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Tiere und Pflanzen

Bäuerliche Landwirtschaft muss zum Zukunftsmodell werden

AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) und BN (Bund Naturschutz) kritisieren Politik der Spitze des deutschen Bauernverbandes zugunsten von Großbetrieben und weiterem Strukturwandel in der Landwirtschaft.

01.07.2002



"Mit seiner rückwärtsgerichteten Politik zur Zementierung des Strukturwandels in der Landwirtschaft und der gezielten Politik für das Agribusiness katapultiert sich die Spitze des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zunehmend in das Gesellschaftliche Aus." Dies kritisierten die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Bund Naturschutz am Rande der Mitgliederversammlung des Deutschen Bauernverbandes in Nürnberg. In entscheidenden agrarpolitischen Fragen ist die DBV-Spitze nicht auf Seiten der großen Mehrheit von kleinen und mittleren Betrieben und den Interessen der Gesellschaft, sondern betreibe systematisch Klientelpolitik für Großbetriebe. Mit polemischer Kritik an der Agrarwendepolitik von Ministerin Künast, die teilweise nicht einmal Biertischniveau erreiche, lenkten Präsident Sonnleitner und seine politischen Unterstützer von ihrer eigenen Konzeptlosigkeit zum Erhalt der bäuerlichen Agrarstruktur ab. AbL und BN fordern dagegen die konsequente Fortsetzung der Agrarwende mit dem Umbau der Agrarunterstützung zugunsten kleiner und mittlerer bäuerlicher Betriebe, dem Ausbau des ökologischen Landbaus sowie einer eigenständigen, umweltverträglichen Regionalentwicklung im ländlichen Raum.


EU-Agrarpolitik - DBV muss Blockadehaltung aufgeben

Kernpunkte der Kritik von AbL und BN an der Spitze des DBV sind dessen Verweigerungshaltung gegenüber allen Reformansätzen aus dem Hause Künast, mit denen die Ministerin eine 3o-jährige falsche Weichenstellung in Richtung Agrarfabriken langsam umbauen will. Richtungsweisende Entscheidungen, wie die Abschaffung von Legebatterien, die geplante Kappung der Direktzahlungen und deren Umwidmung für Agrarumweltprogramme bzw. die Förderung des ländlichen Raumes (Modulation) werden vom DBV genauso abgelehnt, wie die Zielsetzung von Ministerin Künast, dem ökologischen Landbau einen höheren Stellenwert zu geben und dessen Marktpotenziale mit Hilfe eines Ökosiegels und eines eigenen Bundesförderprogramms rasch auszuweiten. Dass der DBV eine Bremserrolle bei allen überfälligen EU-Agrarreformen zugunsten bäuerlicher Betriebe einnimmt, zeigt sich jetzt aktuell auch an seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem von Agrarkommissar Fischler vorgeschlagenen Mid -term - review, bei der u.a. die Modulation verpflichtend für alle EU-Mitgliedsstaaten eingeführt werden soll. AbL und BN fordern noch weitergehende Reformschritte, wie z.B. einheitliche flächenbezogene Prämienzahlungen, insbesondere auch für Grünland, mit betriebs- und arbeitskraftbezogenen Obergrenzen, um kleine bäuerliche Betriebe vor der Betriebsaufgabe zu bewahren und eine tier- und umweltgerechte Bewirtschaftung zu sichern.


Mehr Rechte für bäuerliche Betriebe bei Nachbauregelung und Flächenvergabepraxis in den neuen Bundesländern

An der aktuellen Auseinandersetzung um die Nachbauregelung beim Saatgut wird deutlich: Die Spitze des DBV paktiert zusammen mit den Pflanzenzüchtern gegen die Basis der Bauern, die von Seiten der Züchter massenweise auf Auskunft über Ihren An- und Nachbau von Saatgut und auf Zahlung von jährlichen Nachbaugebühren verklagt wurden. Erst das entschlossene Entgegentreten der AbL zusammen mit der bundesweiten "Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren" - in der auch viele Bauernverbandsmitglieder aktiv sind - hat bewirkt, dass die Klagen weitestgehend gestoppt und der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die pauschale Auskunftspflicht der Landwirte verneint hat.

Die bisherige Praxis der Vergabe landwirtschaftlicher Nutzflächen in Ostdeutschland durch die BVVG zu Gunsten einer Minderheit von Großbetrieben wurde in vielen Fällen von Politikern, Bauernverbandsfunktionären und Vertreter in Landwirtschaftsverwaltungen mit organisiert, die in Pachtvergabekommissionen Sitz und Stimme haben. Ca. 70 Prozent der kleineren und mittleren Betriebe wurden bewusst benachteiligt und sind bei der Pacht leer ausgegangen.


Gentechnikverschmutzung wird vom DBV stillschweigend gebilligt

Einem Gesetzesentwurf der EU-Kommission zu Folge sollen schon demnächst genmanipulierte Nutzpflanzen ohne Wissen von Bauern und Verbrauchern auf allen europäischen Äckern wachsen dürfen. Den Saatgutunternehmen und Genmultis soll dieser Coup über eine "Saatgutverunreinigungsrichtlinie" gelingen. Der Entwurf sieht vor, dass im Saatgut künftig bis zu 0,7 % nichtzugelassene genmanipulierte Pflanzen enthalten sein dürfen, das entspräche einer Fläche von bis zu 70 Quadratmeter pro Hektar ( 10.000 Quadratmeter) landwirtschaftlicher Fläche.

Gentechnikfreier Anbau wäre dann nicht mehr möglich. Gegen diese Initiative der EU haben 20 Umweltschutz-, Verbraucher- und kritische Bauernorganisationen Protest angemeldet. Der Deutsche Bauernverband schweigt und opfert damit die Interessen der Verbraucher und der bäuerlichen Betriebe auf dem Altar der Genmultis, die mit Patenten auf das Saatgut ihre Gewinne sichern und die Richtung der künftigen Nahrungsmittelproduktion bestimmen wollen.


Konsequenzen aus Nitrofen

Der Nitrofen-Skandal ist eine Konsequenz des schlampigen Umgangs von Landesbehörden mit Teilen der Agrarindustrie. Der Ökologische Landbau ist nicht Verursacher des Skandals, sondern Hauptbetroffener. Die Agrarindustrie nutzt den Skandal, um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken, so z.B. von generell hohen Pestizidbelastungen unserer Nahrungsmittel. (in der EU überschreiten im Schnitt 4,5% aller untersuchten Lebensmittelproben die zulässigen Grenzwerte für Pestizidrückstände).

Hier ist der Deutsche Bauernverband auch in der Verantwortung. In den Vorständen und Aufsichtsräten der großen Futtermittelwerke sitzen Bauernverbandsfunktionäre, die bedingungslos für einen Risikofonds streiten könnten, um den betroffenen Betrieben schnelle Hilfe zukommen zu lassen. Der Raiffeisenverband ist Mitglied im Deutschen Bauernverband, worauf wartet Sonnleitner noch?

Der Nitrofenskandal ist für AbL und BN eine Bestätigung, dass die Agrarwende konsequent fortgesetzt werden muss und dem Ökologische Landbau dabei eine wichtige Rolle zukommt. Die Chemisierung der Landwirtschaft muss generell zurückgefahren werden und regionale und betriebliche Kreisläufe wieder aufgebaut werden. Nur so kann wirksam verhindert werden, dass es bei möglichen punktuellen Belastungen nicht gleich zu einer flächendeckenden Verbreitung von Problemen kommt.



Für Rückfragen:

Georg Janßen
AbL-Bundesgeschäftsführer
Tel. 0170 - 4964684

Marion Ruppaner
BN Agrarreferentin
Tel. 0911/81 87 8-20
Fax 0911/86 95 68