Lindau Binsenhafen: Flachwasser- und Schilfzone als letzter Rückzugsraum
Mit einer Petition und viel Öffentlichkeitsarbeit gelang es der Kreisgruppe Lindau 1991, eine Aufgabe des sogenannten Binsenhafens zu erwirken. Damit konnte wenigstens an einer Stelle des übernutzten Lindauer Bodenseeufers eine wenig gestörte Flachwasserzone und ein Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere entstehen. Dank einer Übergangszeit fanden die Segler der "Steggemeinschaft Reutin" anderswo geeignete Liegeplätze.

Zu einer Petitionsschlacht kam es 1990/91 um den sogenannten Binsenhafen – ein Segelhafen mitten im Reutiner Schilfgürtel nahe des Lindauer Güterbahnhofs. Denn die bisher gültige Genehmigung des Freizeithafens lief aus, nun stand die Entscheidung an, sie um weitere 20 Jahre zu verlängern.
Die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt, das Wasserwirtschaftsamt und das Seenforschungsinstitut in Langenargen waren dagegen, um den sensiblen Schilfgürtel zu schützen, die Stadt Lindau war mehrheitlich dafür. Der damalige Lindauer CSU-Landrat Klaus Henniger setzte sich schließlich über seine eigene Fachbehörde hinweg und genehmigte die Verlängerung, doch sein Genehmigungsbescheid wurde von der Regierung von Schwaben aufgehoben.
Daraufhin wandte sich die "Steggemeinschaft Reutin" mit der Petition an den Bayerischen Landtag, ihr den Fortbestand der Hafenanlage im Reutiner Schilfgürtel zu gestatten. Auch die Stadt Lindau reichte eine Petition für den Erhalt des Sporthafens ein.
Kaum Raum für Natur am Lindauer Bodenseeufer
Gegen dessen Fortbestand hatte sich schon im Vorfeld die Kreisgruppe Lindau des BUND Naturschutz in Bayern e. V. ausgesprochen, weil dies der einzige Uferstreifen in ganz Lindau ist, dessen Flachwasser- und Schilfzone langfristig beruhigt werden kann. Denn 80 Prozent des Lindauer Bodenseeufers sind mit Mauern befestigt, sodass das notwendige Wechselspiel zwischen Wasser und Ufer nicht stattfinden kann und auch keine Renaturierung möglich ist. Und von den verbleibenden 20 Prozent wird der Großteil, wie etwa das Strandbad Eichwald und der Zeltplatz Zech, von Menschen für ihre Freizeit mit Beschlag belegt. Nirgendwo sonst war Platz für ein Rückzugsgebiet für die Tier- und Pflanzenwelt.
Zudem war es in der Reutiner Bucht mit einem großen finanziellen und materiellen Aufwand gelungen, einen Schilfgürtel heranzuziehen, der sich prächtig entwickelt hatte und eine Flachwasserzone bot, die dem Kräftespiel zwischen See und Land Raum gab – die einzige ihrer Art in der Lindauer Gemarkung. Dort hatte sich bereits wieder ein Ökosystem mit seltenen Brutvogelarten etabliert. Deshalb betrachtete die Kreisgruppe eine Freizeitanlage inmitten dieser einzigartigen naturnahen Bucht als völlig deplatziert.

Allerdings wollte der BN die Segler nicht zwingen, den Hafen auf der Stelle zu schließen, sie wollte der Steggemeinschaft eine angemessene Übergangszeit einräumen. Damit die 20 Bootsbesitzer einen anderen Hafen für ihre Boote fänden, sollte die Stadt Lindau ihnen freiwerdende Liegeplätze vorrangig zuweisen.
Auf Beschluss ihrer Mitgliederversammlung vom März 1991 wandte sich die Kreisgruppe daher ebenfalls mit einer Petition an den Landtag und beantragte zu beschließen, den Hafen im Reutiner Schilfgürtel nach einer angemessenen Übergangsfrist aufzulösen. Der Bayerische Landtag folgte ihrem Plädoyer. Der Hafen wurde aufgelöst und die Segler fanden Platz im Hafen Lindau-Zech, sodass die Reutiner Bucht heute wirklich die vom BN erträumte einzige Ruhezone für die Natur ist. Seit dem 27. Januar 2005 ist die Reutiner Bucht auch Naturschutzgebiet. Außerdem gehört sie zum Europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000.