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Atomausstieg Bayern 2023: Viele Aufgaben sind noch zu lösen

Mit Isar 2 ist das letzte Atomkraftwerk in Bayern vom Netz gegangen, nun muss der Rückbau umweltverträglich bewältigt werden. Parallel ist die Frage nach einer sicheren Endlagerung des Atommülls zu klären – während Nachbarländer weiter auf die gefährliche Energiequelle setzen und sogar neue Anlagen planen.

Zusammen mit vielen weiteren Akteuren hat der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) seit 1975 den Atomausstieg gefordert – lange bevor irgendeine politische Partei dies formulierte. Denn Reaktorunfälle wie Tschernobyl und zuletzt Fukushima haben immer wieder gezeigt, dass es keine sichere Atomenergie gibt, hinzu kommt die ungelöste Frage nach der Endlagerung. Nur durch staatliche Subventionen konnten Atomkraftwerke überhaupt konkurrenzfähig bleiben, damit haben sie die längst überfällige Energiewende und den Ausbau Erneuerbarer Energien gebremst. 2020 trugen Atomkraftwerke knapp 30 Prozent zur Bruttostromerzeugung in Bayern bei – die Erneuerbaren Energien aber bereits über 50 Prozent. Neben deren weiteren Ausbau muss die Energieeffizienz vorangetrieben werden, um unsere Energieversorgung durch eine risikolose und umweltverträgliche Erzeugung sicherzustellen.

In Folge der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima hatte die Bundesregierung 2011 beschlossen, acht deutsche Atomkraftwerke sofort und die übrigen neun bis spätestens Ende 2022 abzuschalten. In Bayern sollte Ende 2022 als letztes bayerisches Atomkraftwerk Isar 2 vom Netz gehen. Durch den vereinbarten Streckbetrieb wurde es nun am 15. April 2023 abgeschaltet, was der BN zusammen mit einem breiten Bündnis an Anti-AKW-Initiativen auf einem Atomausstiegsfest gefeiert hat. Nun ist auch bei Isar 2 ein umweltverträglicher Rückbau einzuleiten. 


Zwischen- und Endlagerung: Atomausstieg ist Aufgabe für Jahrzehnte bis Jahrtausende

Mit Abschaltung und Rückbau sind jedoch noch lange nicht alle Probleme gelöst. Seit 2017 ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) deutschlandweit auf der Suche nach einem Ort, an dem der strahlende Müll so deponiert werden kann, sodass für eine Million Jahre keine Gefahr von ihm ausgeht. Das sogenannte Standortauswahlverfahren soll – so sieht es das Gesetz vor – 2031 abgeschlossen sein und das gesuchte Endlager ab 2050 die radioaktiven Abfälle aufnehmen können. Doch nach Medienberichten geht die BGE Ende 2022 davon aus, dass die Suche frühestens 2046 abgeschlossen ist, im schlechtesten Fall sogar erst 2068. Bis dahin müssen die strahlenden Altlasten in speziellen Containern für Atommüll, den sogenannten Castoren, zwischengelagert werden, was ebenfalls mit hohen Risiken verbunden ist.

Castoren mit hochradioaktivem Atommüll lagern in den atomaren Zwischenlagern in Bayern an den Standorten Isar bei Landshut, Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen an der Donau, sowie Grafenrheinfeld bei Schweinfurt. Eine nachhaltige und gesellschaftlich akzeptierte Lösung für eine sogenannte Endlagerung ist nicht in Sicht, und wenn, dann erst wohl weit in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts – trotz vielfältiger Bemühungen von Politik und Zivilgesellschaft. 

Eine Studie des BUND e.V. zeigt auf, dass die derzeitigen atomaren Zwischenlager nicht sicher sind gegen Flugzeugabsturz oder terroristische Anschläge. Das Problem: Die Bayerische Staatsregierung scheint unwillig, deren Sicherheit real und technisch zu verbessern. Hier setzt die Kritik des BN an: Sicherheit entsteht eben nicht durch formale Genehmigungen sondern vor allem auch durch technische Maßnahmen – und hier fehlt es am politischen Willen. 

Wir fordern ein neues öffentliches Genehmigungsverfahren, das die im Raum stehenden Fragen transparent klärt. Die tödliche atomare Gefahr wird Jahrzehnte länger vor unserer Haustür verbleiben, als es damals bei der Genehmigung vorgesehen wurde. Auf Basis unserer Studie fordern wir daher die Bayerische Staatsregierung auf, ein neues Konzept für Maßnahmen zu entwickeln, um die Sicherung vor Ort zu verbessern. So wie die Bundesregierung und der Freistaat Bayern mit dem Atommüll umgehen, schaffen sie wenig Vertrauen in die Zusage eines neuen, transparenten und partizipativen Vorgangs für die Suche eines Atommülllagers.
Ziel muss die sichere und verantwortungsvolle Entsorgung zum Schutz von Arbeitskräften und Bevölkerung vor ionisierender Strahlung sein. Künftigen Generationen sollen keine unangemessenen Lasten aufgebürdet werden. Um eine ausreichende Sicherheit zu gewährleisten, muss das deutsche Zwischenlagerkonzept neu bewertet werden. 

Der BN fordert, dass die Menschen an den Zwischenlagerstandorten in Landshut, Günzburg und Dillingen sowie in Schweinfurt an einem breiten öffentlichen Prozess beteiligt werden, wie es mit den Zwischenlagern weitergehen soll und welche Nachrüstungen zur Sicherheit von Mensch und Natur zwingend erforderlich sind. 

2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) den „Zwischenbericht Teilgebiete" (pdf) veröffentlicht. Drei Jahre nach dem Beginn des Verfahrens wird die Suche nach einem Atommüllendlager damit erstmals konkreter – und die bestehenden Mängel am Verfahren immer deutlicher: Der BN sieht bei der bisherigen Suche keine ausreichende Transparenz. Es fehlt noch immer an Einblick in die geologischen Daten und Beteiligung auf Augenhöhe. 

Mit dem „Zwischenbericht Teilgebiete“ stellt die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) Regionen in ganz Deutschland vor, die für eine sogenannte „Endlagerung“ von hochradioaktivem Müll infrage kommen. Der Bericht ist das erste Zwischenergebnis der 2017 gestarteten Suche, bei der bis zum Jahr 2031 ein Standort für die strahlenden Hinterlassenschaften gefunden werden soll. Der Müll soll untertage in Salz-, Ton- oder Granitgestein gelagert werden. Auch Bayern bietet Orte mit derartigen Gesteinsstrukturen, die für ein Atommüllendlager infrage kommen.

In den vergangenen drei Jahren hat die BGE geologische Daten gesammelt und ausgewertet. Weder der BUND noch andere Verbände wurden im Vorfeld in diese Arbeit einbezogen. Eine unabhängige Prüfung des Prozesses und eine kritische Einschätzung der Auswahl waren somit nicht möglich. Kurz nach der Veröffentlichung des Zwischenberichtes Mitte Oktober 2020 begann auch das erste Beteiligungsverfahren. Unter Leitung des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) können Betroffene den Bericht auf Fachkonferenzen kommentieren. Ein erster Auftakttermin fand am 17. und 18. Oktober 2020 statt.

BUND-Kommentar zur Atommülllagersuche: Auftaktveranstaltung der Fachkonferenz Teilgebiete schafft keine Grundlage für wissenschaftliche Debatte und ernstgemeinte Beteiligung

Es braucht einen sicheren Umgang mit dem strahlenden Erbe
Politik und Atomindustrie haben über Jahrzehnte auf den ungeeigneten Standort Gorleben gesetzt. Gorleben erfüllt auch die aktuellen Kriterien für ein Atommüllendlager nicht und ist aus dem Suchprozess der BGE aussortiert worden (siehe auch „BUND-Studie Geologische Defizite Gorleben" (pdf)). Zurzeit steht der Müll in den 16 unzureichend gesicherten Zwischenlagern in ganz Deutschland – auch in Bayern, dort am AKW Gundremmingen bei Günzburg, am AKW Isar bei Landshut, und am AKW Grafenrheinfeld bei Schweinfurt. Diese Lager sind nicht ausreichend gegen Angriffe von außen oder einen Flugzeugabsturz gesichert. Eine dauerhafte Zwischenlösung darf es nicht geben.

Kein Standort ohne Nachteile
Schon jetzt ist klar: Es wird keinen Standort geben, der keine Nachteile besitzt. Der Begriff „Endlager“ täuscht eine Lösung vor, die es nicht geben kann. Kein Ort wird für eine Million Jahre vollständige Sicherheit und ein „Ende“ des Atommülls gewährleisten. Egal ob Salz, Ton oder Granit – jeder Gesteinstyp hat seine Vor- und Nachteile. Aus Sicht des BUND muss daher der Ort mit der bestmöglichen Sicherheit gefunden werden – ein Weiterschieben der Verantwortung darf es nicht geben. Das Beispiel Gorleben zeigt, dass für eine solche Entscheidung eine umfassende und kritische Prüfung zwingend notwendig ist.

Der BUND kritisiert das aktuelle Verfahren
Zentrale Voraussetzung für eine glaubwürdige Teilgebietsauswahl ist Transparenz und der Einblick in die zugrundeliegenden Daten. Eine wichtige Frage bei der Standortsuche ist: Welche geologischen Informationen wurden wie bewertet? Der veröffentlichte Zwischenbericht lässt hier viele Fragen offen. Zahlreiche verwendete geologische Daten gehören Rohstofffirmen und können nicht ohne weiteres veröffentlicht werden. Die strittigen Daten landen, laut neuem Geologiedatengesetz, in einem Datenraum. Einblick hat nur das Nationale Begleitgremium, ein Beteiligungsgremium aus Laienbürgern und anerkannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Vollständige Transparenz ist nicht gegeben.

Mängel weist auch das Beteiligungsverfahren auf, die „Fachkonferenz Teilgebiete“, die nun in vier statt den gesetzlich vorgeschriebenen sechs Monaten den Zwischenbericht kommentieren soll. Betroffene müssen in einem Eilverfahren einen Bericht überprüfen, den die BGE in drei Jahren erarbeitet hat. Bei der Diskussion des Berichts steht der BUND der gut vorbereiteten und ausgestatteten BGE gegenüber. Finanzielle Mittel für Betroffene und Umweltverbände für eigene Gutachter wurden abgelehnt. Zudem ist nicht sicher, dass die eingebrachten Beiträge der Zivilgesellschaft Wirkung zeigen. Rechtlich hat das Beteiligungsverfahren keine bindende Wirkung.

Der BUND mahnt, die Suche nach einem geeigneten Atommülllager nicht scheitern zu lassen und bekennt sich zur Notwendigkeit eines Endlagers. Dieses kann auch nach einem fairen Verfahren in Bayern entstehen, wenn dies der bestgeeignetste Standort sein sollte. Das Verfahren muss echte Beteiligung und Transparenz ermöglichen.

BUND und BN fordern:

  • Vollständige Transparenz! Ohne einen sofortigen Einblick in alle Daten, Methoden und Informationen ist eine glaubwürdige und nachvollziehbare Suche nicht möglich. Daten dürfen nicht in einer Geheimkammer landen, sondern müssen für alle frei verfügbar sein.
  • Beteiligung auf Augenhöhe! Beteiligung muss bei der Fachkonferenz so gestaltet sein, dass alle Betroffenen in der Lage sind, die komplexe geologische Materie zu verstehen und überprüfen zu lassen (etwa durch finanzielle Mittel für kritische Gutachter). Die Ergebnisse der Fachkonferenz müssen Eingang in die Arbeit der BGE finden und dürfen nicht in der Schublade verschwinden.
  • Sorgfalt vor Eile: Vor und während der „Fachkonferenz Teilgebiete“ braucht es auch für die vielen ehrenamtlichen Engagierten ausreichend Zeit, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eine wissenschaftliche Prüfung und Beteiligung kann nicht in einem Eilverfahren erfolgen, umso weniger vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.

Sicherheit ist oberstes Gebot: Die Auswahl der Teilgebiete muss auf wissenschaftlichen Kriterien beruhen. Es ist nicht zulässig, Standorte wegen fehlender Daten oder auf Grund von politischen Interessen auszuschließen. Werden Teilgebiete im Zwischenbericht ausgewiesen, zu denen nicht ausreichend Daten vorliegen, so müssen in diesen Regionen Nacherhebungen erfolgen. Politische Interessen dürfen nicht das Verfahren leiten, daher muss auch der Standort Gorleben ausscheiden.

Weitere Informationen des BUND

BUND-Materialien

Informationen der BGE

RÜCKBAU ODER SOGAR NEUBAU? WELCHE HERAUSFORDERUNGEN GIBT ES AN DEN EINZELNEN STANDORTEN?

Seit fast 50 Jahren setzen sich BN-Aktive gegen Atomkraft ein, mit hohem Einsatz und großem Erfolg, etwa bei der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) in den 1980er-Jahren. Der beschlossene Atomausstieg ist ein wichtiger Schritt für die Energiewende, doch die Herausforderungen gehen weiter.

Der BN bringt sich heute in die Suche nach einem sicheren Endlager ein, er begleitet und kommentiert unbefriedigende Pläne zum Rückbau der bayerischen Atomkraftwerke. Er zeigt auf, dass die Gefahren, die von der Atomenergie ausgehen, nicht an Ländergrenzen aufzuhalten sind. Deshalb solidarisiert sich der BN mit Anti-AKW-Initiativen in den bayerischen Nachbarländern Tschechien, Slowakei und Ungarn, und engagiert sich auf europäischer Ebene für einen Ausstieg aus der risikoreichsten Form der Energieproduktion.

Der BN begrüßt die endgültige Abschaltung des ältesten bayerischen Atomkraftwerks Grafenrheinfeld am 28. Juni 2015, kritisiert aber die geplante Vorgehensweise zu Stilllegung und Abbau.

Einwendungen des BUND Naturschutz im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu „Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld“ (pdf, Juli 2016) 
Das Atommüllager am AKW Grafenrheinfeld ist unsicher und bietet ein mögliches Ziel für terroristische Angriffe. Es bewirkt ständige hochgradige Gefährdung der Bevölkerung durch atomare Strahlung und erzeugt erhöhtes Krebsrisiko besonders für Kinder, je näher sie am AKW wohnen. Der volkswirtschaftliche Schaden eines Super-GAUs kann mehr als 6.000 Milliarden Euro betragen, eine ausreichende Haftpflichtversicherung ist nicht vorhanden. Die Katastrophenzone kann bis zu 170 km und darüber hinaus reichen, das macht deutlich: Einen funktionierenden Katastrophenschutz kann es bei Atomkraft nicht geben!

Ende 2021 ging der letzte noch aktive Block C des AKW Gundremmingen vom Netz, nachdem zuletzt 2017 über 10.000 Petitionsunterstützer eine schnellere Abschaltung der Atomreaktoren B und C in Gundremmingen gefordert hatten. Das größte Atomkraftwerk Deutschlands zwischen Augsburg und Ulm war besonders gefährlich:

  • In Gundremmingen stand der letzte deutsche Siedewasserreaktor (gleicher Reaktor-Typ wie in Fukushima).
  • Von den 784 Brennelementen pro Reaktor waren nach Erlaubnis der Bayerischen Staatsregierung 300 vom Typ MOX, welche besonders viel des gefährlichen Elementes Plutonium enthalten.
  • Der Siedewasserreaktor in Gundremmingen hatte im Unterschied zu einem Druckwasserreaktor nur einen Hauptkreislauf, so dass radioaktiv kontaminierter Dampf ins Maschinenhaus und an die Turbinen außerhalb des Reaktorgebäudes kommen konnte. Die Freisetzungsgefahr von Radioaktivität war damit besonders erhöht.
  • Die gefährlichen Abklingbecken für Brennelemente sind wie in Fukushima außerhalb des Sicherheitsbehälters angeordnet. Dort lagern über 4.000 hochgefährliche Brennelemente und damit mehr als doppelt so viele wie in Fukushima. Ein Problem mit der Kühlung könnte katastrophale Folgen für Süddeutschland haben.
  • Block C war der leistungsstärkste Reaktor aller deutschen AKW.

Die Betreiber – RWE und E.ON – wollten außerdem die Leistung der Blöcke B und C noch einmal erhöhen, um mehr Geld zu verdienen. Ein höheres Risiko für die Bevölkerung wäre die Folge gewesen. Der BUND Naturschutz und die im Schwabenenergierat zusammengeschlossenen Verbände hatten daraufhin eine Petition gegen diese Leistungsausweitung gestartet. Ca. 32.000 Bürger unterzeichneten die Petition, die am 10.12.2014 an Landtagspräsidentin Barbara Stamm übergeben wurde. Als Reaktion auf die Massenpetition änderte die bayerische Staatsregierung ihre zunächst zustimmende Haltung zur Leistungsausweitung. Die AKW-Betreiber zogen Ihren Antrag zurück: Ein Erfolg für die bayerischen Bürger und den Umweltschutz.

Weitere Informationen zum AKW und Zwischenlager Gundremmingen erhalten sie in unserem Infoflyer

Rückbau Block B

Die Betreiber des AKW Gundremmingen haben den Antrag auf Rückbau von Block B nach dessen Abschaltung Ende 2017 gestellt.

Die Stellungnahme des BUND Naturschutz zum Rückbauantrag finden Sie hier:

Zwischenlager Gundremmingen sicherer machen

Der Bericht der Endlagersuchkommission im Sommer 2016 hat deutlich gemacht, dass die hochradioaktiven Abfälle noch weit über die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts vor Ort zwischengelagert werden müssen. Um die bestehenden Sicherheitslücken aufzuarbeiten und das Zwischenlager sicherer zu machen, fordert der BUND Naturschutz ein neues Genehmigungsverfahren zum Zwischenlager Gundremmingen.

Das Atomkraftwerk Isar/Ohu befindet sich nur 14 km von Landshut entfernt im Isartal. Am 15. April 2023 wurde mit Isar 2 der letzte bayerische Atomreaktor abgeschaltet. Die Rückbaupläne für das AKW Isar 1 sieht der BN kritisch und hat Klage gegen den Abriss eingereicht, die Anfang 2021 abgelehnt wurde.

Im Januar 2017 hat das Bayerische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde den Antrag der PreussenElektra GmbH genehmigt, das AKW Isar 1 bei Landshut abzureißen. Das Umweltministerium verspricht in seiner Pressemitteilung vom 24. Januar hierzu eine „Grüne Wiese“. Der BN hält dies für Schönreden, denn selbst der Betreiber kündigt in seinem Sicherheitsbericht von 2014 an, dass über 99 Prozent des radioaktiven Inventars vor Ort bleiben werden. Der hochradioaktive Atommüll wird in Castoren im Zwischenlager weit über die genehmigte Zeit (2046) verbleiben müssen, da ein Abtransport in ein Endlager voraussichtlich erst mehrere Jahrzehnte später möglich sein wird. Hinzu kommt, dass dieses Zwischenlager in der Einflugschneise des Großflughafens Münchens liegt und dem Absturz eines größeren Verkehrsflugzeugs nicht standhalten kann.

Der BUND Naturschutz hatte im Verfahren und Erörterungstermin in 2014 viele Einwände gegen das geplante Abrissverfahren der PreussenElektra GmbH vorgebracht (siehe auch Einwendungen gegen „Stilllegung und Abbau des Atomkraftwerks Isar I“ (pdf, 2014)). 

„Das Umweltministerium hat in seiner Genehmigung leider nichts von unseren Argumenten übernommen. Bedrohlicherweise soll der Abriss von Teilen des AKW Isar 1 schon beginnen, bevor das Nasslager, welches noch 1734 hochradioaktive Brennstäbe enthält, entleert worden ist. Im Genehmigungsbescheid des atomaren Zwischenlagers von 2006 wurde auf Einrichtungen im Reaktor des AKW Isar I verwiesen – sogenannte „Heiße Zellen“ – für den Fall, dass ein Castor undicht würde, oder zur Revision von Castoren, die dort möglicherweise bis ca. 2100 gelagert werden müssen“, erläuterte Kathy Mühlebach-Sturm, Vorsitzende der BUND-Naturschutz-KG Landshut, das befürchtete Szenario eines Rückbaus des AKW Isar I: Noch fast ein Jahrhundert lang würde dort demnach keine grüne Wiese entstehen können.
Der Standort AKW Isar liegt in der Einflugschneise des Großflughafens München. Weder Reaktor noch Nasslager noch Zwischenlager sind sicher gegen Flugzeugabsturz oder Terrorangriff. Ein Ergebnis der Atommüll-Kommision des Deutschen Bundestages ist, dass die Räumung der lokalen atomaren Zwischenlager erst 2080 bis 2120 stattfinden kann.

Der BN fordert:
Nasslager sofort räumen!
Zwischenlager sofort sichern!

Der Standort Jaslovské Bohunice liegt etwa 300 Kilometer von Passau, 450 Kilometer von München entfernt, derzeit werden dort zwei Reaktorblöcke betrieben. Bei einem schweren Unfall sind Deutschland, Österreich aber potentiell auch ganz Europa durch die Freisetzung radioaktiver Stoffe gefährdet. Der BN kritisiert an der Umweltverträglichkeitsprüfung vor allem, dass keine alternativen Möglichkeiten der Stromversorgung präsentiert werden.

Das Atomkraftwerk Mochovce (slowak. Mohovce) liegt etwa 500 Kilometer östlich von München entfernt, derzeit sind dort drei Reaktorblöcke in Betrieb. Schon Mitte der 1980er-Jahre wurde mit dem Bau eines dritten und vierten Reaktors begonnen. Die Investoren hatten zuletzt Ende 2020 bekräftigt, dass sie trotz stark gestiegener Baukosten in den kommenden Jahren die neuen Blöcke in Betrieb nehmen wollen. Im Mai 2021 hat die slowakische Atomaufsicht UJD eine Betriebserlaubnis für den Block 3 erteilt, Anfang 2023 ging der Reaktor dann tatsächlich ans Netz.

Der BN hingegen fordert das Aus für das AKW Mochovce, weil der Ausbau das atomare Risiko für ganz Mitteleuropa vergrößert, auch für Deutschland:

  • Die vorgesehenen Reaktorkonzepte stammen aus den 1970er-Jahren und sind völlig veraltet.
  • Ein Volldruck-Containment, das bei einem Unfall radioaktive Stoffe zurückhalten kann, fehlt.
  • Die Anlage ist unzureichend gegen Flugzeugabstürze und Erdbeben gesichert.
  • Eine Lösung für die Lagerung des anfallenden Atommülls gibt es, wie weltweit, auch in der Slowakei nicht.
  • Die Öffentlichkeitsbeteiligung beim Verfahren zur Inbetriebnahme von Mochovce 3 und 4 war eine Farce, da die relevanten Informationen in den benötigten Dokumenten für eine objektive Bewertung überwiegend geschwärzt wurden.
  • Wassertests ergaben 2017 eine 13-fache Grenzwertüberschreitung von radioaktivem Wasserstoff im Fluss nahe des AKWs, verursacht durch die beiden alten Reaktoren 1 und 2.
  • Ein geleakter Bericht der World Association of Nuclear Operators (WANO, Vereinigung der Betreiber von Nuklearanlagen), sowie von Personen, die am Bau beteiligt waren, haben schwere Mängel auf der Baustelle bestätigt.

Technik der 1970er-Jahre

Der Bau von vier Blöcken sowjetischen Typs WWER 440-213 am Standort Mochovce wurde 1978 in der damals kommunistischen Tschechoslowakei beschlossen und begann 1985. Die ersten beiden Blöcke gingen 1998 und 2000 ans Netz. Die Blöcke 3 und 4 wurden jedoch aus wirtschaftlichen Gründen zunächst nicht fertiggestellt, seit 1993 blieben sie als Bauruine stehen. Im Zuge der Übernahme des slowakischen Energiekonzerns Slovenské Elektrárne durch den italienischen Konzern ENEL wurde 2008 der Weiterbau beschlossen. 

Die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung hierzu war zutiefst intransparent und verstößt damit gegen internationales Recht. Die österreichische Umweltorganisation GLOBAL 2000 hat deswegen Klage eingereicht, das Verfahren läuft.

Gefährlich auch für Bayern

In Europa gingen zuletzt die AKW Temelin (2002, Tschechien), Chernavoda (2007, Rumänien) und eben Block 3 von Mochovce (2023) ans Netz. Mochovce ist damit die erste AKW-Inbetriebnahme in Europa nach der Atomkatastrophe in Fukushima in 2011. Dabei ist der technische Zustand des völlig veralteten Reaktors aus Sowjetzeiten eine einzige Farce. Die heute übliche Sicherheitsauslegung zum Beispiel gegen den Absturz eines Verkehrsflugzeugs kann so niemals erreicht werden.

Personen, die am Bau beteiligt waren, die WANO und selbst die slowakische Aufsichtsbehörde bestätigen die bautechnischen Mängel und Risiken. Trotz der Warnung von Umweltorganisationen, enormer Verzögerungen und Kostenexplosionen in Milliardenhöhe hat die slowakische Atomaufsicht UJD eine Betriebserlaubnis für den Reaktorblock 3 erteilt. 
Sollte am AKW Mochovce ein schwerer Unfall passieren, wären insbesondere benachbarte Regionen stark betroffen. Deswegen arbeiten wir eng mit der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 zusammen.

Nur rund 170 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt sollen im tschechischen Dukovany zu vier Uralt-Atomkraftwerken zwei neue Blöcke hinzukommen. Bei einem Unfall mit radioaktiver Strahlung wäre auch Deutschland massiv betroffen. Der BN lehnt den Bau neuer AKW und Reaktorblöcke am Standort Dukovany in der Tschechischen Republik ab.

Weitere Informationen finden Sie in der Stellungnahme zur Dokumentation der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die der BN gemeinsam mit den Freunden von GLOBAL 2000/Friends of the Earth Austria erstellt hat.

Auch das tschechische Temelin liegt weniger als 200 Kilometer von der bayerischen Grenze entfernt. Die Blöcke 1 und 2, die 2002/2003 ans Netz gingen, gelten Kritikern als störanfällig und unsicher. Die Bautätigkeiten an den Blöcken 3 und 4 wurden 1990 eingestellt, seitdem werden die Pläne immer wieder hervorgeholt oder verworfen. Zuletzt hat die tschechische Regierung 2019 bekräftigt, die Atomenergie weiter nutzen und Temelin ausbauen zu wollen.

Die Suche nach einem Entsorgungskonzept und sicheren Endlager für strahlenden Atommüll beschäftigt alle Länder, die Atomenergie nutzen oder genutzt haben. Seit 2016 wird ein Standort in Tschechien gesucht. Im Rahmen der Aktualisierung der tschechischen Entsorgungsstrategie für radioaktive Abfälle wurde im Jahr 2017 ein grenzüberschreitendes SUP-Verfahren (SUP = Strategische Umweltprüfung) durchgeführt. Mitte 2020 hat der Expertenrat der tschechischen Atommüllbehörde (SÚRAO) empfohlen, die Auswahl von neun auf vier mögliche Endlagerstandorte zu reduzieren.

Im ungarischen Paks sind derzeit vier Kraftwerksblöcke in Betrieb, zwei weitere befinden sich im Bau (Stand 2020, „Paks II“). Planung und Finanzierung der Erweiterung sind höchst umstritten. Der Standort Paks befindet sich rund 500 Kilometer von der bayerischen Grenze entfernt. 

In direkter Nachbarschaft zu Österreich in Paks (Ungarn) ist der Neubau eines Atomkraftwerks geplant. Paks liegt etwa 100 Kilometer südlich von Budapest an der Donau. Ungarn betreibt dort vier AKW-Blöcke, nun sollen zwei weitere mit einer Leistung 2 x 1200 Megawatt dazukommen. Dabei handelt es sich um einen Prototypreaktor, der noch nirgends auf der Welt läuft und auch auf dem Papier noch nicht ganz fertig ist (Stand 2016). Denn die finnische Aufsichtsbehörde hat für diesen Reaktortyp Nachrüstungen gefordert, die nun auch für Paks II in Ungarn nachgereicht werden sollen. Dabei handelt es sich um wesentliche Sicherheitseinrichtungen, wie etwa die Widerstandsfähigkeit gegenüber Flugzeugabstürzen, Funktionsfähigkeit der passiven Sicherheitssysteme, des so genannten Core-Catchers, der bei schweren Unfällen die Kernschmelze einfangen soll. Diese zusätzlichen Kosten im Milliardenbereich sind allerdings in dem aktuellen und der EU-Kommission für das laufende Beihilfeverfahren vorgelegten Baukostenbudget nicht enthalten und es scheint nicht klar zu sein, ob Ungarn sich diese zusätzliche Sicherheit leisten wird oder sich mit dem russischen „Basisreaktormodell“ bescheiden wird.