Schotter her gegen Schlaglöcher
Mit einer Kunstaktion hat der Bund Naturschutz auf den Missstand aufmerksam gemacht, wonach das Staatliche Bauamt Bamberg im Landkreis Lichtenfels den Neubau weiterer Staatsstraßen plant, während gleichzeitig an allen Ecken und Enden das Geld für den Unterhalt bzw. die Sanierung des bestehenden Straßennetzes fehlt.
Mitglieder der BN-Kreisgruppe Lichtenfels und der gegen die Ortsumfahrung in Weismain aktiven Bürgerinitiative schotterten mit Sand und Kies Schlaglöcher auf der Staatsstraße 2191 zwischen Weismain und Altenkunstadt und winkten mit symbolischen Geldscheinen, um zu zeigen, dass vor neuen Straßenbauprojekten im Landkreis Lichtenfels zuerst beschädigte Straßen ausgebessert werden sollten und somit das Geld der Steuerzahler besser anzulegen.
"An etlichen Stellen im Landkreis sind die Straßen marode, Schlaglöcher und abgeplatzte Fahrbahndecken machen den Autofahrern das Leben schwer, zerstören mittelfristig die Stoßdämpfer und nerven Anwohner durch spritzendes Dreckwasser und rumpelnde Fahrzeuge. Hier bei Weismain mussten wir nicht lange suchen, um eine geeignete Stelle für unsere Aktion zu finden", so Anton Reinhardt, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Lichtenfels.
Dem verwahrlosten Straßenzustand zum Trotz muss das Staatliche Bauamt im Auftrag der Staatsregierung weitere Straßenneubauten, wie z.B. der Aus- und Neubau einer vierspurigen, autobahnähnlichen B 173 Trieb – Hochstadt – Küps , die Verlegung der Staatsstraße 2187 im Kelbachgrund bei Ebensfeld mit Kosten von 4,4 Mio. € oder die Ortsumfahrung Weismain mit Umfahrung Kleinziegenfelder Tal (St 2191) mit Kosten in Höhe von 6,5 Mio. €. planen.
"Aus Sicht des Steuerzahlers ist es doch ein Irrwitz, das bestehende Straßennetz sehenden Auges verrotten zu lassen und im gleichen Zuge den Neubau von Straßen voranzutreiben, die dann zusätzlich noch laufend unterhalten werden müssen. Die Zahlen für den Landkreis Lichtenfels sind dramatisch. Wir hoffen, dass die Kommunalpolitik im Landkreis dafür sorgt, dass hier die Prioritäten zurechtgerückt werden und fordern deshalb ‚Schotter her gegen Schlaglöcher‘", so Reinhardt.
"Das Problem der Schlaglöcher auf Straßen und die Unterfinanzierung des Straßenerhalts gegenüber dem Neubau ist seit langem bekannt. Wir brauchen mehr Intelligenz, statt mehr Beton und Asphalt. Bayern und Oberfranken sind mit Straßen ausreichend erschlossen. Wir fordern deshalb von der Staatsregierung eine Umschichtung der Mittel im 7. Staatsstraßenausbauplan hin zum Straßenerhalt, zum Stopfen der Löcher und zur Erneuerung kaputter Straßenbeläge. Die Steuergelder dürfen nicht weiter für z. T. unnötige und einfach nicht bezahlbare Neubauten vergeudet werden", so Tom Konopka, BN-Regionalreferent für Oberfranken.
"Die im Gutachten von Prof. Kurzak, das vom Staatlichen Bauamt Bamberg in Auftrag gegeben wurde, ermittelten Verkehrszahlen rechtfertigen keinesfalls den Bau einer neuen Straße in Weismain. Die neue Ortsumfahrung würde Weismain zerschneiden, die Ortsteile Wohnsig, Wunkendorf, Modschiedel verlärmen und mit Abgasen belasten. Diese Straße mit ihrer Weiterführung zur A 70 würde zusätzlich Transitverkehr anlocken und unberührte Landschaftsbereiche belasten“. so Anton Reinhardt.
„Eine Entwicklung des sanften Tourismus in Weismain wäre in weiten Bereichen gefährdet", ergänzte die erfahrene Wanderführerin Anita Dauer.
"Der geplante Neubau einer Ortsumfahrung Weismain würde finanzielle Mittel verbrauchen, die dringend für die Sanierung des bestehenden Straßennetzes benötigt werden. Die auftretenden Probleme mit Lastkraftwagen im Innenstadtbereich von Weismain könnten kurzfristig und kostengünstig mit Maßnahmen wie Verkehrsberuhigung, besserer Beschilderung und Sperrungen für den überregionalen Schwerlastverkehr größtenteils behoben werden. Eine weiträumige Umfahrung des Kleinziegenfelder Tales für den Schwerlastverkehr über vorhandene Bundesstraßen ist zumutbar und würde nur geringe Fahrzeitverluste zur Folge haben. Eine neue Straße dagegen würde wenige Bürger entlasten, viele andere aber neu belasten. Aus Recherchen des Umweltbüros geht hervor, dass der zeitliche Gewinn, den eine direkte Verbindung zur A 70 für den Güterverkehr bringen würde, lediglich bei einigen Minuten liege", so Reinhardt (Quelle: google maps).
Außerdem fördere der immense Straßenneubau den Flächenverbrauch, bei welchem Bayern mit 18 Hektar pro Tag ohnehin einen bundesweit traurigen Spitzenplatz einnehme. Dadurch steht immer weniger Fläche zur Verfügung, in der Regenwasser versickern könne. „Angesichts der kürzlich landesweiten Flutkatastrophen müssen wir als Naturschützer auf den direkten Zusammenhang aufmerksam machen, um Regierung und Bevölkerung zu sensibilisieren“, ergänzt Sabine Rübensaal vom Umweltbüro Lichtenfels.
"Auch bei der im Kelbachgrund geplanten neuen Staatsstraße sollten aus unserer Sicht Kosten eingespart werden, indem die bestehende Trassierung weitgehend genutzt wird. Dies wäre auch die naturverträglichste Alternative. Die eingesparten Gelder könnten ebenso für die Sanierung bestehender Straßen umgewidmet werden, so Reinhardt.
Leider plant die Staatsregierung allerdings ein "Weiter so!" im Staatsstraßenneubau. Ende 2011 beschloss die Staatsregierung den 7. Staatsstraßenausbauplan, mit dem 666 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 3,2 Milliarden € geplant werden. Für eine Milliarde Euro sollen die „dringlichsten Projekte“ im Jahrzehnt ab 2011 realisiert werden.
Dabei sind allein für die Beseitigung der neuen Hochwasserschäden viele hundert Millionen Euro nötig. Ministerpräsident Seehofer hat soeben die Bereitstellung von 150 Millionen € versprochen.
Für Rückfragen: Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken
Fon 0911/81878-14