3000 km2).
  • Schnee hat eine wichtige Funktion als Wasserspeicher und zur Isolation von Boden, Tierwelt und Vegetation gegen den Frost.
  • Durch Bayern fließen viele Alpenflüsse, etwa Ammer (Oberlauf: Linder; ab Ammersee: Amper), Loisach, Lech, Wertach, Inn, Iller, Isar, Salzach und Mangfall.

Weitere Informationen zum Wasser in den Alpen

Die Alpen entstanden vor Millionen Jahren und prägen als Wasser- und Wetterscheide Klima und Wasserhaushalt in Europa bis heute. Ihre vielfältigen Gebirgsformationen und Naturlandschaften sind ein Hot-Spot der Artenvielfalt.

  • Entstehung durch Auffaltung: Die kontinentalen Platten Afrikas und Eurasiens drifteten vor ca. 50 bis 30 Mio. Jahren aufeinander zu.
  • Höchstes Gebirge Europas mit einer mittleren Höhe von rund 1.400 Metern, höchster Berg ist der Mont Blanc mit 4807 Metern ü.M.
  • Hauptwasserscheide zwischen Mittel- und Schwarzem Meer sowie der Nordsee, Klimascheide zwischen Nord- und Südeuropa, sowie West- und Südosteuropa
  • Schneegrenze in den Randgebieten ca. 2.500 Meter ü.M., im Inneren ca. 2.900 Meter ü.M. aufgrund unterschiedlicher Niederschlagsmengen

Weiteres Wissenswertes zur Entstehung, Klima und Geologie der Alpen

Die Alpen brauchen einen Anwalt

Doch ob Siedlungsausbau, Energie, Verkehr, Tourismus oder Bergwald und Almwirtschaft: Alpenschutz braucht einen Anwalt, sonst droht die Region zwischen wirtschaftlichen Interessen aufgerieben zu werden und ihre wichtigen Funktionen nicht erfüllen zu können. Auf das Ökosystem im Herzen Europas wirken zunehmend Nutzungsansprüche ein, die es überlasten und das „Kapital Natur“ zerstören. Durch das ökonomische Diktat und das Credo der Wettbewerbsfähigkeit tritt der Alpenschutz immer weiter zurück. Schutzbestimmungen und Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgern und Verbänden werden ausgehebelt. Beispiele wie die staatliche Förderung von Schneekanonen, der permanente Straßenaus- und Neubau oder ständig neue touristische Infrastrukturen belegen, wie gering der Stellenwert einer naturverträglichen Entwicklung der Alpen in der realen Politik ist. Zusammen mit den Auswirkungen der Klimaerwärmung führt dies zu einer besonderen Gefahrenlage – auch für die Menschen in den Alpen.

Im wichtigsten bayerischen Schutzinstrument, dem Alpenplan, legen drei verschiedene Zonen verbindlich fest, wo und in welcher Form Eingriffe erlaubt sind, und in welchen Gebieten absoluter Schutz gilt. So wird der entscheidende Interessensausgleich zwischen Wirtschaften einerseits und Naturangebot sowie deren Erhalt andererseits geschaffen. Doch in 2017/2018 wurde der Alpenplan erstmals geändert und aufgeweicht, zugunsten des Skigebietsausbaus am Riedberger Horn wurde das Landesentwicklungsprogramm geändert. Nur massive Proteste vieler Bürger in ganz Bayern und des BUND Naturschutz mit seinen Partnerverbänden konnten den Skigebietszusammenschluss verhindern.