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Urteil des Verwaltungsgerichtes Ansbach zum Steinbruch bei Rothenstein

Trinkwasserschutz? Restrisiko gibt es doch überall!

Trinkwasserquelle von Suffersheim nachweislich bedroht, das reicht aber nicht, um die Steinindustrie zu bremsen

 

19.10.2011

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat geurteilt: Die Betriebsgenehmigung für die Rodung von 30 Hektar vorwiegend alter Buchenwald und die Sprengungen am Hohlbeerbuck bei Rothenstein zur Gewinnung von Plattenkalk ist rechtens.

Das Steinbruchunternehmen Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. (SSW) hatte bereits seit Februar nach dem Abweisen eines BN-Antrages auf Baustopp durch den Bay. Verwaltungsgerichtshof Fakten geschaffen und in der am meisten umstrittenen Nordwestecke mit Sprengungen begonnen. Zwischenzeitlich wurden ca. 22 Hektar gerodet.

„Dass es das Verwaltungsgericht Ansbach zulässt, dass im Naturpark Altmühltal außerhalb von Vorranggebieten für Gesteinsabbau jetzt auch rechtlich abgesegnet gesprengt werden darf, ist ein schlimmes Signal für den Naturpark und die Zukunft unserer Landschaft. Die Steinbruchindustrie hat ungebrochene Macht im südlichen Mittelfranken und will in Zukunft noch ganz andere Gebiete im Naturpark ausbeuten. Wir haben es versucht, hier einen Riegel vorzuschieben und sind gescheitert, leider“, so der Vorsitzende der Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen, Erhard Bendig.

"Pünktlich zum internationalen Jahr der Wälder 2011 wird im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen Wald im großen Stil gerodet. Es ist grotesk, dass hier der Wald für Villen und Prunkbauten in China gerodet wird. Es ist gleich zweimal klimaschädlich, denn durch die Waldvernichtung verlieren wir einen wesentlichen Kohlendioxidspeicher und durch den Transport um die halbe Welt wird Energie in großem Stil vergeudet", so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner „Wir werden nicht nachlassen, den Raubbau von Ressourcen in Bayern anzuprangern, mittelfristig müssen auch Steinbruch- und Sandgrubenbetreiber umdenken und auf die Wiedernutzung von Baustoffen setzen“, so Mergner.

„Am meisten wird die Stadt Weißenburg und ihr Ortsteil Suffersheim für diese Entscheidung bezahlen. Auch das Wasserwirtschaftsamt Ansbach konnte ja nicht mehr leugnen, dass der BN mit seinem Gutachter Otto Heimbucher Recht hatte, dass das Trinkwasser von Suffersheim durch den Steinbruch gefährdet wird. Leider akzeptierte das Gericht hier die Haltung des Wasserwirtschaftsamtes, ein Restrisiko bestehe ja immer und das müsse man eben hinnehmen. Aber was das Amt tun will, wenn der Brunnen versiegt oder trüb wird, das wissen sie nicht“, so Tom Konopka, Regionalreferent für Mittelfranken.

"Für das Klageverfahren und zum Schutz des Suffersheimer Trinkwassers bitten wir um Spenden auf das Konto 9300 000 050 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00, Stichwort: „Steinbruch Rothenstein", so Konopka.

Geplanter Steinbruch bei Rothenstein am Hohlbeerbuck

Die Firma Schotter- und Steinwerk Weißenburg GMBH & Co. KG, ein Zusammenschluss aus den Firmen H. GEIGER GMBH, FIEGL Straßenbau-Kanalbau-Asphaltmischanlage-Quarzsand u. a., plant am Hohlbeerbuck, einem Berg zwischen Neudorf und Rothenstein, beides Ortsteile der Stadt Pappenheim, einen Steinbruch zur Gewinnung von Marmor und Kalkstein.

Auf dem Hohlbeerbuck stockte bisher Wald mit Ausnahme eines Steinbruches am Osthang des Berges. Im geplanten 30,79 Hektar großen Abbaugebiet wuchs 80 - 100-jähriger Buchenwald, randlich in geringerem Ausmaß auch Fichtenwald. Bislang wurden ca. 22 Hektar gerodet, weitere 8 Hektar werden noch fallen. Es dürfte die größte Rodung Bayerns im internationalen Jahr der Wälder 2011 sein.

Der Steinbruch soll am Gipfel des Hohlbeerbucks ca. 590 m Länge und 530 m Breite aufweisen. Statt des heute 573 m über NN liegenden Gipfels sollen 58 m tief gegraben und ein riesiges, kastenförmiges, fast rechteckiges Loch bis auf die Sohle bei 515 m über NN in die Bergkuppe gesprengt werden. Auf drei Seiten des Steinbruches würden gerade Seitenwände mit einer Höhe von 27 - 45 m stehen bleiben. Die Untere Naturschutzbehörde sprach im Verfahren von der "Monotonie der langgezogenen Wände", der Kreisbaumeister von "reißbretthaft linearer" Gestaltung. Auf der vierten, östlichen Seite würde der Steinbruch mit dem bereits bestehenden Bruch der Fa. Stiegler vereinigt.

Der Abbau ist nach den Planunterlagen für ca. 20 Jahre vorgesehen, in der Genehmigung ist dieser Zeitraum aber nicht zwingend vorgegeben. Es könnte als auch wesentlich länger dauern.

Der geplante Steinbruch liegt zu ca. 20 Hektar im Vorranggebiet MA 15 für Gesteinsabbau des Regionalplans West-Mittelfranken. Hier ist ein Steinbruch seit längerem vorgesehen und weniger strittig.

Im Nordwesten des geplanten Abbaugebietes befandt sich die Schutzzone des Naturparkes Altmühltal, die auch als landschaftliches Vorbehaltsgebiet nach dem Regionalplan gelten kann. 8 Hektar davon werden in den Steinbruch einbezogen. Der Kreistag hatte einer Herausnahme aus der Schutzzone trotz Kritik des BN 2009 mehrheitlich zugestimmt.

Der Ausweisung der Naturpark-Schutzzone war hier dem Gesteinsabbau in der Vergangenheit immer vorgezogen worden, weil die Trinkwasserquellen des Weißenburger Ortsteils Suffersheim unterhalb dieser Bergflanke liegen und möglicherweise gefährdet wären. Insbesondere der ehemalige Weißenburger Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer hatte sich dafür immer stark gemacht, auch im aktuellen Verfahren hat die Stadt Weißenburg die Planung massiv kritisiert.

Drei Hektar des geplanten Steinbruches lägen ganz im Nordwesten im Vorbehaltsgebiet für Gesteinsabbau. Hier ist wie außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten üblicherweise ein langwieriges Raumordnungsverfahren nötig, um eine Abbaugenehmigung zu erhalten. Dies befand die Regierung von Mittelfranken aber nicht für nötig.

Klage gegen den Genehmigungsbescheid

Gegen den vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen genehmigten Gesteinsabbau hat der Bund Naturschutz am 13.04.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach eingelegt. Gegen den am 29.06.2010 vom Landratsamt erlassenen Sofortvollzug hatte der BN am 20.07.2010 ebenfalls Eilklage auf Baustopp eingelegt. Diese wurde vom VG Ansbach am 13.9.2010 abgewiesen, der vom BN am 24.9.10 angerufene VGH München wies die Beschwerde dagegen am 18.2.11 ab. Damit war ein Baustopp aufgehoben und die Firma SSW begann sofort ´mit den Rodungen und dem Abbau.

Der BN hatte im fast dreijährigen Planungsverfahren mehrfach auf die Gefahren für das Trinkwasser von Suffersheim und die Beeinträchtigung schutzwürdiger Wälder hingewiesen. Leider hat sich das Landratsamt und auch der Kreistag bei seiner Entscheidung, den riesigen Steinbruch in der Naturparkschutzzone zuzulassen, damit nicht weiter aufgehalten.

Die Klage wurde eingereicht, um die Landschaft, vor allem aber das gute Trinkwasser von Suffersheim zu schützen. Niemand kann sicher ausschließen, dass der geplante Steinbruch das wichtigste Lebensmittel der Suffersheimer, das Trinkwasser, nicht beeinträchtigt. Immerhin hat ein Steinbruch desselben Unternehmens die zweite Suffersheimer Trinkwasserquelle, die Steinriegelquelle, bereits vor Jahren kaputtgemacht. Damals hat derselbe von der Firma beauftragte Gutachter bereits gravierende Fehler gemacht. Die europäische Wasser-Rahmenrichtlinie der EU sollte ernster genommen werden. Sie schreibt einen besseren Schutz des Grundwassers vor.

Der Bund Naturschutz kämpft seit langem gegen immer größere, immer weiter die Landschaft zerfressende Steinbrüche. Er hat bereits im Zuge der Regionalplanung auf eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcen, zum Beispiel durch Baustoffrecycling gedrängt und gefordert, weniger Vorrang- und Vorbehaltsgebiete auszuweisen.

Das ganze Verfahren ist ein Affront für alle Bürgerinnen und Bürger, die sich für Natur- und Landschaftsschutz im Tourismusland Bayern einsetzen. Der BN bezweifelt, dass es dem Tourismus im Naturpark dient, wenn zehn Stockwerk hohe, schnurgerade Wände ohne jegliche naturnahe Vorsprünge über einen halben Kilometer in die Landschaft gesprengt werden.

Steinbruch in der Naturpark-Schutzzone: Trinkwasser bedroht

Der bestehende Steinbruch der Fa. Stiegler am Rothenstein liegt auf der östlichen Seite des Berges. Er schneidet bislang nur Grundwasserschichten an, die offenbar nach Südosten laufen.

Bei dem nun geplanten Steinbruch wird allerdings über die Bergkuppe hinweg auch der nordwestliche Hang des Hohlbeerbucks angegraben. Dieser liegt in Sichtweite des Ortsteiles Suffersheim, dessen Trinkwasser aus einer Quelle im Schambachtal unterhalb des Hohlbeerbucks gewonnen wird.

Selbst das Wasserwirtschaftsamt Ansbach geht davon aus, dass das Grundwasser des Hohlbeerbuckes in Richtung Nordwesten, d.h. Richtung Suffersheim abfließt. Mit einem umfangreichen Gutachten zur Grundwassersituation (Büro Heimbucher GmBH) hatte der BN im aktuellen Gerichtsverfahren nachgewiesen, dass die bisherigen Annahmen der Steinbruchgutachter unhaltbar wären. Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hatte im Verfahren eine Gefährdung des Suffersheimer Brunnens auf dieser Grundlage ausgeschlossen. Kurz vor der Verhandlung beim VG Ansbach wurde dem BN „unter der Hand“ allerdings eine neue Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes zur Grundwassersituation zugeleitet. Diese bestätigte die bisherige Auffassung des BN bzgl. der Hydrogeologie. Trotzdem wollte man vor Gericht von der bisherigen Einschätzung („Restrisiko“) nicht abgehen.

Damit besteht die Gefahr einer Verunreinigung oder des Versiegens der letzten verbliebenen Trinkwasserquelle Suffersheims, nachdem die zweite Quelle am Ort vor einigen Jahren durch einen wesentlich weiter entfernt liegenden Steinbruch der Fa. SSW beeinträchtigt wurde und geschlossen werden musste.

Das Wasserhaushaltsgesetz verbietet eine Verschlechterung der Grundwasserqualität und schreibt ein hohes Schutzniveau für den Gewässerschutz fest. Da selbst das Wasserwirtschaftsamt angesichts der vorhandenen Datenlage eine Gefährdung des Suffersheimer Brunnens nicht ausschließen kann, kann von einem hohen Schutzniveau, das vom Vorsorgeprinzip getragen ist, nach Ansicht des Bund Naturschutz nicht die Rede sein.

In der 13. Änderung zur  Fortschreibung des Regionalplans Westmittelfranken (8)

Teilkapitels BII 1.1.1 (neu) Gewinnung und Sicherung von Bodenschätzen  (Entwurf: 28.07.2010) werden die voraussichtlichen Umweltauswirkungen des geplanten Steinabbaus in diesem Gebiet auf biologische Vielfalt (Fauna, Flora) und auf Landschaft von den Verfassern selbst mit zweimal „sehr negativ“ bewertet, so dass „erhebliche Beeinträchtigungen“  für Natur und Landschaft bevorstehen.

 Das ist mit seriöser Güterabwägung  unmöglich zu vereinbaren. Dabei wird die Trinkwasserversorgung von Suffersheim selbst lt. Aussage des Regionalplans „möglicherweise“ erneut betroffen – und die einstigen Aussagen des Regionalplans zum Wasserschutz (7. Änderung) im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ad absurdum geführt.

Deponie durch die Hintertür verhindert

Die Fa. SSW plante im Zuge des Gesteinsabbaues auch die Deponierung von Fremdmaterial, eine lukrative Angelegenheit. Ursprünglich sollten nach ihrem Willen mehrere Millionen Kubikmeter Bodenaushub hier eingelagert werden. Durch Intervention des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach wurde die zu deponierende Menge Fremdmaterial auf ca. 390.000 Kubikmeter begrenzt. Ein gesondertes Genehmigungsverfahren für eine Deponie konnte dadurch umgangen werden.

Obwohl die Deponierungsgenehmigung ausschließlich unbelastete Böden der Klasse Z-0 vorsieht, ist hier Vorsicht geboten. Immerhin war erst vor kurzer Zeit ein Deponiebetreiber verurteilt worden, weil ihm der BN nachweisen konnte, dass er in einer Tongrube bei Oberniederndorf (Landkreis Neustadt/Aisch - Bad Windsheim) belasteten Gleisschotter abgelagert und damit das Trinkwasser der benachbarten Gemeinde gefährdet hatte.

Am Hohlbeerbuck handelt es sich allerdings nicht um eine Tongrube, sondern einen Steinbruch im Karst mit entsprechenden Klüften und Grundwasserleitern. Bei der Ablagerung sind Gefahren deshalb nicht auszuschließen.

Enorme Eingriffe in Natur und Landschaft

Die Eingriffe betreffen 30 Hektar Wald, Lebensraum von mindestens 23 Vogelarten, z.B. des europäisch geschützten Schwarzspechtes, potentieller Lebensraum europäisch geschützter Fledermäuse (z.B. Bechsteinfledermaus) und 96 Pflanzenarten, darunter 12 Arten der Roten Liste Bayerns wie die Orchidee Rotes Waldvögelein und vieler anderer schützenswerter Arten.

Nach dem Abbau soll in der Grube auf Deponiematerial wieder Wald auf 24 Hektar angepflanzt werden. Die Steilwände sollen für den Uhu als schutzwürdigem Brutvogel des benachbarten Steinbruches weitere Brutmöglichkeiten eröffnen, einige Flächen sollen der Sukzession überlassen bleiben.

Weil auch mindestens ein Hektar nach dem bayerischen Naturschutzgesetz geschützter Orchideenbuchenwald gerodet würde, wurde das Landratsamt von der Regierung von Mittelfranken genötigt, ein paar weitere Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Dabei handelt es sich um ein Fichtendickicht unter Buchen bei Pappenheim, das aufgelichtet werden soll und einen alten Steinbruch nebenan, wo eine nicht ordnungsgemäße Absturzsicherung durch einen Zaun und wenige Auflichtungsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen für den Uhu geplant sind.

Der BN sieht diese Maßnahmen als völlig ungeeignet an. Eine mangelhafte Steinbruchsicherung muss der (ehemalige) Steinbruchbetreiber oder der heutige Grundstücksbesitzer errichten, dafür können keine Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe an anderer Stelle herangezogen werden. Dass eine waldbaulich anstehende Durchforstung sogar als Ausgleich anerkannt werden soll, grenzt an Begünstigung.

 

für Rückfragen:

Tom Konopka, Regionalreferent für Mittel- und Oberfranken

Tel. 0911/81878-14

Fax 0911/869568,

tom.konopka(at)bund-naturschutz.de