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Weltwassertag am 22. März:

Bund Naturschutz fordert Schutz der Lebensadern Bayerns vor Kanalisierung und Wasserkraftnutzung

 

27.03.2012

Zum Weltwassertag am 22. März fordert der Bund Naturschutz von der bayerischen Staatsregierung ein Ende der Staustufen- und Kraftwerksplanung an den letzten frei fließenden Abschnitten von Donau, Salzach, Lech und anderen Flüssen sowie die Revitalisierung der Flüsse und Auen in Bayern. „Fast alle Fischarten der  Fließgewässer sind in Bayern bedroht oder verschwunden. Der Plan der Staatsregierung zum Bau weiterer Wasserkraftwerke ist daher ein ökologischer und energetischer Irrweg. Wir lehnen Neubauten massiv ab“, so der stellvertretende Landesvorsitzende des BN, Sebastian Schönauer. Der Schutz der Lebensadern Bayerns müsse endlich Vorrang vor der weiteren Zerstörung bekommen. Dies ist für den BN auch die zentrale Konsequenz aus dem heute vom Minister vorgestellten ersten Flussbericht Bayern 2012. 

Die Ökosysteme Fließgewässer und Aue gehören zu den artenreichsten, aber auch zu den gefährdetsten Lebensräumen Bayerns. Derzeit stauen mindestens 4.250 Wasserkraftanlagen die Fließgewässer zur Stromgewinnung. Alle Wasserkraftwerke zerstören Fließgewässer durch den Aufstau und stellen für Fische eine Lebensraumbarriere dar, die selbst bei einer funktionierenden Fischtreppe nur von einem Bruchteil der Fische überwunden werden kann. Flussabwärts sterben  die Fische in den Turbinenanlagen der Kraftwerke. Fischtreppen ändern zudem gar nichts an den flächigen Schäden in der angrenzenden Aue. „Das Leben in der Aue braucht Hoch- und Niedrigwasser und ständige Umlagerungen. Wasserkraft braucht aber gleichbleibende Wasserstände und befestigte Ufer. „Es kann daher keine ökologische Wasserkraft geben“ kritisiert Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin Südbayern des BN. 

Das gesamte Wasserkraftpotenzial in Deutschland ist auch nach Meinung des Umweltbundesamtes ausgeschöpft. Der Bund Naturschutz fordert daher eine Modernisierung der Maschinenräume bestehender Großanlagen über 1000 Kilowatt Leistung bei gleichzeitiger Schaffung von ökologischer Durchgängigkeit und weiteren Verbesserungen für die Fische, lehnt aber Neubauten massiv ab. Zudem fordert der BN, die riesigen Potentiale des Energiesparens endlich verstärkt umzusetzen. Dagegen sind die geringen Strommengen, die an neuen Wasserkraftwerken mit großen ökologischen Schäden produziert werden könnten, marginal. Besonders die Vielzahl kleiner Wasserkraftanlagen unter 500 kW richtet immensen ökologischen Schaden bei marginalem Beitrag zur CO2-Einsparung an.

„Das im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes infolge der europäischen Wasserrahmenrichtlinie vorgegebene Ziel des „Guten Zustandes“ aller europäischen Flüsse und Bäche kann nur erreicht werden, wenn insbesondere die Zehntausende von Stauwehren und Stauanlagen durch Rückbau, bzw. wenn nicht möglich durch funktionierende Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlagen und/oder durch funktionierende Umgehungsgewässer mit genügender („Rest“-) Wassermenge durchgängig gemacht werden“, fordert Renate Schwäricke die Sprecherin des BN-Landesarbeitskreis Wasser. 

Auch der heute vom bayerischen Umweltminister vorgelegte erste „Flussbericht Bayern 2012“ zeigt sehr deutlich, dass erst 21% der Flusswasserkörper den guten Zustand erreichen. „Die übrigen Fließgewässer erreichen den guten ökologischen Zustand meist aufgrund tiefgreifender Veränderungen der Hydromorphologie (Gewässerstruktur und Abfluss) und zu hoher Nährstoffbelastungen nicht.“ (S. 11 Kurzfassung). Zu diesen tiefgreifenden Veränderungen gehört gerade auch die Wasserkraft. Im Gegensatz zur erfolgreichen Verbesserung der Gewässergüte gibt es bei der Verbesserung der Gewässerstruktur leider auch kaum Fortschritte – obwohl auch europäische Naturschutzrichtlinien (Natura 2000) und die Bayerische Biodiversitätsstrategie hierzu verpflichten. Der „sinnvolle Ausbau der Wasserkraft“ (S. 19 Kurzfassung, Kap. 4.1.) kann daher keine Strategie zum Schutz der Fließgewässer sein und würde die einzig richtige Strategie, nämlich der Renaturierung von Flüssen und Auen durch das „Auenprogramm Bayern“ (S. 19 Kurzfassung, Kap. 4.2) konterkarieren. „Die Bayerische Staatsregierung muss sich entscheiden: entweder Verbesserung des ökologischen Zustandes mit umfangreicher Renaturierung oder Ausbau der Wasserkraft. Beides zusammen geht nicht.“ so der BN. 

Für Rückfragen:

Dr. Christine Margraf, Leiterin Fachabteilung München

Tel.: 089/548298-89, mobil: 0174-4482318, christine.margraf@bund-naturschutz.de 

Sebastian Schönauer, stv. Landesvorsitzender BN

Tel. 06094/984 022, sebastian.schoenauer@bund-naturschutz.de 

Renate Schwäricke, Sprecherin BN AK Wasser

Tel. 08252 / 9163235, r.schwaericke@gmx.de

Anlage: Kleinwasserkraft – großer Eingriff, geringer Nutzen 

Der Aufstau zur Wasserkraftgewinnung

Ø       setzt nicht nur die Fließgeschwindigkeit stark herab,

Ø       führt zur Erwärmung der Fließgewässer – bereits in den Oberläufen -,

Ø       verhindert den Austausch zwischen dem Grundwasser und dem Oberflächenwasser,

Ø       er führt auch zur Verschlammung des Gewässerbodens und

Ø       zur Zerstückelung des Lebensraumes des Baches,

Ø       sowie zur Sauerstoffarmut und Eutrophierung.

Ø       reduziert die Grundwasserschwankungen und die Dynamik in der Aue (Verlust Niedrigwasser), die für die Artenvielfalt der Aue überlebenswichtig sind  

Neben dem Grundwasser sind davon dabei insbesondere Fische, Weichtiere und Wasserinsekten betroffen. Biomasse und die Filtrierungsrate von Großmuscheln gehen mit der Einrichtung von Stauhaltungen auf 1/10 bis 1/20 des früheren Wertes zurück.  

Kraftwerke stellen für Fische Lebensraumbarrieren dar, die selbst bei einer funktionierenden Fischtreppe nur von einem Bruchteil der Fische überwunden werden können. Neueste Untersuchungen, gerade an bayerischen Flüssen wie dem Main, haben ergeben, dass die Tötungsraten der Fische noch weitaus höher sind, als bisher angenommen. 

„Nutzen“ der Kleinwasserkraftwerke 

Die Übersicht über die „Wasserkraft 2009 in Bayern“ (Tabelle unten) zeigt, welche geringe Jahresarbeit die Kleinwasserkraftanlagen trotz ihrer tausendfachen Anzahl erbringen: Insgesamt ca. 4.250 Wasserkraftanlagen stauen die bayerischen Fließgewässer auf und erzeugen im Jahr rund 13.000 GWh Strom.  Davon erzeugten die 219 größeren Anlagen - vor allem an den alpinen Flüssen  Isar, Inn, Lech, Iller und an der Donau - 92% des gesamten Stromgewinns (12.000 GWh/a). Die über 4.000 Kleinwasserkraftanlagen  bis 999 kW erbringen nur 8% des Wasserkraftstroms in Bayern, bzw. nur ca. 1,5 % der Gesamtstromerzeugung in Bayern!

Übersicht

Staffelung

Anzahl der

  Stromerzeugung

 

Ausbau-

leistung

Anlagen

Ausbauleistung summiert [kW]

Jahresarbeit summiert [GWh]

 

[kW]

[Stück]

[%]

[kW]

[%]

[GWh]

[%]

0 - 9

1063

25,05

5.754

0,20

21

0,16

10 - 24

1323

31,18

20.708

0,73

90

0,69

25 - 49

758

17,86

26.270

0,92

136

1,04

50 - 99

449

10,58

30.745

1,08

167

1,28

 

3.593

= 85 %

 

2,39 %

 

3,17 %

100 - 499

378

8,91

81.056

2,85

444

3,40

500 - 999

53

1,25

36.468

1,28

183

1,40

1000 - 4999

111

2,62

247.952

8,70

1.230

9,41

5000 - 9999

40

0,94

295.579

10,38

1.633

12,49

10000 - 

68

1,60

2.104.225

73,86

9.165

70,13

Summen

4.243

100,00

2.848.756

100,00

13.069

100,00

 

 

 

 

 

 

 

 

Noch geringfügiger stellt sich die „energetische Ausbeute“ aus den 3.593 Kleinstanlagen bis 99 kW dar. Ca. 85% Anlagen erzeugen nur 3,17 % des gesamten Wasserkraftstroms:  3 593 Stauanlagen, die den Fischaufstieg und -abstieg für nur ca. 0,05 % (!) des Stromverbrauchs in Bayern. Diese geringe Menge ist energetisch vernachlässigbar.

Eine Studie des Institutes für ökologische Wirtschaftsforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes erbrachte, dass die 4.633 Kleinstanlagen in Deutschland nur 0,09% CO2-Einsparung erbringen.