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Dießensteiner Leite: Kein Stausee zerstört das Ilztal

Zur "Dreiflüssestadt" wird Passau erst durch die Ilz. Während ihre Mündung im Schatten der imposanten Vereinigung von Inn und Donau steht, zählt das Tal der Ilz zu den landschaftlichen Juwelen des Bayerischen Waldes. Ein Geheimtipp ist es längst keiner mehr, doch auch von den Kennern weiß kaum einer, dass das obere Ilztal in den siebziger Jahren nur um ein Haar dem Schicksal entgangen ist, in einem Stausee zu versinken.

Wegen der steilen Hänge der Talschlucht eignete sich das Ilztal nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung. Doch in den frühen Jahren der aufstrebenden Bundesrepublik weckte es andere Begehrlichkeiten. Ein Bauunternehmer aus der Region hatte 1973 eine Idee, die Wanderer und Naturliebhaber schockierte: Er wollte eine 60 Meter hohe Staumauer oberhalb der Dießensteiner Mühle errichten, die das Tal in einen 250.000 Quadratmeter großen Stausee verwandelt hätte. Das Wasser wollte er über Druckrohrleitungen ausleiten und für den Betrieb von Generatoren nutzen, was den wasserreichen Wildfluss über viele Kilometer hinweg trockengelegt und das Ökosystem des Tals völlig zerstört hätte.

Ein klassischer Konflikt: Wirtschaftliche Interessen gegen die Erhaltung einer wildromantischen, ökologisch wertvollen Landschaft. Die Einheimischen sind dabei nicht immer eine Hilfe, denn sie sehen kaum, welche Schmuckstücke sie vor ihrer Haustür haben – sie sehen, was ihnen fehlt, nämlich Arbeitsplätze und Einkommen. Oft bleibt dabei die Natur auf der Strecke, doch in diesem Fall setzten sich die Naturschützer durch.


Grundstücksankäufe und Öffentlichkeitsarbeit sind der Schlüssel

Viele Wiesen und Wälder hatte der Unternehmer schon zusammengekauft, doch es fehlten ihm außer der Genehmigung noch einige Grundstücke im Staubereich. Da das Landratsamt gegen die Pläne nichts einzuwenden hatte, wurden die Grundstücke zum Schlüssel. Und da kam der Bund Naturschutz dem Unternehmer zuvor: "Um den Gegenwert eines neuen Mittelklassewagens", wie es damals in einer Pressemitteilung hieß, kaufte Landesgeschäftsführer Helmut Steininger einem Bauern mit Spendenmitteln drei Sperrgrundstücke ab, "womit das Projekt gestorben war."

Parallel dazu setzte Steininger auf Öffentlichkeitsarbeit. Selbst ein "niederbayerischer Bauernbub", wie er gerne betont, führte er zahlreiche Führungen durch, um Einheimische wie Auswärtige auf die bedrohte Schönheit des Tals aufmerksam zu machen. Und es gelang ihm schließlich, einen mächtigen Verbündeten zu gewinnen: den damaligen bayerischen Umweltminister Alfred Dick, der selbst familiäre Bindungen in die Region besaß. Zwei seiner Töchter nahmen an einer Führung Steinigers teil und schlossen sich daraufhin dem Widerstand an. Nicht zuletzt seine Familie überzeugte den Minister davon, dass in diesem Fall die Naturlandschaft Vorrang vor der Stromerzeugung haben musste. Später sorgte Dick dafür, dass das obere Ilztal Naturschutzgebiet wurde.


Das Ilztal bleibt unversehrt

Und so durfte die Ilz bleiben, was sie seit Menschengedenken war: Ein durchgängiger, vitaler, artenreicher Wildfluss, den man stundenlang entlang wandern kann – von Passau über Fürsteneck bis zur Dießensteiner Leite und weiter bis nach Eberhardsreuth, wo sich Kleine Ohe und Mitternacher Ohe zur Ilz vereinigen. 

Wenn Sie das nächste Mal durch die Dießensteiner Leite wandern, verwenden sie einen kurzen, dankbaren Gedanken auf diejenigen, die das Ilztal vor der Zerstörung gerettet und es so für uns und unsere Nachfahren bewahrt haben!