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Über den Tellerrand zu schauen, hat uns gutgetan

Diplom-Biologe Jürgen Gerdes ist Naturschutzbeauftragter der Stadt Bamberg. Der engagierte Fachmann war von Anfang am Gelingen des Vorhabens SandAchse Franken beteiligt. Warum das Projekt neue Maßstäbe setzte, erzählt er in diesem Interview.

Herr Gerdes, was war Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für den Erfolg des Projektes SandAchse?

Mit den Mitteln, die der BUND Naturschutz, der Deutsche Verband für Landschaftspflege und der Landesbund für Vogelschutz über den Bayerischen Naturschutzfonds akquiriert hatten, konnte sechs Jahre lang ein Projektbüro mit drei Stellen finanziert werden. Das war der Schlüssel zum Erfolg – von Anfang an. Erstens hatten wir als Projektpartner dadurch eine dauerhafte Betreuung. Und zweitens führten die Projektmitarbeiter die ganzen langwierigen Verhandlungen, zum Beispiel mit Großgrundbesitzern wie der Deutschen Bahn, um etwa die sandigen Böschungen an Bahnlinien naturnäher zu entwickeln, also die Pflege umzustellen. Das hätten wir Unteren Naturschutzbehörden zeitlich nie geschafft.

Warum?

Wir haben alle unseren gesetzlichen Auftrag, unsere Pflichtaufgaben. Für die ‚Kür’ haben wir leider nur wenig Zeit. Das ist generell das Problem, wenn wir bei Naturschutzprojekten mitmachen möchten. Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür, die wir abarbeiten müssten. Deshalb muss jede Projektarbeit quasi nebenher laufen.

War denn das Bewusstsein für den Wert der Sandflächen bei den Kommunen damals schon vorhanden?

Die Unteren Naturschutzbehörden wussten natürlich, dass Sandflächen zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa gehören. Aber wir hatten nie die Zeit, ein aktives Schutzprogramm zu entwickeln. Sandflächen waren zwar bereits gesetzlich geschützt, aber bei der Politik und den Landnutzern gab es überhaupt kein Verständnis dafür, dass diese Art von Lebensraum etwas wert ist. Damals hieß es noch: Was wollt ihr denn mit der Sandfläche? Da können wir doch Parkplätze bauen. Heute würde das keiner mehr sagen. Es ist Respekt entstanden vor diesem Lebensraum und das ist ein großer Fortschritt.

An der SandAchse beteiligen sich sieben Landkreise und fünf kreisfreie Städte. Ist es normal, dass so viele Kommunen in einem Naturschutzprojekt zusammenarbeiten?

Nein, das war ein absolutes Novum. Das Projekt Sandachse war bayernweit ein ganz großer Fortschritt für den Naturschutz, weil erstmals über hoheitliche Zuständigkeitsgrenzen hinweg zusammengearbeitet wurde. Das findet normalerweise nicht statt. Der amtliche Naturschutz ist nur für sein jeweiliges Hoheitsgebiet verantwortlich. Ich bin zum Beispiel nur für das Stadtgebiet zuständig und zwei Kilometer weiter, wo der Landkreis anfängt, sind es die Kollegen. Und obwohl unsere Arbeitsbereiche aneinandergrenzen, haben wir im Alltag nur wenig miteinander zu tun. Das war mit dem SandAchse-Projekt erstmals anders. Wir kommunalen Naturschützer hatten plötzlich viel Kontakt miteinander. Dieses Schauen über den Tellerrand hat uns gutgetan und so eine Art Identitätsgefühl innerhalb der Region entstehen lassen. Damit war das Projekt eigentlich die Vorwegnahme eines Trends, der sich heute darin ausdrückt, dass sich Städte und Landkreise zu Metropolregionen zusammenschließen.

Was waren die größten Erfolge in Bamberg?

Wir haben bei unserem regionalen Flugplatz großflächig  Magerrasen als Ausgleich durchsetzen können, Straßenränder werden nun weniger häufig gemäht, was zu einer unerwartet großen Zunahme auch gefährdeter Arten der Sandlebensräume führte und bei mehreren Schulen haben wir Flachdächer mit Sandmagerrasen begrünt. Hinzu  kommen viele kleinere Projekte, die in der Summe  das SandAchse-Projekt zu einer Erfolgsgeschichte für den Naturschutz in Bamberg  machen. Dafür gebührt unser besonderer Dank den beteiligten Verbänden, da sie sich ja zum guten Teil auf ehrenamtliches Engagement stützen.

Gibt es weitere erfreuliche „Spätfolgen“?

Ja, das Projekt wirkt weiter nach. So war 2012 bei der Landesgartenschau in Bamberg der Sand ein wichtiges Thema. Und die angestoßenen Pflegemaßnahmen in der SandAchse werden natürlich auch weiterhin fortgeführt.