2. Forum „EU-Studie Variantenunabhängige Untersuchungen zum Ausbau der Donau“ am 20. April 2012 in Deggendorf
Das 2. Forum „EU-Studie Variantenunabhängige Untersuchungen zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen - Stand der Untersuchungen Frühjahr 2012“, das die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes am 20. April 2012 in Deggendorf veranstaltet, nehmen die Vertreter der Umweltorganisationen, die in der „Monitoring-Gruppe“ die Untersuchungen beobachten, zum Anlass, auf grundsätzliche Probleme der Untersuchungen und auf offene Fragen hinzuweisen:
· Die Untersuchungen sind nicht „variantenunabhängig“,
· Auftraggeber, koordinierende Behörde und Projektsteuerung favorisieren eindeutig den Staustufenausbau,
· das Projektziel ist nicht klar definiert - es fehlt als maßgebliche Bewertungsbasis ein übergeordnetes Güterverkehrskonzept und
· im Zuge der Energiewende muss damit gerechnet werden, dass nach einem Ausbau nach Variante C2.80 auch hier die Wasserkraft genutzt wird.
Die Untersuchungen sind nicht „variantenunabhängig“
In den von der EU geförderten Untersuchungen werden ausschließlich und gezielt die Ausbauvarianten A (Flussregulierung ohne Staustufen) und C2.80 (Flussregulierung mit einer Staustufe und einem Schleusenkanal) technisch geplant und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Schifffahrt und auf die Umwelt untersucht, prognostiziert und beurteilt. Variantenunabhängige Fragen, wie zum Beispiel „wie könnte die Frachtschifffahrt auf der Donau besser in ein Gesamtverkehrskonzept eingebunden werden“, spielen keine Rolle. Die Untersuchungen beziehen sich ausschließlich auf die Baumaßnahmen in den beiden Varianten und ihre Auswirkungen. Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz, fragt sich: „Soll mit der Bezeichnung »Variantenunabhängige Untersuchungen« vor der Öffentlichkeit verschleiert werden, dass hier Varianten für den Ausbau der frei fließenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen untersucht werden, deren Sinn und Notwendigkeit völlig fragwürdig ist?
Auftraggeber, koordinierende Behörde und Projektsteuerung favorisieren eindeutig den Staustufenausbau
Vorgeblich werden die Untersuchungen ergebnisoffen durchgeführt und sollen neutrale und objektive Grundlagen für die politische Entscheidung zur Art des Ausbaus, das heißt für eine der beiden Varianten, liefern. Aber Auftraggeber, koordinierende Behörde und Projektsteuerung favorisieren eindeutig den Staustufenausbau nach Variante C2.80. Auftraggeber ist das Bundes-Verkehrsministerium, Bundesminister Ramsauer hat sich in der Vergangenheit wiederholt öffentlich eindeutig für den Staustufenausbau ausgesprochen. Auch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd als koordinierende Behörde lässt in ihren Publikationen keinen Zweifel daran, dass sie die Ausbauvariante C2.80 für die einzig sinnvolle hält. Das Untersuchungsprojekt wird von der RMD Wasserstraßen GmbH, einer Tochter Rhein-Main-Donau AG, gesteuert. Seit jeher propagieret die RMD die Staustufenkanalisierung. Wegen des Eigeninteresses der RMD an möglichst umfangreichen Ausbaumaßnahmen und des ihr zustehenden Rechts auf Nutzung der Wasserkraft zur Stromgewinnung ist die Übertragung der Projektführerschaft auf die RMD Tochter nach dem von den Umweltvertreter in der Monitoring-Gruppe eingeholten Gutachten einer renommierten Vergaberechtskanzlei rechtswidrig. Naturschutzfachbehörden wurden, trotz der bei der Staustufenlösung extremen Eingriffe in die Schutzgebiete, nicht mit eigenen Untersuchungen in das Projekt eingebunden - warum wohl?
Ludwig Sothmann, der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz, fragt sich: „Wie kann unter diesen Umständen ein objektives Untersuchungsergebnis erreicht werden, das der Politik eine neutrale Entscheidungsgrundlage liefern soll, zur Abwägung zwischen Nutzen für den Gütertransport und Schaden für Natur und Landschaft?“
Das Projektziel ist nicht klar definiert - es fehlt als maßgebliche Bewertungsbasis ein übergeordnetes Güterverkehrskonzept
Angeblich soll mit dem „Ausbau“ der frei fließenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen die Güterverkehrssituation auf dem Weg zwischen Rotterdam und Schwarzen Meer verbessert werden. Mehr Güter sollen mit dem Schiff statt mit dem LKW transportiert werden. Straßen sollen entlastet, die Fracht auf dem Binnenschiff soll zuverlässiger und billiger werden. Es gibt aber kein umfassendes Güterverkehrskonzept, das das Gesamtverkehrsaufkommen in den betroffenen Regionen jetzt und in der Zukunft betrachtet, dabei definiert, welche Rolle die verschiedenen Verkehrsträger - Straße, Schiene, Wasserstraße - spielen können und sollen, und vorgibt, welche Maßnahmen denkbar sind, die Situation hinsichtlich Bewältigung, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit zu optimieren. Dieses übergeordnete Verkehrskonzept wäre schon allein deshalb erforderlich, damit die von den europäischen und nationalen Naturschutzrichtlinien vorgeschriebene echte Alternativenprüfung vorgenommen werden kann. Die im Untersuchungsprogramm vorgesehene „ Verkehrsprognose und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ bezieht sich unmittelbar auf die geplante Baumaßnahme, sie beantwortet die übergeordneten Fragen nicht. Johannes Schnell vom Landesfischereiverband Bayern e.V. gibt zu bedenken: „Eine aktuelle Güterverkehrsprognose, also ein Kernstück zur Beantwortung der Ausbaufrage, fehlt bisher. Trotz frühzeitiger Hinweise der Naturschutzverbände auf diesen Missstand liegen bisher keine belastbaren Verkehrsprognosen vor, die eine wie auch immer geartete Ausbauvariante überhaupt rechtfertigen könnten. Aktuell wird mit öffentlichen Geldern in Höhe von 33 Mio. € ein Donau-Ausbau untersucht, der im Nachhinein verkehrstechnisch betrachtet womöglich unrentabel ist.“
Im Zuge der Energiewende muss damit gerechnet werden, dass nach einem Ausbau nach Variante C2.80 auch hier die Wasserkraft genutzt wird
In der vorliegenden Planung der Staustufen-Variante C2.80 ist kein Wasserkraftwerk eingezeichnet. Die Untersuchungen der Eingriffsauswirkungen gehen davon aus, dass kein Kraftwerk gebaut wird. Die RMD AG, die die Konzession zur Nutzung der Wasserkraft zur Stromgewinnung hat und bereits seit 1965 im fraglichen Abschnitt Wasserkraftwerke plant, beteuert heute, kein Kraftwerk vorzusehen. In der einseitigen Erklärung vom November 2011 erklärt die RMD, sie werde von dem ihr bis 2050 zustehenden Konzessionsrecht für den fraglichen Abschnitt „ nur dann wieder Gebrauch machen, wenn diesbezüglich ein ausdrücklicher Wunsch von der Bundesrepublik Deutschland und vom Freistaat Bayern geäußert wird. ... “. Der Bayerische Umweltminister Dr. Marcel Huber setzt im Rahmen der Energiewende auf die Wasserkraft. In einem Interview sagt er: „Wir werden uns sehr genau anschauen, ob wir bei den bestehenden Querbauwerken eine ökologisch vertretbare energetische Nutzung des gestauten Wassers erreichen können.“ Sollte das Stauwehr und der Schleusenkanal entsprechend Variante C2.80 wirklich gebaut werden, muss deshalb davon ausgegangen werden, dass im Schleusenkanal auch ein Kraftwerk gebaut wird. Abhängig davon, für welche Leistung das Kraftwerk ausgelegt würde, bliebe für die Mühlhamer Schleife nur noch mehr oder weniger „Restwasser“. Die Auswirkungsprognosen, wie sie in den EU-geförderten Untersuchungen unter der Annahme „keine Wasserkraftnutzung“ getroffen werden, wären dann Makulatur. Dr. Anton Huber, Sprecher des Bürgerforums Umwelt, stellt dazu fest: „Die Untersuchung der Auswirkungen eines Ausbaus nach C2.80 auf Grund- und Bodenwasserhaushalt, damit auf Bodenfruchtbarkeit, Flora und Fauna nur für den Fall einzuschränken, dass kein Kraftwerk eingebaut wird ist unzulässig. Diese Vorgabe führt zu einer nicht zu verantwortenden Verharmlosung der Eingriffsfolgen; denn sie täuscht einen Ausgleich vor, den es so nicht geben wird.“
Für Rückfragen:
Dieter Scherf, Bund Naturschutz in Bayern e.V., Tel 08547-7292, dieter.scherf@bund-naturschutz.de
Dr. Anton Huber, Bürgerforum Umwelt Vilshofen e.V., Tel. 08541-1033