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BUND Naturschutz warnt – die Trassenplanungen der TenneT behindern die Dezentrale Energiewende in Bayern

Energiepolitische Kritik an den Trassenplanungen SUEDOSTLINK und SUEDLINK

13.03.2017

"Die Erneuerbaren Energiequellen Wind und Sonne liefern Strom dezentral, regional und lokal. Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende, für Klimaschutz und Atomausstieg, erfordert daher vor allem regionale Konzepte und Akteure. Diese sind vorrangig Bürgerenergiegesellschaften und die Kommunen, mit ihren Stadtwerken und kommunalen Unternehmen. TenneT stellt nun die Trassenplanungen für Gleichstrom-Erdverkabelung in Bayern für Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) vor. Energiepolitisch wird dies ein Problem werden für die dezentrale Energiewende in Bayern. Diese Trassen sind keine Netzinfrastruktur, die die dezentrale Energiewende unterstützt. Wir benötigen für die dezentrale Energiewende Strukturen, die die regionalen Erzeuger und Verbraucher vernetzen. Was wir in Bayern nicht benötigen sind Gleichstrom-Leitungen. Denn diese überbrücken großräumige Entfernungen von 600 oder 800 Kilometern - ohne regionale und dezentrale Anschlussstellen. Diese Pläne der TenneT laufen der dezentralen Energiewende in Bayern zuwider", kritisiert Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V.

"Die Bevölkerung soll für unnötige Leitungen bezahlen, aber den Nutzen haben wenige Konzerne und Investoren. Dies ist Geldverschwendung. Die Begründung, dass die Energiewende diese Gleichstromleitungen erfordert, ist faktisch nicht haltbar. Dezentrale Energieerzeugung ist die Lösung und dies erfordert eine Ertüchtigung des vorhandenen Netzes, vor allem der Verteilnetze", fordert Walter Nowotny, Mitglied im Vorstand der Kreisgruppe Regensburg des BUND Naturschutz.

"Strom aus Wind im Norden kann oft nicht ins Netz eingespeist werden, da die Braunkohlekraftwerke im Norden nicht gedrosselt werden. Deutschland verpflichtete sich bei der COP21-Klimaschutzkonferenz 2015 in Paris zur Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen. Würden wir Deutschen die Vereinbarungen von Paris ernst nehmen, um die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen, dann dürften ab 2030 keine deutschen Kohlekraftwerke mehr in Betrieb sein. Nach dem Kohleausstieg sind diese Trassen überflüssig", kritisiert Petra Filbeck aus dem Arbeitskreis Energie in der Kreisgruppe Regensburg des BUND Naturschutz. "Gleichstromtrassen erzeugen keinen Strom, kosten aber insgesamt ca. 38 Milliarden Euro, die wir Stromkunden zahlen. Dieses Geld fehlt für den Bau von Speichern", so Filbeck weiter.

"Der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer blockiert eine erfolgreiche dezentrale Energiewende. Die Gründe sind schwer zu verstehen. Mit der Einführung der 10H-Regelung in die Bayerische Bauordnung wurde die Planung von Windenergieanlagen von der Regionalplanung in die kommunale Bauleitplanung verschoben. Resultat - die Neuplanung von Windenergieanlagen findet nicht mehr statt. Die CSU hat im Bundestag 2016 der Novellierung des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes 2017 zugestimmt. Der neue Modus Ausschreibungen als Zugang zur Vergütung von Wind- oder Sonnenstrom würgt Bayerische Bürgerenergievorhaben ab. Der Ministerpräsident hat im Sommer 2015 dem Bau der Gleichstrom-Trassen zugestimmt, als Erdkabel. Das wird die kommunalen Energie-Unternehmen in Bayern aus dem Markt der Energiewende drängen. Hier in Bayern schreiten wir auf die Agonie der Energiewende zu!", so Dr. Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz beim BUND Naturschutz in Bayern e.V.

Den aktuellen Planungen der Gleichstromtrassen SUEDOSTLINK und SUEDLINK liegt die Novelle des Bundesbedarfsplanausbaugesetzes vom Dezember 2015 zugrunde, die auf dem Netzentwicklungsplan 2024 der Bundesnetzagentur am Bundeswirtschaftsministerium beruht.

Leider berücksichtigt dieser Netzentwicklungsplan 2024 in keiner Weise die Klimaschutzziele der Klimakonferenz von Paris in 2015. Aus Sicht des BUND Naturschutz verfehlen die Planungsgrundlagen zu SUEDOSTLINK und SUEDLINK das internationale Ziel, die globale Klimaerwärmung auf unter 2 Grad, besser auf unter 1,5 Grad, zu begrenzen. Dieses globale Ziel erfordert, so legt es das Klimaschutzabkommen von Paris 2015 fest, nationale Aktionspläne. Um das internationale Klimaschutzziel zu erreichen, muss aus Sicht des BUND Naturschutz als nationaler Aktionsplan in Deutschland der Kohleausstieg bis spätestens zum Jahr 2030 umgesetzt werden. Der Übergang zu einer Versorgung mit nahe 100 Prozent Erneuerbaren Energien muss bis zum Jahr 2040 erfolgt sein. Dies wurde in der Planung der nun vorgelegten Pläne der Gleichstromtrassen nicht berücksichtigt, und wird mit diesen auch nicht gelingen, befürchtet der BUND Naturschutz.

Der Netzentwicklungsplan 2024 ignoriert aktuelle Fachstudien, die auf eine andere Organisation des Strommarktes und des Stromnetzbetriebs abzielen:
· Die VDE-Studie zum "zellularen Ansatz" von 2015, die zeigt, dass ein rein auf eine 100-prozentige Versorgung aus Erneuerbaren Energien neu ausgelegtes Stromnetz eine deutlich andere Struktur und anderen Umfang als die bisherigen Netzentwicklungspläne aufweisen kann.
· Die aktuelle VDE-Studie "Regionale Flexibilitätsmärkte", die zeigt, dass mit regionalen Ausgleichsmechanismen und flexibel aufeinander abgestimmtem Betrieb von Einspeisungen bzw. "Demand Side Management" ein deutlicher Abbau von Engpässen, und mit Kappung von Spitzen eine Minderung des Übertragungs-Netzausbaus erfolgen kann.
· Die Studie der FAU Erlangen und der Prognos AG von 2016, die aufzeigt, dass eine dezentrale Organisation von Strommärkten in Zellen eine Minderung der Gesamtkosten bietet; mit unterschiedlichen Stromknotenpreisen können eine Minderung des Übertragungsnetzausbaus und ein weitgehender Verzicht auf neue Gleichstromtrassen erreicht werden.

Der BUND Naturschutz fordert eine fundierte fachliche, aber auch politische Alternativenprüfung eines dezentralen Energiekonzeptes für Deutschland, und darin auch für Bayern, unter Berücksichtigung folgender Eckpunkte:
· zellularer Ansatz mit regionalem Ausgleich,
· virtuelle Kraftwerke,
· Energietransport stofflicher Energieträger (Wasserstoff, Methan, ...) hergestellt mit Überschüssen aus Erneuerbaren Energien ("Power-to-X"),
· flexibler und Strom-geführter Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung zur Rückverstromung dieser stofflichen Energieträger, um Stromlieferungen aus fluktuierenden Erneuerbaren-Energien-Quellen Windstrom und Sonnenstrom dem Bedarf der Verbraucher anzupassen,
· regionales Strommanagement, mit regionalen Flexibilitätsmärkten, regionalen Stromanbietern, regionalen Bilanzkreisen, ...
· Optimierung der 110 Kilovolt-Hochspannungs-Verteilnetze.

Der BUND Naturschutz in Bayern (BN), gemeinsam mit dem Bundesverband Bund Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND), hatte von 2012 bis 2017 fachlich qualifizierte Stellungnahmen in den Planungsverfahren der Bundesnetzagentur abgegeben. Leider fand hiervon nahezu nichts Berücksichtigung.

Der BUND Naturschutz kritisiert die mangelnde Transparenz der Planungen zu SUEDOSTLINK und SUEDLINK. Seitens der planenden Übertragungsnetzbetreiber, für SUEDOSTLINK und SUEDLINK in Bayern TenneT, wurde kein Einblick in Berechnungen und deren Grundlagen gegeben.

Der BUND Naturschutz kritisiert Berechnungsgrundlagen, wie den Strom aus Kohle-Kraft-Wärme-Kopplung, der um den Faktor 3 - 4 fehlerhaft höher als real möglich angesetzt wurde. Dies beeinflusst die Rechnungen, denn solche Kraftwerke werden als "must-run"-Stromerzeugung gewertet, wie der BUND Naturschutz in seinen Stellungnahmen beschreibt: www.bund-naturschutz.de/energie/energiepolitik.html.

Der BUND Naturschutz kritisiert die Umsetzung von Erforderlichkeitskriterien, die festlegen, dass diese Gleichstromleitungen bereits dann in den Modell-Rechnungen als erforderlich gesetzt wurden, wenn diese in den 8760 Stunden eines Jahres für eine Viertelstunde mehr als 20 Prozent ihrer Nennleistung erreichen.

Der BUND Naturschutz fordert, dass ein zusätzlicher Netzausbau zugunsten von Stromtransiten und europaweitem Stromhandel durch die Netze in Deutschland hindurch auch so benannt und transparent darzulegen ist, und fordert hierzu ein europäisch erweitertes Planungs- und Beteiligungsverfahren. Dies liegt jedoch bislang nicht vor.

Für Rückfragen:
Dr. Herbert Barthel, Referat für Energie und Klimaschutz
Tel.: 0911/81878-17 oder 0151/50489963