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Der Bund Naturschutz fordert in einem Brief die Siemens AG auf, sich für den Klimaschutz und eine zukunftsfähige Energiewende mit starken Erneuerbaren Energien einzusetzen.

-Offener Brief-

14.08.2013

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender Kaeser,

zu Ihrer neuen Aufgabe in der Siemens AG darf ich Sie beglückwünschen. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die Siemens AG unter Ihrer Verantwortung zu einem auch sozial und ökologisch führenden Unternehmen weiterentwickelt. Hierzu gehört sicherlich auch die Veränderung von politischen Rahmenbe-dingungen auf nationaler und internationaler Ebene, damit Umweltinnova-tionen sich auch ökonomisch durchsetzen können.

Die Siemens AG stand lange für atomare und fossile Kraftwerkstechnologie in Bayern und weltweit, mit all den Vernetzungen in der alten Technologiewelt der Großkraftwerke, die heute zunehmend eine Bedrohung für das globale Klima darstellen. Der BUND Naturschutz hat in den letzten Jahren sehr positiv zur Kenntnis genommen, dass die Siemens AG aus der Produktion von Atomkraft-werken in Deutschland aussteigen und auf zukunftsfähige Erneuerbare Energien wie Windstrom und Fotovoltaik umsteigen will.

Seit einigen Monaten stellen wir nun aber fest, dass die Siemens AG als Vorreiter eines Ausstiegs aus der Energiewende auftritt, indem der weitere dezentrale Ausbau der Erneuerbaren Energien und die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen völlig in Frage gestellt, und die Umkehr zu konven-tionellen Großkraftwerken gefordert wird. Ist es eine Frage der Zeit, bis wir den Aufruf der Siemens AG an die Politik, wieder zur Atomtechnologie zurückzukehren, befürchten müssen?

Die Siemens AG argumentiert, dass die Kosten für die Erneuerbaren Energien „zu hoch“ würden; in Vorträgen von Vorstandsmitgliedern wurden mehrere 10 Milliarden Euro an Mehrkosten genannt. Diese Prognosen sind für uns in keinster Weise nachvollziehbar.

Eine mögliche Motivation für die Siemens AG, gegen den schrittweisen Umbau unserer Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien öffentlich aufzu-treten, gab aus Ihrem Vorstand Herr Dr. Süß in einem Vortrag bei einem Kongress von Bayern Innovativ, Cluster Energie, am 18. April 2013 in Nürnberg. Herr Dr. Süß forderte, den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bayern bis 2021 auf 40 Prozent zu begrenzen – ein Angriff auf das Energie-konzept der Bayerischen Staatsregierung „Energie Innovativ“ vom Mai 2011, das 50 Prozent Erneuerbare Energien bis 2021 vorsieht. Die Begründung lieferte Herr Dr. Süß verbal in einem weiteren Vortrag am 28. April. Die Siemens AG habe Turbinen für Gas- und Dampfkraftwerke entwickelt und plane nun, diese global zu verkaufen. Als Referenz für den globalen Markt benötige Siemens einen Anstieg der Stromproduktion in Bayern aus Gas- und Dampfturbinen.

Auch wenn moderne Gas- und Dampfturbinen im Vergleich zu älteren Kohle-kraftwerken durchaus eine Verbesserung darstellen können, wird jedoch durch diese stromoptimierte Technologie der Verbrennung eines fossilen Rohstoffs trotzdem in hohem Umfang klimaschädliches Kohlendioxid emittiert. Das gültige EU-Ziel einer Reduktion unserer Kohlendioxid-Emissionen um 80 – 95 Prozent bis 2050, gegenüber 1990, ist mit Erdgas-befeuerten Gas- und Dampfturbinen langfristig nicht zu erreichen. Zwar erreichen moderne Gas- und Dampfturbinen einen zunächst hoch erscheinend elektrischen Wirkungsgrad von 55 Prozent der Primärenergie, aber damit nur eine Kühlwassertemperatur von ca. 40 Grad Celsius. Dies bedeutet, dass diese Verstromungstechnologie in der Regel ungeeignet ist für Kraftwärmekopplung. Aber nur in Kombination mit Kraftwärmekopplung und sinnvoller Abwärme-nutzung im Siedlungsbereich sind Verbrennungsmaschinen für die Stromher-stellung zukunftsfähig und akzeptabel für den Klimaschutz. Aus Sicht des Klimaschutzes ist die Entwicklung und Inbetriebnahme weiterer Gas- und Dampfkraftwerke ohne Kraftwärmekopplung in Bayern und weltweit eine Sackgasse.

Der Konzern der Siemens AG besitzt eine breite Expertise im Bereich der Energie: energiesparende Beleuchtung, Elektronik und Steuerung, Motoren, Turbinen, Speicher, und vieles mehr. Ein zukunftsfähiges Stromsystem muss beruhen auf Windenergie und Fotovoltaik für den Großteil der elektrischen Arbeit und auf dezentralen Heizkraftwerken und Blockheizkraftwerken direkt an den Wärmeverbrauchern, die als virtuelle Ersatzkraftwerke zugleich den Bedarf an elektrischer Leistung decken. Als positives Bespiel sehen wir das Gas- und Dampfkraftwerk der N-Energie in Sandreuth. Dort ist dieses GUD-Kraftwerk in die Strom- und Wärmeversorgung der Stadt Nürnberg eingebunden.

Wir bitten Sie, die technische und wirtschaftliche Kraft der Siemens AG für eine zukunftsfähige Energiewende mit starken Erneuerbaren Energien einzusetzen.

Wir sind gerne bereit, diese Themen in einem persönlichen Gespräch zu vertiefen.

gez.                                               gez.
Prof. Dr. Hubert Weiger                 Richard Mergner
Landesvorsitzender                       Landesbeauftragter

                                                      Tel. 0911-80878-25
                                                      richard.mergner@bund-naturschutz.de