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Oberes Püttlachtal: Artenreiche Sommerwiesen statt Stausee

Wer an die Fränkische Schweiz denkt, denkt an tief eingeschnittene Karsttäler und an eine karge Hochfläche, deren Bauern sich in trockenem oberfränkischem Humor als "steinreich" bezeichnen. Das obere Püttlachtal am Ostrand der Fränkischen Schweiz ist anders: Ein weites, offenes Becken mit einer Vielfalt von ganz unterschiedlichen teils kalkigen, teils sauren Biotopen. Eine Insel der Ruhe in der vom Ausflugstourismus gebeutelten Fränkischen Schweiz. Und einer der großen Erfolge der BN-Kreisgruppe Bayreuth. 

Wer das kleine, verschlafene Dörfchen Püttlach sieht, dem fährt nachträglich der Schrecken in die Glieder, wenn er sich einen 20 Meter hohen Staudamm direkt hinter den letzten Häusern vorstellt. Auch die Püttlacher selbst waren entsetzt über die Perspektive, künftig direkt unter einem überdimensionierten Hochwasserrückhaltebecken zu leben, zumal durchaus fraglich war, ob der Untergrund stabil genug war, um die Festigkeit eines Staudamms zu garantieren. 

Sehr frisch war damals noch die Erinnerung an die Flutkatastrophe von Katzwang: Am 26. Mai 1979 war dort der Damm des Rhein-Main-Donaus gebrochen und hatte den Ortskern samt einem zwölfjährigen Mädchen weggespült. Das machte die Perspektive, künftig direkt unter einem Staudamm zu wohnen, zu einer recht beunruhigenden Vorstellung.

Zugleich wäre ein erheblicher Teil der Felder und Wiesen der Püttlacher Bauern unter dem Stausee verschwunden: Nach ersten Planungen sollte der See bei Normalwasser eine Ausdehnung von 68 Hektar und eine Länge von über zwei Kilometern bekommen. Auf Weisung des Regierungsbezirks Oberfranken wurde die Fläche später auf zwischen 45 Hektar bei Normalwasser und 62 Hektar bei Hochwasser reduziert.

Drei Anläufe machte der Landkreis zwischen 1971 und 1988, zuletzt unter der Führung von Landrat Dr. Klaus-Günther Dietel (CSU), um die Püttlacher mit einem Stausee zu beglücken. Der Püttlachsee werde eine Attraktion im wasserarmen Oberfranken werden; die Ausflügler würden in hellen Scharen zum Baden und Bootfahren kommen. Doch die Püttlacher wehrten sich heftig: Sie wollten nicht auf den launischen Ausflugtourismus setzen, sondern auf treue Feriengäste, die Ruhe und Abgeschiedenheit suchen. 

Obendrein wurde bald klar, dass die idyllische Vorstellung von einem großen Badesee ohnehin nur Bauernfängerei war: Ein Stausee, der bei Hochwasser 62 Hektar Ausdehnung hat, bei Normalwasser 45 und bei sommerlichem Niedrigwasser vielleicht 30, ist umgeben von einem Schlammkragen von 20 bis 30 Hektar, der mal überflutet ist, sodass die Vegetation abstirbt, mal trockenfällt und dann in der Sonne vor sich hin modert – nicht exakt das, wovon Badegäste und Bootsfahrer träumen.

Von Anfang an wurden die Püttlacher in ihrem Widerstand unterstützt vom Bund Naturschutz und insbesondere der Kreisgruppe Bayreuth unter ihrem langjährigen Vorsitzenden Helmut Korn und ihrem Geschäftsführer Peter Ille. Immer klarer wurde im Laufe der Zeit, wie wertvoll dieses Gebiet ist. Die Höhere Naturschutzbehörde in Bayreuth stellte 1987 in einem geobotanischen Gutachten dessen besondere Schutzwürdigkeit fest und empfahl es für ein Naturschutzgebiet von Pottenstein bis zur Herrenmühle. Weite Teile sind heute FFH-Gebiet.


Geschichte des Püttlachspeichers

Die Idee, einen Speichersee direkt nördlich der Ortschaft zu errichten, reicht bis in die Zeit der 50-er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Auslöser dafür waren der geologische Untergrund, der mit seinen mächtigen Ton-Paketen des Braunen Jura (Dogger) der Germanischen Fazies einen solchen See überhaupt möglich machen würde, sowie die Tatsache, dass die Fränkische Schweiz, in der er legen würde, sehr arm an Wasserflächen ist aufgrund der dortigen Karstgesteine.

Zum ersten Mal konkret wurden diese Überlegungen aber erst Ende der 60-er/Anfang der 70-er Jahre. In dieser Zeit wurde an ein touristisches Großprojekt mit verschiedenen touristischen Einrichtungen und mehreren Hotelbauten gedacht, aber auch an Rückzugsmöglichkeiten für die Natur. Der See sollte einen Dauerstau von 68 Hektar haben. Da aber die Finanzierung nicht gesichert werden konnte, verschwand das Projekt wieder. Damals übrigens sah der BUND Naturschutz solche Vorhaben durchaus als Chance für den Natur- und Artenschutz. Allerdings stelle sich aufgrund von Erfahrungen mit ähnlichen Projekten schnell heraus, dass der Nutzen für den Natur- und Artenschutz durchaus begrenzt war und andererseits die Eingriffe in Natur und nicht unerheblich waren.

Ende der 70-er Jahre wurde das Projekt wieder aufgegriffen. Dazu wurde ein Raumordnungsverfahren (ROV) durchgeführt und positiv abgeschlossen. Hauptgrund für den See war jetzt der Hochwasserschutz für die allerdings gut neun Kilometer bachabwärts gelegene Stadt Pottenstein, die auch noch von zwei weiteren Bächen durchflossen wird. Auch konnten die, wie in der ROV-Begründung geschrieben nahezu alljährlich auftretenden Schadhochwässer nicht belegt werden. Wir vom BUND Naturschutz befragten diesbezüglich etliche ältere Pottensteiner. Außerdem viel diese Entscheidung damals bereits gegen erhebliche Bedenken aus der Sicht des Naturschutzes.

Aufgrund des Widerstands der lokalen Bevölkerung sowie der Naturschutz-Verbände musste das Projekt schon bald wieder in der Schublade verschwinden.

UNTERSUCHUNGEN BESTÄTIGEN den HOHEN ÖKOLOGISCHEN WERT DES PÜTTLACHTALS

Richtig erst wurde es mit diesem Speichersee Ende 1986. Ein Zweckverband aus den Städten Pegnitz und Pottenstein sowie dem Landkreis Bayreuth wollte nun einen See verwirklichen, der 46 Hektar Dauerstau haben sollte und bei Hochwasser maximal 64 Hektar groß gewesen wäre. Bis Mitte 1988 wurde eine heftige politische Auseinandersetzung um das Projekt geführt. Auf der einen Seite die führenden politischen Vertreter des Zweckverbandes, auf der anderen die Naturschutzverbände, große Teile der interessierten Bevölkerung der Region und dann auch wieder die überwiegende Anzahl der Anwohner.

Während die Auseinandersetzung auch über die Medien geführt wurde, fand der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags den weisen Beschluss, doch erst einmal zu schauen, was hier denn an seltenen Pflanzen und Tieren überhaupt vorkommt.

Es wurde an der Universität Bayreuth eine pflanzensoziologische Untersuchung der Doggertäler im Landkreis Bayreuth im Rahmen einer Diplom-Arbeit durchgeführt, die eindeutig zu dem Ergebnis kam, dass die für den Natur- und Artenschutz interessanten Bereich ganz überwiegend rund um Püttlach zu finden waren, dass dieser Bereich also wirklich hervor stach. Ebenfalls von der Universität Bayreuth wurde ein zoologisches Gutachten durchgeführt, das im potenziellen Seebereich 104 Arten der Roten Liste erbrachte, und dies nach Ansicht der Bearbeiter, weil das Untersuchungsgebiet im Püttlachtal als typische vielfältige und umweltfreundlich genutzte Kulturlandschaft gelten kann, die durch ein eng verzahntes Habitatmosaik aus naturnahmen Bachlauf, mannigfachen Feuchtgebieten, hohem Anteil an Randlinien zwischen unterschiedlichen Habitaten und Nutzungen sowie kleinflächigen Sonderstrukturen ausgezeichnet ist.

Aufgrund dieser Ergebnisse, aber auch aufgrund des erheblichen Drucks der interessierten Bevölkerung musste das Projekt Mitte 1988 wieder eingestellt werden.


PLÄNE FÜR FLURBEREINIGUNG WERFEN NEUE FRAGEN AUF

Zwei Gründe gibt es, die heute noch gelten. So gibt es in Püttlach selbst keine intensive Landwirtschaft. Die meisten Flächen werden im Nebenerwerb bewirtschaftet. Ein weiterer Grund sind die relativ großen Bereiche von Gemeindeflächen, die zwar extensiv bewirtschaftet werden, die aber niemandem wirklich gehören - und niemand ein Interesse hat, hier größer zu investieren. So hat sich bis heute hier ein hervorragender Artenreichtum an Tieren und Pflanzen erhalten, den wir anderswo vergebens suchen. Dazu hat auch beigetragen, dass etliche Wiesen über Naturschutzprogramme bewirtschaftet werden. Folglich nur richtig war, dass der engere Tal-Raum FFH-Gebiet wurde.

Doch die Zeiten bleiben nicht stehen: Zwei Projekte betreffen seit Kurzem diesen Raum. So ist ein Flurbereinigungsverfahren angeordnet worden, was zu erheblichen Veränderungen führen könnte, je nachdem wie es durchgeführt wird. Andererseits hat der Wirtschaftsverband A9, ein Zusammenschluss von 18 Gemeinden in diesem Raum, sich zum Ziel gesetzt, zukünftig im Rahmen der Bauleitplanung anfallende Ausgleichsmaßnahmen lokal zu bündeln. Dazu ausgewählt wurde der Bereich rund um die Ortschaft Püttlach.

Hier wird gedanklich und organisatorisch absolutes Neuland betreten, und wir können gespannt sein, wie dies umgesetzt wird. Gleichzeitig könnte hier die Flurbereinigung hilfreich sein bei der Zurverfügungstellung von Ausgleichsflächen. Doch es kommt wie immer darauf, wie es gemacht wird. Der BUND Naturschutz jedenfalls bleibt an der Sache dran, zumal sich hier in unserem Eigentum drei Biotop-Flächen befinden.