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Beschleunigter Autobahnausbau bei München löst Stauproblem nicht

Verkehrsexperte: Ausbau der A8 Richtung Salzburg dauert mindestens fünf Jahre, drei bis fünf Jahre später wird es genauso viele Staus geben wie vorher. A8-Ausbau ist das klimaschädlichste bayerische Projekt im Bundesverkehrswegeplan, kostet mindestens rund zwei Milliarden Euro und schädigt sensible Schutzgebiete.

05.05.2023

Der BUND Naturschutz in Bayern kritisiert den von der Bundesregierung auch im Freistaat geplanten beschleunigten Ausbau von Autobahnen. Ministerpräsident Markus Söder möchte, über die Pläne des Bundes hinaus, weitere Straßenbauprojekte nach Bayern holen. „Damit tritt der Ministerpräsident den Klima- und Naturschutz mit Füßen. Das ist ein absolut fatales Zeichen in Zeiten der Klimakrise. Er agiert hier nicht als Bewahrer unserer schönen bayerischen Landschaft, sondern als deren Zerstörer“, erklärt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. „Jedes Jahr wird eine Fläche so groß wie der Ammersee neu mit Gewerbegebieten, Straßen oder Einkaufszentren bebaut. Die aktuellen Fernstraßen-Ausbaupläne für Bayern würden zusätzlich sehr viel Fläche für immer zerstören. Für jeden Kilometer Neu- oder Ausbau einer Autobahn oder Bundesstraße müssen zudem anderswo die Sanierungen von Straßen oder Schienen hintenanstehen und das Geld fehlt. Der Ausbau der A8 südlich von München bis zur Landesgrenze wurde 2017 mit knapp 1,8 Milliarden Euro veranschlagt, die Kosten dürften mittlerweile deutlich höher liegen. Und auch die Stauproblematik wird durch neue Straßen nicht gelöst!“

Dies unterstreicht der renommierte Verkehrswissenschaftler Prof. Dr. Heiner Monheim, der jahrzehntelang zur Verkehrsentwicklung in Deutschland geforscht hat: „Neue und breiter ausgebaute Straßen erzeugen mehr Auto- und Lkw-Verkehr. Diese Erfahrung ist seit den 70er-Jahren belegt und kann überall auf der Welt beobachtet werden. Wenn die Fernstraßen schneller und breiter werden, werden mehr und weitere Fahrten mit Pkw und Lkw gemacht. Zudem wird von Bus und Bahn noch mehr als sonst aufs Auto umgestiegen. Das ergibt eine Endlosspirale von Kfz-Verkehrswachstum und Straßenbau. Im Übrigen produzieren die langen Bauzeiten beim Bestandsausbau massiv zusätzlichen Stau. Für den A8-Ausbau südlich von München rechne ich mit Baumaßnahmen von mindestens fünf Jahren, eher deutlich länger, die mit erheblichen Einschränkungen für die Autofahrerinnen und Autofahrer einhergehen. Bereits drei bis fünf Jahre nach der Fertigstellung werden wir dort dann durch den induzierten Neuverkehr die gleiche Stauproblematik haben wie vorher.“

Der BUND Naturschutz und Prof. Monheim fordern stattdessen einen Kurswechsel der Verkehrspolitik weg vom Straßennetzausbau hin zur konsequenten Förderung des öffentlichen Verkehrs: „Das Schienennetz muss schnell ausgebaut, stillgelegte Strecken reaktiviert und der Busverkehr im ländlichen Raum massiv verbessert werden – nur so wird das 49-Euro-Deutschlandticket durch gute Angebote auch wirklich überall nutzbar. Ich fordere eine klare Prioritätensetzung des Bundes, der Länder und der Kommunen für den so genannten Umweltverbund – also für den öffentlichen Verkehr, den Rad- und Fußverkehr sowie für neue Angebote der Share Economy. Wenn stattdessen die Fernstraßen weiter ausgebaut werden, ist das für die Klimaentwicklung fatal“, so der Verkehrsexperte.

Die stellvertretende Vorsitzende des BN und Vorsitzende der Kreisgruppe Traunstein Beate Rutkowski erklärt: „Ein Ausbau der A8 Traunstein / Siegsdorf Richtung Salzburg würde weitere sensible Schutzgebiete in den Chiemsee-Mooren zerstören und die Schaffung eines dringend nötigen Biotopverbundes verhindern. Die Fahrbahn soll dort auf sechs Spuren erweitert werden, eine Katastrophe für die Tier- und Pflanzenwelt und den Gewässerschutz. Wann begreift die Politik auf allen Ebenen endlich, dass in Zeiten des Klimawandels und der Biodiversitätskrise der Straßenbau ein irreparabler Irrweg ist!“