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Sinntal: Die Auen gehören Fluss, Biber und Weiderind
Die "Sinnallianz" zeigt, dass Naturschutz und Landwirtschaft voneinander profitieren können, wenn die Weichen richtig gestellt werden: Im Sinntal darf die Sinn wieder frei mäandrieren, die Weideflächen werden gemeinschaftlich als Allmendegüter genutzt. Gleich daneben beginnt heute das "Biberland", in dem die BN-Kreisgruppe Bad Kissingen Führungen anbietet.

Am Anfang stand ein Spaziergang vor der eigenen Haustür. Drei Bad Brückenauer wanderten das Sinntal hinunter nach Süden in Richtung Eckarts und kamen ins Träumen: Was, wenn man diesem kanalisierten Flüsschen wieder erlauben würde, seinen Weg durch den Talgrund selbst zu bestimmen? Wenn die Sinn, statt in Steine und Verbauungen eingesperrt zu sein, frei durch den Talboden mäandrieren dürfte, wenn sie Uferkanten unterspülen und abreißen, ihre Fracht anderswo wieder ablagern dürfte und damit Lebensräume für seltene Arten wie Eisvogel, Wasseramsel und Rohrsänger schüfe?
Dass heute fast alle unsere Bäche und Flüsse in ein steinernes Korsett gezwängt sind, hat nicht zuletzt mit dem Eigentumsrecht zu tun: Wer ein Grundstück am Wasser besitzt, möchte verständlicherweise nicht, dass jedes Hochwasser einige Quadratmeter davon abknabbert. Wer auf diese Weise Fläche hinzugewinnt, sieht das zwar entspannter, hat aber ebenfalls keine Lust zu ständigen Neuvermessungen und Verhandlungen über Ausgleichszahlungen. Also ist allen am meisten gedient, wenn der Fluss dort bleibt, wo er ist – außer dem Fluss, den Auen und den Arten, die auf frei fließende Flüsse angewiesen sind.
Das Sinntal wird Allmende
Anders ist die Situation, wenn der ganze Talboden in einer Hand ist. Denn über die gesamte Fläche betrachtet, ist das Mäandrieren des Flusses und seine gelegentliche Verlagerung ein "Nullsummenspiel": Was auf der einen Seite weggespült wird, lagert sich auf der anderen wieder an. In Summe braucht der Fluss dabei nicht mehr Fläche und nicht weniger. Irgendwo muss er fließen, doch sein Platzbedarf ist ziemlich konstant.
Was also lag näher als den Talgrund "wiederzuvereinen", um der Sinn ihre Freiheit zurückzugeben? Auf Initiative ihres Vorsitzenden Franz Zang erwarb die Kreisgruppe Bad Kissingen größere Flächen im Sinngrund und gewann einige örtliche Landwirte dafür, sie zusammen mit ihren eigenen Flächen als Weidefläche zu nutzen: Eine Renaissance der althergebrachten Allmende, der gemeinschaftlich genutzten Landwirtschaftsfläche.
Doch eine Allmende bedarf klarer Regeln, wenn sie nicht in rücksichtsloser Übernutzung untergehen soll. Sonst hat jeder der Beteiligten einen starken Anreiz, für sich mehr als seinem fairen Anteil aus dem gemeinschaftlichen Projekt herauszuholen. Es genügt schon wenn dies nur einige so praktizieren und das Vorhaben wird scheitern: Das ist die von Ökonomen als angebliches Naturgesetz beschworene "Tragik der Allmende".
Die Symbiose von Natur und Nutzung gelingt
Im Sinntal ist das Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft gelungen, und zwar so, dass beide Seiten davon profitieren. Das Entwickeln gemeinsamer, verbindlicher Regeln ist eine herausfordernde Sache, erst recht, wenn Naturschützer und Bauern zusammentreffen – doch dem Gemeinschaftsprojekt der "Sinnallianz" ist sie geglückt. Ein zusätzlicher Anreiz besteht für die Landwirte in der Chance, wesentlich bessere Preise zu erzielen, wenn sie "Ökofleisch" aus extensiver, naturnaher Weidewirtschaft erzeugen: ein gefragtes Produkt nicht nur bei privaten Verbrauchern, sondern auch bei der regionalen Spitzengastronomie!
Die Kreisgruppe Bad Kissingen hat ihr Engagement im Sinntal inzwischen ausgeweitet: Direkt unterhalb des Staatsbads mit seinen herrschaftlichen Kuranlagen hat sie mit Hilfe des Bayerischen Naturschutzfonds und der Kurt-Lange-Stiftung weitere Flächen erworben, die nun von einem anderen Flussbaumeister bearbeitet werden: dem Biber. Der errichtet dort seine Dämme und setzt die umgebenden Wiesen unter Wasser, und der Übergang von Land, Feuchtgebiet, Sumpf und Fluss wird von Jahr zu Jahr fließender. Die Kreisgruppe bietet regelmäßig Führungen durch das "Biberland" an der Sinn an.