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Tiere und Pflanzen

6,7 Hektar am Sulzbach werden wieder Auen-Lebensraum

Auen bieten wertvollen Lebensraum für vielfältige, teils äußerst seltene Tier- und Pflanzenarten. Durch Uferverbauung, Überdüngung und viele weitere schädliche Einflüsse sind von den einzigartigen Biotopen gerade an Bächen jedoch nur wenige Restbestände geblieben. Die BN-Kreisgruppen Rottal-Inn, Passau und Dingolfing-Landau haben nun einen Auwald am Sulzbach gekauft, um die dortige Artenvielfalt langfristig zu erhalten.

08.10.2020

„Mehr und mehr fehlen in der intensiv genutzten Landschaft die Bereiche, in denen es keine Nutzung gibt und die Natur sich entfalten kann – hier fügen wir ein kleines, aber feines Puzzlestück dazu“, so Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz Bayern.

Das gekaufte Auwaldgebiet liegt zwischen Uttigkofen (Gemeinde Aldersbach, Landkreis Passau) und Emmersdorf (Gemeinde Johanniskirchen, Landkreis Rottal-Inn) und direkt von Erlbach und Sulzbach, einem Nebengewässer der Unteren Vils und ist so direkt an das Vilstal angeschlossen. Die BN-Kreisgruppen Rottal-Inn, Passau und Dingolfing-Landau haben die Fläche mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds gemeinsam erworben. An der Pflege werden sowohl der Landschaftspflegeverband Rottal-Inn als auch Passau beteiligt sein.

„Durch das Grundstück verläuft die Landkreisgrenze. Das war beim Kauf und ist bei der Pflege eine kleine Herausforderung. Aber im Naturschutz muss man eben zusammenarbeiten“, so Karl Haberzettl, BN-Kreisvorsitzender Passau und Mitglied des Landesvorstands.

Die gekaufte Fläche soll nun schrittweise wieder zu einem naturnahen Fließgewässerabschnitt mit großem Auenbereich entwickelt werden. Entscheidend ist dabei, dass die natürliche Dynamik des Wassers, die typisch und prägend für Auenbereiche ist, wieder in Gang kommt. Die Voraussetzungen am Sulzbach sind gut: Der Bach ist weitgehend unverbaut mit Auwaldsaum und Hochstauden auf beiden Seiten, die Elemente einer klassischen Au sind mit Wiese, Wald und Wasser bereits vorhanden.

Nun wurde gemeinsam ein Pflege- und Entwicklungsplan zur ökologischen Optimierung der Weichholzaue erstellt: So sollen zum Beispiel gezielt die Fichten entnommen und wieder Bäume der Weichholzauen wie Schwarzpappeln oder Weiden nachgepflanzt werden. Ein hoher Anteil an Totholz – liegend und stehend – soll die Fläche aufwerten. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Verteilung des Wassers im Gelände: der Erlbach darf wie früher flächig durch das Grundstück fließen und soll die Auwaldwiese wieder vernässen.

Eine Besonderheit im Gelände sind die zwei Fischteiche im Zentrum, die umgestaltet werden für Amphibien, Reptilien und Libellen mit Flachwasserbereichen und sanften Uferübergängen sowie standortgemäßer Ufer- und Unterwasservegetation.

Das Konzept, das dahinter steht, ist ein einfaches ökologisches Grundprinzip: Der Bach gestaltet seine Umgebung maßgeblich mit und schafft – wenn man ihm den Platz dafür einräumt – so eine Vielfalt an kleinen, unterschiedlichen Lebensräumen. Und diese Vielfalt an Lebensräumen führt zur Vielfalt auf der Artenliste.

Und auf der Artenliste – die beteiligten BN-Kreisgruppen haben beim Geotag der Artenvielfalt im Sommer diesen Jahres systematisch kartiert – stehen bereits jetzt Bekassine, Raubwürger und Flussuferläufer als Arten der Roten Liste 1 (sehr gefährdet). Und natürlich der Eisvogel. Im Bereich der Amphibien und Reptilien konnten Ringelnatter, Laubfrosch, Grasfrosch sowie kleine Restvorkommen an Bergmolch und Teichmolch nachgewiesen werden. Als Vertreter der Insekten wurden Libellen und Schmetterlinge, Heuschrecken gesichtet – und als Besonderheit der Deutsche Sandlaufkäfer, der offene spärlich bewachsene feuchte Bereiche braucht. Als Pflanzenraritäten stehen dort Goldschopfhahnenfuß, Moschuskraut und Froschlöffel.

„Ein paar stark bedrohte Arten haben bereits auf die Fläche gefunden. Das Grundstück ist schon jetzt ein Rückzugsort für die im Landkreis heimischen Tiere und Pflanzen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, diesen Lebensraum immer weiter zu verbessern und ihn auf Dauer als Hotspot der Artenvielfalt zu erhalten“, erklärt Marianne Watzenberger, Geschäftsstellenleiterin der BN-Kreisgruppe Rottal-Inn.

Besonders ist nicht nur die Größe der Auwaldfläche, sondern auch deren überregionale Bedeutung als Teil des Gewässerbiotop-Verbunds zur Vernetzung der Täler von Rott und Vils. Die Fläche kann ein wichtiger Baustein des Projekts „Lebendiges Vilstal“ werden, das als BayernNetzNatur-Projekt zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie und zum Aufbau eines landesweiten Biotopverbundes beitragen soll. Dieser Biotopverbund war auch ein Kernpunkt des Volksbegehrens 2019.

Biotopverbund heißt letztendlich nichts anderes als geeignete Lebensräume verbinden, Wanderungen im und am Wasser ermöglichen – und das geht an Flüssen und Bächen als natürliche Lebensachsen besonders gut.

„So funktioniert Naturschutz in der Fläche. Die Entwicklung von kleinen Bächen und Gräben ist die sinnvolle lokale Ergänzung zur Renaturierung der niederbayerischen großen Flüsse wie Inn, Isar oder Donau“, so Richard Mergner. Unsere Kreisgruppen tragen hier zu dem Biotopverbund bei, dessen Umsetzung seit dem Volksbegehren eigentlich staatliche Aufgabe sein muss.“

„Wir freuen uns, dass sich unsere Kreisgruppen vor Ort weiter intensiv um den Auenschutz bemühen und diesen als einen ihrer Schwerpunkte verstehen.“

Für Rückfragen:
Rita Rott
Regionalreferat Niederbayern
089 / 54 830 112
rita.rott@bund-naturschutz.de