BN zieht Grüne Bilanz Mittelfranken 2011:
2012: Energiewende, Atomausstieg, Gentechnikfreiheit, Ökologisierung der Landwirtschaft, Bewahrung des Naturreichtums, Kampf um landschaftsverträgliche Mobilität
Der Bund Naturschutz zieht Bilanz für Mittelfranken und dabei kommen eine ganze Menge große und kleine Erfolge für Natur und Landschaft zutage. Dass der hohe Flächenverbrauch aber nach wie vor zu den Sorgenthemen in Mittelfranken gehört – trotz Bevölkerungsrückganges und einzelner Erfolge -, trübt das positive Ergebnis.
Zu den größten Erfolgen 2011 zählt, dass der Atomausstieg endlich vorankommt. Alle mittelfränkischen Kreisgruppen hatten nach der Katastrophe von Fukushima, oft zusammen mit anderen Initiativen zahlreiche, sehr fantasievolle Mahnwachen bis in den Sommer organisiert und dabei großen Zulauf erlebt. In Fürth fand dazu eine Großdemonstration statt. Projekte zur Energiewende wie die des Energiebündels Roth-Schwabach, kommen kräftig voran. Die Diskussionen um Bürgerwindanlagen in ganz Mittelfranken zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger verstanden haben: Windkraft ist die effektivste Form der alternativen Stromerzeugung. Z.B. mit der BI „Landkreiswind“ im Nürnberger Land befördert der BN die Debatte.
„Vor allem breite Bündnisse haben dazu beigetragen, dass der Atomausstieg nur wenige Monate nach der umstrittenen Entscheidung der Bundesregierung zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten und der Katastrophe in Fukushima selbst von einer CDU-CSU-FDP-Regierung beschlossen wurde“, so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN.
Eine Reihe großer Landschaftseingriffe konnten Ende 2011 endgültig ad acta gelegt werden, darunter das geplante und vom BN kritisierte Factory Outlet Center in Herrieden (Lkr. Ansbach) und der auf ca. 56 ha geplante Limes-Park bei Ellingen, eine Art Disneyland mit Berufsrömern in Kostümen. Auch hier hatte der BN fachlich gegengehalten. Eine vom BN unterstützte Bürgerinitiative konnte über einen Bürgerentscheid das geplante Gewerbegebiet Erlangen Tennenlohe „G6“ stoppen. Die seit Jahren mit vielen Aktionen bekämpfte Südspange zum Gewerbegebiet Nürnberg-Feucht im Reichswald ist ebenso Geschichte.
Besonders erfreulich ist der Zwischenerfolg beim sog. Zaunstreit am Oettinger Forst, wo die Großgrundbesitzer ein riesiges Waldgebiet einzäunten und zum zweiten Mal eine Ablehnung durch das Landratsamt Ansbach kassierten. Das ehemalige Adelshaus klagt gegen den verfügten Rückbau. Der BN bekämpft die Einschränkung des Rechts auf Zutritt zur freien Landschaft und die Gatterung der gefütterten Wildschweinbestände.
Als einen guten Zwischenerfolg verbucht der BN den Verzicht der Autobahndirektion Nordbayern auf den Einsatz von Diflubenzuron gegen den Eichenprozessionsspinner an mittelfränkischen Autobahnen im Jahr 2011. In den Vorjahren war das Gift tonnenweise widerrechtlich ausgebracht worden. Es steht im Verdacht, Krebs zu erregen und führt zum Rückgang vieler Schmetterlingsarten. Auch die Kommunen reduzierten den Gifteinsatz erheblich.
Dass nach dem Biber auch der Auerhahn wieder nachweislich in Mittelfranken vorkommt, erfüllt alle NaturschützerInnen mit Freude. „Wir sagen herzlich willkommen im Reichswald. Hilf‘ uns gegen Nordspange und Co.!“, so Mergner.
Die größten Baustellen bleiben nämlich die geplanten Eingriffe: Im Reichswald z.B. die Nordspange zum Flughafen Nürnberg, die Südumfahrung bei Erlangen, ein Gewerbegebiet bei Feucht oder der geplante Ausbau der A6 südlich Nürnberg u.a. mit PWC-Anlage oder der Ausbau der Staatsstraße Feucht-Penzenhofen 443 Pläne und Projekte, zumeist Eingriffe in das europäische Vogelschutzgebiet Nürnberger Reichswald wurden seit den 90er Jahren bereits durchgeführt oder sind geplant, wie eine unvollständige (!) Liste aus dem Planungsverfahren zur Nordspange 2011 offenbarte. „Dass im Bannwald, immerhin die höchste Schutzkategorie im Wald und im europäischen Vogelschutzgebiet permanent Eingriffe stattfinden, widerspricht nicht nur den Zielen des bay. Landtages, sondern auch denen des Europaparlaments. Hier muss dringend gegengesteuert werden“, so Mergner.
Gegen das riesige Gewerbegebiet Interfranken bei Feuchtwangen (Lkr. Ansbach) wurde mittlerweile Klage eingelegt. In Fürth kämpft die Kreisgruppe z.B. gegen eine Gewerbefläche für einen LKW-Abstellplatz im Wasserschutzgebiet und immer mehr Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet an der Rednitz. In Uffenheim drohen riesige weitere Gewerbegebiete an der Autobahn.
Im Jahr 2010 betrug der tägliche Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke 20,8 Hektar, eine Steigerung um 25% gegenüber dem Vorjahr (2009: 16,4 ha). Bayern ist damit weiterhin Spitzenreiter unter den alten Bundesländern beim Flächenverbrauch.
„Der hohe Flächenfraß ist und bleibt das größte Umweltproblem in Bayern. Ministerpräsident Seehofer ist gefordert, hier zu handeln. Während sich alljährlich Minister wie Joachim Herrmann oder Markus Söder für mehr Bodenschutz aussprechen, steigt der Flächenverbrauch an und unser Land verschwindet immer mehr unter Asphalt und Beton. Wir wollen endlich Taten sehen, damit auch in Zukunft in Bayern noch gesunde Nahrungsmittel erzeugt und Natur erlebt werden kann“, so Richard Mergner.
Die mittelfränkischen Kreisgruppen des BN haben 2011 wieder mit zahlreichen Aktivitäten zum Erhalt der schönsten Landschaften Mittelfrankens und der heimischen Tier- und Pflanzenarten beigetragen. Sei es mit Projekten wie „Feuersalamander“ zusammen mit dem Naturschutzzentrum Wengleinpark, dem Projekt „Alte Obstsorten“ in Schwabach, „Karpfen pur Natur“, Kartierung der Bibervorkommen im Lkr. Roth oder mit den Krötenaktionen. Allein von der Kreisgruppe Roth wurden 2011 an sechs Krötenzäunen 5.000, von der Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen an zehn Zäunen 31.000 Tiere gerettet. Streuobstinitiativen mit der Vermarktung von Apfelsaft, Apfelmärkte oder Pflanzentauschbörsen sind neben der jährlichen Pflege von ca. 400 ha Biotopflächen im BN-Eigentum oder als Pachtland weitere erfolgreiche Aktivitäten zum Erhalt von Natur und Landschaft. Seit 40 Jahren pflegt die Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach z.B. das Mohrhof-Weihergebiet.
"Leider mussten wir auch Niederlagen einstecken: Dass z.B. der Flughafen Nürnberg trotz bestrittenen Bedarfsnachweises in der Einflugschneise roden darf und bereits damit begonnen hat oder die N-ergie eine 110 KV-Leitung zum Nürnberger Hafen bauen darf, schmerzt uns Umweltschützer sehr. Und dass Max-Planck-Institut am Naturschutzgebiet Exerzierplatz in Erlangen gebaut wird, ärgert alle Naturfreunde in Mittelfranken. Trotzdem macht es Freude, sich für den Natur- und Umweltschutz zu engagieren", so Mergner.
2012 wird sich der BN in Mittelfranken schwerpunktmäßig für die Energiewende, vor allem das Energiesparen und den Ausbau der Windkraft, und für die Verkehrswende einsetzen, weg vom Ausbau von Flughäfen und Straßen, hin zu Klimaschutz und Flächensparen.
Daneben wird der BN seine Aktivitäten für eine bäuerliche, gentechnikfreie und ökologische Landwirtschaft verstärken. Die Großdemonstration in Berlin für die Agrarwende war im Januar 2012 bereits der Auftakt dazu, aus allen Kreisgruppen Mittelfrankens waren Aktive dabei. Die Initiativen für gentechnikfreie Lebensmittel wie „Bündnis Gentechnikanbaufreier Landkreis Ansbach“, „Bündnis Gentechnikfreier Landkreis Erlangen-Höchstadt“, „Zivilcourage Roth-Schwabach“, „Bündnis Gentechnikfreier Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen“, „Bündnis gentechnikanbaufreies Nürnberg“ oder das Bündnis im Landkreis Fürth u.v.a. werden ihre Aufklärungsarbeit fortsetzen. Unser Ziel bleibt, dass weiter kein einziger Acker in Mittelfranken mit gentechnisch verändertem Saatgut bestellt und auch bei den Futtermitteln Gentechnikfreiheit erreicht wird.
Die Aktivitäten für einen Nationalpark Steigerwald laufen 2012 natürlich wie in den letzten zwei Jahren weiter.
Leider hält die Regierung von Mittelfranken trotz Bevölkerungsstagnation an zahlreichen Infrastrukturplanungen fest, darunter für 400 Mio. € eine neue Stadtautobahn (Frankenschnellweg-Ausbau). Eine Reihe von Ortsumfahrungen drohen mit dem Staatsstraßenausbauplan, darunter der Ausbau Ammerndorf-Codolzburg, eine riesige Umfahrung von Cadolzburg oder die Umfahrung von Vach (Stadt Fürth) mit Hüttendorfer Damm (Erlangen). Im Nürnberger Land kämpft die Kreisgruppe gegen eine Nordtangente Altdorf.
Der BN setzt bei all diesen Planungen auf klimafreundlichere und flächensparendere Alternativen wie die Stadt-Umland-Bahn im Raum Nürnberg/Erlangen oder die Verkehrsvermeidung durch Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe., z.B. mit dem jährlichen Wein-, Bauern- und Handwerkermarkt in Scheinfeld.
Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wird der BN 2012 die Klage gegen den Steinbruch bei Rothenstein vor dem VGH fortsetzen, damit das Trinkwasser des Ortsteils Suffersheim geschützt werden kann.
Der BN wird in allen Landkreisen Mittelfrankens auch 2012 wieder ein ambitioniertes Programm anbieten, um für Artenvielfalt und Naturschönheiten zu werben. Spaß und Naturerleben stehen dabei im Vordergrund. Die Erfolgsprojekte wie die Artenschutzwoche Ansbach mit Kooperationspartnern oder das Großprojekt „Sehnsucht Wildnis“ mit Schulklassen im Großraum Nürnberg bis nach Neustadt/Aisch-Bad Windsheimwerden weitergeführt. Die vom BN mitgetragene Ökologische Bildungsstätte Wengleinpark wird 2012 wieder etliche Veranstaltungen anbieten. Aber auch alle anderen mittelfränkischen Kreisgruppen führen regelmäßig Veranstaltungen wie Vorträge, Exkursionen und Filme mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch.
Erfreulich ist auch die BN-Entwicklung: Mit 26.500 Mitgliedern und Förderern Ende 2011 konnte der Bestand um 2,7% gegenüber Ende 2010 gesteigert werden. Die Kreisgruppe Nürnberg-Stadt hat z.B. jetzt 5.270 Mitglieder und Förderer.
Der BN ist mittlerweile ein Verein, der in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und großen Zuspruch erhält. Die Kreisgruppen Ansbach, Höchstadt-Herzogenaurach und Erlangen feierten 2011 mit großen Festen ihr 40-jähriges Bestehen. Lorenz Graf, langjähriger Aktiver im Nürnberger Land und auf BUND-Ebene erhielt 2011 das Bundesverdienstkreuz für sein Engagement, Doris Tropper, Vorsitzende der Kreisgruppe Erlangen und Stellv. Landesvorsitzende wurde mit der Umweltmedaille des Freistaats geehrt, weitere Aktive auch aus Mittelfranken erhielten den „Grünen Engel“ des Umweltministers.
Wie in den letzten Jahren bleibt der BN auch 2011 das grüne Gewissen in Mittelfranken, ob beim Kampf für die schöne Landschaft oder um die besten zukunftsfähigen Konzepte.
Für Rückfragen:
Tom Konopka, Regionalreferent für Mittelfranken, Fon 0911/81878-14