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Tiere und Pflanzen

Landwirtschaft und Klimaschutz

Umsteuern bei Pflanzenbau, Tierhaltung und Ernährungsverhalten
Seminar in Freising im November 2022

Landwirtschaft ist nicht nur selbst stark betroffen vom Klimawandel, sondern sie ist Teil des Problems und sie kann zur Lösung beitragen. Eine besondere Rolle spielen dabei die ökologische Landwirtschaft sowie die Möglichkeit durch den Aufbau von Humus Kohlenstoff im Boden zu speichern


Prof. Dr. Bernhard Schauberger:

„Unser Ernährungssystem ist für ca. ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Der tierische Anteil ist dabei mit Abstand am größten. Deshalb ist die Umstellung auf eine Ernährung mit weniger tierischen Produkten ein notwendiger Schritt hin zu einer klimaschonenden Landwirtschaft.“


Einen Überblick über den Anteil unseres gesamten Ernährungssystems am Ausstoß von Treibhausgasen gab Professor Dr. Bernhard Schauberger von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Er zog dabei alle Schritte vom Anbau der Ackerfrüchte bis zur Entsorgung der Lebensmittel mit ein. In Deutschland stammen rund ein Drittel der klimaschädlichen Gase aus dem Ernährungssystem.  Die Emissionen aus der Landwirtschaft gehen in allen anderen Bereich seit Jahren zurück, in der Landwirtschaft stagnieren sie jedoch auf hohem Niveau.  Es besteht also dringend Handlungsbedarf, um unser Ernährungssystem klimafreundlich umzugestalten. Dafür muss laut Professor Schauberger der Anteil von tierischen Produkten in unserem Konsum deutlich reduziert werden, die Ernährung sollte sich an der „Planetary Health Diet“ orientieren. Darunter versteht man eine Ernährung, die sowohl für den Menschen wie für den Planeten gesund und verträglich ist.


Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen

„Im Vergleich zu konventionellen Landwirtschaftsbetrieben verbrauchen Biobetriebe nur 50 % der fossilen Energien und stoßen je Hektar auch nur 50% der CO2 Emissionen aus.“


Ökologische Landwirtschaft gut für Klimaschutz

Zu diesem Ergebnis kam Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen, Inhaber des Lehrstuhls für ökologischen Landbau an der TU München, im Rahmen eines Forschungsprojekts. Über 10 Jahre hinweg wurden die Treibhausgas-Emissionen von 80 landwirtschaftlichen Betrieben, 40 davon ökologisch und 40 konventionell bewirtschaftet, vergleichen. Die Ökobetreibe schnitten nicht nur bei der CO2-Bilanz pro Hektar wesentlich besser ab. Auch wenn der geringere Ertrag der Bio-Landwirtschaft einbezogen und das landwirtschaftliche Produkt – z.B. ein Kilo Weizen – betrachtet wird, werden bei ökologischer Bewirtschaftung etwa 20 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen. Am besten von allen Betriebsarten schneidet bei der CO2 Bilanz die ökologische Landwirtschaft mit Tierhaltung ab. Auch die Ausweitung des ökologischen Landbaus ist ein wichtiger Schlüssel zu mehr Klimaschutz.

Humusaufbau ist aktiver Klimaschutz

„Die Landwirtschaft kann Treibhausgasemissionen aktiv verringern, besonders durch den Aufbau von Humus im Boden, durch Agroforstsysteme und durch effizientere Düngung. Die Situation ist allerdings komplex und es gibt kein Allheilmittel, deshalb müssen alle Maßnahmen an die Situation und den Standort angepasst werden“ stellte Prof. Dr. Thomas Ebertseder von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf fest. Er untersucht als Pflanzenbauspezialist, wie wirksam verschiedene Anbausysteme sind, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Potenzial sieht er in Agroforstsystemen, durch die Kohlendioxid gebunden werden kann. Darüber hinaus erfüllen sie als Windfang und Schattenspender wichtige Funktionen bei der Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel.

Durch den Aufbau von Humus kann die Landwirtschaft Kohlenstoff im Boden speichern. Auf diese Weise könnten pro Hektar und Jahr ca. 4 Tonnen Kohlendioxid der Atmosphäre entzogen werden, das wären in der Summe 14% der CO2-Emmissionen Bayerns. Das funktioniert allerdings nur wenige Jahrzehnte, da nach einer gewissen Zeit ein Gleichgewicht eintritt und kein zusätzlicher Kohlenstoff mehr gebunden werden kann.

Kein Greenwashing durch Humuszertifikate

Trotz dieser enormen Chancen, sprachen sich die Experten bei der Tagung gegen den Handel mit Humuszertifikaten durch private Unternehmen aus. Die Kompensation von Kohlendioxid sei reines „Greenwashing“, die den realen Ausstoß von Treibhausgasen nicht vermindert. Für die Berechnung gibt es keine Grundlage und die Bindung von Kohlenstoff im Boden kann auch wieder rückgängig gemacht werden.

Wie funktioniert Humusaufbau?

Wie Humus aufgebaut und das Bodenleben aktiviert werden kann, erläuterte Michael Reber anhand seiner eigenen Erfahrungen im Pflanzenbau. Der Landwirt aus der Nähe von Schwäbisch Hall bewirtschaftet 200 Hektar im Ackerbau und 18 Hektar Grünland und betreibt damit eine 750 KW Biogasanlage. Er speichert jährlich bereits 3 Tonnen CO2 pro Hektar Land und versucht seine betriebliche Kohlendioxid-Bilanz ständig zu verbessern. Dabei wirtschaftet er nach den Prinzipen der regenerativen Landwirtschaft, das bedeutet unter anderem: Weniger Bodenbearbeitung, effizientere Düngung, Anbau von Mischkulturen mit Leguminosen, vielfältige Fruchtfolgen und Dauerbegrünung des Bodens mit Untersaaten und Zwischenfrüchten.


Dr. Andrea Fink-Kessler:

Wir brauchen Rinder für die ökologische Transformation unseres Ernährungssystems. Sie können als Wiederkäuer Gras in Milch und Fleisch umwandeln. Ohne Rinder wäre das Grünland, das 33 % der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland ausmacht, für die menschliche Ernährung nicht nutzbar.


Ehrenrettung des Rindes

Dr. Andrea Fink-Kessler entwickelte Kriterien für den Umbau unseres Agrar- und Ernährungssystems am Beispiel Rinderhaltung. Für sie ist Beweidung der Schlüssel zu einer an Klimaschutz und Tierwohl orientierten Rinderhaltung.

33 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland ist Grünland ist, weltweit sind es sogar 75 Prozent. Aus Gründen der Biodiversität und des Naturschutzes ist das Grünland unbedingt zu erhalten. Da nur Wiederkäuer Gras in Fleisch und Milch umwandeln können und so das Grünland für die menschliche Ernährung nutzbar machen, bleiben sie ein notwendiges Glied in unserer Ernährungskette. Auch für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und für den Aufbau von Humus sind Rinder wichtig.


Klimaschutz und Landwirtschaft - welche Lösungswege gibt es?

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde die Bedeutung des Rindes ebenfalls betont. Dafür ist es aber notwendig, die Haltung von Nutztieren an die Fläche zu binden. So sollten laut Professor Hülsbergen in Bayern maximal 1 GV (Großvieheinheit, das entspricht 1 ausgewachsenen Rind) pro Hektar gehalten werden. Klar ist damit auch, dass insgesamt weniger Fleisch und Milchprodukte produziert werden können und sich unser Konsum ändern muss.

Schädigung des Bodens verhindern

Stephan Kreppold, Bio-Landwirt und Mitglied im Arbeitskreis Landwirtschaft des BUND Naturschutz, hielt ein Plädoyer für bodenschonende Verfahren in der Landwirtschaft. Bodenschadensverdichtung ist ein großes Problem, zerstört die Bodenfruchtbarkeit, verhindert die Wasseraufnahme und führt zu Erosion. Ursache ist vor allem der Einsatz immer schwererer Traktoren und Maschinen. Deshalb muss das Gewicht von Traktor und Co auf 1 Tonne pro Rad gesenkt werden wie Professor Hülsbergen ergänzte.

Kritisch sieht Stephan Kreppold in diesem Zusammenhang auch die landwirtschaftliche Beratung und Ausbildung, die nach wie vor häufig auf ein „Größer, Schneller, Weiter“ setze.

Stephan Sedlmayr, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, widersprach dem und führte aus, wie sein Amt sowohl durch Forschungsarbeit wie durch fachliche Beratung auf die Landwirtschaft in Bayern auf dem Weg zu mehr Klimaschutz unterstützt.

Johannes Ehrnsperger von der Neumarkter Bio-Brauerei Lammsbräu zeigte auf, was sein Unternehmen unternimmt, um in allen Bereichen klimaschonend zu wirtschaften. Wichtig ist ihm dabei eine enge Partnerschaft mit der Landwirtschaft. Denn nur mit einer langfristigen wirtschaftlichen Perspektive sind die Bauern und Bäuerinnen in der Lage, ihre Bewirtschaftungsweise nachhaltig umzustellen.

Die Sicht der Verbraucher*innen brachte Jutta Saumweber von der Verbraucherzentrale Bayern in die Diskussion ein. Sie betonte die Notwendigkeit, Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Hier kann jede und jeder einen erheblichen Beitrag zur Einsparung von CO2-Emissionen im Ernährungssystem beitragen.


Richard Mergner:

„Damit Landwirtschaft klimaschonend wird, muss sie sich aus der Abhängigkeit von fossilen Energien befreien.“ 


Zum Abschluss der Tagung brachte Richard Mergner, BN-Landesvorsitzender, die Positionen des BUND Naturschutz auf den Punkt. Er forderte, dass sich der Sektor Landwirtschaft von fossiler Energie lösen und klimaschützend werden muss. Dabei spielt ökologischer Landbau die zentrale Rolle. 100 Prozent ökologische Bewirtschaftung ist deshalb die Perspektive.