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Hier finden Sie weiterführende Texte zur Ausgabe 3-2016 des BN-Magazins Natur+Umwelt.

Leserbrief "Nationalpark Steigerwald und CO2"

Das Klimaabkommen von Paris ist noch ziemlich druckfrisch. Für mich, als Mitglied im Bund Naturschutz und im Steigerwald aufgewachsen, stellt sich nun die Frage, welche Konsequenzen sich daraus in der Diskussion um einen „Nationalpark Steigerwald“ ergeben. Neben anderen Aspekten ist auch die Emission von CO2 relevant, obwohl dieses Thema im allgemeinen Tauziehen bislang fast unberücksichtigt blieb. 

Im Nationalparkkonzept „Steigerwald“ verzichtet man auf die Nutzung des wertvollen nachwachsenden Rohstoffes Holz in einem Umfang von jährlich ca. 56.000 fm. Diese Holzmenge muss durch andere Werk- und Brennstoffe ersetzt werden. Der Ersatz erfordert jährlich ca. 14 Mill. Liter Öl. Gleichzeitig entweichen ca. 25 Mill. kg CO2.

Die forsttechnischen Arbeitsplätze werden durch Verbrennung von ca. 14 Mill. Liter Öl. ersetzt. Das ergibt unter Verwendung eines mehrjährigen Mittelwertes für den Ölpreis eine volkswirtschaftliche Belastung von jährlich ca. 8 Mill. €.

Die staatliche Subvention für einen Nationalpark liegen bei ca. 11,5 Mill. EUR, wenn man als Referenz den NP „Bayer. Wald“ zugrunde legt. Der entgangene Gewinn des Forstbetriebes Ebrach liegt bei ca. 1,7 Mill EUR. In der Summe ergibt sich jährl. ein volkswirtschaftlicher Aufwand von gut 21 Mill € .

Die Kosten der CO2- Zertifikate für 25 Mill. kg CO2, Abschreibungen und Zinsen für die Nationalparkinvestitionen, sowie regionale Randsubventionen für Touristik, und Infrastruktur lassen sich nur grob auf vielleicht 3 bis 5 Mill. € pro Jahr schätzen.

Lässt man diese, noch nicht quantifizierbaren Kosten aus der Betrachtung heraus, stehen also vorerst allein die 21 Mill. € Ausgaben für 25.000 Tonnen CO2 zur Debatte. Daraus folgt, dass pro Jahr 840,-€ je Tonne CO2 aufzuwenden sind.

Nach dem Motto „Global denken und lokal handeln“, muss auch die lokale klimaneutrale Brennstoffversorgung im Steigerwald gelöst werden. Durch eine intelligente Waldbewirtschaftung lässt sich, wie im Naturpark Steigerwald bewiesen, ein hervorragender ökologischer Waldzustand mit einer nachhaltigen Holzgewinnung kombinieren. Mit dem ökologisch begrenzten Brennholzanfall kann der bayr. Staatsforst ca. 3.000 Familien mit Wärme versorgen. Das funktioniert mit 80% der nachwachsenden Holzmenge. Die „Steigerwälder“ holzen also den Wald nicht ab; man muss ihn deshalb auch nicht „retten“. Mit einer kaskadische Holznutzung lassen sich aus dem Naturpark heraus, theoretisch bis zu 5.000 Familien, praktisch vielleicht bis zu 4.000 Familien klimaneutral versorgen.

Im Gegensatz zum orthodoxen Nationalpark liefert der intelligente Naturpark damit einen aktiven Beitrag zur CO2 – Reduktion im Steigerwald. Diese Zeilen fokussieren sich auf die „CO2- Belastung“, dem Thema der jüngsten Klimagipfelkonferenz. In der komplexen Diskussion um einen Nationalpark wird dieser Aspekt leider etwas unterdrückt. Die wärmetechnische Eigenversorgung darf nicht als intellektuell minderwertiger Standpunkt abgewertet werden („dumme Menschen verheizen den Steigerwald“). Die edle grüne Gesinnung („keinem Baum etwas zu leide tun“) gilt zwar als intellektuell hochwertiger, führt aber letztlich zu einem fast 100% ölbeheiztem „Nationalparkgebiet“ mit 24.000 Einwohnern.

Willi Rößner
Stadtbergen

Antwort des BN-Vorsitzenden Hubert Weiger

Es ist immer von Vorteil, seine Gedanken mit anderen zu teilen, denn nur so kommen Diskussionen in Gang und können Lösungen gefunden werden.

Wir stimmen sicherlich darin überein, dass die menschliche Spezies durch ihr Bestreben, sich eine bequemere Lebensweise zu verschaffen, die natürlichen Gleichgewichte empfindlich gestört hat.

Dadurch wurde gerade in den letzten Jahrhunderten der zunehmenden Industrialisierung mit einer Geschwindigkeit und Intensivität in natürliche Gleichgewichte eingegriffen, dass die Folgen nun drastisch sichtbar werden. Wissenschaftler sprechen vom Zeitalter des Anthropozäns. 

Wir müssen mehr ändern als nur unsere zusätzlichen anthropogenen Kohlendioxidemissionen im Kohlenstoffhaushalt, um den „Lebensraum Erde“ zu retten.

Die Zerstörung von Lebensräumen, die Ausrottung von Arten, der Verlust von Genen sind neben dem Klimawandel Ausdruck unserer verschwenderischen Lebensweise. 

An unzähligen Stellen wird in natürliche Abläufe eingegriffen, oft ohne die Folgen davon auch nur zu erahnen. Das komplexe Zusammenspiel aller Organismen in intakten Ökosystemen ist auch heute noch lange nicht erforscht und Folgewirkungen von Eingriffen in natürliche Abläufe keineswegs so berechenbar, wie bei einer Maschine. Tatsache ist, die Natur braucht uns nicht, wir aber die Natur zum Überleben. Folglich ist es ratsam, die Gesetze und Grenzen der Natur zu beachten und das Gleichgewicht nicht gänzlich zum Kippen zu bringen.

Das Thema „CO2 und Wälder“ ist wesentlich komplexer, als von Ihnen dargestellt:

Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien, die belegen, dass alte bzw. nutzungsfreie Wälder erhebliche Mengen an CO2 speichern, v.a. im Boden und in alten Bäumen - über sehr lange Zeiträume hinweg und wesentlich mehr als herkömmliche Wirtschaftswälder (z.B. N.L. Stephenson et al. Nature 507, 90 (2014), S. Luyssaert et al., Nature 455, 213 (2008)).

Auch die Studie „Brockenurwald“ der Uni Göttingen von 2013 zeigte auf, dass Waldbereiche, auf denen alte Bäume und Totholz vorhanden sind, sowohl eine höhere Artenvielfalt aufweisen als auch doppelt so viel Kohlenstoff in der Biomasse und im Boden einlagern wie junge Wirtschaftswälder. Nach der Studie der Universität Antwerpen (Luyssaert et al, 2008) wird anhand von Auswertung der Forschungsergebnisse aus 519 Waldgebieten der gemäßigten und borealen Zone Mitteleuropas und der USA das Fazit gezogen, dass es zwar sinnvoll sein mag, Wälder wiederaufzuforsten, noch sinnvoller sei es aber, alte Bäume nicht zu fällen. 

Dies leuchtet ein: Je mehr Bäume (Biomasse) auf einer Fläche stehen und je älter diese werden, desto mehr Kohlenstoff wird gespeichert. In Naturwäldern ist sowohl der lebende als auch der tote Biomasseanteil wesentlich höher als in Wirtschaftswäldern. Nach dem Absterben der Bäume und ihrer Verrottung, wird der Kohlenstoff z.T. über Jahrhunderte im Boden gespeichert. 

Die Holznutzung per se ist nur dann eine gute Klimaschutzoption, wenn das Holz wirklich über kurze Wege transportiert wird und zu langlebigen Produkten verarbeitet wird, wie zum Beispiel als Baustoff im ökologischen Wohnungsbau und/oder dort als Dämmstoff respektive Rohstoff für Dämmstoffe effektiv eingesetzt wird. Dies trifft für den Großteil der Hölzer aber nicht zu, wenn alleine die Hälfte verbrannt wird (und dies vor allem in schlecht gedämmten Wohnraum), ein bedeutender Teil zu Papier oder zu Hygieneartikeln verarbeitet wird, oder als Verpackungsmaterial dient (Einwegpaletten, die anschließend meist verbrannt werden).

Die Klimaschutzwirkung von Baustoffen aus Holz ist nur im Vergleich zu den schlimmeren Optionen eine gute, das trifft auch für die energetische Nutzung zu. Letztere hat stets den Vergleich zum Gesamtenergiemix zu bestehen. Wenn aber sogar Holz verbrannt wird, dass man auch stofflich nutzen könnte, ist der Effekt negativ! Es besteht seit langem Konsens, dass man eine Kaskadennutzung anstrebt, bei der Holz vorrangig stofflich verwertet wird, und erst nach einigen nachgelagerten Schritten am Ende energetisch. 

Die vorrangige Nutzung von Holz muss aber in dessen Anwendung in der energetischen Sanierung sein. Effektive energetische Sanierung muss den Wärmebedarf senken. 40 Prozent der Primärenergie in Bayern wird als Wärmequelle genutzt. Klimaschutz muss daher diesen Wärmebedarf senken. Holz als Wärmedämmmaterial kann hierbei eine wesentliche Rolle spielen. Insgesamt aber müssen und werden die Mengen an Holz für Wärme (Heizung etc.) deutlich zurückgehen. Da letzteres der überwiegend größere Teil ist, wird mit der notwendigen energetischen Sanierung von Gebäuden, auch bei Einsatz von Holz als Baustoff, der Bedarf an Holz deutlich zurückgehen.

Insgesamt ist es unerlässlich, Lösungsansätze zu finden, die den Ressourcenverbrauch von Holz (z.B. als Papier) reduzieren. Die Höhe des jetzigen Verbrauchs an Holz darf nicht als in Stein gemeißelte Ausgangslage hingenommen werden.

Der BUND Naturschutz sieht die Notwendigkeit mittelfristig auf 100 Prozent Erneuerbare Energie umzusteigen – v.a. Wind- und Sonnenenergie. Mit dieser Änderung im Energiemix würde die Option Holzenergie immer weniger gut aussehen. Der behauptete jährliche Klimaschutznutzen der Option Holz würde übrigens durch die Schließung von 3-4 Kohlekraftwerken schon mehr als wettgemacht.

Ebenso ist unklar, ob bei Verwendung von Holz im Bau tatsächlich andere Materialien ersetzt, oder ob einfach nur mehr gebaut würde. 

Außerdem wird kein noch so klimafreundlicher Baustoffproduktion eine einzige Art oder einen einzigen Lebensraum retten. Der Hauptzweck von Schutzgebieten ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt - ein Ziel, das gleichwertig neben dem Klimaschutz steht. Vor allem danach müssen Schutzgebiete daher bewertet werden.

Zahlen zu Holz im Steigerwald müssen korrigiert werden

In punkto Steigerwald kann ich ihre Berechnung nicht nachvollziehen: laut Forstbetrieb Ebrach werden jährlich momentan 25.000 Festmeter Brennholz abgegeben. Sie sprechen aber von 56.000 Festmetern, die sie in Heizöläquivalente umrechnen. Dabei unterstellen Sie, dass der gesamte Holzeinschlag verbrannt wird. Ihre Umrechnung von Arbeitsplätzen in Heizöl können wir ebenfalls nicht nachvollziehen

Zu Ihrer Herleitung: nehmen wir die Mindestgröße eines bayerischen Nationalparks von 10.000 Hektar an und eine angestrebte Nutzungsfreiheit auf dieser Fläche von 75 % innerhalb von 10 Jahren, so komme ich nach 10 Jahren Nationalpark auf eine nutzungsfreie Fläche, die 44 % der forstbetrieblichen Fläche umfasst. Folglich ergäbe dies einen Wegfall von Brennholz durch die Nationalparkausweisung in Höhe von 11.000 Festmetern jährlich (bei 25.000 Festmeter Brennholznachfrage auf Gesamtbetriebsebene). Nehmen wir an, dass ein Festmeter (fm) Buchenholz einem Heizäquivalent von 150 - 200 Litern Heizöl entspricht (1 Raummeter (0,7 fm) = ca. 210 l Öl) dann ergäbe dies jährlich maximal 2,2 Millionen Liter Öl als Äquivalent – die von Ihnen erwähnten Zahlen  in Höhe von 14 Millionen Litern jährlich sehen wir nicht.

Ein wesentliches Element des Klimaschutzes ist Energiesparen. 40 % der Primärenergie in Bayern gehen in Heizung und Wärme. Energetische Sanierung im Altbau muss den heutigen Mittelwert des Wärmebedarfes von ca. 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr [kWh / (a * m²)]  senken auf max. 70 [kWh / (a * m²)] . Die Energieeinsparverordnung fordert für Neubau Werte kleiner 15 [kWh / (a * m²)] . Der Klimaschutz fordert Wärmesparen um mehr als die Hälfte und das ist machbar. Der Holzbedarf wird daher dramatisch zurückgehen können – das gibt den erforderlich Raum für mehr nutzungsfreie Wälder und Artenschutz im Wald.

Lokale Holzversorgung muss zu marktüblichen Preisen gewährleistet sein

Die Naturschutzverbände nehmen die lokale Holzversorgung sehr ernst und setzten sich seit langem mit dem Thema auseinander. In dem Entwurf einer Nationalparkverordnung haben der BN und die anderen Verbände schriftlich erklärt, dass das anfallende Holz in einem Nationalpark bei marktüblichen Preisen vorrangig der lokalen Bevölkerung zu Gute kommen soll. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich für die lokale Holzversorgung durch ein Maßnahmenpaket mit Umverteilung und Sparmaßnahmen, wie z.B. bessere Dämmung von Häusern, eine gute Lösung finden lässt und niemand frieren muss. In den jüngsten Nationalparken Schwarzwald und Hunsrück werden erfolgreich neue Konzepte diesbezüglich umgesetzt. Wieso sollte die Bayerische Staatsregierung nicht dazu fähig sein? Lokale Sägewerke müssen in den Konzepten ebenfalls berücksichtigt werden. Der Rückgang kleiner und mittelständiger Sägewerke durch den zunehmenden Konkurrenzdruck seit der Forstreform ist in vollem Gange, ohne dass in Bayern ein neuer Nationalpark ausgewiesen worden wäre. Für die Unternehmen im Steigerwald wäre eine gesicherte Holzversorgung sogar von Vorteil. 

Biodiversität ist unser höchstes Gut

Ihre rechnerische Herangehensweise trägt der Komplexität natürlicher Systeme in keinster Weise Rechnung. Das Bestreben, alles in Geldwert zu messen, ist mit ein Auslöser für das ganze Dilemma, denn die Fehleinschätzungsrate ist immens: Der Wert intakter Natursysteme ist unermesslich hoch, der Wert der ihnen beigemessen wird, oft unermesslich niedrig – bis sich das Gegenteil erweist, wie momentan mit dem Bienensterben. Einen kleinen Anhaltspunkt, wie viel die kostenlosen Dienstleistungen intakter Ökosysteme in Geld tatsächlich wert sind, liefern uns die Ergebnisse der TEEB-Studie, in der versucht wurde, den Wert von Schutzgebieten in Geldwert darzustellen. Man kann der Natur natürlich kein Preisschild aufkleben, aber es ist höchste Zeit anzufangen, uns über die Folgekosten unseres Tuns weitergehende Gedanken zu machen. Das Ergebnis der Studie lautete: „So versorgen die rund 100.000 Schutzgebiete der Erde die Menschen mit Ökosystemdienstleistungen im Wert von 4.400 bis 5.200 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Dieser Wert übertrifft die Summe der Umsätze des weltweiten Automobilsektors, Stahlsektors und IT-Dienstleistungssektors. Die Investitionen, die notwendig sind, um die Leistungen der Natur eines "idealen" weltweiten Schutzgebietsnetzes (15 Prozent der terrestrischen Fläche und 30 Prozent der marinen Fläche) mit einem Wert von 5.000 Milliarden US-Dollar zu erhalten, betragen nach Expertenschätzungen jährlich etwa 45 Milliarden US-Dollar.“ (http://www.bmu.de/themen/natur-arten/naturschutz-biologische-vielfalt/teeb/)

Auch naturnahe Forstwirtschaft stört Biologische Prozesse

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass selbst naturnahe Forstwirtschaft biologische Prozesse stört (Bässler, Müller, AFZ DerWald, 2015). Zum Erhalt dieser Prozesse bedarf es größerer Flächen, die uns in Folge auch als Lernflächen für den Waldbau dienen. Fünf Prozent der Waldfläche Deutschlands sollen in den Schutz der typischen Artenvielfalt alter Wälder und biologischer Prozesse investiert werden. Diese fünf Prozent waren übrigens bereits ein Kompromiss auf den sich Naturnutzer und -schützer geeinigt hatten. Ein Teil davon soll als großflächiges Schutzgebiete dem Erhalt stabiler Populationsgrößen und ungestörter biologischer Prozesse dienen, der Rest hat die Funktion, als mehr oder weniger große Trittsteine (wie Naturwaldreservate) den genetischen Austausch und Wanderbewegungen der Arten zu gewährleisten. Wir brauchen also beides, nicht entweder oder sondern sowohl als auch!

Nordsteigerwald hat beste Eignung für ein Großschutzgebiet

Nur noch wenige deutsche Waldgebiete kommen als großflächiges nutzungsfreies Schutzgebiet überhaupt noch in Frage, der Nordsteigerwald zählt hier zu den besten verbliebenen seiner Art, wie zahlreiche Untersuchungen bestätigen. Diese herausragenden Bewertung erhielten die Buchenwälder im Steigerwald, weil sie verglichen mit andere deutschen Waldgebieten noch relativ unzerschnitten sind, noch relativ naturnahe Laubwaldbestände beherbergen und in kleinen nutzungsfreien Wildnisgebieten (Naturwaldreservaten) noch relativ viele Arten überlebt haben, die in anderen deutschen Forsten längst ausgerottet oder extrem selten wurden. Die Buchenwälder haben diese Bewertung NICHT erhalten, weil die Forstwirtschaft sie so gut gemacht hat, sondern weil sie trotz Bewirtschaftung aufgrund einer relativ naturnahen Wirtschaftsweise verglichen mit andern Forsten weniger Schäden aufweisen und deshalb (immer im Vergleich gesehen) bessere Grundvoraussetzungen bieten, sich möglichst schnell wieder in einen Naturwald zu entwickeln. Bei diesen Voraussetzungen hier kein großflächiges Schutzgebiet auszuweisen würde bedeuten, auf den winzigen 5 % geplanter nutzungsfreier Waldgebiete Ressourcenverschwendung zu betreiben. Denn Holz ist nicht die einzige Ressource, die Wald besitzt.

Naturschutz und Regionalförderung sind weder volkswirtschaftliche Belastung noch Steuergeldverschwendung

Ihre Tendenz, staatliche Investitionen in den Erhalt intakter Ökosystem oder in Regionalentwicklung, wie verbesserte Infrastruktur in einer Nationalparkregion, als Steuergeldverschwendung oder gar volkswirtschaftliche Belastung darzustellen, bestürzt mich. 

Was Sie in Ihrer Ausführung nicht berücksichtigen, ist die zunehmende Sehnsucht vieler Menschen nach ungestörter wilder Natur - Waldgenuss ohne Rückegassen und Maschinengeräusche. Die Intensität moderne maschinelle Bewirtschaftungsweise der Bayerischen Staatsforsten stößt bei immer mehr Bürgern auf Ablehnung – ganz abgesehen davon, dass sie u.a. Schäden an den Waldböden verursacht, die nur extrem langsam, wenn überhaupt, reversibel sind. Selbst die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) sehen diese Nachteile, wie man in ihrer Bodenbroschüre nachlesen kann. Sogar Nationalparkkritiker sehen die aktuelle Wirtschaftsweise der BaySF kritisch.

Nationalparke sind ein starker Motor für die Region

Darüber, dass Nationalparke auch unter regionalökonomischen oder touristischen Gesichtspunkten eine große Bereicherung für ihre Region darstellen, können Sie sich mittlerweile in zahlreichen Studien innerhalb Deutschlands, aber auch beispielsweise in Österreichs informieren. Ich kenne keine einzige deutsche Studie, die von einem neutralen Institut fachlich korrekt durchgeführt wurde und hierbei zu anderen Ergebnissen kommt. Sie können uns gerne eine derartige Studie nennen! Dies ist mit einer der Gründe, warum sich bereits ein so hoher Prozentsatz der Bürger im Steigerwald, trotz verbreiteter Fehlinformationen über Nationalparks, für einen Nationalpark stark macht. 

Von der Querschnittsbranche Tourismus profitieren Gastgewerbe, Einzelhandel, Dienstleister uvm.

Hier möchte ich gerne aus der jüngsten Studie des Bamberger Landkreises zitieren: „Der Tourismus ist eine klassische Querschnittsbranche. Egal ob Gastgewerbe, Einzelhandel, Dienstleister oder Zulieferer wie regionale Produzenten und Handwerksbetriebe, es gibt kaum einen Wirtschaftsbereich, der nicht vom Tourismus profitiert. Deshalb lohnen sich Investitionen von Kommunen und Unternehmen in die tourismusbezogene Infrastruktur, konkrete Produkte und die touristische Vermarktung. Umso wichtiger ist es, die Wirkung und Relevanz des Tourismus für die Wirtschaft im Untersuchungsgebiet deutlich zu machen.

Der Tourismus ist Umsatzbringer und leistet über Steuereinnahmen einen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte. Als Jobmotor bietet der Tourismus Menschen vieler unterschiedlicher Berufsqualifikationen und Beschäftigungsverhältnisse (von der Saisonkraft bis zur Vollzeitstelle) Einkommensmöglichkeiten. Er schafft und sichert ortsgebundene Arbeitsplätze. Über Instrumente wie die Kurtaxe oder die Fremdenverkehrsabgabe trägt er zudem direkt zur Verbesserung der lokalen Infrastruktur bei. Hiervon profitieren Gäste ebenso wie Einheimische und Unternehmen vor Ort. Das Tourismus-Engagement eines Ortes zahlt sich aus – in Euro und Cent für alle Branchen. Gleichzeitig steigert es die Attraktivität und Lebensqualität für alle Einwohner und Gäste.“ (Wirtschaftsfaktor Tourismus für den Landkreis Bamberg, Januar 2016). 

Die Investitionen des Freistaates in die Nationalparkregion Bayerischer Wald von ca. 12 Mio. € pro Jahr ist übrigens meiner Meinung nach gut investiertes Geld für die Bevölkerung dort: Denn jeder Euro den der Freistaat investiert, wird durch die Ausgaben der Besucher mehr als verdoppelt. Die Region profitiert massiv von Nationalpark, der weit über 200 direkte Arbeitsplätze geschaffen hat sowie fast 1000 indirekte Arbeitsplätze in Gastronomie, Handwerk, etc. die durch den Tourismus finanziert werden.

Sachliche Faktenbasis und Einbeziehung der Bevölkerung in moderierten Dialogprozess ist wichtig

Da Sie so um Fakten bemüht sind, nehme ich an, dass Sie ebenfalls an sachlichen Daten und Aufklärung der Bevölkerung bzw. deren Einbeziehung in einen transparenten Dialogprozess interessiert sind. Der BN und die Naturschutzverbände wollen Antworten, auch wenn sie vielleicht nicht in unserem Sinne ausfallen. Voraussetzung für eine sachliche Diskussion sind Fakten und eine Potentialanalyse aller im Steigerwald möglichen Optionen, einschließlich der Option Nationalpark. Ich denke, dass auch Sie nicht davor zurückzucken werden, dass die Ergebnisse einer vergleichenden Untersuchung ggf. nicht in ihrem Sinne ausfallen könnten. Da Sie eventuell unsere Argumente für einen Nationalpark im Steigerwald anzweifeln (http://www.pro-nationalpark-steigerwald.de/argumente.html), verweisen wir an dieser Stelle an die amtlichen Institutionen: Stellen Sie ihre Fachfragen an die Fachabteilungen der Staatsregierung, informieren Sie sich bei den Bundesbehörden, fragen Sie bei Kommunalpolitikern in Nationalparkregionen an und informieren Sie sich über die Ergebnisse von Bürgerumfragen in bestehenden Nationalparkregionen. 

Sehr geehrter Herr Rößner, alleine aus der Länge des Briefes erkennen Sie, wie vielschichtig die Fragestellung ist. Die von Ihnen vertretene Argumentationslinie betrachtet meiner Ansicht nach die Sachlage nur von einer Seite. Trotzdem haben wir uns entschieden, Ihren Leserbrief in Auszügen in der kommenden N+U abzudrucken, was wir schon alleine aus Platzgründen bei weitem nicht mit jeder uns erreichenden Zuschrift machen können. Parallel werden wir Ihren Brief ungekürzt gemeinsam mit diesem Antwortbrief im Internet veröffentlichen.