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EU-Recht verhindert Bau von Staustufen in der Donau

Was die bayerischen Umweltverbände stets vermutet haben, liegt ihnen jetzt schwarz auf weiß als Brief der EU-Kommission und des Bundesumweltministers vor: Sowohl Jacques Barrot als auch Sigmar Gabriel bestätigten dem Bund Naturschutz in Bayern, dass ohne vollständige Prüfung der Staustufenvarianten auf ihre Vereinbarkeit mit den Umwelt- und Gewässerschutzrichtlinien der EU weder eine Genehmigung noch gar eine Förderung durch die EU möglich ist.

06.11.2007

 

„Wegen der Versäumnisse der bayerischen Raumordnungsbehörden wird eine Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen in der niederbayerischen Donau noch lange auf sich warten lassen“, stellte dazu der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. (BN) Hubert Weiger in Regensburg fest. „Die Stellungnahmen der Fachbehörden im Raumordnungsverfahren zeigen zudem, dass eine Staustufe bei Aicha ökologisch nicht ausgleichbar und damit nicht genehmigungsfähig ist."

 

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jacques Barrot, schreibt:
... In dem von Ihnen in Bezug genommenen Schreiben der Kommission vom 27. Juli 2007- A(2007)317591- teilte die Kommission Ihnen mit, dass „grundsätzlich“ die Ausbauvariante C 2.80 die Voraussetzungen des Art. 11 TEN-T Richtlinien erfüllt, weil sie die Anforderungen der internationalen Binnenwasserstraßenklasse IV grundsätzlich erfüllt. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass diese Beurteilung auf den derzeit vorliegenden Informationen beruht, und dass evtl. umweltrechtliche Fragen hiervon unberührt bleiben. Dies bedeutet, dass damit noch nicht geklärt ist, ob die Ausbauvariante C 2.80 auch alle umweltrechtlichen Vorgaben erfüllt. Selbstverständlich hat die geplante Variante (welche es auch immer sein mag) auch dem Umweltrecht zu entsprechen. Daher ist auch die Anwendbarkeit und Einhaltung der FFH- Richtlinie zu überprüfen. ...

 

Das bedeutet, dass Aussagen, nur die Staustufenkanalisierung der Donau nach Variante C 2.80 würde durch die EU finanziell gefördert, falsch sind. Es ist nicht gesagt, ob Baumaßnahmen in der Donau überhaupt gefördert werden können, nachdem die Prüfungen, ob sich die geplanten Eingriffe mit der FFH-Richtlinie und der Wasser-Rahmenrichtlinie vertragen, fehlen.

Bundesumweltminister Gabriel schreibt:
Aus dem Schreiben der Verkehrsdirektion, das in der Tat einige Unklarheiten in der Formulierung enthält, ist eindeutig zu entnehmen, dass die positive Bewertung der Variante C 2.80 mit einer Staustufe selbstverständlich unter dem Vorbehalt der Einhaltung der einschlägigen Umweltvorschriften sowie der Abwägung der künftigen Lösung auch nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten steht. Das wichtigste Umweltkriteri­um ist dabei eine Überprüfung der geplanten Maßnahmen anhand der FFH-Richtlinie. Eine hierzu erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung ist bislang noch nicht durchgeführt worden, so dass die in Frage kommenden Alternativen nicht bewertet werden können. Ebenso ist bislangnicht ersichtlich, ob und inwieweit sich das Land Bayern mit den Erfordernissen der Wasserrahmenrichtlinie auseinandergesetzt hat.

Darüber hinaus hat der Bundesverkehrsminister auf seine Zuständigkeit ausdrücklich hingewiesen. Verbindliche Grundlage für das weitere Verfahren sind unverändert der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 7. Juni 2002 und der Bundesverkehrswegeplan 2003. Danach ist ein Ausbau der Donau begrenzt auf flussbauliche Maßnahmen der Variante A (ohne Staustufen). Bei dieser Sachlage, die auch der Kommission bekannt ist, bleibt die Bundesrepublik Deutschland allein verantwortlich für die Planungen an der Donau.

 

Das bedeutet, dass Aussagen, die zuständigen Ministerien in Berlin würden sich mit einer Staustufenkanalisierung der Donau anfreunden, nicht den Tatsachen entsprechen. Mit unrichtigen Aussagen zur Einstellung der Verantwortlichen versucht die Baulobby die Bürger der betroffenen Region zu verunsichern.

 

In einem Schreiben an den Vorsitzenden des Bundes Naturschutz betont der Vizepräsident des Bundesamtes für Naturschutz, Prof. Arnd Winkelbrandt, die Probleme, die der Bau einer Stausstufe nach sich ziehen würde:

Im Vergleich zur Variante A ist bei den Staustufenvarianten eine größere Ausbautiefe geplant:

  • bei Variante C 2,4 m unter RNW 97 und
  • bei C 2,80 sogar 2,8 m unter RNW 97.

Entsprechend erfolgen besonders bei der „Vorzugsvariante" C 2,80 noch tiefer gehende Sohlbaggerungen bis 1,2 m auf rd. 40 km Länge. Das bedeutet: Ein starker Wasserspiegelverfall in der Donau und ihrer Aue bis in das Stadtgebiet Straubing hinein.

Wie bei keiner anderen Variante verfallen längerfristig die lang anhaltenden Wasserstände in Fluss und Aue zwischen Niedrigwasser (RNW 97) und dem MitteIwasserbereich (MW) so stark wie bei der Staustufe Aicha, vor allem in der Ausführung C 2,80. Diese Absenkungen erfolgen auf insgesamt 40 km langer Strecke zwischen der Stauwurzel bei etwa Waltendorf und Straubing (30 km) sowie abwärts der Stauhaltung bis zum Bürgerfeld (10 km). Im Gegensatz zur Variante A fehlt bei der Staustufe Aicha in den Planunterlagen das Ausmaß des Wasserspiegelverfalls für den ungünstigeren Endzustand im Oberflächen- und Grundwasser, sodass die Staustufen vom Vorhabensträger und von den Gutachtern irrtümlich günstiger beurteilt werden als der Ausbau der Donau bei Variante A (weiter frei fließender Fluss).

Überdies ist festzustellen: Die häufigen für die Aue existenznotwendigen Hochwasser mit besonderer ökologischer Bedeutung können nach dem Bau der geplanten Stausstufe bei Aicha den Uferwall aufgrund der Wasserspiegelabsenkung nicht mehr oder nur noch schwächer und kürzer überströmen, weshalb sie dann im Vorland bis zu rund einem Meter niedriger würden. Diese großflächige Absenkung in der Aue führt zu erheblichen ökologischen Beeinträchtigungen, die im Übrigen weder in den Planunterlagen noch in der UVS angesprochen werden. Die somit ausbaubedingt mehrfache Austrocknung der Aue infolge

  • der großräumig abgesenkten Grundwasserstände und
  • der Reduzierung der ökologisch bedeutsamen Hochwasser

führen zur großflächigen Beeinträchtigung der Wuchsbedingungen zwischen Straubing und Hofkirchen sowie zur Beeinträchtigung der Auebiozönosen bis zu ihrem Verlust.

Diese Aussagen weisen darauf hin, dass die Ausbauplanungen mit einer Staustufe einer seriösen Prüfung nach den Richtlinien der EU nicht standhalten können.

 

Nach Auffassung des BN steht damit aufgrund der taktischen Tricks des Freistaats Bayern die Stauvariante nicht kurz vor der Umsetzung, sondern kurz vor dem Aus. „Der Freistaat Bayern hat sich davor gedrückt, im Raumordnungsverfahren die unverzichtbaren Prüfungen nach EU-Recht durchzuführen, um die Illusion aufrecht zu erhalten, an der Donau sei die Errichtung einer Staustufe möglich und durchsetzbar“, so Dieter Scherf, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Deggendorf. „Dabei hat schon 2002 der Bundestag auf der Basis umfangreicher und vertiefter Untersuchungen und einer Expertenanhörung die einzig sinnvolle und richtige Entscheidung zugunsten der „sanften“ Ausbauvariante A getroffen. Wenn bis heute und in den nächsten Jahren keine weiteren Verbesserungen für die Schifffahrt erreicht werden, liegt das nur daran, dass die Staatsregierung auf einem Staustufenausbau beharrt.“

 

Der Bund Naturschutz fordert, dass entsprechend dem weiterhin gültigen Bundestagsbeschluss die angekündigten und zur EU-Förderung beantragten Untersuchungen und Planungen ausschließlich darauf konzentriert werden, die Variante A ökologisch weiter zu optimieren und der Umsetzung näher zu bringen. Die bisher tätige RMD-AG sieht der BN dafür nicht als geeigneten Auftragnehmer an. „Wir werden die korrekte EU-weite Ausschreibung der Planungs- und Gutachteraufträge überprüfen und ggf. Beschwerde einlegen. Es kann nicht sein, dass die RMD, die sich als Treuhänder für die Interessen der Bundesregierung eindeutig disqualifiziert hat, weil sie als gleichzeitiger Auftragnehmer für den Freistaat Bayern die Stauvariante vertritt und als Teil des e-on-Konzerns und Inhaberin eines Konzessionsvertrages eigene Interessen am Stau verfolgt, automatisch und an EU-Vergaberecht vorbei durch den Bundeshaushalt weiter finanziert wird“, so Hubert Weiger.

 

Begünstigt dagegen sehen die Naturschützer den sanften Ausbau auch durch neuere politische Entwicklungen an der gesamten europäischen Donau. „Ein von den relevanten Gremien wie der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau und der Donaukommission initiierter Diskussionsprozess zwischen Binnenschifffahrt und Naturschutz bewegt sich darauf zu, für die Donau keine starren Ausbaumaße mehr vorzugeben, sondern in Fall-zu-Fall-Entscheidungen die Ausbauziele an die jeweiligen ökologischen Rahmenbedingungen anzupassen“, so Georg Kestel, Deggendorfer Landschaftsarchitekt und Donauexperte des Bundes Naturschutz. Ein entsprechendes „Gemeinsames Statement“ befindet sich in der redaktionellen Abstimmung und soll gegen Ende des Jahres veröffentlicht werden. „Eine flexible Anpassung der Ausbautiefen entspricht auch den internationalen Empfehlungen, etwa der Vereinten Nationen, zu Wasserstraßen. Da sich die Förderpolitik auf die Wasserstraßen-Klassifizierung der UN stützt, ist auch eine Förderung der Ausbauvariante A möglich – man muss es halt nur wollen und mit den entsprechenden Unterlagen beantragen“, so Kestel