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Ist Benzin wirklich unbezahlbar?

„So teuer war das Benzin noch nie!“ Diese Klage ist richtig und falsch zugleich. An den Tankstellen sind die Benzinpreis tatsächlich sehr hoch. Doch schaut man einmal, welchen Teil seines Lohnes man für Treibstoff ausgeben muss, dann hat sich in den letzten 50 Jahren kaum etwas geändert.

Das Totschlagargument: Der Benzinpreis treibt uns in die Armut

Viele Autofahrer haben das Gefühl, sie müssen einen immer größeren Teil ihres Haushalt-Budgets fürs Tanken ausgeben. Deshalb bleibt vom Lohn immer weniger übrig für die Familie, für die Kinder. Für das Essen und für Kleidung. Und dann holt sich auch noch der Staat beim Tanken einen immer größeren Anteil.

Die Wirklichkeit: In den 50-er und 60-er Jahren kam das Tanken viel teurer

Der Ärger über die hohen Spritpreise, hauptsächlich nach Putins Überfall auf die Ukraine, ist verständlich. Zumal auch noch die Mineralölkonzerne die Situation schamlos ausnutzen und sogenannte Windfallprofits kassieren. Eine Sondersteuer auf solche Gewinne, die sie ohne jegliche Leistung einschieben, wäre mehr als gerechtfertigt.

Wie war es tatsächlich in der „guten alten Zeit“?

Wer heute auf die Großeltern verweist, die sich seinerzeit noch für 20 Mark (!) den ganzen Tank vollmachen ließen, der sollte allerdings auch nach den damaligen Löhnen fragen. Denn entscheidend ist ja, welchen Anteil vom Lohn muss ich für das Benzin aufbringen. Legt man beispielsweise einen Monatsbedarf von 100 Litern Benzin zu Grunde, dann musste man 1952 von einem durchschnittlichen Arbeitslohn im Monat sage und schreibe 22,1 Prozent fürs Tanken hinlegen. Weshalb auch damals vor den Fabriken riesige Fahrradständer zu sehen waren. Bei einem Monatslohn von 163 Euro* konnten sich das Autofahren, auch bei einem Literpreis von „nur“ 36 Cent, lediglich die Reichen leisten. Auch 1962 waren es immerhin noch 10,1 Prozent. Erst 1972 waren die Löhne so viel stärker gestiegen als der Benzinpreis, so dass man bei einen Monatsbedarf von 100 Litern nur noch 5,0 Prozent des Monatslohns aufwenden musste.

Seit 50 Jahren macht Tanken nicht arm.

In der folgenden Tabelle sieht man, welchen Anteil ein Arbeiter/Angestellter mit durchschnittlichem Einkommen von seinem Monatseinkommen aufbringen muss, wenn er im Monat 100 Liter tanken muss.

  • 1952: 22,1 %
  • 1962: 10,1 %
  • 1972: 5,0 %
  • 1982: 5,1 %
  • 1992: 3,7 %
  • 2002: 3,8 %
  • 2012: 4,7 %
  • 2022: 4,5% (1. Hj.)

Es zeigt sich also: Benzin ist vom „Luxusgut“ der ersten Nachkriegsjahrzehnte seit den 70-er Jahren zu einem stabilen Faktor im Monatsbudget geworden. Im Durchschnitt muss man also heute fürs Tanken genau so lange arbeiten wie in den letzten 50 Jahren. Und noch etwas. Gegenüber früheren Jahrzehnten können wir heute Autos fahren, die wesentlich weniger Sprit verbrauchen. Entsprechend weniger lang müssen wir dann fürs Autofahren arbeiten. Am besten dran ist man natürlich – wenn man es ermöglichen kann – mit einem  E-Auto.

Der Staat nimmt sogar immer weniger

Viele wollen das nicht glauben, aber es stimmt: Der Steueranteil ist in den letzten 20 Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Seit 2003 beträgt die Energiesteuer 65,5 Cent. Damals war dies ein Steueranteil von 60 Prozent an einem Liter Benzin. Da diese Energiesteuer, anders als die Mehrwertsteuer, nicht prozentual mitwächst sondern ein Fixbetrag ist, beläuft sie sich heute (inclusive 7,2 Cent CO2-Bepreisung) nur noch auf 37 Prozent.

Fazit: Genaues Hinschauen lohnt sich

Manche Vorurteile halten sich hartnäckig. Wie eben hier das Totschlagargument vom immer brutaler geschröpften Autofahrer. Da kann Nachrechnen durchaus hilfreich sein. Denn dann findet man das genaue Gegenteil heraus. Und kann zum Beispiel auch noch erkennen, dass ein Teil dieser Energiesteuer seit 20 Jahren in die Rentenkasse fließt. Deshalb liegt der Beitragssatz weiterhin bei 18,6 Prozent. Gäbe es diese Unterstützung aus der Energiesteuer nicht, müsste der Beitragssatz auf 20,3 Prozent angehoben werden.

*Alle Preise sind auf Euro und Cent umgerechnet.

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