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Trotz gesetzlichem Schutz:

Kahlschlag im Heroldsberger Erlenbruchwald

09.03.2012

Aktive der OG Heroldsberg des Bundes Naturschutz und der Bürgerinitiative Naherholungsraum Reichswald Heroldsberg-Kalchreuth-Nürnberg zeigten sich am gestrigen Donnerstag, 8.3.12 entsetzt über den Kahlschlag im sog. Erlenwäldchen in Heroldsberg und brachten ihr Unverständnis mit dem Zitat von Eugen Roth zum Ausdruck: „Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk‘ es, ein Jahrhundert.“

 

Dort war in den letzten Tagen ein geschützter Erlenbruchwald an der Heroldsberger Gründlach, die den Ort in einem reizvollen Bachtal durchfließt, auf ca. 3.000 Quadratmetern abgeholzt worden. Vom Erlenbestand blieben nur einige einzelne Bäume stehen. Das Gelände am zentralen Festplatz in der Heroldsberger Ortsmitte und an einem beliebten Rad- und Fußweg gelegen ist völlig verwüstet.

 

„Das Erlenwäldchen prägt das Ortsbild von Heroldsberg seit vielen Jahrzehnten. Ich bin entsetzt, dass hier Tabula rasa gemacht wurde. Noch dazu zu dieser Jahreszeit, wo die Vögel das Nestbauen anfangen“, so Ingrid Haubenreißer, 1. Vorsitzende der Ortsgruppe Heroldsberg. „Und das passiert in Heroldsberg nicht zum ersten Mal. Vor einigen Jahren wurden mehrere 400 Jahre alte Eichen gefällt, ein andermal wurde am Schlossweiher mit etlichen anderen Bäumen eine riesige alte Trauerweide gerodet. Wir würden uns wünschen, dass die Gemeinde in Zukunft sorgsamer mit dem Baumerbe umgeht.“

 

„Ein wundervoller Lebensraum für den Erlenzeisig und hier im Sommer immer Fledermäuse wurde zerstört. Dass dies naturschutzrechtlich nicht geahndet werden kann, ist eigentlich ein Unding. Seit den 70er Jahren soll das Erlenwäldchen nach den Vorgaben des verbindlichen Landschaftsplanes gesichert werden, passiert ist aber nichts. Jetzt haben wir den Salat“, so Friedrich Paulus, stellvertretender Vorsitzender der Ortsgruppe.

 

„Nach Auskunft der Forstbehörde soll wieder ein Wald nachgepflanzt werden, aber was sind schon kleine Baumsetzlinge gegen die alten Baumriesen, die zum größten Teil völlig gesund waren“, stellt Helga Kampe von der Bürgerinitiative fest.

 

Der Bund Naturschutz und die BI fordern deshalb vom Markt Heroldsberg, das Erlenwäldchen sobald als möglich wieder mit Erlen aufzuforsten und es als geschützten Landschaftsbestandteil unter Schutz stellen zu lassen. Ein Antrag auf Unterschutzstellung liegt seit Jahren bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt vor.

 

Solche wertvollen Wäldchen sollten niemals auf einen Schlag gefällt werden. Nach sorgfältiger Prüfung sollten nur nach und nach nicht standsichere Bäume herausgenommen werden, um den Charakter nicht zu zerstören und der Verkehrssicherungspflicht Genüge zu tun.

 

Bund Naturschutz und BI fordern darüber hinaus den Markt Heroldsberg auf, endlich eine Baumschutzverordnung zu erlassen. Die BN-Ortsgruppe hat dies bereits drei Mal seit Anfang der 80er Jahre gefordert. Der Erlass solch einer Baumschutzverordnung wurde aber immer von der Mehrheit des Gemeinderates abgelehnt.

 

Erlenbruchwälder sind in Deutschland nach dem Bundesnaturschutzgesetz, Artikel 30 automatisch gesetzlich geschützt, weil sie so selten geworden sind und der Lebensraum besonders wertvoll ist. Namensgebend ist die dominante Charakterart Schwarzerle (Alnus glutinosa). Das Erlenwäldchen in Heroldsberg ist solch ein Erlenbruchwald, der im sumpfigen Gelände stockt und durch den der Bosenbach, auch Heroldsberger Gründlach genannt, fließt. Es wurde deshalb im Rahmen der bayerischen Biotopkartierung auch als schutzwürdiges Biotop erfasst.

 

Grundsätzlich sind nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz Rodungen von Gehölzen, Feldgehölzen oder Hecken ab dem 1. März jeden Jahres untersagt, um brütende Vögel nicht zu stören. Im Falle des Heroldsberger Erlenwäldchens handelt es sich aber um einen kniffligen Rechtsfall. Da es mit 3.000 Quadratmetern größer ist als zwei ortsübliche Bauparzellen, unterliegt es dem Bayerischen Waldgesetz und ist damit formell Wald, auch wenn es mitten im Ort liegt. Nach dem Waldgesetz dürfen Bäume zur Holzernte auch nach dem 1. März gefällt werden.

 

Das Erlenwäldchen war viele Jahre lang nicht mehr gepflegt worden. Einige Bäume waren nicht mehr standsicher, sie waren im Wurzelbereich schadhaft, eine Fällung dieser einzelnen Bäume war notwendig. Hier wurde allerdings ohne Not fast der gesamte Bestand kahlgeschlagen, möglicherweise nur, um Holz zu machen.

 

Die zuständige Behörde für die Ahndung von Verstößen ist das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Erlangen. Dort erfuhr man erst von dem Kahlschlag, als bereits der größte Teil gefällt war. Weil die Baumfällungen von der Gemeinde als Hiebmaßnahme erklärt wurden, sieht man dort keine Handhabe. Lediglich eine Wiederaufforstung sei verpflichtend. Ein Teil der Bäume wurde jedoch auch mit dem Argument der Verkehrssicherung gefällt.

 

Auch die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt verweist darauf, dass es sich um Wald nach dem Waldgesetz handele. Da man erst von der Maßnahme erfahren hatte, als bereits ein Teil der Bäume gefällt worden waren sei hier nichts mehr zu machen gewesen. Bruthöhlen seien nicht mehr festzustellen gewesen.

 

gez. Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken

Tel. 0911/81878-24, Fax 0911/869568, tom.konopka(at)bund-naturschutz.de

 

Fotos:

Foto1 (Foto: Tom Konopka): Im Erlenwäldchen nach dem Kahlschlag: Ingrid Haubenreißer, Iris Haubenreißer und Tochter Stella, Helga Kampe und Friedrich Paulus

Foto2 (Foto: Tom Konopka): Riesige Erlenstämme liegen zum Abtransport bereit.