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Geplante Südumfahrung Niederndorf-Neuses - Vorstellung des BN-Gutachtens zur Verkehrsuntersuchung

Die Stadt Herzogenaurach plant aktuell den Bau einer weiteren großen Einfallstraße in die Stadt. Die sog. "Südumgehung Niederndorf-Neuses" soll in einem 5,1 Kilometer langen Bogen die Ortssteile Neuses (zu Stadt Erlangen gehörend), Niederndorf und Hauptendorf umfahren und vor allem die Niederndorfer Ortsdurchfahrt entlasten. Dasselbe hatte die Stadt schon vor Jahren versprochen, als der Ausbau der Nordumfahrung der Stadt geplant wurde. Heute ist sie zur Stadtautobahn ausgebaut, die Entlastungen traten aber nicht ein.

02.03.2018

Weil die Behauptungen zur Entlastung bei solchen Planungen schon so oft falsch waren, hat der BN das renommierte Verkehrsplanungsbüro RegioConsult Marburg mit einer Prüfung der von der Stadt vorgelegten Verkehrsprognose beauftragt. Im Rahmen eines Pressegespräches wurde sie nun vorgestellt.

Wulf Hahn, RegioConsult: "Neben einigen formalen Fehlern in der Verkehrsuntersuchung fällt ganz besonders auf, dass die tatsächlich gemessenen Verkehrsdaten im Widerspruch zu den Modelldaten stehen. Die Gutachter der Stadt stellen eine Verringerung des Verkehrs in der Niederndorfer Achse von 16 und 18 % zwischen 2002 bis 2013 sowie von 13 % zwischen 2012 und 2015 fest, ohne hieraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Das ist doch wichtig!"

"Und es fehlen viele Grundannahmen zur StUB, zum Schnellradwegenetz und zum Öffentlichen Verkehr. Wir gehen davon aus, dass der Öffentliche Verkehr im Modell fehlerhaft modelliert wurde. Etliche Betrachtungen sind unsauber, die Verkehrserfassung war unzureichend, die angenommenen Verkehrsverlagerungen auf die Südumfahrung sind nicht nachvollziehbar", so Hahn.

"Was wir immer wieder vorgetragen haben, wurde uns vom Büro RegioConsult bestätigt: Die erheblichen Effekte des Radschnellverkehrs werden von der Stadt ausgeblendet. Das Potenzial liegt bei 2.500 bis 5.000 von Erlangen und 1.000 bis 2.500 Pendler von Vach. Das bedeutet eine Verlagerung von 6.000 bis 12.500 Kfz-Fahrten pro Tag. Durch die Pedelecs wird sich das noch erweitern", so Gerhard Häfner, 1. Vorsitzender der Ortsgruppe Herzogenaurach.

"Man plant in erster Linie eine Zufahrt zur Firma Schaeffler. Mit einem Verkehrskonzept für die Stadt hat das nichts mehr zu tun. Die Südumfahrung wäre keine Umfahrung, sondern ein weiteres Einfallstor für den Verkehr mit Lärm und Abgasen mitten in unseren Stadtkern hinein", so Christian von Reitzenstein, Sprecher der Bürgerinitiative Herzo-Süd-Bewahren.

"Was wir brauchen sind die StuB, der Rückbau zentraler Parkplätze, einen massiven Ausbau von Fahrradwegen, den Ausbau von Park&Ride-Parkplätzen sowie von Mitfahrgelegenheiten", so Helmut König, Vorsitzender des BUND Naturschutz, Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach.

"Ein zukunftsfähiges Bayern ist ohne Verkehrswende nicht möglich. Aus sozialen, ökologischen und ökonomischen Gründen ist es erforderlich, Verkehr einzusparen, zu verlagern und zu optimieren. Immer mehr Menschen leiden unter den Folgen des Verkehrs. Straßen in unseren Städten und Dörfern müssen wieder zum Lebensraum für die Bevölkerung werden", so Tom Konopka, BN-Regionalreferent.

Bündnis "Keine Südumfahrung"

Ein Bündnis aus Landwirten (IG Eigentümer/Landwirte IGEL), Bürgerinitiative "Herzo Süd bewahren", BUND Naturschutz (BN) und vielen UnterstützerInnen stemmt sich unter dem Slogan "Keine Südumfahrung" gegen die Planung.

Verkehrskonzept Herzogenaurach: Augen zu, weiter so!

Seit einigen Jahren denken die Stadträte über ein Verkehrskonzept in Herzogenaurach nach. Zuletzt wurde sogar diskutiert, wie denn 2035 Herzogenaurach aussehen wird. Aufgrund des aktuellen Wirtschaftsbooms in Deutschland habe man hochgerechnet, dass es dann wohl an die 35.000 Einwohner in Herzogenaurach geben wird, und der Verkehr aufgrund der Pendlerproblematik auch massiv zunehmen würde.

Stadt muss Alternativen prüfen

Vor einigen Wochen hat die Stadt festgestellt, dass ein weiteres Gutachten für eine Alternative zur Südumfahrung in Auftrag gegeben werden muss, um das Raumordnungsverfahren der Regierung von Mittelfranken zu erfüllen. Die dabei gewählte Alternative im Aurachtal bringt aber Lärm für die Anwohner.

Der BN fordert schon lange wirkliche Alternativen, nicht nur ein paar Varianten von leicht abweichenden Straßentrassen durch die geschundene Natur oder Varianten mit Geschwindigkeitsbeschränkungen. Alte Alternativen werden nicht mehr mit neuen Erkenntnissen auf den vergleichenden Prüfstand gestellt. Er fordert eine realistische und ehrliche Untersuchung, um ein Gesamtkonzept zu erhalten, einschließlich der bestehenden Bahnlinie. Es ist absurd, dass die Bahnlinie zum Teil aufgelassen wird und Gleise entfernt werden. Andere Stadtplaner wären froh, über solch eine Möglichkeit verfügen zu können.

Auch die Firma Schaeffler sollte sich an der Verringerung des Verkehrs intensiver beteiligen. In ihrem Zweigwerk in Wuppertal wirbt der Vorstand massiv für die gute Anbindung per Schwebebahn. In Herzogenaurach hält man sich vornehm heraus.

Die Kritikpunkte am Verkehrsgutachten im Detail

1. Keine nachvollziehbaren Quellenangaben und Annahmen der Verkehrszunahme

Nach den Angaben von SSP ist die Ortsdurchfahrt im Analysefall 2015 mit bis zu 14.600 Kfz/24h belastet. Im Bezugsfall 2035 sollen die Verkehrsbelastungen auf bis zu 17.400 Kfz/24h zunehmen. Die diesen Verkehrszunahmen zugrunde liegenden Annahmen werden zwar erläutert, nachvollziehbare Quellenangaben sowie konkrete Angaben zu den Annahmen fehlen. Es fehlen auch Quell- und Zielmatrizen, Verkehrs-Einspeisungspunkte, Verkehrsspinnen für Ziel- und Herkunftsverkehr.

2. Tatsächlich gemessene Verkehrsdaten sind im Widerspruch zu den Modelldaten

Die tatsächlich gemessenen Verkehrszahlen in Niederndorf von 2002, 2013 und 2015 stehen im Widerspruch zu den Verkehrsmodell-Aussagen. Brenner stellt eine 16%ige Verringerung des Verkehrs bei Neuses von 2002 auf 2012 und auch eine Verringerung von 18 % in der Hans-Maier-Straße östlich Schaeffler fest, ohne hieraus Schlussfolgerungen zu ziehen. SSP kommentiert die Verringerung des Verkehrs von 13 % in der Ortsdurchfahrt mit 16.700 Kfz/24h im Jahr 2012 auf 14.600 Kfz/24h im Jahr 2015 ebenfalls nicht.

3. Annahmen zur StUB, Schnellradwegenetz und Öffentlicher Verkehr (ÖV) fehlen

In der Verkehrsuntersuchung von SSP wird angegeben, dass davon ausgegangen wird, dass bis 2035 die Stadt- Umland-Bahn (StUB) in Betrieb ist, das Linienbündel 5 im Landkreis Erlangen-Höchstadt und der Linie 123 überplant und auch der Ausbau des Radschnellwegenetzes erfolgt ist. Es fehlen die Grundlagen für diese Annahmen z. B. über den Linienverlauf, Taktung und Kapazität, Radschnellwegenetz, Verlagerungspotenzial von PKW-Verkehr zum Öffentlichen Nahverkehr.

Aufgrund der beim Planfall 8 festgestellten fehlerhaften Belastungsangaben für den Schwerverkehr ist davon auszugehen, dass der ÖV im Modell fehlerhaft modelliert wurde.

4. Die ungesicherte StUB im Bezugsfall verhindert weitere ÖV- u. Rad-Betrachtungen

Der bei Planungen wichtige Bezugsfall, der den zukünftigen Verkehr ohne weitere Maßnahmen prognostiziert, wird von SSP mit der z. Zt. noch ungesicherten StUB vermengt. Damit wird nicht ersichtlich, was die StUB bringt und er verhindert gleichzeitig in den Planfällen 1 bis 9 die Wirksamkeitsbetrachtung weiterer ÖV- und Rad-Betrachtungen.

Es fehlen in dem Gutachten die erheblichen Effekte des Radschnellverkehrs mit dem von der Landesregierung formulierten Ziels auf 20 Prozent zu steigern. Das Potenzial liegt bei 2.500 bis 5.000 von Erlangen und 1.000 bis 2.500 Pendler von Vach. Das bedeutet eine Verlagerung von 6.000 bis 12.500 Kfz-Fahrten pro Tag. Durch die Pedelecs wird sich das noch erweitern. Es ist nicht erkennbar, dass diese Potentiale in den Planfällen überhaupt berücksichtigt wurden.

Es muss auch eine StUB-/Bahn-Variante mit Direktanbindung von SCHAEFFLER über die Gleise der Aurachtalbahn außerhalb des Bezugsfalls geprüft werden. Es ist nicht nachvollziehbar, wie mit einer Aurachtalbahn gemäß SSP-Gutachten eine Erhöhung der Verkehrszahl in Niederndorf zu rechnen ist.

5. Verkehrserfassung unzureichend, keine Kordonbefragung, nicht belastbar

Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Verkehrsuntersuchung aufgrund der unzureichenden Erhebungen (falscher Zeitraum, falsche Erhebungstage, keine Kordonbefragung zur Erfassung der Quell-, Ziel-, Binnen- und Durchgangsverkehre) nicht dem Stand der Technik entsprechen. Die Ergebnisse sind deshalb und aufgrund fehlender Angaben zur Fortschreibung der ÖV-Matrix, zur Berücksichtigung des Radverkehrs sowie der angenommenen strukturellen Entwicklung nicht belastbar.

6. Unlogisch: 100 statt 70 km/h mit 4 x weniger Verkehr in Niederndorf (PF7 zu 6)

Die von SSP angenommenen Verkehrsverlagerungen auf die Südumfahrung, die beispielsweise im Planfall 7 so hoch sein sollen, dass in der Ortsdurchfahrt Niederndorf-Neuses nur noch 1.900 Kfz/24 h auftreten, sind nicht nachvollziehbar. Im Vergleich vom Planfall 7 zum Planfall 6 sollen auf einigen Teilabschnitten außerhalb der Ampeln und dem Kreisverkehr 100 km/h statt 70 km/h erlaubt sein und in Niederndorf-Neuses 30 km/h statt 50 km/h. Der Planfall 6 soll aber in Niederndorf-Neuses eine 4 fach höhere Belastung auf 7.900 Kfz/24h bringen. Eine so starke Verlagerungswirkung ist wegen der Geschwindigkeitsbegrenzungen und aufgrund der wesentlich längeren Fahrtstrecke nicht zu erwarten. Hier müssen die Reisezeitwiderstandsmatrizen vorgelegt werden.

7. Die Ostspange allein hat ausreichende Entlastung sogar ohne weitere ÖV-Maßnahmen

Nach den vorliegenden Unterlagen von SSP führt die Ostumgehung von Neuses (Planfall 9), die im Ausbauplan Staatsstraßen in der 1. Dringlichkeit eingestuft ist, wird die maximale Belastung auf der Ortsdurchfahrt westlich der Kreuzung Niederndorfer Hauptstraße/Vacher Straße mit etwa 8.000 Kfz/24h angegeben. Das bedeutet, dass die Ortsdurchfahrt von Niederndorf und Neuses auch im Planfall 9 deutlich entlastet wird. Damit führt diese Maßnahme zu einer wirksamen und ausreichenden Entlastung der Ortsdurchfahrt, auch im Vergleich zur heutigen Belastung mit 14.600 Kfz/24h und im Bezugsfall mit 16.200 Kfz/24 h. Dabei sind erweiterte ÖV-Maßnahmen noch nicht berücksichtigt und dass der Verkehr an der Vacher Kreuzung bei einem Linksabbieger-Verbot wesentlich flüssiger ohne größere Staus gestaltet werden kann.

8. Die Leistungsfähigkeit der Vacher Kreuzung in Niederndorf wird nicht berechnet

Bei allen untersuchten Planfällen von SSP fehlt die Aussage der Leistungsfähigkeitsuntersuchung, wie die erwartete Leistungsfähigkeit und Staulänge an der Vacher Kreuzung in Niederndorf ausfällt. Dabei ist gerade diese Fragestellung eine fundamentale Größe des Ganzen.

Für Rückfragen:

Tom Konopka
Regionalreferent
Telefon 0911 81878-24