Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Bund Naturschutz legt 5 Punkte Programm zur Beschleunigung der Energiewende in Bayern vor

Ein Jahr Energieagentur in Bayern – aber die Energiewende in Bayern bewegt sich nur im Schneckentempo. Bürgerinnen und Bürger Bayerns sind bereit - aber "Energie Innovativ" hängt in der Warteschleife

13.07.2012

Die Staatsregierung Bayerns hat vor einem Jahr eine Energieagentur Bayern „Energie Innovativ“ in der Verantwortung des Wirtschaftsministers eingesetzt. Nach vielen Sitzungen kritisiert der Bund Naturschutz geringe Fortschritte und sieht kaum Ansätze glaubhafter Lösungen für eine zukunftsfähige Energiewende in Bayern.

„Es gibt keine klaren Konzepte zum Energiesparen, es gibt keine transparenten Pläne, wie Versorgungssicherheit gewährleistet und Ersatzkraftwerke entstehen sollen. Stattdessen warnt der zuständige Wirtschaftsminister Martin Zeil vor steigenden Strompreisen und fordert tausende Kilometer neuer Stromautobahnen in Bayern“, kritisiert Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern. Der Bund Naturschutz legt daher ein 5 Punkte Programm zur ökologischen Energiewende in Bayern vor. „Die Energiewende in Bayern muss endlich durchstarten und dezentrale und regionale Strukturen der Energieversorgung mit ökologischen Leitplanken für Natur- und Landschaftsschutz fördern“, so BN-Landesbeauftragter Richard Mergner.

 

1)  Neues Bayerisches Klimaschutzgesetz mit dem Ziel der Förderung dezentraler Energieversorgung

Der bayerische Landtag  muss die Energiewende in einem eigenen bayerischen Klimaschutzgesetz strukturieren. Die Energieversorgung in Bayern muss dezentral umgestaltet werden. Bereits Artikel 73 der Verfassung Bayerns legt fest – die Energieversorgung der Bürger und Bürgerinnen obliegt den Gemeinden (Dörfern, Märkten, Städten). Dieser Verfassungsauftrag muss wieder gesetzlich umgesetzt werden. Die Energieagentur Bayern „Energie Innovativ“ soll daher den gesetzlichen Auftrag erhalten, regionale Energiewerke zu unterstützen und zu entwickeln.
Die Energieagentur Bayern muss den Auftrag erhalten, diese dezentralen regionalen Strukturen zum Wohle Bayerns zu vernetzen. Der Umbau des heute zentralen Energiesystems in ein dezentrales Energiesystem in Händen von Bürgern und Kommunen erfordert Investitionen, bietet zugleich aber auch die Chance von lokaler Wertschöpfung in Milliardenhöhe, Schaffung zehntausender neuer Arbeitsplätze, Stärkung von Handwerk und Gewerbe und eine Demokratisierung unserer Marktwirtschaft.

Bürgerenergiegesellschaften gemeinsam mit den Kommunen müssen die dezentrale Struktur der Energieversorgung Bayerns werden.
Bürgerenergiegesellschaften, wie Kommanditgesellschaften, Genossenschaften oder Stiftungen sollen sich wirtschaftlich an der Energie für Bayern beteiligen können.  Die Energieproduktion, Verteilung und Vermarktung muss lokal und regional verankert werden, mit flächigen Angeboten der Energiesparberatung sowie Vernetzung der lokalen Kraftwerke. Die Energieagentur Bayern muss die konzeptionellen Vorgaben hierfür erarbeiten.

 

2)  Neues Bayerisches Energiespargesetz für einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie als Gesellschaftsaufgabe

Die Staatsregierung Bayern muss eine Energiesparberatungsoffensive Bayern einleiten und ein Energiespargesetz auflegen mit folgenden Eckpunkt

  • Öffentliche Hand: Vorbildfunktion des öffentlichen Beschaffungs-wesens nach dem „Top-Runner-Modell“ – es werden immer aktuell die Geräte beschafft, die den geringsten Energieverbrauch aufweisen; Vorbildfunktion öffentliche Investitionen: Neubau nach dem besten Standard der Wärmedämmung nach Energiesparverordnung (EnEV), das ist heute Passivhausstandard mit einem Verbrauch unter 15 KWh pro Quadratmeter und Jahr; beim Altbau im Bestand wird eine energetische Sanierungsrate pro Jahr von größer 3 Prozent festgelegt.
    Aufbau und Förderung eines Kommunalen Energie Managements in allen Gemeinden Bayerns.
  • Private Haushalte: Aufbau flächendeckender Energiesparagenturen, die unabhängig und vorgewerblich vor Ort am Objekt beraten, und kommunal finanziert werden. Der Freistaat Bayern muss ein Investitionshilfe-Programm „Energiesparen“ auflegen in der Größe von 250 Millionen Euro pro Jahr.
  • Gewerbe: Werbe- und Schulungskampagne über die lokalen Innungen des Handwerks mit Information zu Energiesparpotentialen im Betrieb und Kundenberatung zum Kauf energiesparender  Geräte („Top-Runner“-Beratung).
  • Industrie: langfristige und stabile Vorgaben zur Reduktion des Energieverbrauchs.

Im bayerischen Energiespargesetz müssen umfassendere Ziele als in der Energieeffizienzrichtlinie der EU festgeschrieben werden:

Strom Sparen: bis 2020 minus 20%, bis 2050 minus 50%
Wärme Sparen: bis 2020 minus 30%, bis 2050 minus 90%
Transportenergie Sparen: bis 2020 minus 10%, bis 2050 minus 50%

 

3)  Zukünftige Stromerzeugung nur mit Abwärmenutzung:
Stromerzeugung mit Kraftwärmekopplung sichert Strom-Netzstabilität und Strom-Versorgungssicherheit ohne neue Stromautobahnen

 Der Freistaat Bayern muss auch mit einer Bunderatsinitiative Regelungen schaffen zur Förderung der Stromerzeugung unter gleichzeitiger Abwärmenutzung. Der Bund Naturschutz fordert ein bayerisches Investitionsprogramm mit  250 Millionen Euro für dezentrale Blockheizkraftwerke in Haushalt, Gewerbe, Öffentlicher Hand und für kleine Blockheizkraftwerk-Biogasanlagen in der Landwirtschaft:
Kraftwärmekopplung senkt den Energieverbrauch und nutzt dem Klimaschutz. Blockheizkraftwerke erzeugen dezentral Strom und liefern lokal Wärme für Heizung und Warmwasser. Große und kleine Blockheizkraftwerke auf Basis Methangas sind flexibel, sie sind also in der Lage Versorgungssicherheit zu schaffen beim Strom durch Lastfolgebetrieb und Abdeckung von Stromlücken der erneuerbaren Energien. Sie können Strom dann liefern, wenn teurer Spitzenstrom gefragt ist und in Zeiten, wenn Wind und Sonne keinen Strom liefern können. Haben wir in Bayern lokale und regionale Versorgungssicherheit durch Energieeffizienz und Blockheizkraftwerke, dann benötigen wir keine oder kaum neue überregionale und transnationale Stromautobahnen.
Die Staatsregierung muss mit Städten und Gemeinden sowie der bayerischen Wirtschaft eine Initiative zum flächendeckenden Einsatz von Blockheizkraftwerken schaffen. Hätten wir diese mittelfristig in jedem Haushalt und allen Gebäuden, dann wäre in Bayern die Versorgungssicherheit mit Elektrizität über mehrere Wochen gegeben, auch wenn Sonne und Wind ausfallen.
Hierzu muss die technische Entwicklung für große, kleine aber auch kleinste Blockheizkraftwerke vorangetrieben werden: Motoren für Methangas und Biogas, Motoren für täglichen und stündlichen Lastwechsel, mit hohem elektrischen Wirkungsgrad, angepasster Größe für Wohnblocks aber auch Einfamilienhäuser, zu Kosten einer normalen Heizanlage.

4)  Bayern braucht einen Ausbau von Wind- und Sonnenenergie ohne „Bremser und Deckel“ aber nach Plan und mit Bürgerbeteiligung

Strom aus Windkraft und Strom aus Sonnenenergie müssen im Überschuss ausgebaut werden. Eine Deckelung, wie vom deutschen Bundestag auch auf Drängen der bayerischen Staatregierung beschlossen, ist gefährlich für die Energiewende. Bayern benötigt Windstrom und Sonnenstrom mit Produktionsspitzen im Überschuss – nur dann kann sich regional ein wirtschaftliches System der saisonalen Energiespeicherung in Bayern entwickeln – für eine Versorgungssicherheit in Bayern ohne neue Stromautobahnen.
Pumpspeicherwerke sind keine saisonalen Energiespeicher – sie reichen nur einen halben Tag. Ideen wie Wasserstoffgas oder Methangas aus Strom – als Speicher über Monate - stecken heute in der Entwicklungsphase – sie können nur dann wirtschaftlich werden, wenn in Bayern Wind- und Sonnenstrom im Überschuss angeboten werden – davon ist Bayern im Jahr 2012 noch weit entfernt. Die Staatsregierung Bayern muss jedoch die Regionalplanung für Windkraft endlich voranbringen und binnen eines Jahres unter Beachtung von Ökologie und Landschaftsschutz  rund 2 Prozent der Landesfläche als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ausweisen.

Die Energieagentur Bayern muss einen Schwerpunkt auf saisonale Speicherung von Stromenergie setzen und die Entwicklung von Strukturen der Energiespeicherung auf Basis Holz sowie Biogas aus Biomasse-Abfällen und ökologisch vertretbarem Pflanzenbau in die Hand nehmen und vorantreiben.
Die Energieagentur Bayern muss die Potentiale für die Nutzung der Wärme aus Sonne besser erfassen und Modelle entwickeln zur wirtschaftlichen Nutzung: Wärme aus Sonne lässt sich als heißes Wasser speichern und hat damit ebenso einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.

 

5)  Bayerische Initiative zur Novellierung des Bundesbaugesetzes: Innenentwicklung muss Priorität haben vor Außenentwicklung

Energieeinsparung und effiziente Nutzung auch im Verkehrsbereich kann nur durch kompakte Siedlungsstrukturen erreicht werden. Daher ist mit einer Bundesratsinitiative zum Einen dem Flächenverbrauch und dem Bauen „auf der grünen Wiese“ Einhalt zu gebieten. Ebenso darf im Sinne einer dezentralen Stromerzeugung in Biogasanlagen auf Basis von Reststoffen die „Privilegierung“ im Bundesbaugesetz für das Bauen im „Außenbereich“ nur für bäuerliche Biogasanlagen bis maximal 500 kW Gesamtleistung gelten. Große Biogasanlagen sind Industrie- und Gewerbebetriebe. Diese Betriebe sind nur in Gewerbegebieten zuzulassen.

 

Für Rückfragen:

Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter, Tel.: 0171-6394370
Dr. Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz, Tel.: 0911-81878-26