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Streuobstwiesen – gefährdete Paradiese aus Menschenhand

Die Zukunft der landschaftsprägenden Streuobstbestände in Bayern steht auf dem Spiel. Um sie zu erhalten, sind viele gefordert: Baumschulen, Safthersteller, Verbraucher, Gemeinden, die Ministerien, und auch der Landtag. Im neuen Aktionsleitfaden des BUND Naturschutz findet jeder Möglichkeiten, selbst etwas für diese wertvollen Lebensräume zu tun.

23.11.2021

"Streuobstschutz ist eine große generationenübergreifende Gemeinschaftsaufgabe und verbindet Artenreichtum mit traditioneller Nutzung. Daher spielen auch die Verbraucher eine wichtige Rolle, die mit ihrem Einkaufsverhalten über das Schicksal der Streuobstbestände entscheiden. In unserem neuen Aktionsleitfaden findet jeder Möglichkeiten, selbst etwas für diese wertvollen Lebensräume zu tun“, so Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz, bei der Vorstellung des neuen BN-Leitfadens mitten in einer Streuobstwiese in Hersbruck. 

Im Oktober 2021 wurde von der Staatsregierung und Verbänden ein „Streuobstpakt“ geschlossen, der bis 2035 eine Wende bringen soll. „Wir sehen darin eine riesige Chance für die Streuobstwiesen, aber nur wenn der Pakt auch mit den nötigen finanziellen Mitteln für die Umsetzung im Haushalt der Staatsregierung hinterlegt wird. Wir appellieren daher an den Landtag, in den aktuellen Haushaltsverhandlungen wirklich genug Geld für die Fördermaßnahmen und vor allem für das nötige Personal bereitzustellen“, so Mergner.

Auch der BUND Naturschutz (BN) wird seine bereits seit Jahrzehnten laufenden Aktivitäten für den Streuobstschutz verstärken und hat als Basis für künftige Aktivitäten in Kooperation mit dem „Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) nun einen fast 300 Seiten starken Aktionsleitfaden „Ein Herz für Streuobstwiesen“ veröffentlicht. Er bündelt das Wissen und die Erfahrung zahlreicher Aktiver und enthält alles Wissenswerte zum Streuobst sowie einen breiten Teil kreativer Aktionsformen zum Erhalt der Bestände. Denn, so Mergner: „Jeder kann etwas zum Streuobst-Schutz beitragen und findet in unserem Leitfaden wertvolle Hinweise von der Neuanlage über die Pflege bis hin zu kreativen Vermarktungsinitiativen, damit auch jeder Verbraucher durch gezielten Kauf von zum Beispiel Apfelsaft aus bayerischen Streuobstbeständen ihren Beitrag leisten können. Denn: Vögel würden Streuobst kaufen.“

Der BN kämpft seit Jahrzehnten für den Schutz von Streuobstwiesen vor Zerstörung, aber auch für den Erhalt durch Pflanzung, Pflege und Vermarktung. So gelang es beispielsweise in der Hersbrucker Alb, unter Federführung der Streuobstinitiative Hersbrucker Alb e.V., neue alte Apfel- und Birnbäume zu pflanzen und Bio-Streuobst-Apfelsaft zu produzieren. Auch die Ernte der von der BN-Ortsgruppe betreuten Streuobstwiesen wird so kulinarisch verwertet.

Streuobstwiesen sind ein Hort der Vielfalt. Mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten gehören sie zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Ein lichter altholzreicher Baumbestand über ungespritzten, ungedüngten blühenden Wiesen zieht Insekten, Vögel, Fledermäuse und viele andere an. Ein einziger Apfelbaum kann etwa 1000 Insektenarten beherbergen. Und auch die Obstbäume selbst haben große Vielfalt: rund 5000 traditionelle, an unterschiedlichste Standortbedingungen bestens angepasste Lokalsorten lassen für jeden Verwendungszweck die dafür am besten geeignete Obstsorte finden.

Streuobstwiesen sind dramatisch zurückgegangen: 1965 gab es rund 20 Millionen Streuobstbäume – heute nur noch etwa fünf Millionen. Diese restlichen Bestände überaltern. Allein um diese Überalterung auszugleichen, wäre jedes Jahr die Neupflanzung von ca. 50.000 Obstbäumen erforderlich. Vor allem wegen der ungebremsten Ausweisung neuer Bau- und Gewerbegebiete zählen Streuobstwiesen heute zu den am stärksten gefährdeten Biotoptypen überhaupt.

Streuobstwiesen sollen besser geschützt und erhalten werden: Daher hatte das erfolgreiche Volksbegehren Artenvielfalt 2019 zu einem verbesserten rechtlichen Schutz der Streuobstbestände geführt. Die hierzu von der Staatsregierung erlassene Streuobst-Verordnung setzt diesen Auftrag nur äußerst lückenhaft um, so dass BN und LBV gegen die Verordnung Klage eingereicht haben. Diese Klage war Anlass für den nun geschlossenen Streuobst-Pakt und ruht seit seiner Verabschiedung. Die Klage wird aber erst hinfällig werden, wenn der Streuobstpakt auch tatsächlich umgesetzt und zu einer dauerhaften Trendwende führt. Ziel des Streuobstpaktes ist der Erhalt des derzeitigen Streuobstbestands sowie die Pflanzung von insgesamt einer Million zusätzlichen Streuobstbäumen bis 2035. Das Maßnahmenpaket sieht einen Mittelbedarf von 670 Millionen Euro und ein Personalbudget im mittleren zweistelligen Bereich vor.

Mit dem BN-Aktionsleitfaden wollen wir Ideen und Hilfestellungen für den Erhalt und die Neuanlage von Streuobstwiesen geben. Der Leitfaden enthält Basisinformationen, Förderrichtlinien, Aktionsvorschläge und Handlungsempfehlungen für die Erhaltung, Pflege und Neuanpflanzung von Streuobstwiesen.

Hier Druckexemplar des Aktionsleitfadens bestellen

Aktionsleitfaden „Ein Herz für Streuobstwiesen“ (PDF)

Mehr Info über Streuobstwiesen in Bayern