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BN zieht positive Zwischenbilanz „GIFTSPRITZEREI GEGEN DEN EICHENPROZESSIONSSPINNER DEUTLICH ZURÜCKGEGANGEN“

Problem ist im Verhältnis zu Zeckenbissen oder Wespen- und Mückenstichen völlig überbewertet

16.04.2013

Seit Sommer 2010 prangerte der Bund Naturschutz die von Kommunen, Staatlichen Bauämtern und der Autobahndirektion Nordbayern durchgeführten Spritzaktionen mit dem Biozid Diflubenzuron gegen den Eichenprozessionsspinner an und warnte vor den Folgen für Gesundheit und Umwelt. Laut Umweltbundesamt ist das Gift für Menschen schädlich. Es hat darüber hinaus zur Auslöschung der Frühlings- und Sommerboten, der Schmetterlinge und vieler anderer Insekten an vielen Orten beigetragen. 2013 könnten die Giftwolken endlich deutlich geringer ausfallen.

 

Im Rahmen eines Picknicks auf einem Autobahnparkplatz an der A3 bei Höchstadt/Aisch verdeutlichten VertreterInnen des BUND Naturschutz unter Eichen wie sich die Debatte seither entwickelt hat. An der A3 waren jahrelang alle Gehölze gespritzt worden, ohne dass von der Autobahndirektion - wie vorgeschrieben - abgesperrt worden war. Damit waren ungezählte Autobahn- und Parkplatznutzer gefährdet worden. Durch den öffentlichen Druck war diese Praxis 2012 bereits geändert und weniger gespritzt worden. In diesem Frühling will die Autobahndirektion an Autobahnstrecken gar nicht mehr spritzen und an Raststätten nur mit dem weniger giftigen Neem Protect, ansonsten sollen Nester mechanisch beseitigt werden.

 

„Die breite Presseberichterstattung, mehrere Landtags- und Bundestagsanfragen, unsere Anzeige beim Gewerbeaufsichtsamt Nürnberg und auch ein privates Klageverfahren haben in den letzten zwei Jahren zu einem Umdenken der Verantwortlichen geführt. Die Behörden sollten dabei aber nicht stehenbleiben und den Gifteinsatz endlich ganz beenden. Er ist auch im Vergleich zu Gefahren wie nach Zeckenbissen oder Wespen- und Mückenstichen überzogen. Und diese Arten spritzt man ja auch nicht weg, weil die negativen Folgen für die Ökosysteme und dann auch für uns Menschen viel zu groß wären. Wir freuen uns, dass die Autobahnverantwortlichen dieses Jahr das Giftspritzen extrem reduzieren wollen, bleiben aber wachsam“, so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner.

 

„Angesichts des Klimawandels wird man sich wie in anderen wärmeren Regionen Europas darauf einstellen müssen, dass man mit dem Eichenprozessionsspinner leben muss. Eine jährliche Begiftung lehnen wir kategorisch ab. Das Gift tötet ja nicht nur den Eichenprozessionsspinner, sondern praktisch alle Schmetterlinge, Heuschrecken und andere Insekten und führt zum Verschwinden von Gegenspielern wie der Kohlmeise oder Fledermäusen, die nach dem Gifteinsatz mangels Insekten verhungern. Auch Raubwanzen, Schlupfwespen und Waldameisen werden getötet und können im Folgejahr die Massenvermehrung der Prozessionsspinner nicht stoppen“, so Tom Konopka, Diplombiologe und Regionalreferent beim BN.

 

Das gesundheitliche Problem wird bisher völlig überschätzt. Verglichen mit Gefahren des täglichen Lebens ist der Eichenprozessionsspinner ein eher geringes Übel: Etwa 4.000 Menschen sterben jährlich im Straßenverkehr in Deutschland, noch mehr sterben bei Unfällen im Haushalt. Fast 70.000 Schwer- und 320.000 Leichtverletzte gab es 2011 im deutschen Straßenverkehr.

 

Statistiken zu allergischen Schocks und ernsten Gesundheitsgefahren durch Eichenprozessionsspinnerhaare gibt es nicht, bei Veröffentlichungen werden nur Einzelfälle angegeben.

 

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft spricht nur von „Beeinträchtigung der Gesundheit: mechanische Reizung der Haut und Schleimhäute nach Hautkontakt, nach Einatmen von Gifthaaren allergische Reaktionen auf den Giftstoff Thaumetopoein (Sensibilität zunehmend), juckende, entzündliche Hautausschläge, Rötungen, Quaddeln und Bläschen. Beschwerdebilder Entzündungen der Augenbindehaut (selten), Reizungen im Rachen, Halsschmerzen, Hustenreiz.“ Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten spricht trotzdem weiter von „akute(r) gesundheitliche(r) Gefährdung für Menschen.“

 

„Ob bisher überhaupt Menschen nach allergischen Schocks an den Folgen von Eichenprozessionsspinnerhaaren starben ist unklar, während laut Statistischem Bundesamt jährlich zwischen zehn und 30 Menschen infolge Kontakt mit Wespen, Bienen und Hornissen sterben. Die Beeinträchtigungen sind eher mit der Belastung durch Mückenstiche zu vergleichen. Würde man alle Stechmücken mit Gift bekämpfen, hätte das nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Natur, sondern würde die Bestäubung der Nutzpflanzen durch Bienen beenden und ökonomische Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Von den Ökosystemfolgen ganz zu schweigen. Zu Recht werden Stechmücken in aller Regel nicht mit Gift bekämpft“, so Tom Konopka.

 

„Dass die Regierung von Mittelfranken letztes Jahr eine Ausnahmegenehmigung zum Gifteinsatz auch für Autobahnabschnitte angrenzend an europäische Schutzgebiete für Schmetterlingsarten erteilt hat, ist allerdings skandalös. Wir fordern, dass der Einsatz angrenzend an Schutzgebiete vorsorglich verboten wird“, so Mergner.

 

Kommunen wie Erlangen haben nach den BN-Protesten den Gifteinsatz nochmals ausgeschlossen und bekämpfen mechanisch, so wie das Nürnberg schon länger tut. Andere wie das in die Schlagzeilen geratene Weisendorf haben den Gifteinsatz deutlich reduziert und weniger schädliche Mittel angewandt. Leider wurden aber auch schon Eichen gefällt wie in Pleinfeld. In den Jahren vor 2012 wurde das Gift in mindestens 26 fränkischen Gemeinden gespritzt. Gesamtdaten zum Einsatz 2012 und zu den Planungen 2013 liegen noch nicht vor.

 

Auch die heftig kritisierte Autobahndirektion Nordbayern musste zugeben, dass in der Vergangenheit nicht alles korrekt gelaufen war und beschränkte den Gifteinsatz 2012 auf wenige Autobahnabschnitte in Unterfranken und wenige Parkplätze, sperrte die Parkplätze nach dem Einsatz wie vorgeschrieben ab und bekämpfte an Rastanlagen mechanisch, wie vom BN gefordert. In den Vorjahren waren jeweils fast 500 km Autobahn in Teilen Ober-, Mittel- und Unterfrankens begiftet worden. Dabei kam erst 2012 durch eine Anfrage von MdB Toni Hofreiter (Bündnis 90-Die Grünen) heraus, dass unter allen Bundesländern ausschließlich Bayern das Gift an Autobahnen einsetzt. Allerdings werden die Autobahnen selbst weiterhin nicht abgesperrt.

 

Zum Schutz der Mitarbeiter von Autobahnmeistereien empfiehlt der BN die Ermittlung von Mitarbeitern, die mit EPS allergische Schocks bekommen und deren Freistellung von der Arbeit in EPS-Gebieten, Schutzkleidung und notfalls die Nachrüstung der Fahrzeugkabinen mit geringem Überdruck.

 

Diflubenzuron wurde direkt angrenzend an 33 (!) Flora-Fauna-Habitat- und 20 (!) Vogelschutzgebieten eingesetzt, darunter Gebiete zum Schutz von Ameisenbläuling, Hirschkäfer, Gelbringfalter, Mittelspecht usw.. Der BN hält dies für völlig falsch. Hier werden europaweite Schutzanstrengungen konterkariert.

 

 

Für Rückfragen:

Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken

Fon 0911/81878-14

Hintergrund

 

Der Eichenprozessionsspinner …

… ist eine Schmetterlingsart, die vor allem an Eichen vorkommt. Seine Raupen fressen Eichenblätter und bilden dann sogenannte Prozessionen, Ketten vieler hundert hintereinanderher laufender Individuen. Die Härchen der Raupen tragen das Protein Thaumatopoein, das beim Menschen zu allergischen Reaktionen führen kann, wenn man die Haare auf die Haut bekommt.

 

Die regelmäßigen Massenvermehrungen blattfressender Schmetterlingsraupen an Eichen sind eine Folge der Klimaänderung. Die CO2-Immissionen aus Industrie, Verkehr und Haushalten führen zu Temperaturerhöhungen und zu einer Abnahme der Niederschläge. Davon profitieren insbesondere die blattfressenden Insekten wie die Eichenprozessionsspinner, die warm-trockenes Klima lieben.

 

Problem wird völlig überschätzt

Verglichen Gefahren des täglichen Lebens ist der Eichenprozessionsspinner ein eher geringes Übel: Etwa 4.000 Menschen sterben jährlich im Straßenverkehr in Deutschland. Noch mehr sterben bei Unfällen im Haushalt. Fast 70.000 Schwer- und 320.000 Leichtverletzte gab es 2011 im deutschen Straßenverkehr.

 

Auch verglichen mit anderen, dem Menschen gefährlich werdenden Tier- und Pflanzenarten ist das Problem Eichenprozessionsspinner völlig überschätzt. Statistiken zu allergischen Schocks und ernsten Gesundheitsgefahren gibt es kaum und wenn dann sind nur Einzelfälle angegeben. So musste die Autobahndirektion Nordbayern 2012 zugeben, dass sie zwar wegen ihrer MitarbeiterInnen in den Straßenmeistereien, die an Autobahnrändern Müll sammeln oder Gras mähen das Gift spritzt, Angaben über Anzahl gesundheitlicher Beeinträchtigungen aber nicht erfasst.

 

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Lobinger, 2012) spricht nur von „Beeinträchtigung der Gesundheit: mechanische Reizung der Haut und Schleimhäute nach Hautkontakt, nach Einatmen von Gifthaaren allergische Reaktionen auf den Giftstoff Thaumetopoein (Sensibilität zunehmend), juckende, entzündliche Hautausschläge, Rötungen, Quaddeln und Bläschen. Beschwerdebilder Entzündungen der Augenbindehaut (selten), Reizungen im Rachen, Halsschmerzen, Hustenreiz.“ www.lwf.bayern.de/waldbewirtschaftung/waldschutz/schaedlinge-und-baumkrankheiten/verzeichnis/eichenprozessionsspinner/folien-eichenprozessionsspinner_lwf08.pdf.

 

Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten spricht trotzdem weiter von „akute(r) gesundheitliche(r) Gefährdung für Menschen“ (http://www.lwf.bayern.de/waldbewirtschaftung/waldschutz/schaedlinge-und-baumkrankheiten/verzeichnis/eichenprozessionsspinner/35271/).

 

Die Bundesregierung musste im Juni 2012 auf eine Anfrage von Bündnis 90-Die Grünen einräumen, dass es keine statistischen Erfassungen dazu gibt. „Aus den Informationen der Länder ist zu schließen, dass jährlich viele Personen … betroffen sind.“ Man weiß also praktisch nichts.

 

Ob bisher überhaupt Menschen nach allergischen Schocks an den Folgen von Eichenprozessionsspinnerhaaren starben ist unklar, während laut Statistischem Bundesamt jährlich zwischen zehn und 30 Menschen infolge Kontakt mit Wespen, Bienen und Hornissen sterben.

 

Eine Landtagsanfrage soll Aufklärung über die Relevanz des Eichenprozessionsspinners liefern.

 

Die Beeinträchtigungen durch die bei vielen Menschen auftretenden juckenden Pusteln sind mit der Belastung durch Mückenstiche zu vergleichen. Würde man alle Stechmücken mit Gift bekämpfen, hätte das nicht nur verheerende Auswirkungen auf alle Insektenarten und davon lebende Vögel und Fledermäuse, sondern würde die Bestäubung der Nutzpflanzen durch Bienen beenden und ökonomische Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Von den Ökosystemfolgen ganz zu schweigen. Zu Recht werden Stechmücken in aller Regel nicht mit Gift bekämpft. Analog muss das auch für Eichenprozessionsspinner gelten.

 

Zeckenbisse und die damit manchmal einhergehenden gefährlichen Infektionen mit Hirnhautentzündung oder mit Borreliose sind als wesentlich gefährlicher einzustufen. Ein flächendeckender Einsatz von Chemikalien gegen die Zecke schließt sich aus den o.g. Gründen ebenfalls aus.

 

Diflubenzuron

… besteht aus fluorierten und chlorierten Benzolringen, die zwar nach einigen Tagen zerfallen, ihre Abbauprodukte sind aber nicht leicht biologisch abbaubar und vermutlich krebserregend. Das Umweltbundesamt schätzt das Gift als für Menschen schädlich ein. Es ist sehr giftig für Wasserorganismen und gefährdet das Trinkwasser. Als Biozid besitzt es keine eigene Zulassung, sondern wird im Rahmen von Übergangsregelungen als Altwirkstoff eingesetzt. Es führt darüber hinaus zu einer enormen Dezimierung der Biodiversität von Schmetterlingen und Insekten.

 

Die Gifteinsätze bringen keinen dauerhaften Erfolg, dabei sind aber massive ökologische Schäden zu befürchten. Zum einen bleiben die Nester mit den problematischen Haaren mehrere Jahre erhalten. Zum anderen werden die begifteten Wälder sehr schnell wieder besiedelt, weil die Eichenprozessionsspinner als Offenlandart mittlerweile fast ganze Landkreise besiedeln wie z.B. den Landkreis Kitzingen. Obwohl Eichenwälder in warm-trockenen Regionen Frankens bereits seit 1975 regelmäßig mit dem Gift Dimilin (Wirkstoff Diflubenzuron) besprüht werden, wurde es bislang versäumt, die Notwendigkeit und die Auswirkungen der Gifteinsätze langfristig wissenschaftlich zu untersuchen und zu dokumentieren.

 

Diflubenzuron-Einsatz an Autobahnen

Der Bund Naturschutz hatte Anfang März 2012 die Verantwortlichen der Autobahndirektion Nordbayern beim Gewerbeaufsichtsamt wegen erheblicher Verstöße gegen das Chemikaliengesetz und die Gefahrstoffverordnung angezeigt. Mit ihren Spritzaktionen gegen den Eichenprozessionsspinner an den nordbayerischen Autobahnen in den letzten Jahren hätten sie Mensch und Natur gefährdet und beeinträchtigt. Um einen weiteren Gifteinsatz 2012 zu unterbinden, hat sich der Bund Naturschutz an die zuständige Aufsichtsbehörde gewandt.

 

Eine Auswertung einer Landtagsanfrage von Christian Magerl, Bündnis 90-Die Grünen von 2011 hatte erbracht, dass die Autobahndirektion Nordbayern praktisch an fast allen Autobahnen in Mittel-, Ober- und Unterfranken in den Jahren 2006 - 2010 – und wohl auch 2011 - das Biozid Diflubenzuron 80% gespritzt hat. Über 490 km Autobahnränder wurden dabei jährlich auf beiden Seiten begiftet. Mit 470 kg wurden zwischen 2006 und 2010 erhebliche Mengen des Wirkstoffes eingesetzt.

 

Die Aufsichtsbehörde, das Gewerbeaufsichtsamt bei der Regierung von Mittelfranken musste auf die BN-Anzeige hin zugeben, dass Verstöße gegen geltendes Recht vorgekommen waren (Antwort vom 23.5.12):

 

Eingeräumt wurden gravierende Verstöße wegen fehlender Absperrungen. Der BN hatte angezeigt, dass an allen Autobahnabschnitten mehrere Jahre lang nicht abgesperrt worden war wie vorgeschrieben. Man wolle nun „künftig beim Einsatz … ab[zu]sichern“.

 

Eingeräumt wurde ein Verstoß beim Einsatz von Dipel ES wegen „Irrtums“ der Autobahndirektion (Dipel ES hat keine Zulassung, wie vom BN angezeigt).

 

Ob der Vorwurf des BN, es sei auch rechtswidrig an Gehölzen ohne Eichen gespritzt worden, zuträfe sei „nicht explizit (zu)ermitteln“.

Hier hat der BN inzwischen berechnet, dass nach der ausgebrachten Giftmenge entweder überall gespritzt wurde oder eine erhebliche, rechtswidrige Überdosierung erfolgte. Der BN-Vorwurf ist berechtigt und wird aufrechterhalten.

 

Der BN-Vorwurf, man habe unrechtmäßig mit Sprühkanonen begiftet, sei jedoch falsch, da es „keine speziellen … Vorgaben zur Anwendungstechnik“ gebe. Hier muss der BN konstatieren, dass es bzgl. Bioziden eine Rechtslücke gibt, die uns unbekannt war. Während beim Einsatz desselben Wirkstoffes unter Pflanzenschutzrecht (Dimilin) klare Vorgaben bestehen, welche Sprühkanonen eingesetzt werden dürfen, gibt es das im Biozidrecht (noch) nicht, auch weil Diflubenzuron als Biozid noch gar nicht zugelassen ist, sondern Übergangsrechte gelten. Die von der Autobahndirektion bzw. den beauftragten Firmen eingesetzten Geräte wären nach Pflanzenschutzrecht nicht zugelassen. Leider soll aktuell (2013) sogar der Einsatz mit Hubschraubern genehmigt werden.

 

Ansonsten redete sich die Behörde in mehreren Belangen heraus, sie sei nicht zuständig bzgl. der Vorwürfe Einsatz in europäischen Schutzgebieten (FFH-Gebiete) und nötiger Artenschutzprüfung (saP) sowie beim Gewässerschutz, was der BN gerügt hatte.

 

Eine im September 2012 eingereichte Anzeige beim Umweltministerium und bei der zuständigen Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Mittelfranken ergab, dass bislang tatsächlich keine Artenschutz- und FFH-Verträglichkeitsprüfungen vorgenommen worden waren. Dies werde nun erfolgen. 2012 wurde dann im Schnelldurchgang eine Erlaubnis erteilt. Hier ginge Gesundheitsschutz vor Naturschutz, wie die Regierung von Mittelfranken mitteilte.

 

Als Erfolg der BN-Aktivitäten bis dahin: Die Autobahndirektion reduzierte 2012 den Einsatz an Autobahnen auf A3, A7 und A45 in Unterfranken und „randlich in Mittelfranken“, spritzte dort z.T. an Raststätten und Parkplätzen wohl auch Neem azal statt Diflubenzuron, sperrte diverse Parkplätze beim Einsatz ab und behandelte befallene Parkplätze an A3 und A6 später mechanisch durch Absaugen, was der BN gefordert hatte.

 

Skandal Weisendorf

Der Bund Naturschutz hat 2012 Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Nürnberg gegen die Firma INEX wegen des Verdachts auf Bodenverunreinigung, auf Verstoß gegen das Chemikaliengesetz und Betrugs zum Nachteil der Gemeinde Weisendorf erstattet. Leider hat die zuständige Staatsanwaltschaft Nürnberg im Februar 2013 das Verfahren eingestellt, weil „die Menge des ausgebrachten Stoffes … gutachterlich nicht mehr geklärt werden (konnte)“. Man hat solange gewartet, bis es nicht mehr aufzuklären war.

 

Am 21.05.10 war in Weisendorf, Lkr. Erlangen-Höchstadt im Rahmen einer von der Gemeinde Weisendorf angeordneten und durch die Fa. Inex Erlangen durchgeführten Sprühaktion mit Diflubenzuron gegen den Eichen-Prozessionsspinner eine benachbarte landwirtschaftlich genutzte Fläche kontaminiert worden. Die mit dem Futtergras der Fläche gefütterte gewerbliche Heuschreckenzucht der Firma HZS Terraristik (Inh. Robert Seuberth) wurde dadurch schwer geschädigt. Der Zivilprozess in dieser Sache wird am 26.4.13 mit einem Urteil enden.

 

Der Bund Naturschutz (BN) hatte sich wegen sich des Umweltschadens in der Heuschreckenzuchtanlage nach dem Einsatz von Diflubenzuron zur Bekämpfung des Eichen-Prozessionsspinners am 27.7.10 bereits im Juli 2010 an das Innenministerium gewandt. Und um Aufklärung und zukünftige Abwehr durch Innenminister Joachim Herrmann gebeten. Der verwies im Wesentlichen auf die geltenden Regelungen und sah keinen Handlungsbedarf.

 

Diflubenzuron führt zu Artensterben

Da die chemischen Bekämpfungsmaßnahmen keinen dauerhaften Erfolg bringen und massive ökologische Schäden zu befürchten sind, kritisiert der BN diese Gifteinsätze gegen den Eichenprozessionsspinner. Seit Jahren wurde Diflubenzuron gespritzt, aber erst seit kurzem weiß man aus einer wissenschaftlichen Studie aus Schwabach, dass der dortige Einsatz im Stadtpark mit Diflubenzuron und Bazillus thuringiensis (k) zu einem Verlust von 3/4 der in solchen Eichenhainen üblichen Schmetterlingsarten führte, der Eichenprozessionsspinner aber z.T. profitierte, weil auch Brutvögel betroffen waren, die die Raupen fressen. Eine jährliche Begiftung von kommunalen Grünflächen und an Autobahnen lehnt der BN wegen der ökologisch nicht absehbaren Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen ab.

 

Massive Auswirkungen der Begiftung nicht langfristig untersucht

Der BN kritisiert, dass Hinweisen auf schädliche Auswirkungen nicht ausreichend nachgegangen wurde. So ist nach Kenntnis des BN der vom Aussterben bedrohte Maivogel, dessen Raupen an Eschen leben, nach der Spritzung von 1993/94 am Hohenlandsberg bei Weigenheim ausgefallen und dauerhaft verschwunden. Andere Arten haben sich erst nach Jahren erholt. Außerdem belegen Untersuchungen von Vogelbruten in Nistkästen, dass in begifteten Waldgebieten die Zweitbruten vollständig ausfallen bzw. verhungern. Außerdem sind anscheinend Flächen bereits mehrfach begiftet worden, ohne dass die Auswirkungen der Mehrfachbegiftungen untersucht wurden. All diesen Kritikpunkten hätte in langfristigen Untersuchungen nachgegangen werden müssen.

 

Das Umweltbundesamt hat in einem Schreiben vom 23.06.10 eingeräumt, dass die Bewertung von Diflubenzuron noch nicht abgeschlossen ist. Derzeit würde vorgeschlagen, das Mittel unter "N R50/53 (Gefährlich für die Umwelt, sehr giftig für Wasserorganismen/kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben)" einzustufen. Es sei "nicht leicht biologisch abbaubar."

 

Mechanische Maßnahme bei hygienischen Problemen bevorzugen

Der BN kann akzeptieren, dass in Stadtnähe, Spielplatznähe oder bei häufig begangenen Wanderwegen gegen den Prozessionsspinner vorgegangen wird, weil dessen Haare tatsächlich allergische Reaktionen auslösen können. Dabei sollen jedoch mechanische Verfahren, wie das Absammeln, Abflammen oder Besprühen der Nester mit Wasserglas bevorzugt werden. Dies wird andernorts seit Jahren erfolgreich praktiziert.

 

Bund Naturschutz in Bayern e.V., 16.04.2013