Rotmaintal: bewahrt vor Freizeitsee und Hochwasserspeicher
Ob Freizeitsee oder Hochwasserspeicher: Für das sensible Rotmaintal plante die Stadt Bayreuth seit den 1970er-Jahren immer wieder Maßnahmen, die das Landschaftsschutzgebiet im Kern bedroht haben. Doch dank der BN-Kreisgruppe Bayreuth und vielen überzeugten Bürgern konnte das Gebiet im natürlichen Zustand erhalten bleiben.

Einen Freizeitsee wollte die Stadt Bayreuth ihren Bürgern in den 1970er-Jahren bescheren. Dafür sollte der Rotmain aufgestaut werden, ein Flüsschen mit kaum einer Handbreit hohem Wasserstand und mit zehn Schritten leicht zu durchqueren. Der Damm quer durch das Flusstal war 33,5 Meter hoch geplant, so hoch wie ein zehnstöckiges Hochhaus. Ob der Stausee mit acht Kilometern Länge und einem halben Kilometer Breite mitten im Landschaftsschutzgebiet jemals voll geworden wäre, wurde glücklicherweise nicht in der Praxis getestet.
Außerdem sollten zwei weitere Staudämme bis Bayreuth gebaut werden. Denn bei Niedrigwasser war der Rotmain damals derart verdreckt, dass man mit einer Art Klospülung abhelfen wollte: Sauberes Wasser anstauen und den Fluss durchspülen, wenn er zu arg stinkt. Das sei lebensnotwendig für die Zukunft der Stadt, so hieß es von der zuständigen Behörde.
Protest gegen den Deichbau: Im Rotmaintal werden die Bayreuther aufmüpfig
Aber bei der Kreisgruppe des BUND Naturschutz (BN) in Bayreuth, einer der ältesten des Verbandes, "formierte sich eine Kampftruppe", so Helmut Korn, der damalige Kreisvorsitzende, in seiner Schrift "Bedrohte und gerettete Landschaften in Stadt und Land Bayreuth". Diese "Kampftruppe" setzte sich für ein Flusstal mit Hängen ein, die noch nicht von Straßen durchschnitten oder von Siedlungen zerstückelt waren. Der Fluss mit Bachmuscheln, die Uferwiesen mit Binsen und Orchideen und die Wälder mit den versteckt brütenden Schwarzstörchen sollten ungestört bleiben.
Öffentlichkeitsarbeit und Diskussionen waren die "Waffen" des BN. Notfalls war man auch bereit, vor Gericht den Schutz der Landschaft einzuklagen. Das konnte der BN damals nur, wenn er als Grundstückseigner von der Baumaßnahme betroffen war. Der Verband kaufte deshalb eine Wiese unterhalb der Eimersmühle, die in dem Freizeitsee verschwunden wäre. Hier wächst die seltene Schachbrettblume, die der BN seither schützt.
Außerdem gründete sich eine Bürgerinitiative gegen diese Dämme, die von so gut wie allen Bürgern in Bayreuth getragen wurde. In der damals noch eher verschlafenen Gegend war das eine Sensation. Zum ersten Mal zeigten sich die Bayreuther aufmüpfig, und sie hatten ein gutes Argument auf ihrer Seite: Da wurde nämlich gerade – den Stadtvätern scheint es entgangen zu sein – eine Kläranlage gebaut. Als die 1977 in Betrieb ging, wurde die "Spülung" überflüssig und damit das gesamte Projekt mit allen drei Dämmen hinfällig.
Hochwasserschutz im Rotmaintal durch kleinere, dezentrale Becken
Das Landschaftsschutzgebiet blieb erst einmal unangetastet, bis 2003 der Stadtrat von Bayreuth ein Raumordnungsverfahren für einen Hochwasserschutz einleitete. Wieder sollte ein Wehr oberhalb der Schlehenmühle das Tal absperren. Ohne Rücksicht auf den Zweck des Landschaftsschutzes: Den landschaftlich wertvollen Abschnitt des Rotmaintals und den Flussverlauf vor Veränderungen und Eingriffen zu schützen, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu gewährleisten und Landschaftsschäden zu verhindern. Bei Hochwassergefahr sollten die heranflutenden Wassermassen aufgefangen und bis zur Eimersmühle zurückgestaut werden.
Doch auch dafür gab es eine Lösung, die das Rotmaintal verschonte. Der BN und eine Bürgerinitiative schlugen vor, das Wasser in kleineren dezentralen Becken an verschiedenen Stellen zurückzuhalten. So könnte auf den Riesenspeicher verzichtet werde. 2008 wurde eine veränderte Planung abgeschlossen, mit der die Stadt ausreichend vor Hochwasser geschützt ist, ohne dass wertvolle Landschaft verloren geht.
Die Schachbrettblume: Letzte Bestände einer botanischen Rarität